Offener Raum

BUNTER.NACHRICHTEN.DIENST: UNTERDRÜCKTE NACHRICHTEN AUS GIESSEN UND UMGEBUNG

b.n.d. vom 9.6.2004


1. 2005: Die letzten Texte und Infos ...
2. Ab März 2006 für einige Zeit: Rote Laterne
3. Ab 2004: Alle b.n.d.-Ausgaben als .pdf
4. b.n.d. vom 14.3.2005
5. b.n.d. irgendwann Anfang 2005
6. b.n.d. vom 15.11.2004
7. b.n.d. vom 1.10.2004
8. b.n.d. vom 30.8.2004
9. b.n.d. vom 6.7.2004
10. b.n.d. vom 9.6.2004
11. b.n.d. vom 15.5.2004
12. b.n.d. vom 18.3.2004
13. b.n.d. vom 11.3.2004
14. b.n.d. vom 8.3.2004
15. bnd vom 17.2.2004
16. bnd vom 5.2.2004
17. Bis 2004: Der abriss ... die alten Ausgaben

Nachrichten
++ Gespräche zwischen Polizei und PolitaktivistInnen ++ Seit zwei Jahren gibt es in und um Gießen eine bemer-kenswert hohe Dichte an subversiven, kreativen oder militanten Aktionen - während der Wahlkämpfe, gegen Militär und Repressionsapparate, für offene Grenzen und gegen Abschiebung, gegen Schulzwang, formalisierte Zweierbeziehungen und etliches mehr. Mit der Eskalation rund um die neue Gießener Gefah-renabwehrverordnung griff die Gießener Justiz und Polizei immer durchgeknallter gegen politische Gruppen durch. Nach dem Übergriff gegen einen Aktiven der Humanistischen Union wurde das Ganze öffentlich. In der Folge vereinbarten HU, einige politische Gruppen und die Polizei einen Gesprächsversuch. Am 7. Juni fand ein erstes Treffen statt. Anwesend waren politische AktivistInnen aus fünf Giessener Gruppen sowie drei Beamte des mittelhessischen Polizieipräsidiums. Im Mittelpunkt stand der gegenseitige Austausch über Befindlichkeiten und Probleme miteinander - mehrere Tage hätten sich damit füllen lassen. Eine eher unscheinbare Theateraktion (Putztruppe, die vor einer Polizeigruppe übertrieben für Sauberkeit sorgte) entwickelte sich zum wichtigsten Streitpunkt.. Von Seiten der Polizei wurde kritisiert, dass der Poli-zei dort kein Respekt entgegengebracht worden sei. Klärungen kamen erwar-tungsgemäß nicht zustande. Das nächs-te Gespräch ist auf den 5. Juli terminiert. Diesmal soll es um konkrete Vorschläge aneinander gehen. Mehr zu den Hinter-gründen www.polizeidoku-giessen.siehe.website.++ Berufungsprozess und Aktionstage Ende Juni ++ Der große Beru-fungsprozeß gegen zwei Projektwerkstättler (Verurteilung in erster In-stanz dank vieler Polizei-Lügen und Vor-verurteilung: 9 Monate ohne Bewährung) ist angesetzt. Termin ist der 23.-25. Juni, je ab 9 Uhr im Landgericht Giessen, Raum 15. Rundherum: Trainings zu kre-ativer Antirepression: 18.-20.6. in der Projektwerkstatt. Aktionstage als Dauerdemo mit Workshops, Aktionen, Theater, Gratisessen: 21.-26.6. auf dem Kirchenplatz Giessen.
www.projektwerkstatt.de/prozess

++ Anti-EU-Aktion gegen Kreiswehrersatzamt in der Nacht zum 8. Juni ++ Wie die Polizei vermeldete, wurde ein Anschlag aus das Kreiswehrersatzamt in Wetzlar verübt. Schon von Weitem waren antimilitaristische Parolen und Sprü-che gegen die Aufrüstung der Europäi-schen Union zu lesen, u.a. "Wer die EU wählt, wählt Krieg", "Bundeswehr abschaffen" und "Abrüstung jetzt". Bei nä-herem Hinsehen fielen zahlreiche, beschädigte Fensterscheiben und rot-grüne Farbbeutel auf. Das Reportage-Team des b.n.d. war vor Ort, um sich ein eigenes Bild von den angerichteten Schäden zu machen: Das Gebäude wurde von allen Seiten mit Farbbeuteln, dem Friedenszeichen und Parolen bestückt, teilweise mit sehr großen Lettern, so dass die Aussagen auch aus weiter Entfer-nung zu erkennen sind. Die Sprüche richten sich gegen Militär ("Ohne Armeen kein Krieg", "NATO Fighter runter ho-len"), Krieg ("Nie wieder Krieg") und stel-len Bezüge zur Wahl her ("Don't vote war", "Wer die EU wählt wählt Krieg"). Die Veränderungen zogen die Aufmerk-samkeit vieler Besucher eines direkt an-liegenden Restaurants auf sich, da viele Gäste ihr Auto auf einem Parkplatz hinter dem Kreiswehrersatzamt abstellen. Am 8. Juni ging in der Redaktion des Bunten Nachrichten Dienstes ein anonymer Be-kennerbrief ein. Ein Zusammenhang mit dem Anschlag gegen das Kreiswehrer-satzamt geht nicht eindeutig aus dem Schreiben hervor, allerdings lautet die Überschrift "erklaerung zu den aktionen gegen parteien, behoerden und militaer", welche die Verfasser als "protest gegen die grossmacht europa" bezeichnen. Zu-dem werden Aktionsmethoden begrün-det: "die zersplitternden fenster sind ausdruck unserer wut. Die farbe ist pro-test und traum einer bunten welt zugleich". Unterzeichnet wurde der Text von der bisher unbekannten Gruppierung "autonome wichtel fuer freies leben".
Bericht: archive.ph/http://de.indymedia.org/2004/06/85188.shtml

++ Kriegsdenkmal in die Tonne gekloppt ++ Der knieende Soldat am Zeughaus (Landgrafenstraße) wird immer wieder Opfer hinterhältiger Aktionen. Trauriger Höhepunkt war bisher die symbolische Überstülpung einer Mülltonne, nach dem Motto: "Kloppt die Kriegsdenkmäler in die Tonne!" Das war sicherlich ein schönes Stück Arbeit - Mülltonne, äh Hut ab. Natürlich wurde die Tonne inzwischen wieder "geleert", aber es kursieren Geschichten darüber, dass der Krieger zwischenzeitlich einen Müllsack verpasst bekam. Die "Verzierungen" führen jetzt dazu, dass sich viele Vorbeikommende das Denkmal überhaupt erst richtig betrachten. So hat die Aktion schon für anregende Debatten und Ge-sprächsstoff gesorgt - und genau so soll es sein! Mehr: de.indymedia.org/ 2004/06/84987.shtml++ Verrückt: Gebühren für Demonstra-tionen! ++ Nachdem bereits Studierende mit Gebühren gebeutelt werden, sollen jetzt auch andere Grundrechte nur noch denen zustehen, die das nötige Kleingeld aufbringen: Das Land Hessen fordert in-zwischen von DemonanmelderInnen 50-250 Euro - für die Erstellung des Aufla-genbescheids, der genau dieses Demo-recht einschränkt und oft dazu eingesetzt wird, DemonstrantInnen zu drangsalie-ren. Damit für die nächste Demo nicht das Sparschwein geplündert werden muss empfehlen wir: Widerstand - was sonst!

++ Polizei verbiegt Lesung zu versuchtem Brandanschlag ++ Am 9.12.03 wurden 13 TeilnehmerInnen einer angekündigten Lesung vor der Staatsanwaltschaft Giessen für 18 Stunden in Gewahrsam genommen. Damals erfand die Polizei in einer Pressinfo, dass Farbschmiereien geplant waren. In einem Brief, der die Maßnahme für rechtmäßig erklärt, wird es noch abstruser: Ein Chemikalienbehälter zum Zwe-cke von Brandanschlägen sei mitgeführt worden ... die reinste Erfindung, um eine umstrittene Polizeiaktion zu rechtfertigen. Betroffene wollen Anzeige erstatten, um die Vorgänge zu thematisieren.
www.abwehr-der-ordnung.siehe.website

++ Verfassungsbeschwerde ++ Gegen den inzwischen durchgeführten DNA-Test wegen Verdachts auf Sachbeschä-digung (rote Farbe am Amtsgericht) hat der Betroffene Verfassungsbeschwerde eingelegt. Denn die Amtsrichterin Kauf-mann hatte für ihren Beschluß nicht, wie das Grundgesetz es fordert, den Betrof-fenen angehört. Das Landgericht hat den Verfassungsbruch bestätigt, so dass bei-den Gerichten vorgeworfen werden kann, sich nicht ans Grundgesetz zu hal-ten. Da Gerichte aber selbst die recht-sprechende Instanz sind, kann mensch gegen Machtmissbrauch durch Richte-rInnen in der Regel wenig machen. Mehr zum Ablauf: www.projektwerkstatt.de/antirepression/dna_vorladung.html.

++ Neue Materialien aus der Projektwerkstatt ++ Die Rechner liefen heiß, überall wurde gezeichnet, layoutet, ge-textet. Entstanden sind zwei neue Veröf-fentlichungen, die es in sich haben. Ab Ende Juli sind sie zu haben - Informatio-nen und Vorbestellmöglichkeit gibt es unter www.aktionsversand.siehe.website. Es sind:
  • Der neue Direct-Action-Kalender für 2005 - Superkalendarium, viele span-nende Berichte und coole Tipps für Stra-ßentheater, Sabotage und vieles mehr. Dazu gibt's ein Adressheft ... und das alles im A5-Format und für nur 4 Euro!
  • Als zweites entstand in der Projektwerkstatt das erste kritische Buch zum "My-thos Attac". So heißt das Buch, im Unter-titel "Hintergründe. Hoffnungen. Hand-lungsmöglichkeiten." In Hunderten Quel-len wird über Struktur, Strategien und politische Ziele der Organisation informiert. A5, 192 S., 14,90 Euro.

Sonderthema: EU-Wahl
Was bringt Wählen? Gibt es etwas besseres als den Gang zur Urne? Stellvertetung kritisch beäugt
Volksherrschaft meint, dass sich das "Volk" selbst regiert und der Wille der Mehrheit ausgeführt wird. Selbst wenn das so wäre, handelte es sich um Herrschaft, die nichts mit der Vision einer befreiten Gesellschaft zu tun hätte, da dort immer unterdrückte Min-derheiten geschaffen würden. Tatsächlich ist nicht einmal das der Fall: Bei Wahlen entscheidet nicht die Mehrheit der Menschen, die in einem Staat leben. Zum einen ist die Wahlbeteiligung in vielen Staaten sehr niedrig, weshalb prozentuale Hochrechnungen wenig Aussagekraft haben. Überhaupt nicht bedacht wird weiterhin, das Kinder, MigrantInnen oder entmündigte Menschen nicht wählen dürfen (obwohl Gesetze usw. auch für sie gelten). Würden die abgegebenen Stimmen auf alle Menschen innerhalb des Re-gierungsbezirks hoch gerechnet, wäre offensichtlich, dass selbst hinter scheinbar eindeutigen Wahlergebnissen nur einTeil der Menschen steht, der häufig katastrophal gering ist.
Es wird nicht das beschlossen, was die Mehrheit will. Selbst wenn alle wählen dürften & würden - auf die Entscheidungen im Par-lament haben die Menschen keinen Einfluß. Gesetze, die für Millionen gelten sollen, werden hier von wenigen entschieden. In der EU wird ds noch absurder: Dort entscheidet der Ministerrat, ob Kriege geführt werden - das Parlament wird dazu "gehört", d.h. hat nix zu melden! Es ist also völlig absurd, von Mehrheitsentscheid zu sprechen, wenn mensch nicht unterstellt, dass die Parteien-vertreterInnen vom Willen der Menschen telepathisch kontrolliert werden. Es gibt Beispiele, die das belegen: Die Mehrheit der Men-schen in D -Land ist gegen Atomkraft und Gentechnik - doch das interessiert nicht. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dass in der Demokratie nur wenige Entscheidungen treffen. Die tatsächlichen Möglichkeiten der meisten Menschen, Leben und Umgebung selbstbestimmt zu gestalten, an Entscheidungsprozessen teilzunehmen, unterscheiden sich kaum von anderen Regimes ... bis auf die Wahl der Regierenden.

Selbstorganisierung statt Stellvertretung
In den nächsten Jahren wird sich die Situation der meisten Menschen eher weiter verschlechtern, nicht nur ökonomisch. Statt Hoff-nungen auf Parteien, NGOs und Institutionen zu setzen ist es schon lange an der Zeit, sich selbst zu organisieren!
Damit gemeint ist u.a. der Aufbau von Strukturen, die so weit wie möglich Unabhängigkeit von Staat und Markt ermöglichen, um uns aufzufangen und den Abbau von Hierarchien und Diskriminierungen voran zu treiben. Auf der anderen Seite gehört dazu ein organisierter, noch zu schaffender Widerstand von selbstbestimmten Basisgruppen, Netzwerken usw., die sich gegen die Projekte der Herrschaft auflehnen. Druck von unten aufbauen! www.wahlquark.siehe.website

Termine
18.-20.6. in der Projektwerkstatt Saasen: Trainings zu kreativer Antirepression
23.-25.6. je ab 9 Uhr, Landgericht Gies-sen, Raum 15: Berufungsprozess gegen zwei Projektwerkstättler
21.-26.6. Kirchplatz Giessen: Aktionsta-ge als Dauerdemo mit Workshops, Akti-onen, Theater, Gratisessen usw.
Do.:24.06. 20 Uhr Infoladen
Veranstaltung des Antifa-Café
"Neuer deutscher Imperialismus"
Referent: Henning Mächerle
Wie hängen Sozialabbau, Sicherheits-wahn und neue Kriege miteinander zu-sammen? Und sind dies Ausdruck eines neuen deutschen Selbstbewußtseins?

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