Projektwerkstatt Saasen

STADTPOLITIK IN GIESSEN

SPD


1. 2005 und Anfang 2006: Schweigen im Walde
2. Der Stadtverordnetenbeschluss 2006
3. Die Grünen und ihre Jugend
4. Die Linke (vormals PDS)
5. SPD
6. Hoffnungslose Fälle: CDU, FWG, FDP
7. Die NGOs und ihre Wasserträger
8. Links

Nach der Feldbefreiung 2006 - die SPD kämpft fürs Gerstenfeld und gegen die FeldbefreierInnen

SPD-Linker Thorsten Schäfer-Gümbel als Ober-Hetzer gegen "FeldbefreierInnen" (Aus Gießener Allgemeine, Internet 7.6.2006, siehe Bild links, vergrößern durch Anklicken):
Aufklärung verlangt: HR hatte Übergriff auf Gentechnik-Versuchsfeld angekündigt
Die militanten Gentechnik-Gegner haben am Freitag etwa ein Fünftel des Versuchsfeldes mit gentechnisch veränderter Gerste im Alten Steinbacher Weg zerstört. Damit könne das wissenschaftliche Experiment nicht in vollem Umfang zu Ende gebracht werden, sagte Prof. Karl-Heinz Kogel, Direktor des Instituts für Phytopathologie (Pflanzenkrankheiten) der Justus-Liebig-Universität und Leiter des Versuchs, am Dinestag der Allgemeinen Zeitung. Der SPD-Landtagsabgeordnete Thorsten Schäfer-Gümbel hat Aufklärung über die Umstände der militanten Übergriffe gefordert, die der Hessische Rundfunk schon zwei Tage zuvor in einem Programmhinweis angekündigt hatte. Die Frage stelle sich, "wer wen zu welchem Zeitpunkt informiert hat. Wenn die Aktion bekannt war, hätte sie verhindert werden müssen." Ärgerlich sei zudem, "dass sich ausgerechnet ein Herr Bergstedt im HR als Repräsentant der Gentechnik-Kritiker verbreiten konnte. Entweder wusste der HR nicht, mit wem er es zu tun hat, dann ist das peinlich. Oder er hat es gewusst, dann haben wir ein ernsthaftes Problem." Obwohl Jörg Bergstedt jenseits jeder ernst zu nehmenden Positionierung stehe, werde ihm auch noch eine Bühne für seine Polit-Spektakel gegeben.

Und weil ja der kaputte Genversuch zu Tränen rührt, trifft sich die ganze SPD-Regionalelite gleich mit dem Versuchsleiter, um dessen Image zu retten. Dabei machen die SPDlerInnen zum Teil richtig peinliche Bemerkungen, z.B. dass die Uni " keinerlei kommerzielle Interessen verfolgten" (selten so gelacht) und das Bio-Sicherheitsprogramm nur aus öffentlichen Geldern finanziert würde (was Versuchsleiter Kogel auch schon mal besser wußte). Naja - die Sozialdemokraten halt im Krisenfall immer als Rettungsring staatlicher und wirtschaftlicher Interessen ... Bericht zu dem Werbeauftritt der SPD-Größen am Genversuchsfeld im Gießener Anzeiger (19.5.2006).

Die Ex-SPD- und jetzige DuMont-Zeitung "Frankfurter Rundschau" zeigte recht deutlich, wieweit sie Widerständigkeit jenseits der großen und zentralen Aktionen gänzlich negiert. Die Zeitung, die auch Attac groß machte gegenüber den Basisinitiativen des Protestes und die Linkspartei-/WASG-Kader gegenüber den Straßenprotesten gegen Hartz IV schrieb am 29.7.2006 (S. 29):
Zum zweiten Mal kündigen Gentechnikgegner eine Straftat im Vorfeld an.
Die Aktionen in Gießen und Oberboihingen fanden in der zentralen FR-Redaktion und beim rechtsstaatsfetischistischen Gentechnikkritiker Stephan Boernecke gar nicht statt. Auch rund um Pfingsten, als es zu den beiden genannten angekündigten Feldbefreiungen kam, schrieb Boernecke zwar viel über Genfelder, aber nur über den kleinen Genmais-Acker in der Wetterau - Gießen und Oberboihingen erwähnte er mit keiner Silbe. Ob da eine Rolle spielte, dass der Versuchsleiter des Gießener Feldes auch ein SPD-Mann ist???


SPD und ihr Kogel: Die sanfte Linie pro Gentechnik
Der Versuchsleiter des Gengerste-Versuchs in Gießen wurde auch von SPDlern als "SPD-nah" bezeichnet. In der Tat trat er öfter als Referent zum Thema bei der SPD auf. Die FR meldete am 11.7.2009, dass Kogel SPD-Mitglied sei. Das dürfte erklären, warum gerade die SPD nach der Genversuchsfeld-Zerstörung gegen die "FeldbefreierInnen" polemisierte. Immerhin es der Normalfall von Politik, an persönllichen Interessen und Verfilzungen orientiert zu sein, weniger an Sachfragen. Insofern verteidigt die SPD hier ihren Vorzeige-Prof., der sich dazu noch anschickt, ein international renommierter Wissenschaftler zu werden. Wer hat den nicht gern als Aushängeschild - auch wenn er turboneoliberale Positonen vertritt ...

Wenn die selbsternannten „Linken“ in der SPD zum Dialog rufen (Bericht):
Gentechnik-Propagandaveranstaltung mit dem Genversuchsleiter in Gießen
Es hieß „Politischer Club“ – das klingt nach gehobenem Kommunikationsniveau und dem Wunsch auch nach gepflegter Streitkultur. Veranstaltet war alles von der Friedrich-Ebert-Stiftung,laut Einladung sollte der heimische SPD-Boss (Unterbezirksvorsitzender) Thorsten Schäfer-Gümbel (genannt „TSG“ und früher selbst ein klassischer Linker – wie so manche der Emporkömmlinge in politischen Machtzirkeln) mit dem Gentechnik“experten“ Prof. Kogel ein „Gespräch“ führen. „Fortschritt – in wessen Interesse?“ lautete der Titel und auf der Einladung war zudem auch deutlich vermerkt, dass die Veranstaltung „VerantwortungsträgerInnen aus unterschiedlichen Lebensbereichen miteinander ins Gespräch und in Verbindung bringen will“.
Die Einladung aber hatte von Beginn an den Wert der Wahlversprechen, die von dieser und anderen Parteien vor den Akzeptanzbeschaffungs-Festspielen der Demokratie verteilt werden – es ist eh klar, dass sich die Chefetagen der Parteiapparate nicht daran halten. Schon zwei Minuten vor dem offiziellen Beginn setzte die autoritär auftretende FES-Funktionärin Magda Schirm ihre erste Duftmarke: Sie sammelte ein verteiltes A4-Blatt mit gentechnik-kritischen Äußerungen wieder ein und erklärte den zu diesem Zeitpunkt ca. 30 Anwesenden, dass ohne ihre Genehmigung nichts verteilt werden dürfe. Natürlich lagen zu diesem Zeitpunkt schon mehrere bunte Propekte der Agro-Gentechnik-Fakultäten der Uni- Gießen auf jedem Platz. Kurz danach der nächste Versuch: Einem Genkritiker wurde nach dessen kurzem Verlassen des Veranstaltungsraumes (um noch einen Stuhl zu holen) der Wiedereintritt verwehrt: „Das ist eine geschlossene Veranstaltung“. Netter Versuch – aber der so Rausgedrängte ging einfach in den Raum, und so blieb es dann auch.
Der Beginn war schließlich ungefähr 20.15 Uhr, nur von Dialog war nichts zu merken. Als Referent trat Prof. Dr. Karl-Heinz Kogel auf. Er hatte im Frühjahr den Gengerste-Versuch in Gießen durchgeführt, der am 2.6.2006 von einer Gruppe namens „FeldbefreierInnen“ attackiert und (unter tatkräftiger Mithilfe der eigentlich zur Bewachung anwesenden Polizei) teilweise zerstört wurde. Kogel sollte 30min Zeit für eine Einführung haben, die dann (wie üblich) stückweise auf fast eine Stunde verlängert wurde. Kurz nach 21 Uhr war er erst zuende – und 21.30 Uhr sollte schon Schluss sein, damit noch Zeit für FES-finanzierte Fleischhäppchen bliebe.
Der Vortrag von Kogel war ein einziges Feuerwerk plattester Gentechnikpropaganda. Bevor er aber loslegte, beglückwünschte ihn SPD-Chef TSG zu seiner Nominierung als Kandidat für den Uni-Vizepräsidenten. Artiges Klatschen und auch kein Entsetzen, als er kurz darauf einging und für sich warb mit Verweis auf sein Programm, mit dem er kandidieren wolle: Die Uni Gießen zu einer Elite-Universität zu machen. Wohlgemerkt: Glückwünsche von der SPD und dort gerade von den selbsternannten „Linken“ (TSG glaubt immer noch, marxistisch orientiert zu sein ...). Zudem stellte sich heraus, dass Kogel Leiter eines neu geschaffenen Studienganges für Elite-AgrarwissenschaftlerInnen geworden ist, der auf High-Tech und eben vor allem Gentechnik setzen wird. Das Ganze segelt und der Flagge „Umweltsicherung“. Es gab also von Beginn an keinen Zweifel: Der nachdenkliche, gentechnikkritische Typ, als den Kogel sich in den Debatten um den Genversuch präsentiert hatte, ist vorbei. Es war ein reiner Propagandatrick eines in Kommunikation geübten Propagandisten von Heilslehren. Bei der SPD trat er ehrlicher auf – und allein die Zitatesammlung ist ein beeindruckendes Werk eines platten, polemischen, unwissenschaftlichen Streiters für die Interessen einer profitorientierten Technologie.

Kogel im Wortlaut
Die folgenden Zitate sind wörtliche Mitschriften, soweit als Zitate mit „“ gekennzeichnet. Da mensch nicht so schnell mitschreiben kann wie Kogel sprach, ist der Kontext immer nur zusammenfassend benannt, die Kernaussage aber als Zitat:
  • Gentechnik hätte eine „immense Verbesserung der Grundlagenforschung“ gebracht.
  • „Medizin ohne Gentechnik wäre katastrophal“, unter anderem würde sich AIDS dann schnell verbreiten
  • Gentechnik ist „aus dem Umweltschutz nicht mehr wegzudenken“
  • Umfragen würden etwas Falsches suggerieren, Gentechnik sei auch „in der Landwirtschaft in Wirklichkeit hoch akzeptiert“
  • „Käseherstellung gibt es heute nur noch mit GVO“ (GVO = gentechnisch veränderte Organismen)
  • Kogel legte Folien auf mit Zahlen zu den schwindenden Ölreserven und dem dramtischen Klimawandel. Er behauptete dann, Gentechnik könnte da helfen.
  • Gentechnik spiele bei Energiepflanzen eine große Rolle. Heute sei die „Produktion von nachwachsenden Rohstoffen stark akzeptiert“
  • Gentechnik bringe Vorteile für die Umwelt, weil das Ausbringen von Giften verringert würde – auch wenn das gar nicht mehr so wichtig sei, denn: „Pflanzenschutzmittel sind heute sicherlich nicht mehr giftig, aber auch nicht gut“. Die „Zielrichtung ist Nachhaltigkeit“ wusste er noch über Gentechnik zu sagen.
  • Kogel ging im Niveau sogar soweit runter, dass er das ausdiskutierte Thema „Golden Rice“ als Argument für seine Gentechnik einbrachte. Darüber hat es vor Jahren einen intensiven Streit gegeben – Kogel war so platt, den KritikerInnen des gentechnisch auf vermehrte Vitamin-A-Produktion getrimmten Hochleistungsreis (andere Reissorten produzieren von Natur aus ausreichend Vitamin A ... aber das verschwieg Kogel) selbst irgendwelche Argumente unterjubelte und die dann als „schwach“ bezeichnete. KritikerInnen selbst kamen bei all diesen Aussagen nicht zu Wort, die zunehmenden Zwischenrufe zu Kogels Plattitüden wurden von den beiden VeranstaltungsleiterInnen streng gemaßregelt.
  • Mehrfach bezeichnete Kogel Gentechnik als „absolut sicher“. Das ist für einen Wissenschaftler bemerkenswert, denn grundsätzlich gilt in der Wissenschaft, dass es keine absolute Sicherheit des Wissens geben kann. Kogel trat an dieser Stelle am deutlichsten als platter Propagandist im Gewand des Wissenschaftlers auf. Das Zitat gebrauchte er mehrfach, unter anderem in der Formulierung, dass etliche gentechnisch veränderte Produkte von Behörden „zugelassen und deshalb absolut sicher“ seien.
  • Zusammenfassend stellte Kogel fest: „Aus wissenschaftlicher Sicht sei Gentechnik dringend zu empfehlen“.
  • Kogel ging auch auf die aktuellen Skandale um das Auftauchen eines gentechnisch veränderten Reis in Supermarktregalen ein. Der Skandal zeigte ja, dass eine Ausbreitung von gentechnisch veränderten Produkten nicht kontrollierbar ist und daher eine Koexistenz von gentechnischem und gentechnikfreien Lebensmitteln nicht denkbar ist. Das aber fordert das deutsche Gentechnikgesetz. KritikerInnen bezeichnen deshalb die Gentechnik und auch Kogels Wirken als rechtswidrig. Kogel aber behauptete in seiner typischen Plattheit, dass von dem Reis „absolut keine Gefahr“ ausginge.
  • Angesprochen auf die wachsende Abhängigkeit von LandwirtInnen räumte er zwar ein, dass dieses ein Problem sei, aber die „Abhängigkeit gibt es nicht wegen der Gentechnik, sondern trotz der Gentechnik“. Eine Erklärung für diesen bemerkenswerten Satz gab er – wie in allen anderen Fällen auch – nicht.
  • Als durch eine Nachfrage zum Problem der zunehmenden, ökologisch bedenklichen Mais-Monokulturen kam, antwortete er zwar, dass er das Problem nachvollziehen könne, aber „es gibt keine Alternative“. Außerdem sei „Kreuzung gefährlicher als Gentechnologie“.
  • Als ein paar Nachfragen u.a. von Mitarbeiterinnen der Verbraucherzentrale und anderer gentechnikkritischer Einrichtungen sowie eine Nachfrage einer eher Kogel zuneigenden Person kamen, ging er auf die Frage der letzteren am Schluss mit den Worten „die entscheidenden Frage hätte ich fast übersehen“. Zu dieser Beleidigung seiner Kritikerinnen passte auch eine andere Bemerkung in gleiche Richtung: „Das lernt man schon im ersten Semester Agrarwissenschaften“.
  • Überraschend war dennoch (trotz der vielen Plattitüden, die Kogel schon gebracht hatte), dass er selbst das dümmste Argument der Gentechniklobby vorzubringen versuchte. Auf kritische Anmerkung hin, dass es ca. doppelt soviel Nahrungsmittel gäbe wie für alle Menschen reichen würde und daher die Gentechnik überflüssig wäre, reagierte er mit der Behauptung, dass es aber viele Länder gäbe, die nicht genug zu essen hätten. Das ist schlicht gelogen, denn auch in den Ländern, in denen Hungerkatastrophen herrschen, gibt es genügend Lebensmitteln – aber es ist politisch gewollt, dass den Menschen das Land weggenommen und die produzierten Lebensmittel zu den kaufkräftigen Schichten in den Reichen-Stadtteilen oder in devisenbringende Ausland geschafft werden. Das wurde Kogel per Zwischenruf auch signalisiert, er beharrte aber auf seiner Behauptung. Danach wurde er per Zwischenruf als Lügner bezeichnet – was schlicht eine Tatsachenbehauptung und gut belegt ist. Jetzt aber zeigte SPD-Macker TSG, dass er seinen Freund so nicht angegriffen haben wollte und schrie den Zwischenrufer an, der mit dem T-Shirt der „FeldbefreierInnen“ in Gießen (Aufschrift „I did it – Feldbefreiung“) im Raum saß: „Herr Bergstedt, Sie haben sich mit ihren Handlungen schon derart disqualifiziert, dass es jetzt reicht“ – ein bemerkenswerter Eingriff in die Debatte von dem, der eigentlich als Moderator agieren sollte. Und auch Kogel blieb seinen Plattitüden treu: „Das können Sie ja in der Zeitung schreiben, dass der Herr Bergstedt meint, es gäbe überall genug zu essen“.
  • Auf eine Runde kritischer Personen, die Kogel auch während seines zeitlich weit überzogenen Vortrages bei platten Lügen oder Polemiken mit Zwischenrufen kritisierten, ging Kogel auch in der späteren Fragerunde ohnehin gar nicht ein. Stattdessen erzählte er seinen Getreuen in der Pause, dass seien die Leute, die sein Genfeld kaputtgemacht hätten. Nicht dass das eine Beleidigung sein muss (auch wenn es einige so sahen, was schade ist) – es war schlicht falsch. Nur eine einzige Person der „FeldbefreierInnen“ war an den Abend anwesend.
  • Die Produktion des Abwehrstoffes gegen Maiszünsler durch die Maispflanze selbst (Bt-Mais) sei in etwas dasselbe wie das Spitzen mit solchen Stoffen im Biolandbau. Auf den Fakt, dass bei Eigenproduktion durch die Pflanze diese den Giftstoff überall und auf Dauer produziert, also auch wenn er im Kochtopf der VerbraucherInnen oder der Kuh zum Fraß vorgeworfen wird, ging Kogel einfach gar nicht ein.

Und auch sonst waren seine Auslassungen bemerkenswert:
  • Wie schon bei früheren Vorträgen zählte er eine lange Reihe von Gründen für Gentechnik auf. Gentechnik sei gut für Gesundheit, Umwelt, Nahrungsmittelsicherheit usw. Den Profit Motor bisher fast aller Entwicklungen in der Gentechnik, ließ er aus. Wirtschaftliche Interessen gibt es in seiner Welt gar nicht.
  • Auf Risiken der Gentechnik ging er schlicht gar nicht ein. Das war zwar eigentlich Thema der Veranstaltung, aber die war halt aus mehreren Gründen eine Mogelpackung. Auf einer Folie waren zwar zwei kritische Punkte zu finden. Das aber war erstens stark unvollständig und zweitens diente sie Kogel auch nur als Anlass, über die KritikerInnen zu schimpfen und die Gegenargumente als unsachlich und „nichts davon ist bisher bewiesen“ darzustellen.
  • Auf den Feldversuch in Gießen ging Kogel aus Zeitgründen nicht mehr ein. Schade – er hätte sicherlich (wie bei anderen Veranstaltung auch) verschwiegen, dass der Versuch mit Sofortvollzug durchgesetzt wurde, d.h. einem Mittel der Genehmigung, die aus Notstandszeiten stammt und vor allem autoritärem Staatshandeln dient. Dieses setzt per Regierungsdekret die Rechtsstaatlichkeit außer Kraft und verhindert die Beteiligung von BürgerInnen. Diese können dann nur noch im Nachhinein z.B. Klagen einreichen. Wer so agiert, darf sich nicht wundern, wenn das Feld dann per Hand zerstört wird! Andere Möglichkeiten der politischen Mitsprache sind schließlich bewusst verhindert worden.

Lustig war sein wiederholtes Zurückweichen, wenn ihm eine Falschaussage belegt wurde. „Das habe ich nie gesagt“ war neben „absolut sicher“ die häufigste Formulierung. Sie trat vor allem in der zweiten Phase auf. Denn nach dem Vortrag von Kogel bat SPD-Chef TSG um Fragen – nicht ohne darauf hinzuweisen, dass es möglichst nur Fragen oder ganz knappe Statements sein dürften. Nach drei oder vier Wortmeldungen durfte dann erst mal wieder Prof. Kogel länger reden. Als das kritisiert wurde, fang die FES-Funktionärin Schirm die passenden Wort „Man muss Prioritäten setzen“ – auch eine schöne Umschreibung der Bejahung von Macht und Privileg. Etwas zu platt war die Formulierung der Veranstalter, der Abend sei „keine Veranstaltung der SPD“. Ausrichter war die Friedrich-Ebert-Stiftung, Moderator der SPD-Unterbezirksvorsitzende. Aber irgendwie passte das auch. Gentechnik ist absolut sicher, es gibt keine Alternativen und die Veranstaltung ist nicht von der SPD. Die Erde muss eine Scheibe sein ...

SPD pro Gentechnik
Nicht nur der Abend selbst zeigte, wo die SPD und auch die sich nach außen manchmal als kritische Geister verkaufende links-intellektuelle Kreise der Partei stehen. Verteilt wurde zudem ein „Gutachten“ der Friedrich-Ebert-Stiftung zu „Macht Grüne Gentechnik die Welt satt?“ mit bemerkenswert platten Pro-Gentechnik-Positionen. Auch dort wird ständig angedeutet, dass die Gentechnik vor allem den Armen und Hungernden helfen sollte. Die Forschung in den reichen Ländern sollte auf Technik ausgerichtet sein, die in den armen Ländern eingesetzt werden können. Das sehen Monsanto, Bayer CropScience & Co. wohl auch so ...

Erinnerungen werden wach
Ein solcher Abend geschieht nicht das erste Mal in Gießen. Es ist einige Jahre her, da lud die Leitung der Liebigschule zu einer sogenannten „Diskussion“ über Gentechnik in die Aula an der Bismarckstraße in Gießen. Für die Oberstufe der Schule war es sogar eine Pflichtveranstaltung. Vor dem Gebäude stand auf dem Schulhof der millionenteure Werbewagen von (rot-grüner) Bundesregierung und Industrie, das Science Live Mobil. Auf dem Podium saßen ebenso ausschließlich GentechnikbefürworterInnen. Diese hatten ihre Propaganda auch schon im Raum ausgelegt. Als GentechnikkritikerInnen auftauchten, ließ die Rektorin der Schule deren Flugblätter sofort wegnehmen und rückte die auch nicht mehr heraus. Ihre SchülerInnen sollten offenbar nur einseitig informiert werden – Bildungspolitik deutscher Schule. Nach den platten Propagandavorträgen vom Podium (auch mit dem „Golden Rice“ als Zugnummer) wurde dann diskutiert – aber die Rektorin entblödete sich zunächst, in dem sie gentechnikkritischen Anwesenden vorbot, mitzudiskutieren. Ihr Argument: Hausrecht.
Ob Zufall oder entsprechend Menschen im Saal bemerkten, dass Diskutieren nicht nur nichts bringt, sondern sogar gezielt untersagt wird – die Stunden nach der Veranstaltung gehörten der nachdrücklichen Genkritik mit anderer Sprache. Das Science Live Mobil wurde in einer offensichtlich technisch perfekten Art niedergebrannt. Nichts rundherum um den Wagen war in Mitleidenschaft gezogen worden, wie die Polizei selbst mitteilte – ein „absolut sicherer“ Anschlag. Und eine Sprache, die die KontrolleurInnen öffentlicher Debatte und Beeinflussung der Köpfe zumindest verstehen ...

Aus dem Gutachten der Friedrich-Ebert-Stiftung "Macht Grüne Gentechnik die Welt satt?" (von Matin Qaim und Detlef Virchow, S. 61): Gentechnik hilft gegen Hunger

So hätte alles bleiben können, wenn nicht das Folgejahr unfreiwillig eine Veränderung brachte, bei dem der Beschluss plötzlich Wirkung entfalten hätte müssen ... die Uni plante Sortenprüfungen mit MON810-Mais. Und nun spielte sich Schäfer-Gümbel plötzlich als Leuchtturm der Gentechnikkritik auf - wenn auch gleich mit einer Lüge. Er griff die Grünen und ihre Bürgermeisterin Weigel-Greilich zu recht an, dass diese das nächste Genfeld zu vertuschen versuchte (siehe unter Grüne). Was Schäfer-Gümbel aber verschwieg: Die SPD wusste das alles auch - von den unabhängigen GenfeldgegnerInnen, die Schäfer-Gümbel aber nicht mag. Und deshalb nicht beachtete.

Als dann der MON810 nach Gießen kam: 2007
Wegen der peinlichen Vertuschung wurden die Grünen von der SPD angegriffen Damit hat die SPD recht (siehe z.B. die SPD-Pressemitteilung vom 26.2.2007), vor allem genau dem SPD-Vorsitzenden, der ein Jahr zuvor auf die GentechnikgegnerInnen schimpfte, die das Feld seines Lieblings Kogel attackiert hatten. Doch auch Thorsten Schäfer-Gümbel wartete mit einer Lüge auf. Der Grünen-Fraktionschef Wolfgang Deetjen startete nämlich als Revanchefoul für die eigenen Peinlichkeiten einen Gegenangriff und unterstellte Schäfer-Gümbel, sicherlich selbst auch von dem Maisversuch gewusst und ihn verschwiegen zu haben.

Aus der Gießener Allgemeinen vom 27.2.2007 (S. 24)
"Wir sind sicher, dass die Landtagskontakte der SPD nicht schlechter sind als unsere und auch die Genossen ihre Informationen hatten"

Brüsk wies Schäfer-Gümbel das zurück, in: Gießener Anzeiger vom 2.3.2007
Schäfer-Gümbel weist Vorwürfe Möllers zurück
Von Gentechnik-Versuch erst aus der Presse erfahren
GIESSEN (rsh). "Die Gießener SPD hat von dem geplanten Freisetzungsversuch von gentechnisch verändertem Mais erst durch die Presse Kenntnis erhalten", so der SPD-Landtagsabgeordete Thorsten Schäfer-Gümbel. "Andernfalls wäre sie damit anders umgegangen, als das bei den Grünen und insbesondere bei der grünen Bürgermeisterin und Umweltdezernentin der Fall war", heißt es in einer Pressemitteilung.

Gelogen. Ob Schäfer-Gümbel über den Landtag was erfahren hatte, ist unbekannt. Aber am 4.2.2007 erhielten Gießener Gruppen, u.a. auch SPD und Linkspartei, eine Mail aus der Runde der "FeldbefreierInnen". Mag sein, dass die SPD diese Leute hasste - aber die Information bekommen haben sie. Der Aus der Mail war ein Hinweis auf das Standortregister:

Im Postleitzahlbereich 35398 (Gießen-West) - mit Mais.
Link zum Standortregister: 194.95.226.237/stareg_web/showmeldungen.do?flaecheId=479

Was noch fehlt zur SPD ...

Ab Sommer 2007 ist die SPD weitgehend auf Tauchstation gegangen.


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