Offener Raum

BLICKE HINTER DIE MAUERN

12 Jahre Knast für Anschlag auf Arbeitsamts-Chef


1. Informationen zum "Leben" im Knast
2. Berichte vom Umgang der Knastleitungen mit politischen Engagement und Solidarität
3. Berichte von eingesperrten Polit-Aktivistis
4. Leben, Gesundheit und Sterben im Knast
5. Pit Scherzls Notizen über die Missstände, die er im Knast erlebte
6. 12 Jahre Knast für Anschlag auf Arbeitsamts-Chef
7. Berichte von Thomas Meyer-Falk
8. Berichte aus dem Gießener Gefängnis (Gutfleischstraße)
9. Gerichtlich geklärte Bedingungen
10. Mehr Knastberichte
11. Rechte Ideologieschmiede Knast

Warum musste Klaus Herzberg sterben?
Nach etwa einem halben Jahr bricht Werner Bräuner, ein 46 jähriger arbeitsloser Ingenieur, eine Arbeitsamts-„Qualifizierungsmaßnahme“ ab. Er begründet diese Entscheidung gegenüber Klaus Herzberg, dem Direktor des zuständigen Arbeitsamtes Verden (Niedersachsen) in mehreren Briefen. Dieser antwortet ihm mit der Streichung der Arbeitslosenhilfe. Das gibt Werner, bei dem zu diesem Zeitpunkt auch „privat“ gerade ziemlich viel schief geht, den Rest. Er denkt an Selbstmord. Am 12.01.01 schreibt er an Herzberg: „[...] teile ich Ihnen mit, wie ich die Verhängung einer Sperre der Arbeitslosenunterstützung bewerte: Sie brechen mir damit das Genick. Und Sie tun das mutwillig.“ Anfang Februar erhält er den amtlichen Bescheid über die Streichung seiner Kohle. Daraufhin beschließt Werner, den Arbeitsamtsdirektor vor dessen Haus zur Rede zu stellen. Der Wortwechsel schlägt in eine körperliche Auseinandersetzung um, in deren Verlauf Herzberg tödlich verletzt wird. Schockiert stellt sich Werner der Polizei. Seit diesem Tag sitzt er im Verdener Knast. Nun wurde Werner Braeuner zu 12 Jahren Haft verurteilt! Mehr: infos aus labournet.de

Entpolitisierung im Strafprozess
Aus einem Text des Gefangenen nach fast sieben Jahren Haft (gesamter Text als .rtf)
Aus Sicht des Verurteilten war die dramatisch inszenierte Frage nach Mord oder Totschlag eine Art von Sex and Crime-Knochen fürs Publikum und ein geschicktes politisches Manöver des Gericht so das den Fall nicht politisch verstanden wissen, sondern als tragisches Einzelschicksal behandeln wollte. ...
Das Gericht hat den damaligen Dozenten des Weiterbildungsunternehmens "Arbeiter-Bildungs-Centrum" (ABC) in Bremen, Herrn Frank Bensch, zwar in der Verhandlung gehörte ihm allerdings nicht die Fragen gestellt, welche die Herkunft des Affektes im Rahmen der Weiterbildung und insbesondere im Rahmen des Handelns des Herrn Bensch selbst hätten erforschen können. Hierin liegt der politische Dreh- und Angelpunkt dieses Gerichtsfalls. ...
Erstaunen muß das Ausmaß, in dem das kriminelle Treiben jener Mafia von einer ansonsten kritischen Öffentlichkeit bis heute hin ignoriert und vor allem von einem Großteil der Linken tabuisiert wird. Die Justiz hat sich im übrigen und mit dem gerichtspsychiatrischen Gutachten fein aus der politisch-mafiotischen Affäre gezogen bzw. mitgeholfen, diese zu decken.


Im Original: Isolationshaft
Von Thomas Meyer-Falk
I. Vorbemerkung
Auf einem Internetforum veröffentlichte vor einiger Zeit ein Genosse seinen Erfahrungsbericht über „8 Tage Stammheim“ (vgl. www.de.indymedia.org/2002/05/23085.shtml), d.h. seine Zeit im berüchtigten Stammheimer Knast. Ich war nun im Sommer 2002 drei Monate in Isolation in selbiger Haftanstalt und möchte im folgenden davon berichten.

II. Zur Vorgeschichte
Seit mehreren Jahren sitze ich in strenger Einzelhaft, bzw. Isolation, da die Justiz Flucht, Ausbruch und ähnliches fürchtet. Von September 1998 bis Juli 2002 saß ich unter Isolationsbedingungen in der JVA Bruchsal, als man mir eröffnete, ich würde am Folgetag, dem 04.Juli 2002 nach Stammheim für die Dauer von drei Monaten deportiert, da ich als „hochgefährlicher Gefangener“ gelte, der nun in 4 Jahren Einzelhaft die Gelegenheit gehabt hätte Schwachstellen im Vollzug in Bruchsal zu entdecken, welche eine Flucht erleichtern könnten. Mein nicht-beleidigendes Verhalten und der Umstand, daß ich noch niemanden angegriffen hätte sie zu meinen Ungunsten, da rein taktisch motiviert zu bewerten, so die JVA Bruchsal. Hierzu stellte mein Verteidiger mir gegenüber in einem Brief fest, daß er einen „größeren Schwachsinn noch nie gelesen“ habe.
Mir wurde mitgeteilt, daß ich „nur“ drei Monate in Stammheim verbleibe, da sich der dortige Anstaltsleiter weigere, mich länger aufzunehmen.

III. Der Transporttag
Am Morgen des 4. Juli 2002 wurde ich mitsamt meiner privaten Habe auf die „Kammerverwaltung“ (dort werden Transporte abgewickelt und die Privatsachen von Gefangenen verwahrt) Bruchsal gebracht, konnte zwei kleine Kartons mit wichtigen Unterlagen und Büchern zusammenpacken. Die Beamten der Sicherungsgruppe die den Transport durchführten, interessierten sich sodann für meine Mund-/Achselhöhlen und das Gesäß; will heißen: es erfolgte die obligatorische und erniedrigende Durchsuchung des Körpers (Klage hiergegen ist bei Gericht anhängig). Mit frischen Anstaltskleidern versehen, wurde ich „gut“ verschnürt an Händen und Füßen gefesselt in den VW-Bus gesetzt & belehrt, daß bei Fluchtversuch geschossen werde. Eingeklemmt zwischen grimmig dreinblickenden, paramilitärisch gekleideten Wärtern ging es dann nach Stammheim.

IV. Die Ankunft
Wie ein Monolith erhebt sich der 8.stöckige Bau des berühmten und berüchtigsten Gefängnisses Deutschlands, welches „Vorbild“ für viele andere Gefängnisse in Europa, nicht zuletzt auch in der Türkei war und ist, da es geeignet ist, die Gefangenen untereinander zu isolieren.
Am Stadtrand, auf der einen Seite von Weizenfeldern umgeben, tauchte also das Gefängnis auf und nach dem Durchfahren diverser Tore stand dort schon ein Rudel Bediensteter. Da ich von 1996 bis 1998 schon einmal in Isolationshaft in Stammheim saß, erkannte ich das ein oder andere Gesicht. Die Fesselung wurde abgenommen und man steckte mich für 30 Minuten in eine normale Einzelzelle, bis meine Kartons ausgeladen waren. Auf der Kammerverwaltung gab es dann die ersten Diskussionen, da man mir antifaschistische Aufkleber (z.B. Antifaschist der Hakenkreuz zerschmettert) vorenthielt. Als ich den Wärter nach seinem Namen fragte, wollte er mir diesen nicht nennen. Mir wurde ein Fernsehgerät angeboten und ich nahm dieses an, denn die Anstaltsleitung in Bruchsal verweigert mir seit Jahren ein TV-Gerät und ich wollte mal sehen, was sich in den letzten Jahren so getan hat. Ausgestattet mit Anstaltswäsche & Plastikgeschirr ging es dann in das „Sicherheits-Gängle“ im Erdgeschoß.

V. Der Sicherheitstrakt
Neben dem bekannten „7.Stock“ (dort saßen in den 70´er u.a. Ulrike Meinhof, Andreas Baader, Gudrun Ensslin von der RAF), gibt es noch im Erdgeschoß eine Sicherheitsabteilung. Hinter einem Doppelgitter sind 5 Isolationszellen. Statt Schränken gibt es in den Zellen nur ein Metallregal, das Bett ist nicht aus Metall, sondern Hartplastik, die Zellen haben einen eigenen Stromkreis (findige RAF-Gefangene hatten in den 70´er Jahren das Stromnetz als Kommunikationsanlage eingesetzt), die Fenster sind verstärkt gesichert. Seit meinem letzten Aufenthalt wurden die Zellen renoviert und waren nun -steril- gekachelt. Das WC war aus Edelstahl, ebenso das Waschbecken.
Da stand ich nun, meine wenigen Habseligkeiten und eine leere Zelle; wie schon öfters in den vergangenen Jahren begann ich also meine Sachen in den Regalen zu verstauen, öffnete das Fenster, schaute was so im Hof passierte. Direkt vor dem Fenster ist Rasen, etwa 10 Meter entfernt steht ein zweistöckiger Container in welchem mittlerweile der Anstaltspfarrer und Berater des Arbeitsamtes ihre Büros haben.

VI. Der Aufenthalt
Im Rückblick sind die drei Monate recht rasch vergangen, stets gab es etwas zu tun: d.h. zu lesen, zu schreiben, mit den Zellennachbarn zu reden oder fernzusehen.

aa.) Die Zellennachbarn
In der einen Nachbarzelle saß ein Sexualtäter in Isolationshaft der 2001 für Schlagzeilen sorgte, weil er nach 8jähriger Haft binnen 2 Wochen nach der Entlassung mehrere Frauen vergewaltigt hatte. Und in der anderen Zelle saß ein Araber, der verdächtigt wird extremistischer Moslem zu sein. Mit ihm führte ich manch spannendes Gespräch und wenn es ein Sprachproblem gab, übersetzte kurzerhand ein Gefangener vom 1.Stock- über uns in einer Zelle- ins Arabische. Eine eigenartige Situation:nie sah man sich, man kannte nur die Stimme des Anderen, mußte von Fenster zu Fenster rufen. Aber diese Gespräche unterbrachen die Isolation.

bb.) Die Wärter
Über sie gibt es nicht viel zu berichten, sie mochten keinen unnötigen Streß, waren daran interessiert die drei Monate ruhig über die Bühne zu bringen. Sie brachten nur meine Post, Zeitung, Essen; führten mich in den Gefängnishof und zum Duschen, bzw. zum Besuch.Ein Schließer, der dann doch einmal ungehobelt war, wurde nach einer entsprechenden Beschwerde von mir, von seinen Kollegen aufgeklärt. Viel gesprochen habe ich mit ihnen nicht, sie waren - und sind - Erfüllungsgehilfen dieses Systems. Nur einmal versuchte mich ein Wärter auf etwas naive Art, zu meiner Haltung gegenüber „Terrorismus“ zu befragen, was jedoch mangels meiner Bereitschaft mit ihm zu sprechen scheiterte.

cc.) Der katholische Gefängnispfarrer
Noch von meinem letzten Aufenthalt kannte ich den Dekan S., er besuchte mich auch diesmal während des Hofgangs einige male. Er ist nicht darauf aus Menschen zu bekehren, in diesem Fall hätte ich auch Gespräche mit ihm sicher nicht geführt, sondern versteht seinen, freilich christlichen begründeten und motivierten, Auftrag so, sich auch um jene Insassen, die in Isolation sitzen, zu kümmern. Wie er berichtete, habe er auch mit den im 7.Stock sitzenden RAF-Gefangenen regelmäßig gesprochen. Die Diskussionen waren recht anregend und streiften gesellschaftspolitische aber auch strafvollzugliche Themen; und dabei nebenher im Hof zu spazieren lockerte die Atmosphäre auf.

dd.) Besuch
Gefangene dürfen drei mal im Monat á 30 Minuten Besuch erhalten; wie auf diese Weise familiäre Bindungen oder Freundschaften aufrechterhalten werden können weiß wohl nur die Justiz. Ich konnte die 30 Minuten zu jeweils einen Besuch zusammenziehen von dann 90 Minuten Dauer und hatte so in den drei Monaten drei Besuche. Jeder der Besuche wurde optisch und akustisch, d.h. es saß ein(e) WärterIn dabei, überwacht; von Privatsphäre hält man nicht viel.

ee.) Hofgang
Der Einzelhof für Isolationsgefangene findet in „8.Stock“ statt, von dort oben hatte man eine bemerkenswerte Aussicht ins Umland, kann Häuser, Autos, Menschen erkennen. Für mich war dies eine richtige Erholung, nachdem ich vier Jahre lang in Bruchsal nur die graue Gefängnismauer vor Augen hatte. Jedoch ist der Nachteil, daß man nie auch nur ein Stückchen Himmel unvergittert sieht, keinen Grashalm oder keine Blume riechen, spüren kann. Der Hof im Stammheim im 8.Stock ist rundherum vergittert und über einem ist ein Betondach. Sich dem Wind und Regen auszusetzen hat mir gefallen, denn in einem sterilen Gefängnisbau wie Stammheim geht jeder Bezug zur Natur ansonsten verloren.

ff.) Der Fernseher
Nach fast vier Jahren ohne TV-Gerät, war die Bilderflut in den ersten Tagen nur schwer zu ertragen; vor allem die dümmlichen Talk-/Gerichtsshows und Werbungen machten mich fast ein wenig aggressiv. Ich fragte mich wie Menschen sich davon dauerberieseln lassen können ohne abzustumpfen, ihre Phantasie zu verlieren. Nach einigen Tagen konzentrierte ich mich dann auf die Nachrichtensender n-tv und CNN, sowie die ein oder andere Sitcom. Seit es im Strafvollzug in der Regel für alle Gefangenen einen Fernseher gibt, sind die Freizeitaktivitäten (Gesprächsgruppen, Sport, Spiel) erheblich zurückgegangen; offenbar ist es für viele einfacher sich passiv einlullen zu lassen, anstatt selbst aktiv zu werden.
Nun, zurückgekehrt nach Bruchsal, besitze ich kein Fernsehgerät und ich vermisse nichts; dessen ungeachtet, versuchte ich weiterhin gerichtlich eine Aushändigung meines Fernsehers zu erzwingen, denn als erwachsener Mensch möchte ich selbst entscheiden ob und wenn ja wann ich fernsehe.

VII. Zusammenfassung
Manchem/r Leserin wird aufgefallen sein, daß ich wenig davon berichtet habe, wie es mir seelisch in der Isolation in Stammheim ging. Nun, ich bin ein eher nüchterner Mensch und so erlebe ich auch die an mir vollstreckte Isolation eher ruhig und gelassen; manche Ungerechtigkeiten, Schikanen lassen mich dann selbstverständlich auch sehr deutlich und auch aufbrausend werden. Aber, ich bin nicht der Typ Mensch, der sich voller Selbstmitleid ins Bett legt und eine Sinnkrise bekommt, denn ich habe Ziele, Pläne, Wünsche für die es sich zu leben und zu kämpfen lohnt. Die drei Monate in Stammheim zeigen mir, daß dieser Staat das Verfahren von Menschen zunehmend perfektioniert, direkte Außenkontakte werden auf ein Minimum reduziert und ich gestehe durchaus zu (dies in die Richtung jener Kritikerinnen, die mir an anderer Stelle vorwarfen, ich wäre unsolidarisch indem ich das Etikett „Foltern“ für die heute praktizierte Isolationshaft in Deutschland ablehne), daß für viele ein völliges auf sich selbst Zurückgeworfensein als folterähnlich wahrnehmen, denn den „normalen Gefangenen bleibt zumindest noch die gemeinsame Kommunikation beim Hofgang oder in einer Freizeitgruppe.
Der/die einzelne Gefangene in Stammheim ist kaum mehr als ein Stück Transportgut das zurückgelagert wird; darin unterscheidet sich diese JVA aber kaum von anderen Anstalten, jedoch hat sicher die monströse Architektur Stammheims ihren -verschärfenden- Einfluß auf diesen Gesamteindruck.

Thomas MEYER-FALK, z.B. JVA-Z-3117, Schönbornstr. 32, D-76646 Bruchsal, Germany

Am 3.8.2002 werde ich vier Jahre am Stück in deutschen Gefängnissen in Isolationshaft, bzw. in „Einzelhaft“ wie es laut Strafvollzugsgesetz (StVollzG) heißt, verbracht haben und davor saß ich von Oktober 1996 bis Mai 1998 in Isolation.
Im Folgenden werde ich in einem ersten Teil die in Deutschland geltenden gesetzlichen Bestimmungen für die Einzelhaft erläutern (I.), in einem zweiten Teil, werde ich die Situation aus dem Blickwinkel der Menschenrechtskonvention beleuchten (II.), um sodann im dritten und letzten Teil von meinen eigenen Erfahrungen zu berichten (III.) - überwiegend werde ich die männliche Anrede wählen, um den Text lesbarer zu machen; gemeint sind aber stets auch weibliche Gefangene!

ex-knast und gerichtsgebäude in frankfurtI.) Isolationshaft nach dem Strafvollzugsgesetz
Das deutsche Strafvollzugsgesetz regelt in den §§88 und 89 die so genannten „besonderen Sicherungsmaßnahmen“. Für den Regelfall wird nämlich, im Gegensatz zu den Zeiten z.B. Ende des 19. Jahrhunderts, von „Gemeinschaftshaft“ ausgegangen.
Gefangene in Strafhaft sollen gemeinsam arbeiten und Freizeitaktivitäten in Gemeinschaft durchführen.
Gehen jedoch auf Grund des „Verhaltens oder auf Grund seines seelischen Zustandes in erhöhtem Maße Fluchtgefahr oder die Gefahr von Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen oder die Gefahr des Selbstmordes oder der Selbstverletzung“ aus, so können die Anstaltsleiter gegen Insassen „besondere Sicherungsmaßnahmen“ verhängen.
Dabei sieht §88 Abs.2 Nr.3 StrVollzGes eine kurzfristige Absonderung, z.B. in einem akuten, nur wenige Stunden dauernden Krisenfall vor, wohingegen §89 StrVollzGes eine „unausgesetzte Absonderung eines Gefangenen“ auch dauerhaft gestattet, sofern diese „unerlässlich“ ist.
Nach der bundesdeutschen Rechtssprechung hat der Anstaltsleiter zu prüfen, ob nicht weniger einschneidende Maßnahmen genügen, außerdem fordert das Bundesverfassungsgericht, dass stets das Verhältnismäßigkeitsgebot beobachtet wird.
Einzelhaft bedeutet, dass der Gefangene räumlich von den anderen Gefangenen dauerhaft getrennt wird; je nach Stufe der Isolation, wird ihm auch die Teilnahme am gemeinschaftlichen täglichen Hofgang (Dauer: 60 Minuten) und am wöchentlichen Gottesdienst verwehrt. Der Gefangene hat in diesem Fall unmittelbaren Kontakt nur mit dem Vollzugspersonal; der Briefverkehr wird nicht beschränkt, jedoch strikt überwacht.
In der Regel geht die Verhängung von Einzelhaft mit umfangreichen anderen Sicherungsmaßnahmen einher, als da wären: Entzug oder die Vorenthaltung von Gegenständen (bspw. Anstatt dauerhaft einen Rasierer oder eine Nagelschere besitzen zu „dürfen“, werden dem Insassen diese Artikel nur für 15-30 Minuten überlassen und nach Gebrauch sofort aus der Zelle entfernt), Fesselung vor Verlassen des Haftraumes (der Gefangene darf sich außerhalb der Zelle nur gefesselt bewegen, Kürzung der Besuchsdauer (wg. Erhöhten Personaleinsatzes, so die Standartbegründung, seinen nur 60 oder 90 Minuten Besuch möglich; die Modalitäten variieren von Anstalt zu Anstalt.), Verbot „gefährliche“ Musikinstrumente zu besitzen und manches mehr.
Geht die Einzelhaft über den Rahmen von 3 Monaten hinaus, so muß gemäß §89 II Satz 1 StrVollzGes die Zustimmung des jeweiligen Landesjustizministeriums eingeholt werden, wobei mir kein Fall bekannt ist, in welchem das Ministerium diese Zustimmung verweigert hat.
Vielfach wird (sogar in Gefangenenkreisen) davon ausgegangen, dass Einzelhaft zeitlich begrenzt sein müsse und auch in der Literatur wird, unter Berufung auf einen „Alternativ-Entwurf“ zum StrVollzGes von 1973 gefordert, dass diese Form der Haft maximal 4 Wochen im Jahr dauern dürfe.
Im geltenden StrVollzGes und in der Praxis bleiben solche Forderungen unerhört. So sitzen Gefangene auch schon mal 5, 7 und mehr Jahre in Isolationshaft.
Zugegebenermaßen handelt es sich dabei um einen kleinen Personenkreis von Insassen.

II.) Isolationshaft aus Sicht der Menschenrechte
Artikel 3 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte von1950 verbietet die Folter und die unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe.
Speziellere Vorschriften bezüglich gerade der hier interessierenden Isolationshaft finden sich in der EMRK nicht, weshalb Gefangene nach Durchlaufen des innerstaatlichen Rechtsweges (Land- /Oberlandes- und schließlich Bundesverfassungsgerichts) sich nur unter Berufung auf diesen Artikel 3 an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wenden können.
In den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts, stellte die Europäische Kommission für Menschenrechte in Straßburg, aufgrund der Eingaben von Gefangenen der RAF Grundsätze auf, wann von Isolationsfolter und wann von „legitimer“ Einzelhaft nach Ansicht der Kommission zu sprechen sei.
Vorauszuschicken ist, dass die Kommission und der Gerichtshof bislang keinen Fall als Isolationsfolter anerkannt haben, sondern stets den beklagten Staaten recht gaben; was wohl ernstlich niemanden verwundern dürfte.
In der Entscheidung vom 8.7.78 (Az:7572/76, ua., abgedruckt in Europäische Grundrechtezeitschrift, 1978, S.314ff) führt die oben erwähnte Kommission aus, dass Baader, Ensslin und Raspe „außergewöhnlichen Haftbedingungen ausgesetzt waren, diese jedoch erforderlich seien um ihrer „Gefährlichkeit angemessen“ zu begegnen.
Nach der -bis heute gültigen- Rechtssprechung aus Straßburg, könne von einem Verstoß gegen Art. 3 EMRK erst bei einer auf Zerstörung der Persönlichkeit gerichteten Einzelhaft-Vollzug gesprochen werden, welche mit einer Sinnesisolation und „einer völligen sozialen Isolierung“ verbunden ist.
Eine Sinnesisolation liege jedoch schon dann nicht mehr vor, wenn dem Gefangenen z.B. ein Zellenfenster, Bücher und ein Radio zur Verfügung stehen.
Und zum Problem der sozialen Isolierung wurde lapidar festgestellt, dass -lediglich- eine „relative soziale Isolierung“, jedoch keine „tatsächliche Zellenisolierung“ vorgelegen habe, da sie ihre Anwälte und Angehörigen zu Besuchen empfangen durften.
Kann zudem der Staat „belegen“, dass sein Ziel nicht die Zerstörung der Persönlichkeit oder Widerstandskraft sei, so hätten Maßnahmen wie die der Isolationshaft keinen unmenschlichen oder erniedrigenden Charakter.
Gemessen an diesen Maßstäben und eingedenk der Tatsache, dass diese europäische Instanz durch Staaten Europas finanziert wird, dürfte es ein aussichtloses Unterfangen sein, dort bescheinigt zu bekommen, dass die Isolationshaft gegen Art. 3 EMRK verstößt.

III.) Eigene Erfahrungen
Wegen des Verdachts der erhöhten Fluchtgefahr, was auch den Verdacht einschließt ich könnte Geiseln nehmen, eine Meuterei initiieren oder aufgrund der mir attestierten Aversion gegen diesen Staat und die Justiz, Anstaltsjuristen angreifen, sitze ich seit mehreren Jahren in Isolationshaft; von den fast 6 Haftjahren, sitze ich nun 5 Jahre 9 Monate in Einzelhaft, davon einige Jahre auch mit der eingangs erwähnten „Fesselung vor Verlassen der Zelle“. Tatsächlich verletzt habe ich während der Haft niemanden, weshalb die JVA sagt, ihr sei nicht zumutbar, erst ein entsprechendes Ereignis abzuwarten. Ich betrachte es als mein legitimes Recht mir meine Freiheit zu erkämpfen; die Justiz betrachtet solche Gedanken, sowie u.a. Äußerungen, dass der revolutionäre Kampf notwendiger denn je ist, als Beleg für meine „Gefährlichkeit“ und „Uneinsichtigkeit“.
Anfang Juli 2002 wurde ich nun -erneut- aus „Sicherheitsgründen“ in die JVA Stuttgart-Stammheim überführt, da sich in 4 Jahren Isolation in Bruchsal meine Einstellungen nicht geändert hätten, ich mich zu vertraut mit den Betriebsabläufen hätte machen können und man zudem die dortige Sicherheitszelle sanieren wolle. Für 3 Monate, so die Mitteilung, müsse ich in Stammheim bleiben und sitze hier nun in jenem Sicherheitstrakt, in welchem ich schon 1996 bis 1998 saß.
Folgen der Isolation die ich bei mir spüre, sind: geringe Frustrationstoleranz, hohe Stressanfälligkeit, latente Konzentrationsschwierigkeiten bei Besuchen von GenossInnen und FreundInnen. Das Zeitgefühl beginne ich ebenfalls zu verlieren; so kann ich fast gar nicht ohne Zuhilfenahme eines Kalenders feststellen, ob etwas vorgestern, vor einer Woche, einem Monat oder einem Jahr passierte. Der Mensch wird zurückgeworfen auf sich selbst, befindet sich in einem ständigen inneren Dialog, was dann die Konzentration bei Besuchen erheblich erschwert, da die Aufmerksamkeit plötzlich nach außen gerichtet werden muß.
Trotz dieser negativen Auswirkungen, leide ich nicht unter der Isolierung, denn einerseits habe ich einige Briefwechsel und die dadurch vermittelte wohltuende Solidarität und zum anderen, denke ich an all die inhaftierten GenossInnen weltweit, die unter Bedingungen einsitzen, bei denen es uns schaudern würde. Was sie aushalten müssen, kann mit hiesigen Haftbedingungen nicht verglichen werden.

Beschwerte ich mich anfangs massiv über die Einzelhaft, so bin ich heute davon abgerückt, denn im Vergleich zu anderen Staaten würde es eine unzulässige Relativierung des Begriffs Isolationsfolter bedeuten, würde man die Zustände in Deutschland hinsichtlich der Einzelhaft als Folter klassifizieren.
Dessen ungeachtet ist Einzelhaft ein Angriff auf die Menschenwürde!


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