Gewaltfrage

SELBSTENTFALTUNG

Egoismus als Antrieb


Einleitung · Egoismus als Antrieb · Wie geht's? · Was hindert uns?

Oft wird eingewandt: Warum soll die Entfaltung des Einzelnen die Rettung bringen – wird dann nicht nur alles schlimmer? Die Menschen sind nun mal egoistisch, faul oder ... (nach Belieben aufzufüllen). Doch das ist ein großer Unfug. Kein Mensch ist “nun mal” so oder so. Die Menschen verhalten sich unter den gegebenen Bedingungen so, wie es ihnen das sich selbst reproduzierende Wertverwertungssystem nahelegt, d.h. wie sie meinen, unter den gegebenen Bedingungen über die Runden zu kommen. Unter kapitalistischen Bedingungen heißt dies strukturell: Ich kann mich nur behaupten, wenn ein anderer es nicht kann, ich kann mich nur auf Kosten anderer durchsetzen. Oder wie es der (damalige) US-Vorstandsvorsitzende von Daimler-Chrysler, Robert J. Eaton, formuliert: “Die Schwachen müssen sich verändern, oder sie werden sterben” (zitiert in Junge Welt, 8.7.1999). Im Kapitalismus kann es zudem ja nicht nur Starke geben, sondern der aktuelle Starke ist der nächste Schwache – wie auch Eaton erfahren musste, der später von seinen deutschen “Partnern” abserviert wurde (woran er jedoch gewiß nicht zugrunde ging).

Die Mehrzahl bestehender Ideologien und Moralen verteufelt den Egoismus. Mitunter ist es auch eine Frage der Definition, oft aber steht tatsächlich der Anspruch dahinter, es sei irgendwie verwerflich, an sich zu denken und für sich das Nützliche anzustreben. Zum einen ist das eine krasse Anforderung, der Mensch solle als Antrieb für sein Leben nicht den Wunsch nach einem besseren Leben haben. Das ist höchstens aus dem Blickwinkel der InhaberInnen höherer Interessen nachvollziehbar, die Menschen unterwerfen wollen und ihnen deshalb die Idee, sich selbst in den Mittelpunkt zu stellen, auszureden versuchen.
Zum anderen sitzt die Warnung vor dem bösen Egoismus einem weitverbreiteten Irrtum auf - nämlich dass der Egoismus der Feind des Nutzens Anderer oder gar Aller ist. Das mag daher rühren, dass es in unserer heutigen Gesellschaft meist so geregelt ist. Ständige Verwertung, die Bildung von Eigentum mit der in Verwertungsabsicht vollzogenen Abschottung gegenüber anderen und das Buhlen um künstlich verknappte Ressourcen, Arbeitsplätze, Informationen usw. schaffen eine Situation, bei der der Vorteil des einen auf dem Nachteil des anderen beruht. Wer aus Wissen Geld machen will, lässt es patentieren oder auf andere Art schützen - was anderen schadet. Wer ein Gerät oder eine Maschine besonders profitabel verwerten will, entzieht sie anderen oder sorgt am besten sogar dafür, dass andere so etwas nicht haben.
Drittens gilt aber auch noch etwas Anderes: Was als egoistisches gilt, ist in der heutigen Gesellschaft gewünscht, gefördert und oft sogar erzwungen. Aber es nützt oft nicht einmal den vermeintlichen EgoistInnen. Im Gegenteil: Das Erschreckende ist nicht, dass Menschen nur das tun, was ihnen nützt, sondern das, was auch ihnen nichts nützt. Die Diskursmacht, d.h. die Zurichtung und Normierung, ist stärker als der egoistische Antrieb. Den Menschen wird etwas eingetrichtert, was für sie gut sein soll - und das tun sie dann. Ängste werden hervorgerufen, damit abweichendes Verhalten unterbleibt. Es ist überhaupt nicht nützlich, alles selbst erfinden, Wissen und Instrastruktur als Eigentum zu bunkern und nur über Geld die Ideen und Dienstleistungen anderer nutzen zu können. Das kapitalistische System steckt wesentlich mehr Geld und Arbeit in nicht produktive Bereiche, d.h. in Zerstörung, Kontrolle, Verwaltung und in das Bezahlsystem als solchem. So finanziert der Kauf einer Fahrkarte für Bus oder Bahn zu guten Teilen vor allem das System der Fahrkarten selbst, also den Schein, die KontrolleurInnen, die Automaten, die Buchhaltung dahinter und die Werbung zum Kauf der Fahrkarten. Das ist nicht effizient - weder für die Einzelnen noch für die Anderen. Wert und Verwertung sind Selbstzweck. Unter ihrem Regime wird Egoismus, d.h. der Antrieb zum besseren eigenen Leben, zum Desaster für Andere, oft auch für gesellschaftliche Ressourcen und für den Erhalt einer lebenswerten Umwelt.

All das müsste nicht so sein. In einer Gesellschaft, in der die Produktivkraft nicht in die Schaffung von nur für Privilegierte zugänglichen Informationen, Ressourcen und Reichtümern gesteckt wird, sondern die Ergebnisse allen zugänglich sind, stellt jede produktive Tätigkeit einen Fortschritt für alle dar, sei es die Herstellung von Sachen oder der Entwurf neuer Ideen, Techniken oder Pläne. Der eigene Fortschritt ist dann so schnell, wie alle zu einer Weiterentwicklung beitragen - einschließlich jedem/r selbst. Es gäbe dann keine Entkopplung mehr zwischen eigenem und gesellschaftlichen Fortschritt, weil alles der Einzelnen auch in der Gesellschaft ist - und alles der Gesellschaft dem Einzelnen dient.

Selbstentfaltung ist das Gegengift zum Verwertungswahn
Die Selbstentfaltung des Einzelnen klappt am besten, wenn sich auch alle anderen frei entfalten - weil dann deren Ideen, Wirkungen und vieles mehr auch für den Einzelnen nutzbar werden: Als Ausgangspunkt, Vorlage, Beispiel oder materielle Ressource. Doch das Ganze gilt auch andersherum: Eine freie Gesellschaft ist eine Gesellschaft, in der die unbeschränkte Entfaltung des Einzelnen die Voraussetzung für die Entfaltung aller ist. Die unbeschränkte Selbstentfaltung ist nicht nur eine subjektiv wünschenswerte und angenehme Vorstellung, sondern sie ist auch erforderlich. Wieso das? Der Kapitalismus ist mit einer Maschine vergleichbar, die aus Wert mehr Wert macht. Diese Maschine ist ein subjektloser Automat, der sich selbst vorantreibt und in diesem Vorantreiben reguliert. Zentraler Antrieb ist der Wert und zwar sowohl für die Seite der Produktion einschließlich des damit erreichbaren Profits als auch die des Konsums.
Auf der Seite der Produktion geht es darum, durch Einsatz von Technik und Wissenschaft die Arbeitsmenge im Produkt permanent zu verringern, also die Produktherstellung ständig zu verbilligen, wozu die Konkurrenz unablässig antreibt. Dieser Sachzwang wird vom Kapitalverwalter, vom Manager, vom Kapitalisten ausgeführt. Gleichzeitig ist jeder Produzent auf der Suche, über weitere Mechanismen das Produkt wiederum zu verteuern, also zusätzlichen Wert zu schaffen. Die Förderung des Markenimages ist das bekannteste Beispiel der Schaffung von Wert, um dieses dann verwerten zu können.
Ein ähnlicher Sachzwang besteht auf der Seite des Konsums. Nur durch Verkauf seiner Arbeitskraft kann der Produktionsmittellose am Konsum teilhaben. Gleichzeitig muss er konsumieren, nicht nur um zu überleben, sondern auch um über den Konsum seine Arbeitskraft wieder herstellen: Arbeiten gehen, um Arbeiten zu gehen bzw. dabei eventuell den Verkaufswert seiner Arbeitskraft zu steigern. Die Aufrechterhaltung dieser Hamsterrad-Logik ist das zentrale Interesse der Herrschenden, weswegen “Arbeit” ungebrochen im Zentrum herrschender Ideologie steht, der sich regelmäßig auch Linke anschließen.
Wichtig ist nun: Alle Beteiligten, ob Herrschende oder Beherrschte, reproduzieren durch ihr Tun den subjektlos ablaufenden totalitären Verwertungszusammenhang, in dem sie die strukturellen Zwangsvorgaben erfüllen. In diesem Sinne gibt es keine “Schuldigen” oder “Unschuldigen”, das individuelle Handeln ist innerhalb der gegebenen Grenzen sogar subjektiv funktional. Alle Beteiligten bilden die große Maschine der endlosen Verwertung von Wert.
Die kapitalistische Verwertung ist dabei so angelegt, dass man sich nur auf Kosten anderer behaupten kann – das Maß unterscheidet sich bei Herrschenden und Beherrschten gewiß erheblich. Doch entscheidend ist diesem Zusammenhang: Der Kapitalismus ist kein “steuerbares” System, es steuert sich selbst durch einen Wertvermehrungs-Automatismus, der keinen Winkel der Erde und keinen Raum des individuellen Rückzugs ungeschoren läßt - ein totalitäres System, das gar keiner Exekutoren mehr bedarf, wie es Diktaturen, Demokratien und andere Regime benötigen, um den Einfluss derer zu beschränken oder ganz auszumerzen, die den Regeln nicht folgen. Wer sich dem Kapitalismus entzieht, steht außerhalb der Reproduktionszyklen einer vom kapitalistischen Wirtschaften fast überall erfassten Welt. Er verhungert oder wird zumindest in seinen Handlungs- und Einflussmöglichkeiten gebremst. Die Maschine läuft auch ohne ihn einfach weiter (so jedenfalls die Theorie: Praktisch sieht es noch etwas anders aus, wenn z.B. subversive Aktionsmethoden die Kraft der Maschine anzapfen, um sie gegen sie zu wenden).
Dieses amoklaufende totalitäre Wertverwertungssystem kann nur abgeschafft, die “schöne Maschine” kann nur abgeschaltet oder sabotiert werden. Der Holzschuh, der das Getriebe blockiert (Ursprung des Wortes Sabotage), ist sinnbildlich dafür.
Die Alternative zur Steuerung der Menschen durch einen Sachzusammenhang ist die Steuerung aller Sachzusammenhänge durch die Menschen. Die heutige Bestimmung der Menschen durch den Wert wird ebenso abgelöst durch die Bestimmung aller Angelegenheiten der Menschen durch die Menschen selbst, wie alle Fremdbestimmung durch Religionen, HerrscherInnen, autoritäre Moral und Tradition. Nur so – und nicht anders – sind die Verheerungen des monströsen Kapitalismus wieder in lebbare Verhältnisse umkehrbar, in Natur wie Gesellschaft. Die selbstbestimmte Entfaltung jedes Einzelnen ist kein freundlicher Wunsch, sondern unabdingbare Rettungsvoraussetzung der Menschheit.

Selbstentfaltung dagegen vollzieht sich niemals auf Kosten anderer, sondern setzt die Entfaltung der anderen Menschen notwendig voraus, da sonst die eigene Selbstentfaltung begrenzt wird. Im eigenen Interesse habe ich also ein unmittelbares Interesse an der Selbstentfaltung der anderen. Diese Vision läuft unseren heutigen Bedingungen, unter denen man sich eingeschränkt und nur auf Kosten anderer durchsetzen kann, total zuwider. Unbeschränkte Selbstentfaltung des Menschen ist unter den Bedingungen der totalitären “schönen Maschine” undenkbar. Denn Selbstentfaltung schließt Fremdbestimmung – seien es sachliche oder soziale Zwänge – aus. Wenn alle abstrakten, gleichgültigen, subjektlosen Zwänge verschwinden, bleiben als alleiniger Maßstab des Handelns die individuellen Bedürfnisse der Menschen. Ohne abstrakten Markt liegen sie auch wieder im direkten Zugriff der Menschen. Mich unter diesen Bedingungen auf Kosten anderer durchzusetzen, schadet mir unmittelbar selbst – denn die/der Andere ist nun ohne vermittelnden Markt meine unmittelbare Lebensbedingung. Und wer will mit einem “Arsch” noch etwas zu tun haben?
Das Handeln des Anderen ist für mich direkt relevant, es gibt keine Umwege mehr, keineR ist mehr käuflich. Positiv gedacht bedeutet das: Da ich “auf Kosten” anderer nichts mehr erreichen kann, liegt es nahe, möglichst viel in Kooperation mit anderen oder sogar im gemeinsamen Interesse zu tun. Erst in einer freien Gesellschaft kann die Kooperation ihre schier unbegrenzten Potenzen entfalten. Die eigene und die kooperative Entfaltung bedingen einander, treiben sich geradezu an.
Es würde zum unmittelbaren Ziel, alle kooperationswidrigen und individuell beschissenen oder behindernden Bedingungen aus der Welt zu schaffen. Kein Sachzwang, keinE VorgesetzteR und kein noch so hohes Gehalt würden uns davon abhalten. Niemand muss mehr ständig und krampfhaft Profit realisieren, um ein Bedürfnis zu erfüllen. Endlich können sich die Menschen unbehindert und undirigiert durch die unkontrollierbare Maschine den Problemen der Welt, die nun ihre Probleme sind, zuwenden. Die Aufhebung der Marktabstraktion bedeutet nämlich auch, dass Probleme wieder näher heranrücken. Es gibt keine Instanz im Irgendwo mehr, die “verantwortlich” ist. Jeder selbstbestimmt handelnde Mensch in einer freien Gesellschaft trägt unmittelbar Verantwortung für sein Tun.

Im Original: Zum Vergleich: Text der ersten Auflage
Gruppe Gegenbilder (1. Auflage 2000): Freie Menschen in Freien Vereinbarungen, SeitenHieb-Verlag in Reiskirchen (S. 68ff)
Selbstentfaltung statt Wertverwertung
Eine freie Gesellschaft ist eine Gesellschaft, in der die unbeschränkte Entfaltung des Einzelnen die Voraussetzung für die Entfaltung aller ist. Die unbeschränkte Selbstentfaltung ist nicht nur eine subjektiv wünschenswerte und angenehme Vorstellung, sondern sie ist auch objektiv erforderlich. Wieso das?
In Kapitel 2 haben wir den Kapitalismus mit einer Maschine verglichen, einer Maschine, die aus Wert mehr Wert macht. Diese Maschine ist ein subjektloser Automat, der sich selbst reguliert. Zentraler Regulator ist der Wert und zwar in zweifacher Weise: für die Seite der Produktion und die des Konsums. Auf der Seite der Produktion geht es darum, durch Einsatz von Technik und Wissenschaft die Arbeitsmenge im Produkt, den Wert, permanent zu verringern, also die Produkte ständig zu verbilligen, wozu die Konkurrenz unablässig antreibt. Dieser Sachzwang wird vom Kapitalverwalter, vom Manager, vom Kapitalisten ausgeführt. Ein ähnlicher Sachzwang besteht auf der Seite des Konsums. Nur durch Verkauf seiner Arbeitskraft kann der Produktionsmittellose am Konsum teilhaben, an dem er jedoch auch teilhaben muss, will er über Konsum seine Arbeitskraft wieder herstellen: Arbeiten gehen, um Arbeiten gehen zu können. Die Aufrechterhaltung dieser Hamsterrad-Logik ist auch zentrales Interesse der Herrschenden, weswegen “Arbeit” ungebrochen im Zentrum herrschender Ideologie steht, der sich nicht selten auch Linke anschließen.
Wichtig ist nun: Alle Beteiligten, ob Herrschende oder Beherrschte, reproduzieren durch ihr Tun den subjektlos ablaufenden totalitären Verwertungszusammenhang, in dem sie die strukturellen Zwangsvorgaben erfüllen. In diesem Sinne gibt es keine “Schuldigen” oder “Unschuldigen”, das individuelle Handeln ist innerhalb der gegebenen Grenzen subjektiv funktional. Die kapitalistische Verwertung ist so angelegt, dass man sich nur auf Kosten anderer behaupten kann – das Maß unterscheidet sich bei Herrschenden und Beherrschten gewiß erheblich. Doch entscheidend ist diesem Zusammenhang: Der Kapitalismus ist kein “steuerbares” System, es steuert sich selbst durch einen Wertvermehrungs-Automatismus, der keinen Winkel der Erde und keinen Raum des individuellen Rückzugs ungeschoren läßt - ein wahrhaft totalitäres System.
Dieses amoklaufende totalitäre Wertverwertungssystem kann nur abgeschafft, die “schöne Maschine” kann nur abgeschaltet werden. Die Alternative zur Steuerung der Menschen durch einen Sachzusammenhang ist die Steuerung aller Sachzusammenhänge durch die Menschen. Die totale Bestimmung der Menschen durch den Wert wird abgelöst durch die Bestimmung aller Angelegenheiten der Menschen durch die Menschen selbst. Nur so – und nicht anders – sind die Verheerungen des monströsen Kapitalismus wieder in lebbare Verhältnisse umkehrbar – in Natur wie Gesellschaft. Die selbstbestimmte Entfaltung jedes Einzelnen ist kein freundlicher Wunsch, sondern unabdingbare Rettungsvoraussetzung der Menschheit.
Oft wird eingewandt: “Warum soll die Entfaltung des Einzelnen die Rettung bringen – wird dann nicht nur alles schlimmer? Die Menschen sind nun mal egoistisch, faul, xxx” (xxx = nach Belieben aufzufüllen). Das ist ein großer Unfug. Kein Mensch ist “nun mal” so oder so. Die Menschen verhalten sich unter den gegebenen Bedingungen so, wie es ihnen das sich selbst reproduzierende Wertverwertungssystem nahelegt, so, wie sie meinen, unter den gegebenen Bedingungen über die Runden zu kommen. Unter kapitalistischen Bedingungen heißt dies strukturell: Ich kann mich nur behaupten, wenn ein anderer es nicht kann, ich kann mich nur auf Kosten anderer durchsetzen. Oder wie es der (damalige) US-Vorstandsvorsitzende von Daimler-Chrysler, Robert J. Eaton, formuliert: “Die Schwachen müssen sich verändern, oder sie werden sterben.” (junge Welt, 8.7.99)
Und im Kapitalismus kann es nicht nur Starke geben, der aktuelle Starke ist der nächste Schwache – wie auch Eaton erfahren musste, der inzwischen von seinen deutschen “Partnern” abserviert wurde (woran er jedoch gewiß nicht zugrunde geht).
Selbstentfaltung dagegen vollzieht sich niemals auf Kosten anderer, sondern setzt die Entfaltung der anderen Menschen notwendig voraus, da sonst meine Selbstentfaltung begrenzt wird. Im eigenen Interesse habe ich also ein unmittelbares Interesse an der Selbstentfaltung der anderen. Diese Vision läuft unseren heutigen Bedingun-gen, unter denen man sich eingeschränkt nur auf Kosten anderer durchsetzen kann, total zuwider. Die unbeschränkte Selbstentfaltung des Menschen ist unter den Bedingungen der totalitären “schönen Maschine” undenkbar. Selbstentfaltung schließt Fremdbestimmung – seien es sachliche oder soziale Zwänge – aus. Wenn alle abstrakten, gleichgültigen, subjektlosen Zwänge verschwinden, ist der alleinige Maßstab des Handelns die individuellen Bedürfnisse der Menschen. Ohne abstrakten Markt liegen sie wieder direkt im Zugriff der Menschen. Mich unter diesen Bedingungen auf Kosten anderer durchzusetzen, schadet mir unmittelbar selbst – denn der andere ist nun ohne vermittelnden Markt meine unmittelbare Lebensbedingung. Und wer will mit einem “Arsch” noch etwas zu tun haben? Das Handeln des anderen ist für mich direkt relevant, es gibt keine Umwege mehr, keiner ist mehr käuflich. Positiv gedacht bedeutet das: Da ich “auf Kosten” anderer nichts mehr erreichen kann, liegt es nahe, alles in Kooperation mit anderen im gemeinsamen Interesse zu tun. In einer frei-en Gesellschaft erst kann die Kooperation ihre schier unbegrenzten Potenzen entfalten. Die eigene und die kooperative Entfaltung bedingen einander, treiben sich gerade zu an.
Es wird klar, dass alle kooperationswidrigen und individuell beschissenen und behindernden Bedingungen aus der Welt geschafft werden. Und das ist auch möglich, denn niemand muss mehr Profit realisieren, um ein Bedürfnis zu erfüllen. Endlich können ich die Menschen unbehindert und undirigiert durch die außer Kontrolle geratene “schöne Maschine” den Problemen der Welt, die nun ihre Probleme sind, zuwenden. Die Aufhebung der Marktabstraktion bedeutet nämlich auch, dass alle Probleme wieder näher heranrücken. Es gibt keine abstrakte Instanz mehr, die “verantwortlich” ist. Jeder selbstbestimmt handelnde Mensch in einer freien Gesellschaft trägt unmittelbar Verantwortung für sein Tun.


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