Offener Raum

SYMBOLFIGUR AUS DER ZEIT DER BAUERNKRIEGE

Das Treffen des 'Freundeskreises Ulrich von Hutten'


1. Das Treffen des 'Freundeskreises Ulrich von Hutten'
2. Wer ist dieser 'Freundeskreis Ulrich von Hutten'?
3. Das Verbot von Schlüchtern
4. Kein Verbot im Landkreis Hersfeld-Rotenburg
5. Die Prominenz der extremen Rechten
6. Das Treffen der 'volkstreuen Verbände'
7. Keine geschlossene Veranstaltung
8. Der Protest der Einwohner
9. Der Verfassungsschutz

Die Grünen Ortsverband Niederaula sind entsetzt, daß in ihrer Heimatgemeinde Rechtsrextreme eine Versammlungsmöglichkeit gefunden haben. Als besonders bedauerlich betrachten es die örtlichen Grünen, daß weder Bürgermeister Stang, noch Landrat Kern, die gesetzlich gegebenen Möglichkeiten zur Verhinderung des Treffens ausgenutzt haben. So hätte z.B. die Veranstaltung formell verboten und die letztendliche Entscheidung dem Verwaltungsgericht überlassen werden können. Das Beispiel des Bürgermeisters von Schlüchtern zeigt, daß auch ein Appell an örtliche Hotels und Gaststätten genügt, um Nazis und Neonazis fernzuhalten.
(aus einer Pressemitteilung der Grünen Niederaula vom 23. April 1988)

Zu einem Stelldichein neofaschistischer Organisationen und Prominenz kam es anläßlich der Gedenkfeier zum 500. Geburtstags Ulrich von Huttens im Bürgerhaus von Niederaula. Eingeladen dazu hatte der "Freundeskreis Ulrich von Hutten", eine an der Mitgliederstärke gemessen eher unbedeutende Gruppierung aus dem neonazistischen Spektrum mit Aktiven, die mehrheitlich bereits im Greisenalter sind. Bedeutung erlangte der Verein in den letzten Jahren vor allem dadurch, daß es ihm zunehmend gelungen ist, jüngere Personen aus diesem politischen Lager einzubeziehen und mit seinen Treffen eine Art "neutralen Boden" jenseits der inhaltlichen Differenzen der beteiligten Strömungen zur Verfügung zu stellen.

1988 jährte sich zum 500. Mal der Geburtstag des auf der Burg Steckelsberg (bei Schlüchtern) geborenen "Ritter und Humanisten" Ulrich von Hutten, einer bekannten Persönlichkeit aus dem Bauernkrieg, die von der extremen Rechten immer wieder als Symbolfigur für den "Kampf des deutschen Volkes gegen seine Unterdrücker" herangezogen worden ist. So verleiht zum Beispiel die rechtsextreme "Gesellschaft für freie Publizistik" jährlich eine Hutten-Medaille an verdiente nationalistische Schriftsteller. Hutten war, so Friedrich Engels in seiner Schrift "Der deutsche Bauernkrieg" der "theoretische Repräsentant des deutschen Adels". Dieser reichsunmittelbare Adel "war im Begriff, seine Unabhängigkeit an die immer mächtiger werdenden weltlichen und geistlichen Fürsten zu verlieren. Er sah zu gleicher Zeit, in demselben Maß wie er sank, auch die Reichsgewalt sinken und das Reich sich in eine Anzahl souveräner Fürstentümer auflösen. Sein Untergang mußte für ihn mit dem Untergang der Deutschen als Nation zusammenfallen." Der Nationalismus Huttens ist also ein Fakt, eine Legende dagegen ist sein behauptetes Eintreten für die Interessen des Volkes. Engels weiter: "Von Aufhebung der Leibeigenschaft und der Lasten, die der Bauer dem Adel schuldig war, ist bei Hutten nirgends die Rede."[1]

Der nach diesem Namenspatron benannte "Freundeskreis Ulrich von Hutten" wollte anläßlich dieses Jahrestages auf der Burg Steckelsberg in der Nähe der Stadt Schlüchtern seine Jubiläumsfeierlichkeiten veranstalten. Im Frühjahr des Jahres traf ein Schreiben mit dieser Ankündigung im Verkehrsbüro der Stadt Schlüchtern ein. Absender war die erste Vorsitzende Lisbeth Grolitsch[2], eine ehemalige Gau-Unterführerin des nationalistischen "Bund deutscher Mädel", die nach Kriegsende führend in verschiedenen kulturell ausgerichteten Gruppen des Neofaschismus in Deutschland und Österreich war.

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