Offener Raum

AKTIONSIDEEN GEGEN DIE UNIFORMIERTE ORDNUNG

Zwangsmittel der Polizei und der Umgang damit


1. Zwangsmittel der Polizei und der Umgang damit
2. Gut vorbereitet sein!
3. Einzelne Aktionsideen und -tipps
4. Berichte
5. Vorladung
6. Argumente für weniger oder die Abschaffung der Polizei
7. Dokumente, Links und mehr

Je nachdem, wie die Polizei eine Lage einschätzt oder welche politischen Ziele sie durchsetzen soll, wird es nicht bei Kontrollen bleiben, sondern die Polizei wird Anweisungen erteilen. Solange kein Verdacht auf eine Straftat vorliegt, bewegen sich die Truppen der Uniformierten dabei immer auf dem geltenden Polizeigesetz oder auch Spezialrecht, z.B. dem Versammlungsgesetz. Dabei steht der Begriff einer Gefahr im Mittelpunkt. Die Polizei ist berechtigt, einzuschreiten, um eine Gefahr abzuwenden – von anderen Personen, von der Allgemeinheit (wer auch immer das ist) oder wenn sich die Person selbst gefährdet. Dabei muss immer abgewogen werden, wie groß und wie wahrscheinlich die Gefahr ist – und ob die jeweils angewendeten Zwangsmittel noch dieser Gefahr entsprechen. Einfache Anweisungen oder Kontrollen dürfen schon bei geringer Wahrscheinlichkeit einer Gefahr vorgenommen werden, Platzverweise oder gar Festnahmen sind nur bei größeren Gefahren zulässig. „Eine ‚Gefahr’ liegt nach allgemeiner Ansicht vor, wenn eine Sachlage oder ein Verhalten bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens mit Wahrscheinlichkeit ein polizeilich geschütztes Rechtsgut schädigen wird“ (BGH-Urteil III ZR 9/03). Am Beispiel einer Überwachung zeigt der Bundesgerichtshof, dass bei erheblichen Grundrechtseingriffen auch eine erhebliche Gefahr vorliegen muss: „Da der verdeckte Einsatz technischer Mittel in oder aus Wohnungen einen erheblichen Grundrechtseingriff darstellt und dementsprechend nur aus gewichtigen Gründen verfassungsgemäß ist, ist für ihn eine - gegenüber Maßnahmen der polizeilichen Generalermächtigung - gesteigerte Gefahr erforderlich. Die Maßnahme muß zur Abwehr einer "unmittelbar bevorstehenden Gefahr" erforderlich sein. Diese zeichnet sich durch eine besondere zeitliche Nähe und ein gesteigertes Maß der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts aus: Der Schaden muß in allernächster Zeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eintreten.“ Einfach drauflos handeln ist dabei für die Polizei nicht – eigentlich. „Nach ständiger Rechtsprechung des Senats hat jeder Inhaber eines öffentlichen Amtes bei der Gesetzesauslegung und Rechtsanwendung die Gesetzes- und Rechtslage unter Zuhilfenahme der ihm zu Gebote stehenden Hilfsmittel sorgfältig und gewissenhaft zu prüfen und danach aufgrund vernünftiger Überlegungen sich eine Rechtsmeinung zu bilden. ...“

Polizeiliche Anweisungen
Hierzu gehören der Platzverweis (siehe unten), aber auch weniger einschneidende Aufforderungen, irgendwo nicht hinzugehen, Amtshandlungen nicht zu stören, weiterzugehen, etwas zu unterlassen oder was auch immer. Das ist keine Inhaftierung und kein polizeilicher Zwang. Allerdings kann Nichtbefolgung direkt darin münden, wobei die Nichtbefolgung als Begründung der Polizei dann oft reicht. Formulierungen wie „Bitte ...“ oder „Gehen Sie jetzt freiwillig?“ sind nur Floskeln. Grammatikalisch zwar kein Befehl und daher eigentlich etwas, was mensch nicht befolgen muss - im Polizeideutsch aber anders gemeint. Jedoch kann allein das schon Ansatz für politisierende Fragen über Machtverklärung oder für Straßentheater sein.

Platzverweis
Die Polizei weist an, einen bestimmten Bereich zu verlassen. Sie muss dabei genau sagen, welchen Bereich sie meinen und für welchen Zeitraum er gelten soll. Nicht nötig ist die schriftliche Form – nichtsdestotrotz kann mensch darauf bestehen. Oft sind Platzverweise sehr ungenau, also für große, nur ungefähr abgegrenzte Gebiete oder ohne klares Ende der Gültigkeit. Solche Platzverweise sind rechtswidrig und würden nach einem Widerspruch bei der Polizei oder spätestens beim Gang vor das Verwaltungsgericht kassiert. Doch leider nützt das in der Situation nicht: Für die Polizei ist auch ein rechtswidriger Platzverweis funktional. Sie wollen ja nicht legal handeln, sondern Dich weghaben. Auch ein rechtswidriger Platzverweis muss befolgt werden. Wer nicht geht, kann in Gewahrsam genommen werden. Dafür braucht es zwar eigentlich einen zusätzlichen Grund z.B. der Gefährdung öffentlicher Ordnung – aber auch hier gilt: Was juckt es die Polizei, wenn hinterher ein Gericht feststellt, dass sie das nicht hätte tun dürfen. Die Rechtslage ist so, dass es für das konkrete Handeln gleichgültig ist, ob sich die Polizei an Recht hält oder nicht. Das weiß sie.

Aktionsideen zum Platzverweis:
  • Alles genau sagen lassen, auf Stadtplan erklären lassen
  • Fläche abgrenzen: Bauabsperrband, Kreidelinie, Schilder

Polizeikessel
Ein Polizeikessel ist formal wie eine Zelle - Ihr seid in einem Kessel bereits festgenommen, denn Ihr könnt Euch nicht mehr frei bewegen. Daher gilt das, was für die Festnahme (Inhaftierung, vorläufige Festnahme, Gewahrsam) gilt, auch hier. Ob die Polizei das allerdings auch so sieht, ist nicht sicher.
Eigentlich logisch, aber die Polizei agiert trotzdem oft so absurd: Der Polizeikessel ist unvereinbar mit Platzverweisen oder Versammlungsauflösungen. Die beiden Letzteren sind nämlich die Anweisung, sich zu entfernen, der Polizeikessel jedoch das Gegenteil davon. Ein Polizeikessel ist deshalb auch direkt nach Platzverweisen oder Versammlungsauflösungen nicht ohne zusätzliche Gründe möglich, da er ja verhindern würde, das die Betroffenen sich ordnungsgemäß verhalten.
Reicht das alles nicht, kann die Polizei – so die Gefahr ausreichend groß ist – eineN auch mitnehmen. Unterbindungsgewahrsam heißt das Zauberwort, mit dem eine Gefahr abgewehrt werden kann. Mensch sitzt in der Zelle, weil die Polizei denkt, nur so eine bevorstehende Straftat oder erhebliche Gefahr abwenden zu können. Ein unfreiwilliger Besuch auf der Wache kann aber auch aus anderen Gründen erfolgen ...

Aktionsideen zum Kessel:
  • Sport und Spiel aus dem ganzen machen, z.B. Touch-Down wie beim Football durch Polizeireihe, Plumpssack geht rum (von außen) usw.
  • Alles, was Spaß macht, im Kessel: Singen, Tanzen, Streetparty, Akrobatik
  • Wenn der Kessel zu Festnahmen und Personalienfeststellungen führen soll: Diese Maßnahmen torpedieren, z.B. Personalausweisquartett spielen. Dadurch kommen alle Ausweise durcheinander und die Polizei muss später zusortieren ... auch daraus können wieder theatralische oder spielerische Umsetzungen erfolgen!
  • Solange noch Möglichkeiten bestehen, im Kessel Vermittlung weitermachen: Redebeiträge, Theater – vor allem wenn das draußen mitverfolgt werden kann.
  • Wenn es nötig erscheint (wegen Fahndungsinteresse der Polizei): Kleidung tauschen, Aussehen verändern.
  • Was schon mal geklappt hat: Seriös aussehende Person/Pärchen/Familie zeigt sich gegenüber der Polizei als AnwohnerInnen, Hotelgäste der Nähe u.ä. und sei versehentlich in den Kessel geraten – eventuell fremdsprachig auftreten. So wichtige Sachen nach draußen bringen, z.B. Pressehandy.

Immer aktionsfähig sein: Die„Standard“-Ausrüstung
Es ist gar nicht nötig, auf Demonstrationen zu gehen oder auf Events zu warten, um politisch aktiv werden zu können. Herrschaft durchzieht die Gesellschaft bis in den letzten Winkel. Patriarchale Logiken, Zweigeschlechtlichkeit, Rassismus, Erziehung und Kinderdiskriminierung oder rechte Ideologien prägen den Alltag. Wer aufmerksam durch den Tag wandelt, wird immer genug Situationen finden, um Unterdrückung zu kritisieren. Wer die Umgebung intensiv „abscannt“, bemerkt tausend Stellen, an denen kleine Zeichen gegen das genormte Dasein hinterlassen werden können. Diese grundsätzliche Aufmerksamkeit ist einer der wichtigsten „Ausrüstungsgegenstände“ für den Widerstand im Alltag. Dazu kommt, sich gezielt Aktionstechniken anzueignen, um diese situationsbezogen einsetzen zu können - zum Beispiel um mittels verstecktem Theater in Kommunikation eingreifen zu können. Daneben lohnt es sich, immer auch so ausgerüstet zu sein, dass Dir viele Handlungsmöglichkeiten offen stehen. Also immer eine Direct Action-Tasche dabei zu haben bzw. im Rucksack ein Fach für Aktionsmaterialien.
  • Ein paar Dinge, die dazu gehören könnten, erfahrt Ihr mehr auf der Extra-Seite

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