Offener Raum

ZWANGSREGIME DER PSYCHIATRIE: EINSPERREN, FIXIEREN, ZWANGS"THERAPIE"

Begutachtung und Diagnose


Zwang · Freiheitsentziehung · Fixierung · Zwangsmedikamentierung · Begutachtung und Diagnose

Vorträge im Rahmen der Tagung "Menschenrechtsverletzungen durch psychiatrische Gutachten" von ...

Heinrich Schmitz in der Zeitung The European
Da die Kriterien für die Unterbringung sich nicht wie Blutalkoholwerte oder Geschwindigkeiten messen lassen, stellt die Entscheidung letztlich eine öffentlich-rechtliche Form von Hellseherei dar

Aus "Weiße Götter, Folterknechte?", in: Neues Deutschland, 23.11.2013 (S. 18f, Auszüge)
Ausgerechnet Allen Frances, ein pensionierter Mitherausgeber der Psychobibel DSM ("Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen") wettert in seinem Buch "Normal" gegen eine "Inflation" der Diagnosen: Aus jeder Verschüchterung werde gleich eine "Phobie".

Aus dem Manuskript zur Sendung "Weggesperrt und zwar für immer", auf: WDR5 Neugier genügt am 10.5.2010 (Kröber ist psychiatrischer Gutachter)
Sprecher
Über eine Freilassung entscheiden wohlgemerkt nicht die Gutachter, sondern Richterinnen oder Richter. In der Praxis aber folgen sie meistens den Einschätzungen der Sachverständigen. Denen wiederum ist sehr bewusst, dass eindeutige Vorhersagen über einen Rückfall nicht möglich sind. Dazu kommt: Werden die Entlassen dann rückfällig und begehen eine schlimme Tat, dann wird ein tendenziell positives Gutachten zum medialen Skandal. Kröber glaubt, dass dieser öffentliche Druck auch manche seiner Kollegen beeinflusst.
O-Ton - Kröber
Man exponiert sich viel stärker, wenn man sagt: "Jawohl, jetzt macht mal weiter, oder lasst ihn raus." Bequemer, sicher, risikofreier, risikoärmer ist es, wenn man sagt: "Ja, soll der Nächste entscheiden, ich reich den Hut erst mal weiter, lasst das erst mal so. Und dann lasst den nächsten Gutachter entscheiden, ob er nun zusätzliche Freiheiten bekommt." Also das ein Druck in diese Richtung besteht, kann man sicher nicht verneinen, und wenn man die Gutachten sieht, dann hat man hier und da auch den Eindruck, dass manche diesem Druck auch nachgeben und ängstlicher sind, als es eigentlich von der Sachlage her geboten ist.


Aus einem Schreiben des psychologischen Dienstes der JVA Rheinbach zur Frage der Unterbringung im offenen Vollzug (26.3.2010)
Herr ... ist nicht bereit, sich durch unterwürfiges Verhalten dem Vollzug anzupassen.

Viele stehen bereits unter Medikamenten, wenn sie das erste Mal begutachtet werden. Das gilt erst recht für alle nachfolgenden Untersuchungen und Vernehmungen vor Gericht. Dabei ist das eigentlich verboten (Hervorhebungen nicht im Original):

§ 136a StPO
(1) Die Freiheit der Willensentschließung und der Willensbetätigung des Beschuldigten darf nicht beeinträchtigt werden durch Mißhandlung, durch Ermüdung, durch körperlichen Eingriff, durch Verabreichung von Mitteln, durch Quälerei, durch Täuschung oder durch Hypnose. Zwang darf nur angewandt werden, soweit das Strafverfahrensrecht dies zuläßt. Die Drohung mit einer nach seinen Vorschriften unzulässigen Maßnahme und das Versprechen eines gesetzlich nicht vorgesehenen Vorteils sind verboten.
(2) Maßnahmen, die das Erinnerungsvermögen oder die Einsichtsfähigkeit des Beschuldigten beeinträchtigen, sind nicht gestattet.
(3) Das Verbot der Absätze 1 und 2 gilt ohne Rücksicht auf die Einwilligung des Beschuldigten. Aussagen, die unter Verletzung dieses Verbots zustande gekommen sind, dürfen auch dann nicht verwertet werden, wenn der Beschuldigte der Verwertung zustimmt.


Oberflächlich prüfen, am Fließband urteilen
David Jungbluth, Ex-Staatsanwalt und Ex-Richter, in: "Es geht letztlich nur darum, die Akte so schnell wie möglich vom Tisch zu haben", auf: telepolis am 14.8.2014
Nehmen wir doch nur mal Verfahren, in denen es um eine etwaige Schuldunfähigkeit des Beschuldigten geht, und wo dann ein psychologisches Gutachten erstellt wird. Diese fallen oftmals relativ umfangreich aus. Man hat aber kaum Zeit, diese vollständig zu lesen, da man sonst mit der Bearbeitung der anderen Fälle nicht hinterher kommt. Ich weiß daher von ehemaligen Kolleginnen und Kollegen bei der Staatsanwaltschaft, die regelmäßig lediglich die Zusammenfassung am Ende des Gutachtens gelesen haben, aus der sich dann ergab, ob der Beschuldigte unter einer psychischen Störung leidet oder nicht. Wenn man aber sich ausschließlich die letzten vier Seiten eines vierzigseitigen Gutachtens anschaut, kann man meines Erachtens nach nicht erkennen, ob die Ausführungen des Sachverständigen insgesamt in sich schlüssig sind oder eben nicht. Später, also beispielsweise in einer höheren Instanz, dann noch einmal zurück zu rudern und gegebenenfalls dort dann sogar zuzugeben, dass man das Gutachten ursprünglich nicht vollständig gelesen hat, halte ich dann für äußerst unrealistisch. Das System provoziert mithin Fehler. Menschliche Schwächen perpetuieren diese dann noch gegebenenfalls.
Aus Teil 2: "Justizkritik: Von innen heraus ist kein wesentlicher Widerstand möglich", telepolis am 15.8.2014
Dass hinter jedem Verfahren menschliche Schicksale stecken, geht in der Masse der Verfahren ganz schlicht und einfach unter.

Aus "Alles auf Anfang", in: Spiegel 27/2014, 30.6.2014
Der zuständige Oberstaatsanwalt Wolfhard Meindl beschrieb seine Lage vor dem Ausschuss so: "Mein Auftrag war: Führe ein Wiederaufnahmeverfahren zugunsten Gustl Mollaths." Nur: Wo nimmt man einen Wiederaufnahmegrund her? Eine undankbare Aufgabe, aber nicht unlösbar: "Ein guter Jurist kann alles in jede Richtung schreiben", sagte Meindl vor dem Ausschuss. "Sie können Unschuldige hinter Gitter bringen, einen Schuldigen freisprechen."


Im Original: Penetrante Staatskritik einsperren
Wikipedia zu "Querulant"
Als Querulant (von lateinisch queri – „vor Gericht klagen“) wurden ursprünglich in der Rechtsprechung Menschen bezeichnet, die trotz geringer Erfolgsaussicht besonders unbeirrbar und zäh einen Rechtskampf führen. Dabei steht ein geringfügiger oder vermeintlicher Anlass kaum noch im Verhältnis zum rechthaberischen, misstrauischen, fanatischen und unbelehrbaren Vorgehen der so bezeichneten Menschen. Auch Personen, die bei Behörden oder vor Gericht ständig unbegründete Anträge stellen, werden als Querulanten bezeichnet. Später wurde der Begriff von der Psychiatrie aufgegriffen und entweder als eigenes, wahnhaftes, oft paranoides Krankheitsbild, Persönlichkeitsstörung oder als begleitendes Symptom anderer psychischer Störungen beschrieben. Die Anwendung des Begriffs ist rechtlich problematisch, steht doch beim Vorliegen einer derartigen Störung die Prozessfähigkeit in Frage. Dadurch kann ein Betroffener effektiv an der missbräuchlichen Nutzung von Klagen und Rechtsbehelfen, aber auch an der Durchsetzung tatsächlicher Rechte gehindert werden. Eine gesetzliche Definition des Querulanten fehlt, weshalb auch missbräuchliche oder fehlerhafte Verwendungen des Begriffs diskutiert werden.
In der Zeit des Nationalsozialismus wurden Personen, die vor Behörden oder Gerichten von der NS-Ideologie abweichende Ziele erstreiten wollten, ebenfalls als „Quengler“ oder Querulanten bezeichnet und daraufhin in Schutzhaft genommen, später auch in Arbeitslager und Konzentrationslager verbracht.
Bildungssprachlich abwertend bezeichnet Querulant jemanden, der sich unnötigerweise beschwert und dabei starrköpfig auf sein zum Teil vermeintliches Recht pocht.

Querulatorische Persönlichkeitsstörung
Als Kriterium zur Diagnose einer querulatorischen Persönlichkeitsstörung als Ausprägung der paranoiden Persönlichkeitsstörung gilt das zunehmende Leiden des Umfeldes unter der Rücksichtslosigkeit des Betroffenen. Beginnend mit einer typischerweise bagatellhaften Auseinandersetzung entspinnt sich ein umfangreicher Kampf, der sich bald vom ursprünglichen Anlass und von der Suche nach einer konkreten Lösung, etwa einer realistischen finanziellen Entschädigung, entfernt. Es kommt zu weiteren Klagen und Beschwerden, Gegenklagen, umfangreichem Schriftverkehr und auch zu Beleidigungen. Mitunter entwickelt sich im Kampf um „das Recht an sich“ ein vom herrschenden Verständnis teilweise oder ganz abgekoppeltes Verständnis von Gerechtigkeit, das verbissen durchgesetzt werden soll.

Querulatorischer Wahn
Die Grenze zum Querulatorischen Wahn zeigt sich durch die gänzlich fehlende Möglichkeit des Betroffenen, einen „Zweifel an der Rechtmäßigkeit seiner eigenen Position und des eigenen Verhaltens“ zu hegen. Er unterstellt seiner Umwelt in weiten Teilen feindliche, verwerfliche Motive und ist von Verschwörungen zu seinen Ungunsten überzeugt. Auch eine Lösung vom ursprünglichen Prozessgegner oder Schädiger, verbunden mit der Ausweitung der Auseinandersetzung auf alle, die den Querulanten in seinem Kampf um Gerechtigkeit behindern oder gar auf die ganze Gesellschaft, ist eine wahntypische Entwicklung, ebenso wie das Bestehen auf unverhältnismäßigen bis absurden Sanktionen und Rechtsfolgen. Kommt es zu einer Ausrichtung der gesamten Lebensumstände auf den „Kampf um Gerechtigkeit“, können Betroffene ihr soziales und familiäres Umfeld verlieren.

Querulanz als Syndrom
Neuere Publikationen führen Querulanz seltener auf eine eigene Diagnose zurück, sondern beschreiben sie als Syndrom, das unterschiedlich ausgeprägt bei verschiedenen psychiatrischen Störungen auftreten kann. Detlef E. Dietrich und Bastian Claassen (2012) empfehlen die Betrachtung querulatorischen Verhaltens als Spektrum mit fließendem Übergang „vom Gesunden bis zum Patienten mit ausgeprägtem Wahn“, wobei die diagnostischen Kodierungsmöglichkeiten als Verankerung für krankhafte Zustände genutzt werden sollen. Zu einer Verortung zwischen einer eher wahnhaften oder aus Paranoider Persönlichkeitsstörung resultierenden Querulanz müssten weitere Symptome und die Lebensgeschichte eines Patienten betrachtet werden. Auch der Schweizer Psychiater Franz Caduff betrachtet Querulanz als ein Verhaltensmerkmal zwischen „einfühlbarer Rechtsuche über krankhafte, das Leben bestimmende Rechthaberei bis zum psychotischen Wahn“. Was man als querulatorisch bezeichnet, unterscheide sich nicht nur von Kultur zu Kultur, sondern ändere sich auch innerhalb einer Gesellschaft mit der Zeit. So stellt er fest, dass die Querulanz seit den 1960er Jahren aus dem klinisch-psychiatrischen Interesse nahezu verschwunden ist. Als Grund für die zurückgehende Diagnosestellung vermutet er auch die frühere, abwertende Verwendung des Begriffs, der daher heute auch bei klar querulatorischem Verhalten nicht mehr verwendet würde.


Definition von "Beeinträchtigungs- und Verfolgungswahn" bei: Karl C. Mayer, "Glossar Psychiatrie"
Der Kranke erlebt ich selbst als Ziel von Feindseligkeiten und fühlt sich meist bedroht. Er glaubt, dass er gekränkt, beleidigt, verspottet, verhöhnt, wird, man ihn bestohlen hat und überwacht, ihn vergiften will oder umbringen will. Der Querulantenwahn ist eine besondere Form des Beeinträchtigungswahnes, wobei meistens eine Kränkung und der daran anschließende Kampf ums Recht beherrschend sind. (Michael Kohlhaas Syndrom nach Heinrich von Kleists Novelle)

Definition von "Querulantenwahn" in: Psychologie-Lexikon
Querulantenwahn bezeichnet eine besondere Form des Wahns oder der Paranoia. Während ein Mensch, der sich dauernd und schnell (zu Recht oder Unrecht) hintergangen, betrogen, etc. fühlt und sich deshalb auch dementsprechend schnell beschwert bzw. seine Rechte reklamiert als querulantisch bezeichnet wird, trifft dies auf einen persönlichkeitsgestörten Menschen mit Querulantenwahn in gesteigerter Weise zu.
Die Abgrenzung zwischen noch akzeptierter Querulanz und Wahn ist schwierig und fließend. Anhand von Definitionen, Fragebögen, etc. finden diese Unterteilungen, was gestört ist und was nicht, dann aber doch statt.
Den Querulantenwahn macht sicherlich der völlige Verlust der Fähigkeit zur Einsicht aus; damit wird die Paranoia querulans zu einer ernsthaften psychopathologischen Persönlichkeitsstörung.
Nach Otto Dornblüths Klinischen Wörterbuches (13/14 Auflage, 1927) ist Querulantenwahn (lat. queri klagen), eine Prozeßsucht, eine Geistesstörung der Psychopathischen, wobei sie an ein wirklich oder vermeintlich erlittenes Unrecht anknüpfen und die angeblichen Verfolger auf jede Weise zu bekämpfen suchen, ohne einer Belehrung zugänglich zu sein und mit fortschreitender Ausbildung ihres Wahns; übergänge zu Paranoia.


Definition "Michael-Kohlhaas-Syndrom" (=Querulantenwahn) aus dem Pschyrembel
Bez. für querulatorisches Verhalten, meist verursacht durch eine Kränkung, die zu einem alles beherrschenden sog. Kampf um das Recht führt; Betroffene sind überzeugt, dass sich öffentliche Instanzen u. andere Beteiligte gegen sie verschworen haben; meist einhergehend mit anhaltenden gerichtlichen Auseinandersetzungen; i.d.R. überwertige Ideen (keine echten Wahnideen, die Kriterien des Wahns sind gewöhnlich nicht erfüllt). Primärpersönlichkeit wie bei paranoider Persönlichkeitsstörung meist sensitiv, vermehrt kränkbar u. rechtharberisch u. mit der unkorrigierbaren Überzeugung, im Recht zu sein.

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