Offener Raum

ÖKONOMIE OHNE ZWANG UND UNTERDRÜCKUNG

Eine andere Produktionswelt ist möglich!


1. Herrschaftsfrei wirtschaften
2. Eine andere Produktionswelt ist möglich!
3. Klarstellung: Emanzipation ist etwas anderes als (Neo-)Liberalismus
4. Möglichkeiten und Grenzen dezentraler Wirtschaftsformen
5. Links und Materialien

Also: Auch wenn es keinen Druck mehr gibt, hart zu arbeiten (oder so zu tun, als wünsche man sich nichts sehnlicher), wird es Brot, Häuser und Kleidung geben. Die Annahme, dass sich dann alle Menschen nur faul in die Hängematte legen, entspräche einem sehr pessimistischen und merkwürdigen Menschenbild, das historisch jedoch vielfach widerlegt wurde und im Alltag auch ständig widerlegt wird. Unter den jetzigen Bedingungen ist die Faulheit geradezu eine notwendige Folge von Zwang und Stress. Unter anderen Bedingungen zeigen sich andere Möglichkeiten: Spaß an Kreativität und aktivem Tun (das Kindern derzeit leider frühzeitig und mühsam abgewöhnt wird) werden wieder hervorquellen. Auffallend ist, dass eine neue Vergesellschaftung - auch wenn sie moderne Technik als Grundlage nutzt - tatsächlich gleichberechtigte Beziehungen voraussetzt und selbst wieder erzeugt. Es entstehen neue Beziehungen und Verhältnisse, die an der Selbstentfaltung des Menschen und nicht an der Selbstverwertung des Werts orientiert sind.

Wem gehören die Produktionsmittel?
Eine horizontale Welt, in der alle Menschen gleiche Möglichkeiten haben und keine Hierarchien bilden, verträgt Privilegien nicht. Eigentum ist ein Privileg, denn es sichert den Zugriff auf eine Ressource, den gleichzeitig andere nicht haben. Wäre Eigentum gleich verteilt, würde sich diese ausgrenzende Wirkung nur wenig auswirken. Es ist aber ein stetes Merkmal des Eigentums im Kapitalismus, kauf- und verkaufbar zu sein. Damit lässt es sich akkumulieren, d.h. durch Kauf oder unmittelbaren Zwang können einige immer mehr Eigentum anhäufen, während andere es verlieren oder auf einem niedrigen Stand hängenbleiben.
Von besonderer Bedeutung ist das Eigentum an Produktionsmitteln, also an solchen Ressourcen, mit denen wiederum andere Produkte hergestellt werden können: Maschinen, Boden, Patente usw. Werden sie akkumuliert, entsteht eine systematische Ungleichheit bei der Fähigkeit, Handlungsmöglichkeiten zu entwickeln. Wer keine Produktionsmittel besitzt, muss sich selbst an diejenigen verkaufen, die solche besitzen - um zu überleben.

Als Beispiel mag eine moderne Form des Produktionsmittels dienen, der Erlaubnis, Luft zu verschmutzen. Diese existiert - propagandistisch verschleiert als Umweltschutzmaßnahme - in Form von Zertifikaten mit der Währungseinheit von CO2-Äquivalenten, d.h. es darf nicht nur CO2 herausgeblasen werden, sondern auch andere Gase, die dann in ihrer Menge auf CO2 umgerechnet werden. Solche Erlaubnisscheine zur Luftverschmutzung sind Produktionsmittel, weil nur sie bestimmte industrielle Prozesse, Energiegewinnung usw. ermöglichen - wie eine Maschine oder Landbesitz.
Wären diese Zertifikate gleichmäßig verteilt z.B. auf alle Menschen dieser Welt, so würde sich zumindest anfänglich keine große Ungleichheit auftun. Die Zerfikate stellten kein Privileg dar. Wären sie zudem unverkäuflich, so würde das sogar auf Dauer so bleiben. Zwar bliebe die problematische Inwertsetzung der Luft, aber die Folgen wären beschränkt.
Doch - sicherlich kein Zufall - das Modell der Zertifikatevergabe fiel ganz anders aus. Sie wurden den Industrien geschenkt - und zwar denen umso größere Mengen, die die Luft bereits stark belasteten. So erhielten die Firmen in Industrienationen von Beginn an die größten Anteile. Zusätzlich sind die Zertifikate noch frei handelbar. Das geschieht inzwischen auch über die Börsen. Nun können sie also akkumuliert werden, d.h. es steht zu erwarten, dass das Recht, Luft zu verschmutzen, am Ende bei wenigen Konzernen zentralisiert ist und sie nun sogar formal einwandfrei ihre wirtschaftliche Hegemonie ausbauen können.

Eine denkbare Lösung wäre, die Produktionsmittel unter z.B. staatliche Aufsicht zu stellen. Dieser Weg ist schon in vielen Ländern eingeschlagen worden - mit fatalen Ergebnissen. Verstaatlichung führt weder zur Steigerung von Produktivkraft noch automatisch zu gerechterer Verteilung. Erst recht befreit es die Einzelnen nicht aus der großen Maschine und dem Zwang, sich selbst zu verkaufen statt frei zu entfalten. Das war auch nich anders zu erwarten. Wie bereits in den Texten zur Herrschaftsanalyse gezeigt, schafft Kontroll- und Verwaltungstätigkeit immer Privilegien, die den Ge- und Missbrauch von Macht fördern.

Also bleiben noch zwei Wege, den der Dezentralisierung von Macht und Eigentum, z.B. in Form kleiner wirtschaftlicher Einheiten oder Gemeinschaftsbesitz (Commons), und den der Abschaffung von Eigentum - zumindest an Produktionsmitteln. Beide bedeuten nicht, dass Wirtschaften nur noch im Kleinen vor sich geht. Verändert werden die Bedingungen. Der Zugriff auf Menschen, Land und Rohstoffe erfolgt nicht mehr über administrative und wirtschaftliche Macht und auch nicht mehr mit dem Ziel der Inwertsetzung. Riesige, billig organisierte Transporte über große Entfernungen mögen profitabel sein, sie bleiben aber aufwändig. Es ist daher zu erwarten, dass sich der globale Fluss von Rohstoffen und Produkten auf das beschränkt, was den Menschen nützt und für diese in einem sinnvollen Kosten-Nutzen-Verhältnis steht. Denn niemand kann mehr erzwungenerweise auf Land und Leute zugreifen.
Sehr praktisch ist da, dass vieles keiner globalen Stoffkreisläufe bedarf. Diese kommen heute nur vor, weil diese profitabler sind. Nötig sind sie nicht.

Eine emanzipatorische Umgestaltung muss Alternativen zu Markt und zum Staat entwickeln, denn beide haben wenig mit den Menschen und ihrer Selbstermächtigung zu tun. Die gesellschaftliche und damit auch die ökonomische Macht gehört direkt in die Hände der Menschen und ihrer freien Zusammenschlüsse. Solange der Kapitalismus noch das Geschehen prägt, lassen sich wirtschaftliche Tätigkeiten und die Verwaltung von Gemeingütern als ersten Schritt in Produktions- und Versorgungsgemeinschaften verlegen, die den BürgerInnen gehören. Diese können dann später mit Verwirklichung der Utopie einer selbstorganisierten Gesellschaft ohne kontrollierenden Überbau in freie, offene Kooperationen ohne formalisierte Binnenstruktur und Außenvertretung übergehen.

Im Original: Weder Markt noch Staat
Aus Ostrom, Elinor: "Vertragen und Teilen", in: Le monde diplomatique März 2011 (S. 17)
Doch diese Gegensätze - privat gegen öffentlich, Markt gegen Staat - sind ärmlich. ...
Und als wäre dies nicht genug, hat die gängige Theorie des kollektiven Handelns die Vorstellung bestärkt, der Staat sei die einzige Alternative zum Markt. Diese Annahme unterstellt, dass freiwillige Selbstorganisation zur Bereitstellung öffentlicher Güter oder Verwaltung von Gemeinressourcen höchst unwahrscheinlich ist. Die Ökonomen empfehlen deshalb auf der einen Seite immer schnell, "der" Staat solle sich kümmern, sobald sie merken, dass marktbasierte Lösungen scheitern. Dabei fragen sie nicht, was in staatlichen Institutionen getan werden kann und muss, um diese im Hinblick auf die Bewältigung dieser Aufgaben leistungsfähiger zu machen. Auf der anderen Seite setzen Politikwissenschafdtler und Berater aber auf "Privatisierung", sobald sich zeigt, dass zentralisierte staatliche Institutionen an ihre Grenzen kommen. Auch sie mogeln sich um die Frage herum, wie konkrete Anreize zu schaffen sind, die die Beiträge und Verantwortungsübernahmen der Einzelnen verbessern.


Verteilte Rohstoffe
Viele wichtige Produktionsmittel und Rohstoffe sind weltweit gestreut. Wissen lässt sich ohnehin beliebig duplizieren, d.h. es stellt in einer herrschaftsfreien Welt keinen Mangel dar. Die heutigen Beschränkungen erfolgen aus Profitinteressen, d.h. Wissen wird in Wert gesetzt, durch Patente und Lizenzen lassen sich entsprechende Preise erzielen. Wie mit Wissen wäre es auch mit Maschinen, die sich transportieren, also bedarfsorientiert verteilen, überall nachproduzieren oder verleihen lassen.
Letztlich gilt das auch für viele wichtige Produktionsfaktoren, z.B. Energie und Land. Ursprung fast aller Energie auf der Erde ist die Sonne - hinzu kommen die problematische Energiefreisetzung bei der Zerteilung von Materie (Atomkraft), magnetische und Schwerkrafteffekte wie Ebbe und Flut sowie die Nutzung der inneren Erdwärme (Geothermie). Die Sonneneinstrahlung ist auf der Erde nicht gleichmäßig verteilt, aber fast überall so hoch, dass bei voller Nutzung (Licht, Wärme, Wind, Biomasse) ein Vielfaches der zur Zeit verbrauchten Energie bereit stände. Es bedürfte also gar nicht des Transports von Energiestoffen über große Entfernungen - zumal in einer Welt der Privilegien und hohen Machtgefälle nicht zufällig bestimmt ist, wer wem etwas abzugeben hat. Material- und Energietransporte fließen vor allem von den ohnehin Armen zu den ohnehin Reichen und vergrößern die Kluft zwischen ihnen.

Hermann Scheer, in: FR, 20.6.2009 (S. 20)
Wie sähe unsere Wirtschaftsstruktur aus, wenn alle Produktionen mittelständischer Firmen ersetzt würden durch Großkonzerne, weil diese durch Massenfertigung zu niedrigen Stückkosten kommen können? Die Wirtschaft wäre weniger innovativ, es gäbe Preisdiktate, ganze Wirtschaftsregionen würden versteppen und die Verkehrsströme zunehmen, und es gäbe weniger Arbeitsplätze. Eine nur mit erneuerbaren Energien mögliche Dezentralisierung der Stromerzeugung in vielen Händen mit einem Comeback der Stadtwerke ermöglicht überall regionale Wertschöpfung. Dieser Vorzug ist für die ökonomische Entwicklung allemal bedeutender als isolierte Energiepreiskalkulation. Die Chance der erneuerbaren Energien liegt in diesem Systemwechsel, nicht in der Kopie atomarer und fossiler Großkraftwerke.

Ausreichend verteilt sind zudem Landflächen, die zur Herstellung von Lebensmitteln geeignet sind. Dass Hunger und Armut weltweit nicht gleich häufig vorkommen, scheint dem zunächst zu widersprechen. Doch tatsächlich ist es so, dass der Mangel organisiert wird. Es wäre in allen Großregionen der Welt möglich, ausreichend Nahrungsmittel herzustellen. Fast überall geschieht das auch - und es würde für alle Menschen reichen, wenn dieser Nahrungsmittelanbau auch zugelassen würde und die Ernte den Menschen zur Verfügung stände, die dort leben. Genau das aber geschieht nicht. Stattdessen werden mit einem Riesenaufwand und hochvermachtet Lebensmittel ständig um die Welt geschafft (Verteilung ist ein Problem, nicht die Lösung!). Kriege, Vertreibung, patriarchale Unterdrückung, Zerschlagung lokaler Märkte, Umweltzerstörung, Futtermittelexporte, Nahrungsmittelanbau in Hungerländern für Überschussländer und die fahrlässige sowie, zwecks Preisstabilisierung, gezielte Vernichtung von Nahrungsmitteln sind die Gründe des Hungers. In den letzten Jahren kommt massiv die Biomasse-Produktion für Energiegewinnung oder andere industrielle Prozesse hinzu. Ohne diese Faktoren gäbe es heute ca. eineinhalb Mal so viele Nahrungsmittel, wie für alle Menschen reichen würde. Hunger ist keine Katastrophe, sondern künstlich gemacht. Es ist, strafrechtlich betrachtet, Mord - Massenmord. "Die Weltlandwirtschaft könnte problemlos 12 Milliarden Menschen ernähren. Das heißt, ein Kind, das heute an Hunger stirbt, wird ermordet.", kritisierte Jean Ziegler die Lage (Quellen: Film "We Feed the World", 2005; Artikel "Das tägliche Massaker des Hungers - Wo ist Hoffnung?" metall Nr. 5/2006). Hinzu kommt die verschwenderische Verfütterung von essbaren Pflanzen im Zuge der unnötigen oder zumindest völlig überzogenen Fleischproduktion.
Ein Wirtschaften als Inwertsetzung von möglichst allem zwecks besserer Profite wird all das noch verschlimmern. So kann die in diesem Zusammenhang stets gepriesene Gentechnik gegen Kriege und die anderen, sozialpolitischen Gründe des Mangels gar nicht helfen. Sie soll und wird das Gegenteil bewirken: Die Verknappung des Saatgutes durch gentechnische Veränderungen, Patente und Kombinationen mit Spritzmittelkauf. Michael Krawinkel, Professor an der Uni Gießen, schimpft über den "Missbrauch des Arguments, Grüne Gentechnik leiste einen Beitrag zur Hungerbekämpfung." Stattdessen leisten deren Protagonisten "der Entwicklung Vorschub, dass die Saatgut- und Agrochemiekonzerne des Nordens die Märkte hier und im Süden erobern und die dortige kleinbäuerliche Landwirtschaft verdrängen."

Andere Rohstoffe - andere Probleme. Auch bei denen, die unersetzbar, aber ungleich verteilt sind, würden das Wegfallen ständiger Inwertsetzung und der Zwang zum Profit die Lage verändern und die Selbstbestimmung der Menschen fördern. Fortan müssten freie Vereinbarungen getroffen werden mit denen, die vom Abbau der Rohstoffe, von Transporten und Produktionsanlagen betroffen wären. Das würde einen Innovationsschub für menschen- und umweltgerechte Technologien auslösen. Den wer seine wirtschaftlichen Ziele nicht mehr mit Gewalt durchsetzen kann, muss sein Handeln so verändern, dass es auf Akzeptanz stößt.

Von der Grundsicherung zu Reichtum ohne Eigentum
Ein Erfolgsrezept des Kapitalismus ist, den Menschen die Alternative zum Dasein als Rädchen in der großen Maschine der Verwertung und des Profits zu nehmen. Aus Existenznot verkaufen sie ihre Arbeitskraft und kurbeln damit das System von Ausbeutung selbst an. Kritik verstummt angesichts der eigenen Abhängigkeit. Es kann daher den Willen zur Veränderung stärken, den Menschen die Existenzangst zu nehmen. Aus diesem Grunde lohnt sich in den Industriegesellschaften der Kampf für ein Grundeinkommen - selbstverständlich ein bedingungsloses, sonst würde sich Angst und Kontrolle sofort wieder einschleichen.

Aus Christoph Spehr (2003): "Gleicher als andere", Karl Dietz Verlag in Berlin (S. 105)
Es ist von erheblicher Komik, dass Abgeordnete für sich in Anspruch nehmen, durch relativ hohe Gehälter ihre inhaltliche Unabhängigkeit zu wahren und sich nicht-erpressbar zu machen – dass die meisten dieser Abgeordneten es aber nicht für nötig halten, eine derartige Unabhängigkeit und Nicht-Erpressbarkeit auch für den Souverän, nämlich die Bevölkerung, zu gewährleisten. Was für Abgeordnete gilt, sollte auch für uns gelten. Nur die Garantie eines unabhängigen, qualitativ ausreichenden Existenzgeldes schafft für die Individuen die Voraussetzung, sich nicht um jeden Preis verkaufen zu müssen. Es gewährleistet ihre politische Freiheit; denn politische Freiheit heißt vor allem, sich nicht in erzwungene Kooperationen irgendwelcher Art hineinbegeben zu müssen. Wo dies nicht in Form direkter monetärer Leistung möglich ist (und in den hochindustrialisierten Staaten des Nordens ist es ohne weiteres möglich), kommen andere Formen in Betracht – Landzuteilung oder Zugang zu gesellschaftlichem Kapital, das für Strukturen von Selbstorganisation und Selbstversorgung genutzt werden kann.


Langfristig geht es um mehr. Die künstliche Abtrennung des Menschen von den Mitteln und Möglichkeiten des Überlebens und der eigenen Entfaltung muss überwunden werden. Gesellschaftliche Ressourcen, also Wissen, Land, Technik, Produktionsmittel und mehr seien allen gleichermaßen zugänglich - in einer Welt ohne Eigentum, wo der durch die Vielen entstandene Reichtum nicht mehr durch komplizierte Gremien verwaltet wird, sondern einfach da ist, genutzt und weiterentwickelt, erzeugt und verbraucht werden kann. Weil einE jedeR so reich ist wie das Gesamte, fallen Eigennutz und Gemeinnutz zusammen.

Außerhalb der Industrieländer, aber zum Teil auch innerhalb dieser, können als Zwischenstadien gleichberechtige Verteilungen von Land und Produktionsmitteln sinnvoll sein. Denn ein Grundeinkommen schafft nur begrenzt Unabhängigkeit, wenn es keine Produktion mehr gibt, die dem Überleben der Menschen am Ort dient. Ernährungs- und Energiesouveränität sowie Zugriff auf Produktionsmittel sind unabdingbare Voraussetzungen für ein selbstbestimmtes Wirtschaften. Dazu müssen Land und Rohstoffe wieder in die Hand der Menschen kommen - weg von Staaten und Konzernen.

Wer treibt den Wandel an?
Ein anderes Wirtschaften bedeutet die Verlagerung von Macht - weg von zentralen Akkumulationsorten des Eigentums an Produktionsmitteln hin zu einer dezentralen Verteilung entweder auf kleinere, von den Menschen getragene Formen des Gemeinschaftseigentums oder ganz raus aus der Logik von Eigentum. Es werden die NutznießerInnen einer solchen Umverteilung sein, die den Prozess antreiben - gesetz dem Fall, dass sie aus ihren Abhängigkeiten entweichen und somit überhaupt den Willen und Mut zur Veränderung fassen können.
Antrieb selbst ist nicht mehr der Zwang zum Profit, sondern die Hoffnung auf ein besseres Leben oder zumindest eine Lösung bzw. Verbesserung im Detail. Das hilft dann auch anderen für ihr Leben, wenn das neue Geschaffene offen zugänglich ist, also nicht durch Eigentum an Wissen oder Produktionsmitteln von ihnen abgeschottet wird. Was schon für die Entwicklung von Technik im entsprechenden Kapitel formuliert wurde, gilt auch hier.

Hermann Scheer in „Solare Weltwirtschaft“, 2000, Verlag Antje Kunstmann (S. 255)
So richtig es ist, die Energiekonzerne auch zur Mitwirkung am Wandel zur solaren Weltwirtschaft zu veranlassen – durch öffentlichen Druck, Überzeugungsarbeit oder politische Auflagen -, so wenig kann man erwarten, dass sie das im Sinne einer forcierten Substitutionsstrategie tun, also gegen sich selbst. Auch wenn es aus den ... genannten Gründen nicht möglich ist, die Versorgung mit erneuerbaren Energien so zu kontrollieren wie die atomar/fossile Energieversorgung: Es ist von ausschlaggebender Bedeutung, wer das Tempo der Einführung solarer Ressourcen vorgibt und nach welchen Interessen dabei vorgegangen wird. Die Schrittmacher der Einführung erneuerbarer Energien waren und sind unabhängige, nicht eingebundene Akteure: „grass-roots“-Organisationen, individuelle Betreiber, neue Unternehmen, Stadtwerke, Politiker. Sie haben die Aufklärungsarbeit in der Öffentlichkeit geleistet und den Markt für Solartechniken vorbereitet. Ihre Aktivitäten müssen verstärkt werden, statt sich darauf zu verlassen, dass die Entwicklung nun von Konzernen und von Regierungen in die Hand genommen wird – nach dem Motto: „Wir haben verstanden.“ ... Der Wandel zur solaren Weltwirtschaft ist ohne die gebündelten Aktivitäten lokaler und unabhängiger Kräfte sowie zahlloser individueller Investoren nicht vorstellbar.

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