Laienverteidigung

ABC DER SELBSTERMÄCHTIGUNG GEGEN REPRESSION

Patient*innenverfügung


1. Schütze Dich selbst!
2. Akteneinsicht
3. Widerspruch, Beschwerde & Co.
4. Repression vermeiden: Von Spurenvermeidung bis zur Aussageverweigerung
5. Patient*innenverfügung
6. Selbstverteidigung vor Gericht
7. Das i-Tüpfelchen: Gegenseitige Hilfe

Das wirksamste Mittel, sich selbst zu schützen, ist eine Patientenverfügung. Sie ist ein Formular, das ausdrücklich psychiatrische Untersuchungen untersagt und so die Entste-hung psychiatrischer Diagnosen verhindert. Ohne Diagnose aber sind psychiatrischen Zwangsmaßnahmen und einer rechtlichen Stellvertretung gegen Ihren Willen die rechtliche Grundlage entzogen. Zusätzlich ist wichtig, in der PatVerfü Vertrauenspersonen zu benennen. Diese können als Vorsorgebevollmächtigte selbst dann, wenn euch die Fähigkeit zu eigenen Entscheidungen abgesprochen wird, euren Willen durchsetzen. Damit ist die gerichtliche Bestellung eines Betreuers gegen euren Willen nicht mehr möglich (jedenfalls eigentlich – tatsächlich halten sich Gerichte und Psychiatrien nicht gerne an solche Einschränkungen, weshalb ein offensiver Kampf auf der Straße die bereits bestehenden Rechte und zusätzliche Veränderungen auch durchsetzen muss … Protest und Selbstschutz gehören also immer zusammen!).

Wichtig: Nicht erst handeln, wenn es akut wird! Denn für die genaue Ausformulierung die Auswahl der Vertrauenspersonen braucht ihr Zeit. Ist der Ernstfall schon eingetreten und euch drohen die oben genannten Zwangsmaßnahmen, kann eine PatVerfü zwar noch immer helfen. Aber der Weg heraus ist dann kompliziert und meist nur mit Hilfe eines spezialisierten Anwalts möglich, der nicht umsonst arbeiten dürfte. Die PatVerfü dagegen kostet kein Geld, kann aber ein wichtiger Helfer in der Not sein.

Wer sich also mit dem bei Psychiater_innen unbeliebten und daher meist verschwiegenen Mittel der Patient_innenverfügung zumindest teil-schützen will, kann über die Internetseite www.patverfue.de mehr Infos und einen Mustertext erreichen.

Rechtliche Regelungen
Das Bundesjustizministerium beschrieb die rechtliche Lage so (Seite nicht mehr vorhanden):
Mit der Vorsorgevollmacht kann man einer anderen Person die Wahrnehmung einzelner oder aller Angelegenheiten für den Fall übertragen, dass man die Fähigkeit selbst zu entscheiden einbüßt. Der Bevollmächtigte kann dann handeln, ohne dass es weiterer Maßnahmen bedarf. Das Gericht wird nur eingeschaltet, wenn es zur Kontrolle des Bevollmächtigten erforderlich ist. Die Vorsorgevollmacht ermöglicht so ein hohes Maß an Eigenverantwortlichkeit.
Mit der Betreuungsverfügung kann jeder schon im voraus festlegen, wen das Gericht als Betreuer bestellen soll, wenn es ohne rechtliche Betreuung nicht mehr weitergeht. Genauso kann bestimmt werden, wer auf keinen Fall als Betreuer in Frage kommt. Möglich sind auch inhaltliche Vorgaben für den Betreuer, etwa welche Wünsche und Gewohnheiten respektiert werden sollen oder ob im Pflegefall eine Betreuung zu Hause oder im Pflegeheim gewünscht wird.
In der Patientenverfügung kann man vorab über das Ob und Wie medizinischer Maßnahmen entscheiden. Wer nicht möchte, dass andere über die medizinische Behandlung entscheiden, wenn man selbst dazu nicht mehr in der Lage ist, kann durch Patientenverfügung festlegen, ob bei konkret beschriebenen Krankheitszuständen bestimmte medizinische Maßnahmen gewünscht oder nicht gewünscht sind. Dank einer fraktionsübergreifend unterstützten Initiative ist die Patientenverfügung seit September 2009 gesetzlich verankert.

So geht's!
  • Die Formulare herunterladen, selbst entwickeln oder die vorhandenen an die eigenen Bedürfnisse anpassen und ausfüllen. Für den Schutz vor psychiatrischer Verfolgung extra geschaffen wurden die Bochumer Willenserklärung und die PatVerFü. Erstere dient der Ausschließung bestimmter Behandlungen, die PatVerFü dient der Abwehr von Zwangspsychiatrie insgesamt, ist also die konsequentere Form.
  • In jedem Fall sind zwei Dinge nötig: Zum einen die Festlegung, ob bzw. was behandelt werden darf. Zum anderen, wer im Fall einer Situation, wo mensch nicht mehr selbst handeln kann oder dieses entzogen wird, für einen entscheiden darf - und was diese Person tun soll. Sicherer ist, das gleich mit mehreren Personen zu vereinbaren, am besten auf Gegenseitigkeit. In einer solchen Vorsorgevollmacht wird dann vertraglich geregelt, welche Personen was tun sollen.
  • Wichtig ist, über die möglichen Situationen und den Umgang damit genau zu reden, denn im Fall einer Einweisung wird die Lage schnell undurchsichtig. Die Vorsorgebevollmächtigten, die die Festlegungen in der Patient*innenverfügung dann durchsetzen müssen, brauchen einen klaren Kopf und Rückgrat gegenüber denen, die die Einweisung betrieben oder vollzogen haben.
  • Zur zusätzlichen Absicherung kann bei verschiedenen Stellen (z.B. Bundesnotarkammer) eingetragen werden, dass eine solche Festlegung vorliegt.
  • Genauere Infos auf unserer Seiten hier oder beim Bundesverband Psychiatrie-Erfahrene.

Probleme
Patient*innenverfügung schützen bislang nicht vor der strafrechtlichen Psychatisierung (Forensik, § 63 StGB) und oft auch nur dann, wenn sich Menschen auch kümmern. Viele Kliniken sind gewöhnt, sich weder um die Wünsche der Menschen noch um das geltende Recht oder die öffentliche Meinung zu scheren. Hier müssen aktive Gruppen trommeln, damit die Patient*innenverfügung auch wirklich anerkannt wird.

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