Offener Raum

SACHSPENDEN, TAUSCHEN, „DEALEN“
MÖGLICHKEITEN UND GRENZEN

Einleitung


Einleitung · A. Voraussetzungen · B. Schnorren und Sachspenden · C. Was woher? · D. Schenken, Klauen, Teilen · Links

Materielle Grundlagen und Unabhängigkeit sichern!
Fast überall ist es spürbar: Politische, soziale oder Umweltgruppen knapsen am Geld, die Finanzbeschaffung nimmt großen Raum ein und oftmals werden fatale Abhängigkeiten eingegangen, nur um die materielle Ausstattung zu erhalten: Räume, die von Regierungsstellen zugeteilt werden (und wieder entzogen werden können), Gelder aus öffentlichen Etats (für die mensch von der Rechtsform bis zu politischen Inhalten Vorbedingungen erfüllen muß) oder gar Kredite (ganz modern, als ethische Geldanlage getarnt, treibt sie Projekte in Abhängigkeit des Marktes, denn Kredite müssen zurückbezahlt werden, d.h. das Projekt auf Dauer gewinnorientiert agieren). Hinzu kommen die, die (oft skrupellos) mit Firmen kooperieren, sei es in Form des Sponsorings (Spenden kassieren für Öffentlichkeitsdarstellung u.ä.) oder der gemeinsamen Durchführung von Projekten bis hin zur gemeinsamen Tätigkeit auf dem Markt. Inzwischen gibt es ganze Produktpaletten, die von Konzernen gemeinsam mit Umwelt- oder Eine-Welt-Organisationen entwickelt oder vertrieben werden.
Eine solche Finanzierung politischer Arbeit schafft Abhängigkeit – direkt von einzelnen Regierungsstellen oder Konzernen bzw. vom Markt, in Form des Zwangs zur gewinnorientierten Arbeit. Sie unterdrückt Phantasie und Kreativität, denn viele Ideen werden durch den Finanzierungsvorbehalt oder durch die Angst, die materiellen Grundlagen zu verlieren, abgeblockt. Ängste und Zwänge dominieren den Alltag des politischen Handelns.

Nicht viel anders ergeht es den Menschen selbst. Sie kommen aus einer sozialen Zurichtung, die ihnen deutlich vermittelt hat, daß die materielle Reproduktion nur über die Eingliederung in soziale Verhaltensnormen möglich ist: Den Verkauf der eigenen Denk- und Arbeitskraft im Markt, den „Einkauf“ von Gütern und Dienstleistungen aus dem Markt (im Extremfall der selbst vorher hergestellten Waren) oder das Erfüllen von Rollen rund um diese Verwertungslogik, z.B. der Arbeit im Haushalt einer im Arbeitsmarkt verwerteten Person (EhepartnerIn u.ä.). Die Fähigkeit dazu wird in Elternhaus, Schule, Ausbildung usw. vermittelt – zusammen mit den klassischen Rollenmustern nach Geschlecht, Herkunft oder Bildungsgrad. Selbstorganisation ist dagegen kein Gegenstand der Fortbildung. Wer z.B. ein Handwerk lernt, lernt dieses nicht, um sich selbst zu helfen, sondern um sich mit dem Wissen im Markt als Arbeitskraft verwerten lassen zu können. Eine auf Selbstorganisation ausgerichtete Fortbildung müßte einen Querschnitt durch alle Alltags-Handwerke, soziale Kompetenzen, Bereiche von Organisation und Aktionsformen, Mitbestimmungsmöglichkeiten und kreative Diskussions-, Planungs- und Entscheidungsverfahren und vieles mehr bieten. Sie findet nicht statt. Menschen und gesellschaftliche Gruppen sollen sich an den Staat, an Konzerne oder in der Marktlogik bewegen. Das stabilisiert Herrschaftssysteme und Marktökonomie, das treibt alle, ob Einzelperson oder Gruppe, in die Abhängigkeiten von den Herrschenden und der Logik des Marktes. Statt kreativer Prozesse, diese Abhängigkeiten zu überwinden, dominieren heute auch bei politisch aktiven Menschen und bei den politischen Gruppen die Kreativität, besonders geschickt Herrschaft und Markt für sich zu nutzen. Soziale, ökologische und andere ehemals „linke“ Projekte der 70er bis 90er Jahre gehören heute zu den geschicktesten und modernsten KapitalistInnen – mit KnowHow in allen Bereichen der öffentlichen Förderung, des Subventionsbetrugs und der Akquise von Fremdkapital an Börsen und im Geldmarkt. Diese Abhängigkeiten haben folgen: Politische Gruppen, die eher Modernisierer von Herrschaft und Kapitalismus sind (statt deren Gegner), und Einzelpersonen, die durch die Zwänge und Abhängigkeiten vom Arbeitsmarkt und der alltäglichen Reproduktion im Markt (Beschaffung der zum Leben und Überleben nötigen Güter und Dienstleistungen) immer mehr von idealistischen Ideen weg zu einer normal-kapitalistischen Lebensweise kommen.

Es gibt jedoch auch politische Gruppen, die unabhängige, emanzipatorische politische Arbeit machen und trotzdem nicht "am Hungertuch nagen". Eines ihrer Geheimnisse ist: Ganz wenig Geld brauchen! Es gibt nur wenige Bereiche, in denen es nicht auch ohne Knete ginge, von Sachspenden bis zu abenteuerlichen „Deals“ kann ganz gezielt und in breiter Form die materielle Grundlage für die politische Arbeit organisiert werden.
Ebenso kann das Alltagsleben selbst zu großen Teilen aus der Logik des Marktes herausgeholt werden. Auch wenn noch Bereich übrig bleiben, wo ohne Geld nichts läuft – wer im Monat nur noch 200 oder gar 100 Euro in Geldform braucht, wird keinen Job in Abhängigkeit mehr brauchen, sondern aus ihren/seinen Fähigkeiten mit ein bißchen Geschick diese Geldmenge „nebenbei“ erwirtschaften. Und das hat wiederum viel mit den politischen Möglichkeiten zu tun, denn Projekte und Gruppen, deren AkteurInnen dem Zwang zur zeit- und kraftintensiven materiellen Reproduktion unterliegen (und noch dazu ständig fürchten, bei radikalen Positionen und Aktionen die aktuelle Absicherung zu verlieren), sind in ihren Handlungen sehr eingeschränkt. Zudem fördert eine solche Einbindung das Herausfallen aus politischer Arbeit zugunsten „normaler“ Lebensgestaltung.

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