Offener Raum

FREIWIRTSCHAFT UND ZINS

Freiwirtschaft und andere Verbände


1. Zitate
2. Günter Hannich
3. Kritiken
4. Freiwirtschaftsdenken in anderen politischen Bewegungen
5. Freiwirtschaft und andere Verbände
6. Texte über Gesell aus der Freiwirtschaftsszene
7. Links und Materialien

Die eigentlich recht kritische Jugendumweltzeitung "Kritische Masse" bringt in ihrer 55. Ausgabe im Juli 2005 einen Schwerpunkt zum Thema "Geld". Darin wird sehr naiv die Theorie der Freiwirtschaft verbreitet ohne jegliche Kritik. Selbst die Gesell'sche Lehre vom notwendigen Wirtschaftsaufschwung wird übernommen - und die Redaktion blickte offenbar nicht, was sie da schrieb. Der auch in rechten Kreisen agierende Helmut Creutz wird positiv und ohne weitere Informationen als "Experte" bezeichnet. Weitere Auszüge von Seite 10 ff.:
Jeder von uns arbeitet jedes Jahr über vier Monate nur für Zinsen ... Hier tickt eine Zeitbombe! ... das eigentliche Problem ist nicht die ungleiche Verteilung, sondern das sich selbst beschleunigende Auftürmen der immer grösseren Schuldenberge den den Zinseszinseffekt. Und der verläuft nicht linear, sondern exponentiell ... so funktioniert die Atombombe. Und so breitet sich auch Krebs aus! ... Heute reicht das Wirtschaftswachstum nicht mehr aus, um die steigenden Zinslasten zu schultern. Deshalb fehlt jetzt überall das Geld! ... jetzt versteht Ihr vielleicht besser, wie die Arbeitslosigkeit entsteht ... Was spricht eigentlich dagegen, die Prinzipien der öffentlichen Ordnung und die Logik des freien Wettbewerbs auch für das Geld einzuführen? ... Die fortschreitende Konzentration von immer mehr Kapital in wenigen Händen würde gestoppt ...
Halten wir mal folgendes fest: Viele der aktuellen und akuten Kriesenerscheinungen - auch die Probleme bei der krankenversicherung und Rentenversicherung, die zunehmende Armut von Familien mit Kindern, die Ausbeutung der Natur und vieles andere mehr - alle diese furchtbaren Entwicklungen haben einen gemeinsamen Nenner: Es ist der Mechanismus des Zinseszinses, der uns alle wie eine tickende Zeitbombe bedroht. Es ist höchste Zeit, dass wir diese Bombe endlich entschärfen!


  • Ähnlich wie der oben abgedruckte Text in der Contraste rief auf ein "Offener Brief" an die Kritische Masse aus der Redaktion dieser Zeitung wüstes Abwehrgehabe hervor. Nicht die Freiwirtschaftstheorien und die peinliche eigene Recherchequalität werden diskutiert, sondern dass da jemand sich erlaubt hat, Kritik zu äußern. Wie entpolitisiert sind solche Zeitungsprojekte eigentlich ... der "Offene Brief", Antworten und mehr Infos auf Indymedia.

Mehr Demokratie und Freiwirtschaft
Schon seit langem gibt es viele Überschneidungen zwischen Freiwirtschaftsfunktionären und dem Verein Mehr Demokratie e.V. Roland Geitmann und Thomas Mayer sind in beiden Organisationen aktiv.

Aus dem Programm der Jahrestagung 2007 von Mehr Demokratie e.V. (auch dabei: Anthroposophie-Funktionäre)
Lässt sich das Geldwesen demokratieverträglich gestalten? Prof. Dr. Roland Geitmann, Kehl ...
Möglichkeiten bürgerschaftlicher Einflussnahme bei staatlichen und privaten kommunalen Einrichtungen. N.N., GLS-Bank ...
Wirtschaftliche Ungleichheit und ihre Auswirkungen auf die Einflussnahme-Chancen in der Demokratie. Dr. Christoph Strawe, Sozialimpulse, Stuttgart
Ohne eine Neubestimmung des Geldwesens bleibt die Demokratie Spielball der Wirtschaft. Johannes Stüttgen, Unternehmen für Kunst und Wirtschaft erweitert, Düsseldorf


Im Original: Pro Marktwirtschaft
Auf die Kritik, dass die Reduzierung auf Zinsabschaffung eine verkürzte Kritik ist, erschien eine interessante Antwort von Josef Hüwe im CGW-Rundbrief 4/05 (S. 7), in der die Förderung der Marktwirtschaft als Ziel genannt und die Zinsabschaffung relativ wird - da bliebe dann kaum noch was übrig ... der Text:
Zinskritik falsch verstanden?
Eine Antwort auf Uli Frank: Die Zinskritik täuscht ein Patentrezept vor, Rundbrief 05/3
Uli Frank versteht unter Zinskritik offenbar pauschal eine wörtlich zu nehmende Forderung einer Abschaffung des Zinses, wenn er zum Beispiel schreibt: "Das kann nicht über Abschaffungsszenarien von oben geschehen..." (S. 24, rechte Spalte).
Reformen im Sinne der Freiwirtschaftstheorie zum Beispiel, die Schaffung besserer marktwirtschaftlicher Rahmenbedingungen, würden aber keine völlige Abschaffung des Zinses ergeben, sondern eine Minimierung der Zinsgewinne, im günstigsten Falle bis auf null, im Falle neuer Erfindungen und neuer Kapitalarten auch immer mal wieder vorübergehend nur bis auf einen niedrigen positiven Wert. Andere geringe Zinsbestandteile, wie Bankgebühren und Risikoprämien, wären ohnehin weiterhin zu zahlen. Auch bliebe die Kapitallenkungsfunktion des Zinses erhalten.
Die Schaffung von "WERT" durch Zins wäre nicht völlig ausgeschlossen, nur in weit geringerem Umfang als bisher möglich, im Rahmen wahrer Marktverhältnisse und nicht, wie heute, primär aufgrund von Privilegien, d.h. einer Vormachtstellung des Finanzkapitals, das dem realen Markt und jeglicher sozialer Verantwortung entzogen werden kann, wenn Zinsen und Renditen als "zu niedrig" angesehen werden.
Um systemwidrige Manipulationen an Wertbestandteilen handelt es sich im Falle der freiwirtschaftlichen Reformen nicht, sondem "nur" um Gewährleistung marktgerechter Zinsen unter (heute eben nicht gegebenen) fairen Rahmenbedingungen, um ordnungspolitische Korrekturen. Nicht die Geldumlaufgebühren selbst, wie sie nach der Freiwirtschaftstheorie vorgesehen sind, bewirken ein Sinken des Zinsniveaus, sondern Marktverhältnisse - im Zuge ständiger Kapitalvermehrung und zunehmender Bedarfsdeckung.
Was die Bodenzinsen (Bodenrenten) betrifft, die Frank allerdings nicht anspricht, so werden auch sie nicht abgeschafft. Sie fließen in Form von Pachterlösen dem Staat zu, der sie zum Beispiel gleichmäßig auf alle Staatsbürger verteilen soll.
(Ob man in den freiwirtschaftlichen Reformen eine Überwindung oder lediglich eine Zähmung des Kapitalismus sieht oder eine Marktwirtschaft ohne Kapitalismus, ist letztlich unwichtig - ein müßiger, auf unterschiedlichen Kapitalismusdefinitionen beruhender Streit.)
Leider haben die Nationalstaaten im Zuge der Globalisierung jegliche Kontrolle des Finanzkapitals aus der Hand gegeben und diesem damit unter völliger Missachtung des Gleichheitsgrundsatzes weit mehr Freiheit gewährt als sie der Produktionsfaktor Arbeit ausüben kann: Unternehmer und Arbeiter können nicht einfach so mir nichts dir nichts die nationalen Standorte wechseln.
Immerhin hat sich die Europäische Union im Vertrag von Maastricht die Einführung von Kapitalverkehrskontrollen vorbehalten. Es gibt also durchaus noch eine Instanz, die zumindest auf europäischer Ebene eine politische Lösung im Sinne freiwirtschaftlicher Reformen durchsetzen und kontrollieren könnte, solange nicht eine weltweit geltende Rahmenrechtsordnung geschaffen wird, die der globalen Wirtschaft ein menschliches Gesicht verleiht, was schon vor Jahren UN-Präsident Kofi Annan gefordert hat.
Nichts gegen Bemühungen um eine Neugestaltung der gesellschaftlichen Grundstruktur, um eine neue Struktur jenseits der Geldlogik. Dabei sollte aber nicht vergessen werden: Wesentlich schneller als die Menschen im allgemeinen ein entsprechendes Umdenken leisten können, dürfte das heutige Wirtschaften unter der Vorherrschaft des Finanzkapitals die Menschheit in katastrophale Verhältnisse stürzen. Daher sollte alles versucht werden, Vorschläge zur Zähmung des Kapitalismus, zur Verbesserung der marktwirtschaftlichen Rahmenbedingungen, zu verbreiten und durchzusetzen, womit nicht gesagt sein soll, dass es sich bei den freiwirtschaftlichen Reformen um ein Allheilmittel handelt.


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