Alltagsalternativen

ZUR KAMPAGNE "EXPO NO!" ZUR EXPO 2000 IN HANNOVER

Die Aktionswoche


1. Ein paar Vorüberlegungen ...
2. HANNOVER - EXPO 2000 - am 25. OKTOBER 2000.
3. Anti-EXPO-Links
4. Anti-Expo-Gruppen und -Kontakte
5. EXPO-NO: Allgemeine Infos Links Materialien
6. Projektbeschreibung
7. Text zur Expo-Widerstand aus der Projektwerkstatt Saasen
8. Texte, Pressemitteilungen
9. Rezension und Buchtipp: Gegenbilder zur Expo
10. Jürgen Resch und Ernst Mischke
11. EXPO-Reader und weitere Materialien
12. Ein Prozessbericht
13. Auswertungstexte
14. Am Ende war die Expo ein Event, den sich auch die kritische Linke nicht entgehen lassen wollte
15. "Deutschland” ist kein Grund zum Feiern
16. Was lief im Vorfeld?
17. Die Aktionswoche
18. Seminarankündigung "Der alltägliche Wahnsinn"
19. Umgang mit Frust und Repression
20. prozeßerklärung
21. Inhalte
22. Mögliche Gründe
23. und jetzt?

Pieke: Die Aktionswoche wurde mit einer bundesweiten Demo eingeleitet. Ungefähr 1.500 Menschen zogen am 27. 5 durch Hannover. Das ist für eine bundesweite Demo extrem wenig und läßt sich nicht nur durch die Unlust der Leute auf Latschdemos/ Demotourismus erklären. Auch hier hat das geringe Interesse an der Anti-EXPO-Arbeit dazu beigetragen. Die Demo hatte deswegen einen demobilisierenden Charakter. Ich habe mich zum einen über diese demotivierende Demo geärgert. Zum anderen fand ich es ärgerlich, die Zeit bis zur Eröffnung in Hannover nur für die Vorbereitung von Aktionen, von denen die meisten nicht geklappt haben, genutzt zu haben und mich auf den 1.6. als Aktionstag versteifte. Geärgert habe ich mich außerdem über das unsolidarische Verhalten von Teilen des Anti-EXPO-Widerstandes. Die Ökologische Linke (ÖkoLi), wegen der die Demo maßgeblich gemacht wurde, zog sich einfach so frühzeitig aus der Vorbereitung zurück und äußerte sich nur noch destruktiv.
Mehrere Monate vor dem Eröffnungstag der EXPO wurde das dezentrale und das zentrale Konzept für Blockaden oder generell Sichtbarmachung von Widerstand in Hannover gegeneinander diskutiert. Immer wieder wurde dieser Konfliktpunkt aus der Tasche gezogen, obwohl es eine Einigung auf das gleichberechtigte Nebeneinanderstellen aller Aktionsformen schon längst gegeben hatte.
Wenn ich insgesamt meine Eindrücke von der Aktionswoche beschreiben soll, so denke ich nach dem anfänglich dominierenden Frustgefühl, daß es insgesamt relativ viele gute Aktionsideen und Aktionen gab.
Während der Aktionswoche gab es eine Anti-EXPO-Zeitung und diverse Flyer, die an HannoveranerInnen verteilt wurden. Mitgestalten konnten diese Zeitung alle, die wollten. Letztlich blieb aber die Arbeit doch wieder an wenigen Leuten hängen. An konkreten Aktionen lief z. B.: das Rumtragen eines Sofas in den Straßen-/U-Bahnen womit das Schließen der Türen schön in die Länge gezögert werden konnte, einige seilten sich von einer Autobahnbrücke ab, die deswegen gesperrt wurde, was allerdings auf Grund des spärlichen Verkehrs keinen richtigen Blockadecharakter hatte Es wurden Mülltonnen und Reifen angezündet - letzteres versperrte kurzzeitig eine ICE-Strecke nach Hannover, es gelang Leuten auf die Eröffnungsfeier zu kommen und dort zu stören, es gab viele Fakes (z.B. gefälschte Eintrittskarten und ?Defekt?-Schilder). Schließlich gelang es, am 1.6. eine Spontandemo durch die Innenstadt zu machen, die ich ziemlich gut fand; an dem Tag traf ich das erste Mal mehrere Leute, die das gleiche Ziel, die EXPO zu verhindern, hatten. Ich fand, daß sich der Frust, der sich bei den Leuten während des Vormittags breitgemacht hatte, während der Demo deutlich machte. In der Situation habe ich die Homogenität der in der Demo laufenden Menschen als etwas positives wahrgenommen, was ich schon ganz schön schwierig finde. Es ist eigentlich überhaupt nicht mein Wunsch oder entspricht überhaupt nicht meiner Vorstellung, auf eine Art Politik umzusetzten, die mich dazu bringt, eine Demo, die emotionsgesteuert ist und in der ich mich als einen Teil eines temporär starken Blockes empfinde, als Erfolg des Tages zu werten. Eine ?Aktion? am 1.6. waren Bombendrohungen. Ich halte diese ?Aktionsform? für ziemlich schlecht. Gemessen daran, was sie an negativen Reaktionen auslöst und gemessen daran, zu welchem Anlass sie ?stattfindet?, steht sie in einem total verqueren Verhältnis. Diese Aktion reproduziert einmal mehr ein Bild der ?Angst und Terror verbreitenden Chaoten?, welches ohnehin von den Medien supergerne verbreitet wird. Mir geht es nicht um das Bild von alles aufmischenden ?Chaoten?. Das Aufmischen halte ich für wichtigen Bestandteil von widerstand. Was ich ablehne ist die Verquickung von meinem Kampf mit reinem Militanzfetischismus. Mir geht es auch darum, die EXPOkritik ausserhalb der ?Szene? zu streuen. Eine Bombendrohung wird als konkreter Angriff gegen den eigenen Körper empfunden. Sie stärkt das ?Wir-Gefühl? von verängstigten BürgerInnen, fegt selbst Ansätze von Zweifel an der Legitimation herrschender Verhältnisse schlagartig weg.

Bolle: Ich finde Bombedrohungen auch nicht besonders sinnvoll, aber vielmehr, weil das so ziellos ist. Das Verhältnis zwischen Wahl der Mittel und Zielgruppe (alle!) steht in keinem Verhältnis. Ich finde es richtig, BürgerInnen ?anzugreifen?, um Denkprozesse loszutreten, aber das muß auf eine ganz andere Art und Weise passieren. Über Juttas Sekte (ÖkoLi) habe ich mich auch total geärgert. Bei jedem Treffen haben sie ein Faß aufgemacht, sich über den ?Dezentralfetischismus? aufgeregt mit dem Ziel, ihre zentralistische Demo durchzukriegen. Im Endeffekt haben sie am 1.6. im Café gehockt! Und dabei hatten sie die ideale Größe für eine Kleingruppe (da war wohl die gesamte Parteibasis vertreten?)...
Ich habe überhaupt keine Lust mehr auf diese Leute, die glauben, die Weisheit mit Löffeln gefressen zu haben. Insofern kann ich es nur begrüßen, daß sie u.a. aus der Vorbereitung zum 3.10. in Dresden rausgeflogen sind. Ich finde es schade, daß es im Endeffekt doch wieder zu einer Demo gekommen ist, die noch dazu ohne Bullen durch die Haupteinkaufsstraße geht ohne daß etwas kaputt geht. Das ist einfach nur arm. Aber ich habe generell nicht so viel Bock auf solche Demos. Danach im Käfig zu landen war nur logisch. Es war allerdings ein tolles Gefühl, die Solidarität untereinander im Knast zu erleben. Alle haben zusammengehalten, es wurden gemeinsam Forderungen überlegt und versucht, diese bei den Bullen durchzukämpfen. Das ging so weit, daß die Käfigtür eingetreten wurde... Und die Bullen haben sich nicht reingetraut! Wenn ich das nächste Mal etwas von ?Knastkampf? höre, werde ich das auf jeden Fall mit anderen Augen lesen.
Eine Sache noch zur ?Aktionswoche?: Dadurch, daß ständig dieser Begriff fiel, war auch schwerer vermittelbar, daß der Widerstand länger geht und gehen muß als bloß eine Woche!
 

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