Gewaltfrage

TUN, WOFÜR ES GELD GIBT: AG(G)ROBIOTECHNIKUM ÖSTLICH ROSTOCK

Das Ende der Gentechnik an den Feldern


1. Das Ende der Gentechnik an den Feldern
2. Mit einem Lobbyverband ging es los: FINAB
3. Steuergelder für sogenannte Forschung: Da ist Geld drin ...
4. Money, Money, Money!
5. Was wird geforscht? Mais, Kartoffel, Petunie und mehr am AgroBioTechnikum
6. Viele Quellen, ein Ergebnis - eine mafiose Gentechnikstruktur
7. Uncool bis zum Abwinken: Gentechnikfans gegen KritikerInnen
8. "Monsanto auf mecklenburgisch" - die Seilschaften des Landes
9. Aktionsberichte
10. Links und Materialien


22. April 2013 in Teschendorf: Talkrunde zum Rückblick auf die Protestjahre in Mecklenburg-Vorpommern (Einladungschreiben)


Film "Aufstieg und Fall einer Patentlösung (Agrogentechnik in Mecklenburg-Vorpommmern)" (102min, Mai 2015, auf Youtube)
Werbeeinblendungen stammen von Youtube bzw. Google (leider nicht abschaltbar) ++ Infos und Links zum Download hier ++ DVD bestellen


2017: Kerstin Schmidt in Warnemünde
Sie macht immer noch sogenannte Gentechnik-Experimente (Quelle: Ostsee-Zeitung, 17.1.2017, S. 13)

2016: Kerstin Schmidts Doktortitel - wenigstens wäscht eine Hand die andere weiter
Die folgende Nachricht kam im Herbst herein. Die "Gutachter" sind überwiegend aus Schmidts Seilschaftenkern. Das klappt also noch.

Mittwoch, 02. November 2016 - ab 13:00 Uhr Promotionsverteidigung
von Frau Dipl.-Math. Kerstin Schmidt
Kategorie: Graduierungen (Promotionen/Habilitationen)
Thema der Arbeit: Statistical aspects and methods of the risk assessment and post-market environmental monitoring of genetically modified plants
Sehr geehrte Damen und Herren,
im Auftrag des Rates der Agrar- und Umweltwissenschaftlichen Fakultät lade ich Sie recht herzlich zur öffentlichen Verteidigung im Promotionsverfahren von Frau Dipl.-Math. Kerstin Schmidt zur Erlangung des akademischen Grades Doktor der Agrarwissenschaften ein.
gez. Prof. Dr. Ralf Uptmoor
Vorsitzender der Promotionskommission
Als Gutachter wurden eingesetzt:
*Prof. Dr. Inge Broer *
Universität Rostock, AUF, Agrobiotechnologie
*em. Prof. Dr. Berthold Schneider*
Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Biometrie
*Prof. Dr. Detlef Bartsch *
Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, Abt. 4 Gentechnik
*Thesen*
Ort: Seminarraum JLW6-SR1, Justus-von-Liebig-Weg 6, 18059 Rostock

2014 und 2015: Nichts geht mehr
Kein Eintrag. Keine neuen Anträge auf Anbau oder Freisetzungen. Keine neuen Förderprogramme.

2013: Keine Felder mehr, doch hinter den Kulissen wird weiter an den Strippen gezogen ...
Jammern, jammern, jammern
Mal wieder widmet der Focus der deutschen Gentechnik ein paar Trauergesangsseiten (Nr. 31/2013, S. 92ff, online hier). Vor zwei Jahren durfte schon Kerstin Schmidt dort ihr Herz ausschütten („wir sind auf Null“). Jetzt ist Inge Broer dran. Sie wird als Heldin gefeiert, weil sie immer noch in Deutschland bleibt trotz der widrigen Verhältnisse. Die beschreibt Focus zunächst: „2013 wurde keine einzige gentechnisch veränderte Pflanze auf deutschen Feldern ausgesät. Von den 190 in Deutschland entwickelten transgenen Pflanzen wird nicht eine angebaut.“ Dann geht es ans Jammern: „Die Rostocker Biologieprofessorin Inge Broer ist seit Jahren ein bevorzugtes Hassobjekt der Gentechnikgegner. Sie blockierten Zufahrten zu den Versuchsfeldern, rissen nachts die Pflanzen aus und schrien auf dem Campus Biologiestudenten nieder, die sich mit Pflanzengentechnik befassen wollten.“ Ein interessanter Satz. Bisher liegt nur die Information vor, dass Angehörige des Broer-Instituts mal einen Vortrag „Monsanto auf Deutsch“ niedergeschrien haben, nachdem der Vortrag an der Uni ganz verboten wurde (2x sogar). Außerdem ist es das Broer-Umfeld, welches Bücher verbieten lassen will. ...
Mit GentechnikkritikerInnen hat Focus erkennbar nicht gesprochen – auch gibt es nirgends Hinweise, dass Texte über die Kritik an Broer geprüft wurden. Stattdessen die ideologietriefende Hetze über KritikerInnen: „Transgene Gewächse werden als Frankenstein-Pflanzen verteufelt.“ Dass bedauerlicherweise viele junge Leute heute kaufbar erscheinen und Jobs/Ausbildungen wählen, die Geld versprechen, während sie sich kaum noch Politik interessieren, kommt im Focus als Hoffnungsschimmer rüber: „„Die heutigen Jugendlichen", sagt Inge Broer, „sind viel neugieriger und unideologischer."“ Bleibt als Kommentar: Ziel und Hoffnung des Kapitalismus und anderer Herrschaftsverhältnisse ist immer, dass die Leute weniger (nach)denken und einfach nur mitschwimmen. Ganz abwegig ist Broers Hoffnung da nicht.

Ostsee-Zeitung vom 30.12.2012
Vorerst keine Gentechnik-Pflanzen auf Äckern in MV
In Mecklenburg-Vorpommern wird es auch im Jahr 2013 keine Freisetzungsversuche mit gentechnisch veränderten Pflanzen geben. „Das bisherige Förderprogramm des Bundes zur Biosicherheit, das die meisten Freisetzungen finanziert hatte, ist ausgelaufen. Das neue Programm zur Untersuchung von innovativen Pflanzen in Anbausystemen (IPAS) ist jetzt erst in der Antragsphase“, sagte die Molekularbiologin an der Universität Rostock, Inge Broer.
Freisetzungen im Rahmen dieser Fördermaßnahme könnten damit erst 2014 starten. Broer zeigte sich optimistisch, dass es dann wieder Freisetzungen geben wird. Die Bundesregierung habe klargemacht, dass sie in dem IPAS-Programm auch gentechnische Pflanzen untersuchen lassen möchten.
Die Gentechnikversuche auf Feldern bei Groß Lüsewitz östlich von Rostock waren in der Vergangenheit oft von Protesten von Gegnern dieser Technologie begleitet gewesen. Sogenannte Feldzerstörungen blieben meist ohne strafrechtliche Konsequenzen, was bei - auch bei der Gentechnik neutral gegenüberstehenden - Beobachtern für Verwunderung sorgte.

Am 17. Januar 2013 lud der Agrarausschuss des Landtages zu einer öffentlichen Anhörung. Es ging um die „Eiweißstrategie für nachhaltige Landwirtschaft“. Das Protokoll gibt einen Beitrag von Prof. Inge Broer wieder: „Die züchterische Bearbeitung der Körnerleguminosen sei darauf ausgerichtet, höhere Erträge sowie eine bessere Ertragsstabilität zu erreichen. Das erfordere Veränderungen bei den von ihr aufgeführten Zuchtzielen. Dabei sollten alle verfügbaren genetischen Ressourcen genutzt werden. Eingeschlossen seien dabei intraspezifische Hybride (z. B. Kreuzungen zwischen weißer und blauer Lupine) ebenso wie die Nutzung gentechnischer Methoden. Letztere stelle lediglich ein Verfahren dar, mit dem bestimmte Ergebnisse schneller und einfacher zu erreichen seien als durch konventionelle Züchtung (Hybridisierung, Mutationszüchtung). Alle Verfahren seien dort einzusetzen, wo sie nutzbringend angewandt werden könnten.“

Am 22.5.2013 beschloss der Landtag dann mit den Stimmen fast aller Parteien den Aufruf "Eiweißstrategie für nachhaltige Landwirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern entwickeln" (Drucksache 6/1925 vom 22.05.2013) - Beschlussprotokoll siehe rechts. Die Gentechnik soll dabei draußen bleiben: "Der Landtag bekennt sich zu dem Ziel der Ausweitung des Anbaus von einheimischen Eiweißpflanzen sowohl im konventionellen als auch im ökologischen Landbau und unter Ausschluss der Nutzung von gentechnisch veränderten Organismen."

2016: Uni Rostock forscht weiter, Backhaus überraschtUnd der Ex-Gentechnikfan Till Backhaus hielt weiter durch. Als er Anfang 2016 zufällig mitbekam, dass die Uni Rostock im Gewächshaus weiter an Pflanzengenen rumfummeln, war er nicht amüsiert (rechts: Ostseezeitung, 4.1.2015, S. 6).

Aus "Gentechnik-Forschung im "FischGlasHaus" der Universität Rostock", in: SVZ, 3.1.2015 ++ Weiterer SVZ-Artikel
Im gerade vorgelegten Masterplan der Landesregierung zur Zukunft der Land- und Ernährungswirtschaft kommt Gentechnik weder in Wissenschaft noch Praxis vor. Sie spiele im Land keine Rolle, sagt Agrarminister Till Backhaus (SPD). Dass in einem Gewächshaus der Universität Rostock gentechnisch veränderte Pflanzen wachsen, hatte ihn bei einem Besuch des neu eröffneten Projekts "FischGlasHaus" überrascht. "Darüber bin ich nicht glücklich", sagt der Minister. Er plädiere nach wie vor für ein deutschlandweites Nein zu grüner Gentechnik.

  • Abhörskandal: Telefonüberwachung von GentechnikgegnerInnen im Auftag der Gentechlobby!
  • Zunächst versuchten Inge Broer & Co. es weiter: Protokollauszug der Anhörung im Landtag am 17.1.2013

2012: Keine Felder in Mecklenburg-Vorpommern
Schlagzeilen:
Aus! Schluss! Vorbei! AgroBioTechnikum und Schaugarten Üplingen dicht!
Bericht vom kritischen Spaziergang am 13.5 ++ Focus-Interview mit Kerstin Schmidt

Rechts: Werbeschild am AgroBioTechnikum - Zustand im Januar 2012

Die Grünen stellten Fragen zu den Kosten der Bewachung der Genversuchsanlage. Als die Antwort (Landtagsdrucksache am 21.3.2012) kam, schaffte es die Meldung auf die Titelseite der Ostseezeitung. Die Polizei übte sich in Notlügen für ihre teuren Hilfsmaßnahmen für die Gentechnik-Seilschaften. Sie erfanden sie einen Feldbesetzungsversuch 2010 ... Außerdem verglichen sie die Kosten mit den Schäden durch Feldbefreiungen - die jedoch zusätzlich auftraten und eben nicht verhindert wurden ...

Links: Auszug aus der Ostseezeitung am 28.3.2012 (Titelseite)
Umstrittene Polizeieinsätze zum Schutz von Genkartoffeln bringen Innenminister Lorenz Caffier (CDU) in Erklärungsnot. 2010 und 2011 kreisten Hubschrauber der Landespolizei insgesamt 26 Stunden über den Anbaufeldern des AgroBiotechnikums Groß Lüsewitz (Landkreis Rostock). Hinzu kamen 31 Wacheinsätze und 40 Personenkontrollen mit über 200 Einsatzstunden. Gesamtkosten: mehr als 112 000 Euro. Das geht aus einer Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage der Grünen-Landtagsabgeordneten Ursula Karlowski hervor, die der OZ vorliegt. Damit dürften die Gen-Knollen von Groß Lüsewitz die teuersten Kartoffeln der Welt sein.
Immer wieder hatten Umweltaktivisten Anbaufelder besetzt und verwüstet. Trotz der Sachschäden übte Grünen-Fraktionschef Jürgen Suhr Kritik am Polizeieinsatz. „Kosten und Nutzen stehen in keinem Verhältnis.“
Das Innenministerium in Schwerin begründete die Polizeieinsätze mit Sachschäden von 385 000 Euro. Caffier sagte, in Groß Lüsewitz sei „Gefahr im Verzug“ gewesen.
(Kommentar)

Am 14.4.2012 erschien dann erneut das AgroBioTechnikum auf der Titelseite der Ostseezeitung. Thema diesmal: "Filz und Mauschelei in der Gentechnik?" (siehe rechts - PDF öffnen durch Anklicken). Meldung dazu auf top agrar am 18.4.2012, Informationsdienst Gentechnik und Genfood - nein Danke!
Der Kommentar der Ostseezeitung (auf S. 2) fiel bissig aus: "Der Mechanismus war stets der gleiche: Märchenerzähler, Hasardeure und Lobbyisten fielen im letzten Jahrzehnt wie Heuschrecken über MV her – und die damals noch rot-rote Landesregierung fiel reihenweise auf sie herein. Sie versprachen Jobs, Technologie und Fortschritt. Sie hinterließen Förderruinen, verbrannte Millionen und Frust. Beschäftigung fanden seither allenfalls Anwälte und Richter. Das Land förderte, was die Kassen hergaben. Ein DVD-Werk? Klar doch, klingt nach Zukunft. Inzwischen ist in Nordwestmecklenburg eine halbe Region arbeitslos. Grüne Gentechnik? Her damit! Leider fragte niemandnach, wie viele Jobs tatsächlich entstanden,wergenmanipulierte Pflanzen mit biologischem Zeitzünder überhaupt will und warum das Land mit Steuergeld ausgerechnet Großkonzerne pampert. So wurde MV zum Fördersumpf der Nation. Höchste Zeit, diesen Morast auszutrocknen. Doch genau damit tut sich die Landesregierung schwer. Welcher Politiker hat schon die Größe, eigene Sünden zuzugeben? Die Zeche zahlen wir alle."
Das Bündnis gentechnikfreier Regionen forderte konsequent den sofortigen Stopp aller Versuchsfelder am AgroBioTechnikum (NDR, 18.4.2012).

  • Strafanzeige durch NachbarInnen der Versuchsflächen am 2.5.2012

Links: Am 25.4.2012 die nächste Veröffentlichung - diesmal im Wirtschaftsteil der Ostseezeitung (S. 5, als pdf).

Die wichtigsten Erkenntnisse aus der Landtagsanfrage (Drucksache 6/358):
  • Der Staat hat nicht nur mit den Fördermitteln für Haus, Land und die gefälschen Biosicherheits-Versuche die Gentechnik-Seilschaften unterstützt, sondern auch noch mit seinen Polizeitruppen.
  • Die Sachschäden von 385000 Euro sind trotz der kostenintensiven Bewachung entstanden - also war das Verpulvern von Steuergeldern auch noch wirkungslos.
  • Den vermeintlichen Feldbesetzungsversuch 2010 hat die Polizei frei erfunden, um ihre Hilfsaktionen für die Gentechnik-Seilschaften zu legitimieren.
  • Auslöser fast aller Einsätze ist das Wachpersonal, d.h. also die Polizeieinsätze werden von den Gentechnikseilschaften und ihren Bediensteten veranlasst.
  • Betroffen ist vor allem die Allgemeinheit, z.B. von insgesamt 40 Verkehrskontrollen innerhalb von drei Jahren.
  • Im AgroBioTechnikum dürfen neu gegründete Firmen eigentlich nur fünf Jahre arbeiten, weil diese Arbeit stattlich gefördert ist. Ausnahmen sind bis acht Jahre zulässig. Das Firmenkonsortium von Kerstin Schmidt und Uni-DozentInnen ist seit 2005 dort tätig, d.h. also im siebten Jahr. Die Ausnahme ist die Regel. Um deren Weiterarbeit zu sichern, wird das AgroBioTechnikum saniert.

Und weiter: Am 5.5.2012 veröffentlichte die Ostseezeitung den nebenstehenden Text links) wieder auf dem Titel sowie dazu einen Kommentar auf Seite 2 ++ Infodienst

Rechts: Interview mit Kerstin Schmidt am 14.5.2012 im Fokus (größer: Klick).

Am 14.5.2012 sollte an der Uni Rostock ein Vortrag zu den Gentechnik-Seilschaften stattfinden. Die Uni verbot den Vortrag.
  • Bericht im Warnow-Kurier am 18.5.2012 (als PDF)
  • Radiointerview mit Jörg Bergstedt zur Uni Rostock, dem Verbot einer kritischen Veranstaltung dort und den Problemen der Agrogentechnik
  • Rechts: Bericht in der Ostseezeitung am 23.5.2012 (größer durch Klick)


Wieder in der Schnickmannstraße 4: biovativ im Frühjahr 2012.


Das offizielle Ende des Gentechnikzentrums rückt näher ...
Aus einem Interview mit Landwirtschaftsminister Till Backhaus in der Ostseezeitung, 11.9.2012
OZ: Das Agrobiotechnikum Groß Lüsewitz im Landkreis Rostock befasste sich bis 2011 mit Gentechnik-Versuchen. Sind die Messen endgültig gesungen?
Backhaus: Ja, die grüne Gentechnik hat in Deutschland keine Zukunft. Große Teile der Bevölkerung lehnen sie ab. Für mich war das ein Lernprozess. Wenn ein Konzern wie die BASF bei Versuchen mit genveränderten Kartoffeln im damaligen Müritzkreis so schwerwiegende Fehler macht, dann kann ich das vor den Menschen nicht mehr verteidigen.
OZ: Bisher hieß es, es soll Platz für alle sein – genveränderte und traditionell gezüchtete Pflanzen. Gilt das nicht mehr?
Backhaus: Ich glaube inzwischen nicht mehr, dass diese Koexistenz möglich ist. Praktisch nicht, rechtlich nicht. Bis heute konnte man sich nicht auf Haftungsregelungen einigen, nicht einmal auf verbindliche Abstandsregelungen für den Anbau.
OZ: Was bedeutet das für MV?
Backhaus: Für die Gentechnik gibt es in Mecklenburg-Vorpommern keinen Platz mehr. Das Land setzt auf Tourismus und Gesundheitswirtschaft, auf Natürlichkeit. Dazu kann und muss die Landwirtschaft einen Beitrag leisten. Das bietet übrigens Chancen, die bisher viel zu wenig genutzt werden.



SVZ am 19.12.2012
Möglicher Pfusch am Agrobiotechnikum kostet die Gemeinde 300 000 Euro
Mehr als eine halbe Million Euro hat die Gemeinde Sanitz dafür bezahlt, die beim Starkregen 2011 entstandenen erheblichen Feuchtigkeitsschäden am Groß Lüsewitzer Agrobiotechnikum (ABT) zu beseitigen. Doch während die Fachfirmen in dem Büro- und Laborgebäude beschäftigt waren, wurde sieben Jahre nach Errichtung des Millionen-Objektes der Verdacht auf Pfusch am Bau immer stärker. Bürgermeister Joachim Hünecke (FDP) beauftragte mehrere Rechtsanwälte damit, zu prüfen, ob und wenn ja welche Mängel während der Errichtung des Gebäudes die extremen Schäden mit verursacht haben könnten und ob Klagen auf Schadensersatzansprüche Erfolg haben könnten.
Norbert Wendt verneint das. Der Fachanwalt für Baurecht gab am Dienstag vor der Gemeindevertretung seine Stellungnahme ab und räumte einer möglichen Regressklage der Gemeinde wenig Siegchancen ein. "Hier sind die Messen gesungen, wie man so schön sagt", zerstörte Wendt die Hoffnungen im Saal. Zwar unterstützt das Innenministerium die Sanierung mit Sonderbedarfszuweisungen in Höhe von 250 000 Euro, doch auf den restlichen 300 000 Euro möchte die Gemeinde auch nicht sitzen bleiben.
Denn es gibt Gutachten, die besagen, dass die Schäden ursächlich durch Planungs- und Ausführungsmängel entstanden sind. So sei zum Beispiel das Baugrundgutachten von den Planern, aber auch von den Baufirmen nicht beachtet worden. Ein weiterer Fehler liege bei der Beauftragung der Leistungsphasen nach Vorgaben der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI). Im 2002 zwischen Gemeinde und Planungsbüro geschlossenen Vertrag war vorgesehen, dass das Rostocker Büro für alle Phasen, also eins bis neun, zuständig ist. Allerdings - und das sei laut Wendt übliches Vorgehen bei Großprojekten - würden diese nicht auf einmal, sondern etappenweise übertragen. So könnten sich Bauherren die Möglichkeit vorbehalten, sich von den Büros zu trennen, wenn sie unzufrieden sind.
Im Fall des ABT erhielten die Planer zuerst den Auftrag für die Phasen eins bis vier, bis zur Genehmigungsplanung. "Zur Erbringung der anderen Phasen bedurfte es ab Phase fünf der schriftlichen Beauftragung durch den Bauherren", gab Wendt das Verfahren von damals wider. Das sei im April 2003 erfolgt, allerdings ohne die Phase neun. "Der für dieses Vorhaben zuständige leitende Mitarbeiter hat das selbst so erwogen. Hätte ich damals Kenntnis davon gehabt, hätte ich eingreifen können", so Hünecke. In der fehlenden Phase neun geht es nämlich um die Verlängerung bestimmter Gewährleistungsfristen, die der Gemeinde möglicherweise beim aufgetretenen Schaden genutzt hätten.
So aber begann Ende 2004, nach der Schlussrechnung und der Bezahlung, die fünfjährige Gewährleistungsfrist von Planern und Baufirmen. Wäre die Phase neun beauftragt worden, dann hätte der Architekt vor dem Ende der Verjährungsfrist für die bauausführenden Firmen nochmals eine Begehung des Objektes und eine Dokumentation möglicher Mängel machen müssen. Danach hätte sich seine Haftung um fünf Jahre verlängert - also bis 2014 gelten können. "Es gibt von Architekten viele Versuche, die Phase neun auszuklammern", sagt Wendt. "Denn sie haften doppelt. Einmal, wenn sie bei der Planung Fehler machen. Und dann, wenn die Planung richtig ist, aber die Firma es mangelhaft ausführt, weil sie den Bau dann schlecht überwacht haben." Da dies aber im Fall ABT nicht erfolgt sei, würden Anwälte des Planungsbüros im Falle einer Klage sicher auf die Verjährung pochen.
Nachdem weitere Kanzleien auch die Möglichkeiten auf Haftung und Vermögenseigenschadenversicherung geprüft haben und nichts davon Aussicht auf Erfolg versprach, hätten Haupt- und Finanzausschuss laut Hünecke empfohlen, das Verfahren abzuschließen. Doch die Gemeindevertretung stimmte dagegen. Auf Antrag von Holger Lopens (SPD) soll der Bürgermeister jetzt prüfen lassen, ob ein zivilrechtliches Verfahren gegen den Mitarbeiter, der die Phase neun nicht beauftragt hat, Aussicht auf Erfolg hätte.


Rückblick 2011
  • September 2011: Ein Wasserschaden führt zu Beschädigungen am Gebäude. Die Gemeinde Sanitz haut eben mal 2-300.000 Euro auf den Tisch, um der geliebten Agrogentechnik das Überleben zu sichern.


Juli 2011: Die gv-Felder am AgroBioTechnikum wurden zerstört - das Sicherheitssystem versagte ++ Bericht auf Indymedia


Stimmen dazu:
  • Interview mit den unbekannten FeldbefreierInnen
  • Ein Text aus einem Bericht von AnwohnerInnen:
    18.7., Sagerheide: Bei uns ist es auch ganz lustig. Als Ute bei ihrer langjährigen Ärztin war, mußte die nochmal aus dem Arztzimmer raus und sagte: "Ich muß sie noch einen Moment alleine lassen, aber nichts rausreißen ..." Ute: "Waaas?" Die Ärztin beim Rausgehen: "Na, keine Pflanzen aus den Töpfen reißen und so ..." Als sie wiederkam, sagte Ute: " Rausgerissen habe ich nichts, nur etwas genmodifiziert. Jetzt wachsen da schon Frösche." (An der Grünpflanze hangelte sich ein Stofffrosch hoch.) Oder, eine gute Bekannte von Ute trifft sie im Edeka. Sie umarmt sie und sagt: "Na Ute, jetzt fühlst Du Dich besser, wo jetzt das Zeug hinter Deinem Grundstück kaputt ist, nicht?" Ute meinte, daß sie diese Freude nicht verleugnen kann.
  • Verfassungsschutzbericht des Landes Mecklenburg-Vorpommern (S. 95 und 96 unter der Stichwort "Autonome Gruppen")
    Anti-Atomkraft und Anti-Gentechnik-Aktivitäten
    Linksextremisten unterschiedlicher Ausrichtung, auch Linksautonome, beteiligen sich in verschiedenen, maßgeblich von bürgerlichem Engagement dominierten Themenfeldern. Entsprechend versuchen Linksextremisten u. a. auf Proteste gegen den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen, gentechnische Versuche und Atomkraft Einfluss zu nehmen. In Mecklenburg-Vorpommern kam es in dem Zusammenhang zu folgenden herausragenden Ereignissen: ... In der Nacht zum 4. März 2011 wurden in Groß Lüsewitz (Landkreis Rostock) die Scheiben eines Gewächshauses für gentechnisch-veränderte Pflanzen eingeschlagen. Es entstand ein Schaden in Höhe von etwa 10.000 Euro. Eine bisher unbekannte Gruppe „autonome aktionszelle genstaat“ bekannte sich zu der Tat und begründete ihr Vorgehen mit der Ablehnung gentechnischer Forschung.
    In der Nacht zum 9. Juli 2011 wurden bei Sagerheide (Landkreis Rostock) Versuchsfelder für gentechnisch-veränderte Getreide- und Kartoffelpflanzen zerstört und ein Wachmann bedroht und festgehalten. Dabei entstand ein Gesamtschaden in Höhe von ca. 250.000 Euro. Ein vergleichbares Feld wurde in der Nacht zum 11. Juli 2011 in Üplingen (Sachsen-Anhalt) angegriffen und ein Wachmann mit Schlagstöcken und Pfefferspray bedroht. Es ist wahrscheinlich, dass die Taten zusammenhängen.


Der Blick auf die Versuchsanlage in Sagerheide am 30.4.2011: Acht Gewächshäuser (drei schon bespannt), links daneben das Weizenfeld (bis zu den Wasserkanistern, davor ein Wachschützer). Für den Weizenversuch waren sich die sogenannten WissenschaftlerInnen im Prof. Inge Broer von der Uni Rostock nicht zu blöd, in Guttenberg-Manier einen 10 Jahre alten Antrag der Uni Zürich zu kopieren - ein bemerkenswerter Hinweis darauf, was ohnehin schon länger der Verdacht ist: Die Versuche sind Betrug und Fälschung.
Unten: Das Kartoffelfeld im Süden der Anlage mit Gewächshäusern im Hintergrund.



Am AgroBioTechnikum: Werkzeugsammlung hinter dem Haus - und eine seltsame Dachziegelausstellung auf dem Hinterhof.



Die benachbarte Außenstelle vom Julius-Kühn-Institut (mit Kartoffel-Saatgutbank in der Nähe) wird renoviert.


Oben: Protestplakat am Ortseingang von Sagerheide mit der Versuchsanlage im Hintergrund.
Unten: Lage am 4.6.2011 (links Wachhäuschen, Mitte Weizenfeld unter Vogelnetz, vorne Rübenfeld)


Ab Pfingsten 2011 war dann auch das Schild wieder neu bedruckt:

  • Berichte von früheren Aktionen gegen die Versuchsfelder am Ende dieser Seite
  • Interviews zum Genversuchsfeld in Sagerheide mit Anwohner_innen und Aktivist_innen (2010)

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