Offener Raum

FINAL COUNTDOWN AM 14.5.2006

Justiz, Innenpolitik und Polizei faken Anschlag und lassen Kritiker verschwinden


1. Justiz, Innenpolitik und Polizei faken Anschlag und lassen Kritiker verschwinden
2. Episode I: Viele Jahre Aktionen und zwei farbige Vorspiele
3. Episode II: Die Federballnacht des 14.5.2006
4. Episode III: Kriminalalltag im Märchenland
5. Episode IV: Nazi-Rechtsanwendung und das Glück des Koch-Rücktritts
6. Was bleibt?

Mitschnitt der Veranstaltung 2012 in Fulda

Wer kennt das Ratespiel, bei dem mit nur wenigen Worten eine Situation beschrieben wird und alle raten müssen, wie es dazu kam? Genau: „Was geschah?“ oder „Was ist passiert?“ heißt es. Dieses Fall dürfte dafür sehr geeignet sein: „Drei Menschen spielen Federball. Kurz danach werden sie festgenommen.“ Das Besondere: Die Story ist echt – und sei deshalb erzählt.
Alle Zitate stammen aus Polizeivermerken bzw. den Ermittlungsakten. Ein vollständiges Quellenverzeichnis enthält das Buch „Tatort Gutfleischstraße. Fiese Tricks von Polizei und Justiz“. Die gesamten Abläufe sind auch in der Ton-Bilder-Schau „Fiese Tricks von Polizei und Justiz“ dargestellt, die auf Youtube und unter www.fiese-tricks.siehe.website zu finden ist.

Um was es geht – ein erster Überblick
Es war dunkel, eine kühle Frühsommernacht in der letzten Stunde des gerade zu Ende gehenden Samstag. Gleich beginnt der 14. Mai im Jahr 2006. In Gießen sollen gegen Mitternacht am Samstag immer schon alle Gaststätten geschlossen sein. Jedenfalls behauptete das die Polizei später, um zu begründen, warum sie annahm, dass eine Gruppe in der Nacht Richtung Gießen radelte, um dort einen Anschlag zu verüben – was sonst könnte ein Grund sein, freiwillig diese Stadt zu besuchen, fragten sich die Ordnungshüter. Nun … ganz ehrlich: das wissen wir auch nicht.
Was wir aber wissen: Über eine Stunde, nachdem das Geschehen 20km östlich der Stadt seinen Anfang nahm, erschienen dunkle Gestalten auf dem Gelände der Gerichte an der Ostanlage. Merke: Nachts sind alle Katzen grau. Sie schlichen vor die Eingänge (na gut, da war es wegen starker Strahler auch am hellsten), wühlten in ihren Rucksäcken und zogen geheimnisvolle Gegenstände aus diesen: Ein rot-weißes Absperrband, welches sie zwischen zwei Pfosten aufspannten, und … Federballschläger, die sie ohne langes Zögern genau dafür einsetzten, wofür sie produziert wurden. Der weiße Federball flog hin und her und her und hin. Die Spielis wechselten ihren Spielort, spielten wieder eine Weile, verlegen den Spielort nochmal einige Meter – aber schließlich gingen sie wieder. Das war‘s. Jedenfalls von ihrer Seite aus.
Was auf der anderen Seite passierte, passt dazu eher gar nicht. Vierzehn Minuten nach dem Ende des Federballspiels löste die Polizei eine umfangreiche Fahndung aus und nahm die Spielis schließlich über eine Stunde später in einer spektakulären Aktion fest. Irgendwo in der Landschaft krachten dafür Polizeiautos ineinander, später wurden Wohnungen durchsucht, DNA-Proben genommen, Hosen und Jacken beschlagnahmt. Beteiligt neben den Federballspielis waren mehrere Einheiten uniformierter Polizistis mehrerer Stationen und einer Bereitschaftseinheit, zivile operative Einheiten und die High-Tech-Polizei MEK. Später kamen hinzu: Staatsschützis, jede Menge Richtis, Rechtsanwältis, Journalistis und das Personal von insgesamt vier Orten der Inhaftierung. Nicht zu vergessen die, die alles geplant hatten: Der Landespolizeichef, der Verbindungscop zum Innenministerium, der regionale Polizeipräsident und sein Stellvertreter, Staatsschützis auf regionaler und Landeseben – und, tja, der Innenminister höchstpersönlich, der sich absurderweise bei der NSU bedanken konnte, dass diese Nummer, als sie öffentlich wurde, nicht sein Amt kostete. Immerhin war er mittlerweile zum Ministerpräsidenten seines Landes aufgestiegen.
Was hat die Polizei getrieben, so zu handeln? Warum so hochkaratige Einheiten und ein solch riesiges Manöver? War das Federballspiel die Tarnung eines terroristischen Anschlags? Es klingt unglaublich: Nein, es war nichts – außer dem Federballspiel. Nur Polizei und Innenministerium hatten sich etwas anderes gewünscht.

Das Folgende ist die Geschichte der sog. „Federballaffäre“. Die Daten stammen aus den Polizei- und Gerichtsakten selbst. Den (späten) Höhepunkt stellte eine interne Studie des Landeskriminalamtes über alle Abläufe dar, die ebenfalls vorliegt. Ihr Ergebnis: Es war alles noch viel schlimmer!
Aber fangen wir ganz von vorne an …

Die Quellen dieser Seiten finden sich als Akten im kabrack!archiv der Projektwerkstatt, im Buch „Tatort Gutfleischstraße“ und im Film „Fiese Tricks von Polizei und Justiz“.

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