Sand im Getriebe

ATTAC-PRAXIS UND KRITIK

Berichte vom ersten Attac-Kongress


1. Erfolgsbilanzen
2. Who the fuck is attac?
3. ATTAC-KONGRESS: DER REFORMiSMUS IST TOT - ES LEBE DER REFORMISMUS
4. Alter Wein in neuen Schläuchen!
5. Attac-Debatte auf Hoppetosse
6. Berichte vom ersten Attac-Kongress
7. Linksruck über Attac und umgekehrt
8. Kritik an "Kontrolle der Finanzmärkte"
9. BUKO-Kritik an attac
10. Attac Kritik (von Traute Kirsch)
11. Links zu Kritik an Attac
12. Kritik an der Kritik
13. Graswurzelrevolution polemisiert gegen Attac-KritikerInnen
14. Kritische Berichte von Ex-Attacies zur Veranstaltung in Lüneburg, 15.12.2004
15. Weitere Links

ATTACke für Sozialdemokratie - Kongreßbericht (Quelle: www.de.indymedia.org)
Mit rund 2000 Teilnehmenden wird der dieses Wochenende in Berlin stattgefundene ATTAC-Kongreß viele Erwartungen übertroffen haben. Aber was ist in Berlin passiert, welches Spektrum konnte ATTAC mobilisieren und welche Perspektiven ergeben sich für die Radikale Linke.
Wer dieses Wochenende auf dem ATTAC-Kongreß war, mußte bei 2000 Teilnehmenden sicherlich zugestehen, daß es der ATTAC-Führungsclique gelungen ist, den Aufschwung globalisierungskritischer Positionen nach Genua für sich zu nutzen und eine große Anzahl von Gruppen unter ihrem Dach zu vereinen. Was im vornherein vielleicht etwas überraschte, war, daß sich auch einige Gruppen am Kongreß beteiligten, die an anderer Stelle als klare Gegner der ATTAC-Ideologie aufgetreten sind. So warb Ulli Brandt vom Buko schon Ende letzten Monats in einer TAZ-Beilage für eine „Kritische Beteiligung“, so gab es Arbeitsgruppen von Fels - AG´s, die den Anspruch hatten, mit einer Radikalen Kritik an ATTAC die bürgerlichen Massen der hier vereinigten Zivilgesellschaft weiter nach links zu Bewegen. Doch diese interessierten sich für eine radikale Kritik eher weniger, für eine Steuer auf das Umtauschen von Währungen um so mehr, und so kam es, daß sich zwar eine ganze Reihe radikaler Linker (heimlich?) zum Kongreß bewegte, sich dann in den Linksradikalen Arbeitsgruppen trafen, und dort mehr das taten, wofür eine autonome Linke eigentlich auch eigenen Orte besitzt - unter sich bleiben und ATTAC kritisieren - aber eben bei ATTAC.
Das größte Interesse auf dem ATTAC-Kongreß galt Veranstaltungen mit Prominenten, je abgedroschener die Rhetorik und je plumper die Forderungen. desto größer der Applaus. Minutenlanges Klatschen nach der Rede von Susan George, in der sie ein weiteres Mal ihren Lieblings-Spaltungskeil aus der verstaubten Tasche holte, wer militant agiere, würde der Bewegung schaden, denn dann würden die ach so wichtigen Medien den Blick weg von den Inhalten lenken. Oft gehört, nie verstanden und von der Medienberichterstattung nach Genua widerlegt. Aber vielleicht hätte man im AK „Sprechen vor der Fernsehkamera“ für Möchtegern-Wichtigleute ja erfahren können, warum ATTAC-Chefs immer so viel Blödsinn in die Kamera reden, und den Alleinvertretungsanspruch globalisierungskritischer Positionen für sich haben wollen. Widersprüche gab es jedoch in der Podiumsdiskussion mit Daniel Cohn-Bendit. Hier schien schon ein großer Teil der Beteiligten eine Kritik an seiner Propaganda zu haben, viele Gegenstimmen wurden laut. Eine Person traute sich sogar zu formulieren, daß so ein Kriegstreiber doch eigentlich gar nicht zu ATTAC hingehöre. Doch mehr Applaus als diese Gegenstimmen bekam die schnell entgegengesetzte Position, man dürfe sich nicht streiten und eine Zusammenarbeit in Frage stellen, sondern müsse sich unter einem möglichst kleinen inhaltlichen Konsens, ja nur hinter einer Forderung vereinigen, um möglichst viel (von dieser einen Forderung?) umsetzen zu können.
Einiges scheint sich zu bewegen auch links der Grünen, aber selbst links der heutigen Grünen ist häufig das, was viele immer für die sozialdemokratische Mitte hielten. Das, was sich dort bewegt, zu ignorieren, ist für eine radikale Linke jedoch genauso problematisch wie eine Kritische Mitarbeit. Für eine Emanzipatorische Bewegung wird es allemal besser sein, nicht immer nur auf eine Anknüpfung an die Massen zu denken und auch mal eine klare Gegenposition zu beziehen, als das zu machen, was ATTAC-Funktionäre wollen - vereinigt gegen Spekulation zu kämpfen.


Aus FR vom 22.10.2001, durchaus lesenswert
Alle, die nach dem 11. September gedacht hatten, die Globalisierungsgegner seien nun in der Defensive, hätten sich getäuscht, urteilt Bernard Cassen. Noch nie sei George Bush Attac so nah gewesen. Plötzlich fordere er die Kontrolle der Steuerparadiese, von der er lange nichts wissen wollte, erlasse Pakistan die Schulden und müsse zugleich begreifen, dass der Milliardär Bin Laden „auf Seiten der Wallstreet steht“, weil er mit aller Wahrscheinlichkeit mit den Atacken auf New York und Washington „spekuliert“ hat.

Spiegel-online, 22.10.2001
Denn unvermeidlich waren von den Autonomen bis zu den Trotzkisten alle alt-linken Gruppen und Grüppchen vertreten, zumeist mit lautstarken Rednern. Gegen deren Forderung nach Radikalisierung setzten Giegold und seine Mitstreiter ihr Konzept der „wirklich innovativen“ Netzwerk-Organisation: Außer Neo-Nazis und Gewalttätern solle jedermann mitarbeiten dürfen. Unter dem Rubrum attac könnten gleichwohl nur jene „Kernforderungen“ firmieren, die „in jahrelanger Arbeit international unter hunderten von Initiativen“ abgestimmt seien.

Ist eine andere Welt möglich
Zum Attac-Kongress Berlin
Ein Diskussionswochenende über die neue Bewegung in Deutschland - über den
Attac-Kongress in Berlin
24.10.01 Günter Melle
Nachdem die neue Bewegung in Belgien am Freitag mit 15 000 Demonstranten vernehmlich und sichtbar in Gand zum Euro-Gipfel auftrat, versammelten sich am Wochenende in der TU-Berlin unter Federführung von Attac über 2500 Teilnehmer, um über neoliberale Globalisierung, Krieg und die Möglichkeiten einer Verbreiterung der Bewegung, nach Genua und dem 11. September, zu diskutieren. Neben den Plenumsveranstaltung wurden dazu eine Reihe Workshops und Themengruppen angeboten. Dieser Kongress, unter dem Motto „Eine andere Welt ist möglich!“, wurde - und das war für all die, die zu Hause bleiben mussten, eine direkte Informationsmöglichkeit - im Internet übertragen.
Es war wichtig, das gerade zu diesem Zeitpunkt ein Diskussionsforum angeboten wurde, das sich zu den aktuellen brennenden Fragen äußert. Dem entsprechend stand auch die Aggression der Vereinigten Staaten in Afghanistan mit im Mittelpunkt der Diskussion. Dennoch gab es ein schreiendes Mißverhältnis zwischen den 2500 Kongressteilnehmern und den 15000 Antikriegsdemonstranten vom Wochenende zuvor. Nicht dass die Mehrheit der auf die Straße gegangenen Kriegsgegner diskussionsunwillig wäre, doch viele von ihnen stehen Attac distanziert, wenn nicht ablehnend gegenüber. Und Attac hat mit diesem Kongress wenig dazu beigetragen, mit ihnen in einen Diskussionsprozess zu kommen.
Die Einladung des ehemaligen ersten Finanzministers der Ära Schröder, Oskar Lafontain, war ein klarer Missgriff. Er konnte mit wenig Widerspruch und unter Beifall seine überholten Theorien linkssozialdemokratischer Innen- und Außenpolitik darlegen. Mit der Mitgliedschaft der Gewerkschaftsverbände IGMetall und Ver.di scheint auch das weitere Schicksal dieser Organisation besiegelt. Es ist zu befürchten, dass sie im Spannungsfeld der moderaten politischen Linken agieren und unter ihrem Dach sowohl reaktionäre wie fortschrittliche Positionen versöhnen wird. Das, was die neue Bewegung im Kern beschreibt, den Versuch einer radikalen Kritik der gesellschaftlichen Verhältnisse in den kapitalistischen Metropolen, beinhaltet auch die grundsätzliche Kritik an ihren tragenden Institutionen. Gewerkschaftsverbände sind alles andere als dazu geeignet, diese Kritik zu tragen. Sie sind stabilisierender Faktor dieser ungerechten und ausbeuterischen Verhältnisse.
Es steht zu befürchten, dass Attac sich nur noch schwer aus dieser sozialdemokratischen Umklammerung zu lösen vermag - eigentlich in der neueren Geschichte immer das gleiche Spiel, dass fortschrittliche Bewegungen ihrer Sprengkraft beraubt werden und mit all ihren Illusionen, wie die 68iger Bewegung, an Altersschwäche sterben. Es bleibt zu hoffen, dass sich innerhalb der Bewegung die Kräfte der Kritik stärken werden, die diese andere mögliche Welt nicht in den Salons von Gewerkschaftsbonzen und Palästen linker Sozialdemokraten etablieren wollen.
Doch diese Kräfte können sich nur stärken, wenn sie auch bereit sind, die theoretische Auseinandersetzung mit den „Spezialisten“; des Elends zu führen. Auf diesem Kongress gab es lediglich vereinzelte deutliche Stimmen, die klare radikale Positionen beziehen und Theorien von sozialdemokratischer und grüner Provenienz eine deutliche Abfuhr erteilten. Von der absurden Theorie - Machtmittel Geld - (nur für den der hat!), bis zur Theorie - Selbstverwirklichung im Konsumbereich, von Internetdemokratie zur Stärkung des linken Gewerschaftsflügels war hier alles zu haben. Wie aber eine andere Welt möglich ist, blieb über die bekannten Positionen von Attac (Tobin Tax, Entschuldung, Steuerflucht) hinaus, weitgehend unbeantwortet.


Bernard Cassen, Präsident von Attac Frankreich, in seiner Rede zur Eröffnung des Kongresses am 19.10., Quelle: www.attac-netzwerk.de
... der Vorwurf, dass Attac die Legitimität der Regierungen in Frage stellt und deshalb ein Gegner der Demokratie ist, ist nicht zu halten. Selbstverständlich respektiert Attac die Wahlurnen.

Barbara Unmüßig, WEED, in ihrer Auftaktrede über Hintergründe und Ziele von ATTAC am 19.10.
Es bestand ein historischer Bedarf nach einem neuen Projekt, das unterschiedliche Stränge der Globalisierungskritik zusammenfasst und bündelt, das das Bedürfnis nach einer umfassenden Alternative artikuliert. In diesen historischen Moment hinein hatte sich ATTAC gegründet und konnte so die Chance des günstigen historischen Augenblicks ergreifen und zu einem Hoffnungsträger werden. ...
ATTAC verfügt über einen inhaltlichen Grundkonsens, der sich in zwei Punkten resümieren lässt:
a. ATTAC lehnt die gegenwärtige Form der Globalisierung, die neoliberal dominiert und nur an den Gewin-ninteressen der Unternehmen und wirtschaftlich Starken orientiert ist, ab.
b. ATTAC setzt sich statt dessen für die Globalisierung von sozialer Gerechtigkeit, politischen, wirtschaftli-chen und sozialen Menschenrechten, Demokratie und umweltgerechtes Handeln ein. ...
Gesellschaftliche Veränderungen können nur demokratisch, d.h. durch die Teilnahme vieler Menschen erreicht werden. An diesem Leitbild orientieren sich auch die Aktionsformen von ATTAC. Aktionsformen, die diesem Ziel widersprechen, lehnen wir ab. Daraus ergibt sich, dass die Aktionsformen friedlich sind. Eine Strategie, die auf Militanz setzt und die Konfrontation mit der Polizei sucht, lehnt ATTAC ab.


Jürgen Borchert, Sozialrichter und Berater von CDU-Ministerpräsident Roland Koch in Hessen, in seiner Rede zur Eröffnung am 19.10., letzter Satz als Abschlußsatz der Rede!
Auch die Marktwirtschaft wächst auf der Gleichheit. ...
Deshalb also müsste man Attac erfinden, wenn diese verbindende Bürgerbewegung aller Interessen noch nicht existierte. Die Aufgabe von Attac ist deshalb derjenigen der Friedenbewegung sehr vergleichbar, nämlich die unterschiedlichsten gesellschaftlichen Gruppen zu verbinden und zu mobilisieren. Dies übrigens auch im Interesse des Kapitals, denn sozialer Unfriede gefährdet zu allererst den Geldwert!


Im Original: Versuchte Zusammenfassung zum Attac-Kongreß
Text der Gruppe Landfriedensbruch
1. Langweilig
Die von Attac selbst veröffentlichten Redetexte und Statements sind vor allem unglaublich langweilig. Ihnen fehlt fast jegliche konkrete politische Forderung oder gesellschaftliche Analyse. Ganz allgemein wird eine soziale Schieflage beklagt, die irgendwie durch irgendetwas Böses in der Welt hervorgerufen wird.

2. Politikunfähig?
Die Basis von Attac Deutschland (FR, taz, junge Welt, Spiegel usw.) sorgen sich nach dem Kongreß offenbar um die Politikfähigkeit von Attac. Damit meinen sie, eine beratende Tätigkeit der Regierung in Lobbyarbeit und kreativer Politikfolklore (viele Aktionen, groß oder dezentral, mit Appellen an die PolitikerInnen, nett zu sein oder Kleinigkeiten zu korrigieren) auch tatsächlich leisten zu können. Um dem nachzuhelfen, ergehen Aufrufe an Attac, eben diese Politikfähigkeit herzustellen, und bewiesenermaßen „politikfähige“ Prominente (Cohn-Bendit, Lafontaine usw.) werden in der Berichterstattung in den Vordergrund gestellt. Hier zeigt auch Attac schon, daß sie bereit sind, sich weiter zu entwickeln – auch sie stellen die Promis in den Vordergrund ihrer Berichte.
Wieder war es die Aufgabe der regierungstragenden Medien, Attac zum Sammelbecken zu erklären, damit es alle glauben. Überschrift der FR am 22.10., Titelseite: „Heimatlos gewordene Linke versammelt sich unter dem Dach von Attac“.

3. Herrschen = Teile und herrsche, Attacs Part: Integriere und spalte
Der Kongreß und auch das Geplänkel drumherum war eine intelligente Umarmungstaktik. Einige Organisationen wurden sehr geschickt einverleibt (z.B. medico international, die plötzlich überall als Kontakt- und Mitträgername auftauchen ... wenn auch mit Telefonnummer in Verden – gelungener Schachzug?). Mit ihren inhaltsleeren Kampfansagen an jegliche Programmatik und für totale Offenheit ist die Umarmungstaktik offensichtlich. Eher unbemerkt ist sie verbunden mit der Spalterei. Laut Spiegel teilte Attac-Oberideologe Sven Giegold mit: „Gegen deren Forderung nach Radikalisierung setzten Giegold und seine Mitstreiter ihr Konzept der „wirklich innovativen“ Netzwerk-Organisation: Außer Neo-Nazis und Gewalttätern solle jedermann mitarbeiten dürfen. Unter dem Rubrum attac könnten gleichwohl nur jene „Kernforderungen“ firmieren, die „in jahrelanger Arbeit international unter hunderten von Initiativen“ abgestimmt seien.“ Also: Militante sind wie Nazis zu behandeln. Und das wirklich Wichtige (die zentralen Forderungen) macht natürlich ein undurchsichtiger Klüngel auf internationaler Ebene. Aber ansonsten ist Attac offen für alle (... für alle dummen Schäfchen, die sich abstampeln für eine Organisation, deren zentrale Arbeitsebene des Lobbyismus und der Medienpolitik sie nicht mitbestimmen können).
Es ist Attac, die unter dem Nebel der Integration und Harmonie Spaltung pur betreiben. Und nicht die KritikerInnen von Attac!

4. Selbstdarstellung auf allen Ebenen
Vieles, was geschieht, dient der Selbstdarstellung eines Projektes, das, um seine Aufgabe als Sprachrohr der Zivilgesellschaft im modernen Herrschaftskonzept des „Governance“ statt „Government“ zu erfüllen, eine bestimmte Größe und Repräsentativität haben muß – ob nun real oder nur scheinbar, spielt dabei keine Rolle. Spannend ein Blick in ein Protokoll des Attac-Koordinierungskreisen zur Auswertung von Genua ... das meiste ging schief, aber die Presse- und Selbstdarstellungsarbeit klappte. Und das war wichtig.
Zitat: „Hugo berichtet über Veranstaltungen des Gegengipfels und die Demonstrationen. Die Selbstdarstellung von Attac sowohl bei inhaltlichen Veranstaltungen wie die sichtbare Beteiligung bei den Aktionen und die Organisation durch das französische Büro seien gut gewesen. Er vermisste, dass der internationalen Vorbereitung kein internationaler Abschluss entsprach, der zugleich zu einem gemeinsamen Protest gegen die Polizeibrutalität hätte führen können.
Oliver schildert die Probleme während der Busfahrt. Die Busse waren kostendeckend. Es fuhren jedoch nur 10 – 15 deutsche Attacis mit. „Die Mobilisierung unserer Leute war schlecht!“ ... (längere Abhandlung zu Problemen an der Grenze) ... Der Presseauftritt von Attac wird allseits für gut befunden. Philipp: waren überfordert ist aber gut gelaufen. Oliver: haben Genua vorher unterschätzt, schlecht gelaufen ist im Büro auch, dass die gesamte Genua-Organisation bis wenige Tage vorher bei Oliver lag und trotz Überlastungsanzeige nichts abgenommen wurde. Aber Medienauftritt war ein großer Erfolg. Sven berichtet über die Anfragenflut in Büro. Werner betont die Notwendigkeit einer unabhängigen linken Untersuchungskommission.
Sven eröffnet die Gewaltdiskussion mit der Frage, ob wir in Interviews unsere Strategie als „gewaltfrei“ oder „friedlich“ beschreiben ... (weiter mit Gewaltdebatte)“
Damit ist das Protokoll (bis auf die gekennzeichneten Auslassungen) vollständig zitiert und macht deutlich, was das wichtigste für Attac ist – die Aktionen zu nutzen, sich selbst darzustellen (Hugo ist übrigens Hugo Braun, Spitzenfunktionär in DKP und Umfeld, gleichzeitig im Attac-Führungszirkel).

5. Interne Spannungen bei Attac
Auch wenn für die Politik von Attac (z.B. auch bezogen auf den Attac-Kongreß die Auswahl der ReferentInnen, die Positionierung von Promis, die Internetdarstellung mit dem Promikult usw.) nur eine undemokratische Zentralgruppe verantwortlich ist – einheitlich ist die nicht. Das geht z.B. aus den Protokollen des Koordinationskreises hervor, die sich zu lesen lohnen (unter www.attac-netzwerk.de, dort bei Internes). Zu sehen ist eine Streitlinie um Abgrenzungen gegenüber Radikalen/Militanten – hier verläuft die Streitlinie zwischen der Verden-JungmanagerInnenclique plus Peter Wahl gegenüber vor allem Werner Rätz, z.T. auch anderen. Ähnlich verläuft die Streitlinie bei der Frage der Prominenten (Protokoll 26.7.01 unter Tagesordnungspunkt 5 „Lafontaine“: „Sven: Brauchen Prominenz“ – sichtbar wird im übrigen, daß Attac Lafontaine aktiv angeworben hat). Die dritte Streitlinie mit ähnlichen „Lagern“ gibt es um die Frage der Organisationsstruktur. Vor allem aus Verden gibt es die Hoffnung auf einen straffen Verband. Als Pro-Punkte werden genannt, daß dann besser Personen aus „wichtigen gesellschaftlichen Bereichen“ in Leitungs- und Repräsentationsgremien von Attac integriert werden können, das es dann Identifikationsmöglichkeiten für Mitglieder gibt, das Ganze besser steuerbar ist und eine Rechtssicherheit vor allem finanziell und personell entsteht – interessant: Obwohl das alles als positiv bewertet wird, tritt Attac nach außen als offen und als „Netzwerk“ auf. Auch daraus ist die Verlogenheit des Konzeptes gut zu sehen.

6. Die Kritik von „links“ geht an der Hauptfrage vorbei
Attac ist ein strategisches Projekt. Die inhaltlichen Fragen sind völlig nebensächlich. Der Vorwurf, Attac würde eine falsche ökonomische oder gesellschaftliche Analyse betreiben, ist zwar richtig und in vielen Texten auch überzeugend offengelegt, aber das ist nicht die Frage. Denn: Attac irrt nicht, die wissen, was sie tun. Attac ist nicht unser Gegner in ökonomischer Analyse (die widersprechen Dir einfach nicht, daher geht
die Kritik von links, wo sich irgendwelche Linken von BUKO bis felS als bessere ÖkonomiekennerInnen produzieren, an der eigentlichen Frage
vorbei. Attac ist eine Strategie. Die der totalen NGOisierung politischer Opposition. Und der Vorbereitung des Konzepts „global governance“, der Beteiligung von sog. „Zivilgesellschaft“ zur Akzeptanzbeschaffung einer Pseudodemokratie. Es ist völlig wurscht, ob die die Tobin Tax, Rot-Weiß Essen soll in die Champions League oder mehr Petersilie in die Bockwurst fordern. Entscheidend ist, daß damit ein Super-NGO geschaffen wird, der legitimiert SCHEINT (!!!!), die Zivilgesellschaft (also auch UNS in der vermittelten Bedeutung dieses Wortes) zu vertreten - zum Konzept der Zivilgesellschaft gehört aber dazu, daß es ein völlig undemokratischer abgehobener politische anbiedernder Funktionärshaufen ist. Solange die Debatten aber um Reform und Revolution oder sowas geht, trifft sie diesen Punkt nicht. Es geht mal wieder um Herrschaft! Und deren Legitimation und Ausbau durch die Einbindung eines kontrollierten Faktors „Zivilgesellschaft“.



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