Offener Raum

WAS DARF DIE POLIZEI?

Recht gilt auch für Uniformierte - eigentlich ...


1. Recht gilt auch für Uniformierte - eigentlich ...
2. Die rechtliche Grundlage: Landes-Polizeigesetze
3. Platzverweis
4. Gewahrsam
5. Rechtsschutzprobleme bei "Sicherheitseingriffen"
6. Verfassungsschutz
7. Sich wehren ...
8. Texte, Links und Materialien

Das Recht gilt auch für die Ordnungsbehörden. Eigentlich ... nur praktisch können die erstmal alles machen - und sie wissen auch, dass sie höchst selten von ihren KollegInnen aus Staatsanwaltschaft und bei den Gerichten etwas zu befürchten haben. Zudem ist die Polizei ihre eigene Ermittlungsbehörde, d.h. sie treten selbst als ZeugInnen auf (und PolizeizeugInnen wird fast immer geglaubt vor Gericht), sie erzeugen, vernichten oder bewerten Beweismittel, sie schreiben die Ermittlungsakten, sie drehen die Beweisvideos ...
Die folgenden Seiten dokumentieren Rechtsvorschriften, die auch und gerade für Repressionsangehörige gelten:

Tabelle: Polizeiliche Handlungsbefugnisse und Rechtsgrundlage
Es wimmelt von Gesetzen. Dennoch sind es für politische Aktionen nur drei Gesetze, wie immer wieder relevant sind. Zwei davon haben große Ähnlichkeit: Die Strafprozessordnung (StPO, bundeseinheitliches Gesetz) und die Polizeigesetze (Landessache, also in jedem Bundesland leicht unterschiedlich und anders genannt). In ihnen steht, welche Befugnisse die Polizei hat – wobei ersteres dann gilt, wenn der Verdacht einer Straftat besteht (bzw. die Polizei das behauptet, was sie auch als Trick nutzen kann) und TäterInnen bzw. der Tathergang ermittelt werden sollen. Auf der Basis kann sie dann Personen kontrollieren, durchsuchen, Festnahmen oder Hausdurchsuchungen tätigen, Sachen beschlagnahmen usw. Für jede Handlung gibt es einen Paragraphen – ab § 94 geht es los im dicken Wälzer StPO.
Ganz ähnliche Befugnisse stehen in den Polizeigesetzen. Hier aber gelten sie für den präventiven Bereich, auch genannt: zur Gefahrenabwehr. Um Straftaten zu verhindern, kann die Polizei fast alles, was sie auch nach der StPO kann – und einiges mehr. Nur nach Polizeirecht gibt es Platzverweise, denn die machen nur präventiv Sinn. Videoüberwachung nach Polizeirecht muss offen (also gekennzeichnet, z.B. durch Schilder) erfolgen, sonst ist sie rechtswidrig.
  • + möglich (Paragraph genannt, wo Näheres steht)
  • (+) eingeschränkt möglich
  • (-) nur ausnahmsweise möglich
  • - nicht möglich (Tabelle als .JPG)

Eingriffsart

Bei Verdacht einer Straftat (nach StPO=Strafprozessordnung)Polizeirecht
(am Beispiel Hessen, d.h. dem HSOG)
Versammlungsrecht (gilt auch auf Weg zu und von einer Versammlung)
Personenkontrolle+ (§ 163b f. StPO)+ Zur Identitätsfeststellung (§ 18 HSOG, erkennungsdienstliche Behandlung nach § 19)(-) Zur Abwehr von Straftaten bei gegründeter Prognose einer Gefahr; Vermummung gegenüber der Polizei ist nicht erlaubt und eine Straftat (§ 17a Versammlungsgesetz).
Durchsuchung von Personen/Gepäck+ (§ 102 ff. StPO)+ (§ 36 und 37 HSOG)(-) Bei Verdacht auf Straftaten, z.B. mitgeführte Waffen oder Vermummung, dann die StPO (siehe links).
Sicherstellung und Beschlagnahme+ (§ 94 ff., 111b ff. StPO)+ (§ 40 bis 43 HSOG)(+) Sachen, die (auch) auf Demos verboten sind, z.B. Waffen, Vermummung
Platzverweis-+ (§ 31 HSOG)Bei Auflösung der Demo durch die Polizei müssen sich alle entfernen (§ 13), "normaler" Platzverweis gilt nicht
Festnahme+ Vorläufige Festnahme und Hauptverhandlungshaft (§ 127 ff. StPO)+ Zur Identitätsfeststellung oder erkennungsdienstlichen Behandlung (§ 18 HSOG)(-) Nur bei Straftaten, denn dann gilt wieder die StPO (siehe links).
Inhaftierung+ Untersuchungshaft bei Tatverdacht und Verdunkelungsgefahr=Vertuschungsabsicht oder Fluchtgefahr (§ 112 ff. StPO);

Strafhaft nach Verurteilung
+ Gewahrsam zur Vermeidung von Gefahren/Straftaten ohne Richter max. bis Ende des Folgetages, mit Richterbeschluss max. 6 Tage, zur Identitätsfeststellung max. 12 Stunden (§ 32 bis 35 HSOG)(-) Nur bei Straftaten, denn dann gilt wieder die StPO (siehe links).
Überwachung
(Filmen, Abhören usw.)
+ Zur Täterermittlung, Aufklärung oder auch zur Verhinderung eines Versuchs von Straftaten (§ 100a ff StPO zu Telefon-, Wohnungs- und Onlineüberwachung); in der Regel nur bei schweren Straftaten erlaubt.+ Video: Nur offen, d.h. mit Beschilderung (§ 14 HSOG)(+) Wenn Anhaltspunkte auf Gefahren, Gewalt oder Straftaten vorliegen (§ 12a).
Hausdurchsuchung+ (§ 102 ff. StPO)+-
Wechsel zwischen den RechtsgrundlagenWer eine Straftat begeht (Verdacht reicht), kann immer nach StPO behandelt werden, auch während einer Demo.Gilt nicht, wenn Straftaten verfolgt werden und nicht während einer Demo (weitere Gesetze, die bei Demos nicht gelten, sind z.B. StVO, Lärmschutz ...).Die/Der Leiter*in kann eine Person aus der Demo ausschließen. Dann gilt für diese wieder Polizeirecht (außer auf dem Weg zu einer anderen Demo :-).

Unterschiedlich ist je nach Gesetzesgrundlage auch der Beschwerdeweg:
  • Strafrecht: Zuständig sind die Amtsgerichte. Die Beschwerde wird von RichterInnen dort entschieden und ist in der Regel schriftlich einzureichen oder zu Protokoll zu geben. Die Entscheidungen ergehen ebenfalls schriftlich und ohne jegliche Öffentlichkeit. Das ist reiner Kungel – die RichterInnen labern mit der Polizei und beschließen dann irgendwas. Nur bei Haftbefehlen ist eine Anhörung nötig, meist aber auch ohne Beweiserhebung, ZeugInnenvernehmung u.ä.
  • Polizeirecht: Beschwerden sind in manchen Ländern zunächst an die Polizei oder gleich an die Verwaltungsgerichte zu stellen (Fortsetzungsfeststellungsklage heißt das Ungetüm). Diese Verfahren sind öffentlich, ZeugInnen können vernommen und Akten eingesehen werden. Wer kein oder wenig Geld hat, kann einen Prozesskostenhilfeantrag stellen, zum Termin kann Pressearbeit gemacht werden, ZuschauerInnen können das Ganze verfolgen – eine völlig andere Situation.
  • Versammlungsrecht: Ist ebenfalls Verwaltungsrecht. Widersprüche gehen daher auch an die Verwaltungsgerichte (oben Geschriebenes gilt also auch hier). Zudem hat die Versammlungsfreiheit Verfassungsrang, d.h. zusätzlich ist noch der Weg vor das Verfassungsgericht möglich. Dort wird wiederum meist schriftlich und nicht-öffentlich entschieden. Es kostet aber kein Geld.

Ein übler Trick der Polizei ist immer wieder, bei eingehenden Widersprüchen ein Verdacht auf Straftaten zu behaupten und pro Forma ein Ermittlungsverfahren einzuleiten. Schwupps ... dann ist wieder das Amtsgericht zuständig. Das entscheidet aber nicht-öffentlich, ohne ZeugInnenvernehmungen und mit eingeschränkter Akteneinsicht. Die Polizei mag das ...

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Kommentare

name am 20.03.2020 - 16:05 Uhr
:-o


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