Offener Raum

Ö-PUNKTE 1/1998

Naturkost in Konzernhand


1. Rubrik local economy
2. Tauschringe: Neue Abrufnummer
3. Tolstefanz: Eine etwas andere Beteiligung
4. Tauschen über den eigenen Tellerrand hinaus
5. Naturkost in Konzernhand

Die Zeit der kleinen, schummerigen Szenebioläden ist schon länger vorbei. In großen Städten sind sie noch zu finden, sonst geben sich immer mehr als Naturkostläden mit gesunder, exklusiver Kost für FeinschmeckerInnen. Ein großer Teil der KundInnenschaft hat viel Geld.

Aber auch hinter den Kulissen tut sich viel, denn die großen Lebensmittelkonzerne sind wach geworden und dringen mit Macht in den Bereich der Naturkost ein. Damit wird eine Struktur zerstört, die ein wichtiges Element der Bio-Idee war: Kleinere, regionale NaturkosthändlerInnen bieten den Bioläden in ihrer Region immer auch Produkte aus der Region. Gemüse, Obst und weitere Produkte machen zwar den Weg über Großhändler und Einzelhändler zu den EndkundInnen, müssen dabei aber nicht hunderte von Kilometern zurücklegen. Die Großhändler kalkulieren von vornherein anders, LKW-Kilometer zählen nicht, Produkte, die billiger im Ausland zu kriegen sind, werden eben von weit, weit hergeholt. Konserven rentieren sich im großen Stil immer mehr, Energieverbrauch, Abfall und Frische zählen weniger. Da können ErzeugerInnen und regionale GroßhändlerInnen nicht mehr mithalten - im Bioladen gibt es Biomassenware, billiger, aber ökologisch und gesellschaftlich kaum noch eine Alternative.

In den Niederlanden ist der Kahlschlag bereits vollzogen. Bis auf eine Ausnahme (die Firma "De Nieuwe Band") ist der Naturkosthandel in der Hand von Sandoz, Nutricia und Hügli. In Deutschland ist dieser Prozeß noch in der Entwicklung. Bundesweit kann "Dennree" immer mehr Naturkostanbieter unterbieten und zwingt sie in die Knie. Der Schweizer Konzern Hügli Holding AG ist ebenfalls mit von der Partie. KundInnen in Bioläden können nicht oder nicht ohne weiteres erkennen, welche Veränderungen da klamm und heimlich passieren.

Der Protest gegen die skrupellosen Konzerne im Naturkostbereich ist noch schwach. Vor einem Jahr gründete sich die Gewerkschaft Naturkost-Landwirtschaft-Lebensmittel in der FAU (anarchistische Gewerkschaft "Freie ArbeiterInnen Union"), die zum Thema arbeiten will.

Kontakt: GNLL/FAU, c/o Libertäres Zentrum, Thadenstr. 118, 22767 Hamburg, Tel. 040/4307855.

Viele Food-Coops, die sich als Teil der Naturkostszene sehen, versuchen, auf die Entwicklung aufmerksam zu machen. Die Zusammenschlüsse wollen gerade regionale Bioprodukte fördern - oft bleibt ihnen jetzt nur der Weg direkt zum Erzeugerhof. Manche machen dazu Öffentlichkeitsarbeit und gewinnen neue Aktive, die erkennen, daß Selbsthilfe angesagt ist.

BAG, Annette Hoffstiepel, Im Mailand 131, 44797 Bochum, 0234/797831.




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Zuletzt überarbeitet am 5. Mai 1998
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