Stiftung Freiräume

BASISTEXTE UND DEBATTEN

Kritik an platter, vermittlungsloser Militanz


1. Kritik an platter, vermittlungsloser Militanz
2. Halt, keine Gewalt!
3. Lügen über Abläufe bei Demonstrationen und Protesten
4. Gewaltdebatte auf Hoppetosse (Auszüge aus drei Mails)

Kleingruppen schlagen sich durch irgendwelche Hinterhöfe, um dann ohne Unterstützung zu fünft vor einer Bullenkette und ein paar hundert Nazis zu stehen. Selbst wenn es mal gelingt bis zu den Nazis mit mehr als 5 Leuten vorzudringen, herrscht leider oftmals eher Planlosigkeit als durchdachte Aktion. Unbedingt hin da, dann aber nicht wissen, wie´s weiter gehen soll. Natürlich gibt es auch viele Sachen, die gut gelaufen sind. Dennoch: Es scheint wichtiger zu sein sich selbst gut darzustellen, als ein Anliegen zu transportieren. Transpis auf Englisch, Schwarz tragen ist wichtig, möglichst soviel Ausrüstung dabei, daß man sich gar nicht mehr bewegen kann. Flugblätter werden selten verteilt, Abschottung (und dadurch Ausgrenzung und Einschüchterung derjenigen, die erreicht werden sollen, nämlich der Durchschnittsbevölkerung) und möglichst militantes Auftreten. Toll.
Wo bleibt der Kontakt zum Umfeld? Wer geht auf die Leute zu, die am Rand stehen und versucht sie einzubinden? Wieviele "Normalos" verstehen Parolen wie "No Justice, no Peace - fight the Police", wenn das einzige was sie sehen schwarz-vermummte sind, die sich Scharmützel mit den Bullen liefern? Wer wirkt den Vorstellungen entgegen, die sie dank Bild-Zeitung von der Linken haben? Wer klärt sie darüber auf, warum auf die eine oder andere Art gehandelt wird, ohne dabei in Szene-Sprache zu verfallen, die Außenstehende nicht kapieren können? Wer von den Bürgern macht sich Gedanken über "Kein Mensch ist illegal - Bleiberecht überall" oder "Nazis morden, der Staat schiebt ab, das ist das gleiche Rassistenpack!", wenn er friedlich latschende Nazis sieht, die mit Eiern oder sonstigem beworfen werden (und das zu Recht!)? Militanz? Ja! Aber sie muß vermittelbar sein. Was aussieht wie blinde Randalelust bleibt eher hängen als Parolen, die noch so richtig sein können.
Und noch was: was ich z. B. bei der 1. Mai Demo 2003 in Hamburg erlebt habe, war an Blödheit wirklich kaum noch zu überbieten. Eine Demo, bei der in einer total abgeschotteten Straße mit Böllern hantiert wurde und sich selbst abfeiern nach einer total kraftlosen Latschdemo zur Flora ist echt peinlich! Lauti-Durchsagen wie "heute haben wir uns die Straße zurückgeholt!" sind sowas von bescheuert, wenn man die ganze Zeit im Bullenspalier läuft! Und sich nach der Demo neben der Flora mit 20 schwarz Gekleideten an den Sparkassen-Automaten zu stellen ist auch total schlau! Antikapitalistisch, wie wir ja alle sind, dachte ich: jetzt wird das Scheißteil zerkloppt! Aber weit gefehlt! Statt dessen stellt man sich vor die (bestimmt vorhandene) Kamera und hebt erstmal Geld vom Konto ab. Gut erkennbar und jederzeit überprüfbar! Soviel dann zum Thema Überwachung. Total clever! Und leider sehr bezeichnend für den vorherrschenden Verbal-Radikalismus. Ein super Beispiel ist auch der in Berlin angegriffene Briefkasten der NPD-Zentrale, der von etlichen Leuten bearbeitet wurde, weil die Fenster verrammelt und mit Steinen nicht erreichbar waren. Böser Briefkasten! Und so eine Scheiß-Aktion wird dann auch noch auf Indymedia abgefeiert. Wer soll uns denn da noch ernst nehmen?


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