Offener Raum

BETEILIGUNGSRECHTE UND -MÖGLICHKEITEN: PLANUNGEN, PARLAMENTE, PROZESSE

Kommunalpolitik


1. Allgemein bzw. alle Beteiligungsformen
2. Beteiligung an Planungen
3. Besonderheiten und Privilegien für anerkannte Umweltverbände
4. Kommunalpolitik
5. Bürger innenentscheide, Volksbegehren und -abstimmung
6. Naturschutz und Eingriffsregelung
7. Beteiligungsregelungen in und um Gießen
8. Buchvorstellungen zum Themenbereich

Viele Entscheidungen über die Gestaltung von Dörfern, Städten und den Landschaften zwischen ihnen fallen auf der kommunalen Ebene, also in den Städten/Gemeinden oder den Landkreisen, die ebenfalls zur sogenannten kommunalen Ebene gehören und in vielen Aufgabenbereichen wie eine Art Zusammenschluss der jeweils dazugehörigen Gemeinden agiert. Oft sitzen die Bürgermeister_innen auch im Kreistag, andere sitzen in Gemeinde- und Kreisparlamenten. Von Müllentsorgung über soziale Dienste bis zum Nahverkehr reicht die Spanne dessen, was Kreise machen. Zudem vertreten sie die kommunale Ebene oft in übergreifenden Strukturen, z.B. in regionalen Planungen.

Kommunale Planungshoheit
Unter diesem Wortgetüm ist die, sogar verfassungsrechtlich verankerte Zuständigkeit der Gemeinden für die Nutzung der Flächen zu verstehen. Zentraler Steuerungsprozess ist die Bauleitplanung: Sowohl der flächendeckende Flächennutzungsplan als auch die genaueren Bebauungspläne werden durch Kommunen selbst aufgestellt - einschließlich etwaiger Begleitpläne zu Naturschutzfragen und anderen Themen (siehe oben). Auf der Grundlage der Pläne entstehen dann z.B. konkrete Bauten, bei denen die Bauaufsicht (meist beim Landkreis) überwacht, ob diese den gemeindlichen Planungsvorgaben entsprechen.
Das ist die Theorie. In der Praxis zeigt sich oft ein anderes, versteckteres Bild. Realpolitik spielt sich vor allem über Geld und Personal ab. Wo Institutionen oder bestimmte Ausrichtungen in ihnen mit mehr Bediensteten gestärkt werden, entwickeln diese auch mehr Durchsetzungskraft. Werden Stellen gestrichen, ist hingegen schnell Schluss mit der Umsetzbarkeit politischer Programmatik oder restriktiver Kontrolle. Gleiches gilt für Geld: Was gefördert wird, wird (meist) auch gemacht. Wo Geld fehlt, verkümmern Politikbereiche. Da die Finanzkraft von Bundes- und Landesebene sowie von Unternehmen größer ist als die der Kommunen, strecken die sich mit ihren Entscheidungen regelmäßig nach bestehenden Geldquellen. Ihre verfassungs- und planungsrechtliche Selbständigkeit steht so vor allem auf dem Papier. Die Kämpfe vieler Kommunen um Ansiedlung von Gewerbe ruinieren die Gemeindefinanzen und füllen die überquellenden Konten vieler Firmen, die von der Mischung aus Fördergeldern, Preisnachlässen und gemeindlich finanzierter Planung für ihre Belange profitieren.

Parlamente und Ausschüsse
Formal fallen die Entscheidungen in den gewählten Parlamenten. Bei großen Städten gibt es mitunter noch eine Ebene unterhalb des für die ganze Stadt tätigen Stadtraten. Bebauungspläne werden dann mitunter in den Bezirksräten beschlossen, während der Stadtrat den übergreifenden Flächennutzungsplan für die ganze Stadt beschließt. In kleineren Gemeinde gibt es mitunter Ortsbeiräte, die aber in der Regel nur beratend tätig sind. Die Modelle sind aber von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich - einzelne Länder (z.B. Schleswig-Holstein) kennen gar keine Eingemeindungen. Dort beschließen auch kleine Dörfer noch selbst ihre Bebauungspläne, bedienen sich aber mangels eigener Hauptamtlicher gemeinsamer Verwaltungseinrichtungen.

Je nach Kommunalverfassung (gilt jeweils bundeslandweit) sind die genauen Abläufe gemeindlicher Gremienbildung und Entscheidungsfindung unterschiedlich. Im Kern steht immer das gewählte Parlament. Die Spitze der Verwaltung ist entweder personenidentisch mit der politischen Führung (Bürgermeister_in als Chef_in von allem) oder geteilt (z.B. Stadtdirektor_in neben Bürgermeister_in). Nicht alles, was die Verwaltungen von Städten, Gemeinden oder Kreisen tun, fällt aber unter die Zuständigkeit der Parlamente. Es gibt sogenannte übertragene Wirkungskreise, d.h. die eigentlich kommunalen Strukturen führen Tätigkeiten im Auftrag von Bundesländern (bzw., wo es sie gibt, den Bezirken) oder des Bundes aus. Dann unterstehen die handelnden Personen bei diesen Tätigkeiten nicht den Parlamenten, sondern denen, in deren Auftrag sie handeln. Zudem haben die Länder bzw. Bezirke Aufsichtsfunktionen über die kommunal Tätigen - auch das bringt einige Einschränkungen in der kommunalen Planungshoheit.

Regelmäßig bilden Parlamente sogenannte Ausschüsse. Sie werden nach Themenschwerpunkten festgelegt und können deshalb über Vorhaben und Entscheidungen intensiver diskutierten als die Parlamente mit ihren langen Tagesordnungen. Sie stimmen auch ab. Obwohl das nur beratenden Charakter hat, bilden sich hier meist schon die endgültigen Machtverhältnisse aus. Denn die formalen und öffentlich sichtbaren Gremien sind nur ein Teil des politischen Apparates. Viele intransparente Zirkel, Seilschaften und professionelle Player nehmen Einfluss oder sind die eigentlichen Orte, an denen Planungen und Entscheidungen organisiert werden. Meist braucht es aber noch der Absegnung durch die parlamentarischen Gremien, was zumindest eine Öffentlichkeit schafft.

Zuhören und Fragen stellen
Wer nicht gewählt ist, hat keine oder kaum Rechte in Parlamenten und Ausschüssen. Manchmal gibt es Fragestunden - und einige kleine Ortsbeiräte oder Ausschüsse lassen auch schon mal Außenstehende etwas sagen. In einigen Bundesländern können die Parlamente auch Bürger_innen in die Ausschüsse entsenden, die nicht zum Parlament gehören.
Wer all solche Möglichkeiten nicht hat oder findet, kann wenigstens zuhören - oder selbst Kontakte aufbauen zu Parlamentarier_innen und die mit Ideen für Anfragen oder Anträge füttern.

Kommunale Handlungsfelder
Kreise und Gemeinden planen nicht nur, sie sind für sehr vieles zuständig, was lokale Politiken und die Daseinsvorsorge betrifft. Sozialpolitik, Energieversorgung, Nahverkehr und vieles mehr sind Entscheidungen der Gemeinden und Kreise - wenn auch unter der Leitlinie von Gesetzen und Regionalplanung sowie unter der Knute finanzieller Zuckerbrote und Peitschen.


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