Stiftung Freiräume

STREIT: ORGANISIERTE VIELFALT UND ANTRIEB FÜR DEN WEITEREN PROZESS

Einleitung


1. Einleitung
2. Anbahnung von Kommunikation und Kooperation
3. Kreative Streitorte schaffen und Methoden "erfinden"
4. Alltagstauglichkeit: Direkte Intervention üben
5. Links

Dieser Text ist Teil der Gesamtabhandlung "Freie Menschen in Freien Vereinbarungen" ... zum Anfang.

"Müsst Ihr Euch denn immer streiten?"
"Jetzt hört doch auf zu streiten!"
Offenbar hat Streit ein schlechtes Image. Dabei zeigt doch Streit, dass verschiedene Meinungen oder Interessen aufeinanderprallen. Das kann doch immerhin als Ursache haben, dass da zwei oder mehr Menschen eine Meinung vertreten und etwas wollen. Es ist ihnen nicht gleichgültig, was geschieht oder welche Überzeugungen bestehen. Zwar ist damit noch nicht gesagt, dass es auch ihre eigenen Meinungen oder Interessen sind - mensch kann sich auch stellvertretend für andere streiten, für Parteien, Vereinen, die Ehre der Familie, die heißgeliebte Fußballelf oder im bezahlten Auftrag von Firmen und Agenturen. Selbst dann kann der Streit aber produktiv sein, wenn transparent wird, welche und wessen Interessen hier vertreten werden - und wenn eine Streitkultur gefunden wird, die den Dissenz zur Produktivkraft macht.

Streit und Konflikte gehören zum menschlichen Zusammensein in der Gesellschaft und ihren Subräumen dazu. Völlige Harmonie wäre nicht nur langweilig (das wäre ja noch Geschmackssache), sondern vor allem das Ende der Entwicklung. Denn der Wille zur Veränderung hadert notwendigerweise mit dem Bestehenden - und trifft deshalb oft, wenn auch nicht immer auf den Widerspruch derer, die sie augenblickliche Lage für besser halten, z.B. weil diese für sie nützlicher ist. Insofern wäre Abwesenheit von Streit ein beunruhigendes Zeichen für eine eintönige Welt, die nicht mehr weiter will. Emanzipation, die ja schon vom Begriff her Entwicklung will - nämlich Befreiung und Entfaltung der Handlungsmöglichkeiten -, ist geradezu eine Quelle von Streit. Aber dieser Streit soll voran treiben und neue Denkmöglichkeiten schaffen.

Dummerweise zeigt sich bei näherem Hinschauen schnell, dass eine solche emanzipatorische Streitkultur nicht oder fast nirgends existiert: Alles riecht entweder nach Sieg und Niederlage, Propaganda und Demütigung, richtig oder falsch - oder es geht, andersherum, um Verschleiern von Gegensätzen, das Erzeugen einer künstlichen Harmonie. Die aber verhindert Weiterentwicklung, weil der Status Quo als bisheriges Arrangement von Interessen zementiert wird

Warum hat Streit dieses negative Image oder verkommt immer nur zu einer Art intellektuellen Armdrückens? Und warum müssen wir das überwinden? Emanzipation braucht Auseinandersetzung - aber eine andere Kultur der Form des Streitens!

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