Offener Raum

ANARCHIE

Anarchie als Lebensabschnittsgefährlichkeit: Lifestyle und modisches Protestdesign


1. Sein. Schein. Wirklichkeit: Who is who im deutschsprachigen Anarchismus?
2. ArbeiterInnenkampf und Syndikalismus
3. Graswurzelanarchismus und gewaltfreie Aktion
4. Libertäre Basisgruppen und Einzelpersonen ohne ständige (Groß-)Gruppe
5. Anarcho-Primitivismus und verwandte Richtungen
6. Anarchie als Lebensabschnittsgefährlichkeit: Lifestyle und modisches Protestdesign
7. Weitere Richtungen

Anarchie ist aber nicht nur eine gesellschaftliche Theorie, sondern auch ein Lebensgefühl, d.h. eine Ausdrucksform persönlicher Befindlichkeit. Das kann als Habitus, ausgedrückt in Sprache, Kleidung, Parolen ausfallen, ebenso können Musik, Drogen oder Formen des Zusammenlebens prägend sein. Beides ist verbindbar, aber politisches Engagement ist für diesen gefühlten Anarchismus - manche nennen ihn "Bauchanarchismus" - nicht notwendig. Das gilt auch für die Frage der Selbstorganisierung im Alltag. Die Ablehnung der Gesellschaft geht überraschend wenig einher mit dem Versuch, sich unabhängig oder zumindest ohne die platten Zwänge ökonomischer Verwertung zu organisieren. Im Gegenteil stellt sich die Beziehung zur Gesellschaft ähnlich dar wie vorher zur eigenen "Mami" (als Funktionsperson gemeint, zunächst mit dem versorgenden Elternteil identisch). So entsteht Protest gegen das, was als eigener reproduktiver Hintergrund hingenommen oder sogar eingefordert wird. Während vordergründig die Ablehnung der Autorität dominiert, herrscht verdeckt eine hohe Akzeptanz versorgender Fremdbestimmung. So wie Mami für Kleidung sorgt, das Haus nutzbar und den Kühlschrank voll hält, fallen Staatskritik und eigene Abhängigkeit von externen Strukturen im Leben vieler Mode-Anarch@s zusammen. Eine Aneignung selbstorganisierter Überlebensfähigkeit findet ebenso selten statt wie die Entwicklung eines Willens, das Leben selbst zu gestalten und sich zu entfalten. Das weist den Weg zurück in die Normalität, denn ohne entsprechendes Knowhow und einer Selbstorganisierung als Alltagseinstellung ist das gegengesellschaftliche Leben viel zu anstrengend, um die ein- oder zweijährige Sturm-und-Drang-Phase der jeweiligen Biographie zu überleben.

Aus Gordon, Uri (2010): "Hier und jetzt", Nautilus in Hamburg (S. 44 ff.)
"Die 1990er Jahre wimmeln von selbstgebastelten Anarchistinnen und Anarchisten, die, einmal abgesehen von ihrer blühenden Radikalrhetorik, einen Anarcho-Individualimus im Stile evangelikaler Sekten pflegen, den ich als Lifestyle-Anarchismus bezeichnen möchte. Dessen Überbetonung des Ego und seiner Einzigartigkeit sowie von polymorphen Widerstandsformen untergraben stetig den sozialistischen Charakter der libertären Tradition ... Ein Ad-hoc-Abenteurertum, persönliche Aufschneiderei, eine Aversion gegen jegliche Theorie sind den antirationalen postmodernen Neigungen merkwürdig verwandt. Theoretische Verworrenheit wird als Pluralismus ebenso zelebriert wie eine im Grunde apolitische, gegen jede Organisation gewendete Hingabe an die Imagination, wobei sich alles um Begehren, Ekstase und eine selbstverliebte Beschäftigung mit dem eigenen alltäglichen Leben dreht ...

Innerhalb der mit anarchistischer Symbolik aufgeladenen Protestsymbolik spielen popkulturelle Bezüge eine herausragende Rolle - allen voran Musik, aber auch Kleidung, weitere äußere Erscheinungsmerkmale, mitunter sogar bestimmte Modemarken der Szene, Drogen und ein gefühltes "Lebe wild und gefährlich" im Alltag.

Aus Gordon, Uri (2010): "Hier und jetzt", Nautilus in Hamburg (S. 41 ff.)
David Graeber beschreibt diese Spaltung als eine zwischen einer minoritären Strömung sektiererischer anarchistischer Gruppen, "die sich mit einem großen A schreiben" und sich strikt an einer Ideologie oder einem politischen Programm orientieren, und andererseits der mehrheitlichen Strömung, die sich von solchen ideologischen Festschreibungen distanziert, den Anarchisten, die sich mit einem kleinen a schreiben. Diese schätzt er als die aktuell bedeutenderen in ihrer Dynamik ein. ...
Die sogenannten "großgeschriebenen" Anarchisten sind unübersehbar Teil der dezentralen Netzwerke der breiteren Bewegung, doch enger sind sie in ihrer Arbeit mit der traditionellen anarchistischen Kultur der anarchistischen Bewegung verbunden, wie sie sich vor dem Zweiten Weltkrieg herausgebildet hat. In dieser politischen Kultur organisiert man sich typischerweise in Gruppen mit einer bestimmten Struktur, mit Positionen, in die man gewählt wird etc., und nicht als Individuen oder informelle Gruppen. Entscheidungen werden überwiegend gefällt, indem diskutiert und dann abgestimmt wird, und weniger im Konsens. ...
Denn zwischen beiden "Schulen" bestehen durchaus solidarische Bande und Kooperationen, in manchen lokalen Milieus bis hin zu kontinuierlicher und selbstverständlicher Zusammenarbeit. ...


  • Politische Schwerpunkte: Beschränkung auf parolenhafte Aussagen, einzelfallweise Beteiligung an Massenaktionen.
  • Highlights: Subkulturelle Events.
  • Stärken: Keine verallgemeinerbaren vorhanden. Unberechenbar, aber oft zu träge für gut organisierte, spontane Aktion.
  • Probleme: Identitäre Allüren voller Symbole, Kleidermarken und Verhaltenscodes. Geringer Organisierungsgrad. Wenig Aneignung von Lebens- und Aktions-Knowhow, daher anfällig für Rückfall in vorgegebene Wege.
  • Theorie: In der Regel frei von theoretischer Auseinandersetzung. Mitunter exisierten oberflächliche, verbalradikale Bezüge auf Individualanarchismus.
  • Kommunikation, freie Vereinbarung und Kooperation: Aus der Reduzierung anarchistischer Orientierung auf reine Wohlfühlcodes folgt kein Interesse an Konzepten und Organisierungsfragen.

Im Original: Kritik am Wohl-Anarchismus
Peter Bierl, "Making Anarchism a Threat again? - Kritische Auseinandersetzung mit aktuellen anarchistischen Debatten", in: associazione delle talpe / Rosa Luxemburg Initiative Bremen (Hrsg., 2015), "Maulwurfsarbeit III"
Anarchismus ist gefährlich, wo er auf seinen traditionellen Inkompetenzen beharrt. Da wäre zum einen das Unverständnis der kapitalistischen Ökonomie. Verbreitet sind verkürzte Erklärungen, die lediglich die Zirkulationssphäre betrachten, und damit offen für obskure bis rechte Ansätze sind. Zum anderen die mangelnde Theoriebildung, einschließlich damit verbundener Diskussionen und Konflikte. Auf Kritik reagiert ein Teil der Szene mit einer Wagenburg-Mentalität oder weicht aus mit dem Verweis auf die vielen „Anarchismen“, die in ihrer Vielfalt gar nicht zu erfassen seien.1 Daraus resultieren Unverbindlichkeit und Beliebigkeit. Ein solcher Lifestyle-Anarchismus wird vom Feuilleton geliebt und von der Kulturindustrie vereinnahmt, weil er gesellschaftliche Verhältnisse nicht wirklich in Frage stellt, mit der neoliberalen Ideologie kompatibel ist, aber einen rebellischen Glamour verbreitet. ... (S. 87)
Der leninistische Weg endete in brutalen Diktaturen. Die Zentralverwaltungswirtschaften des real existierenden Sozialismus implodierten. Die Kommunistischen Parteien in China und Vietnam haben daraus die Erkenntnis gezogen, dass es besser ist, mit dem Kapital zu kooperieren: Nachholende Industrialisierung, Kapitalakkumulation unter staatlicher Regie, Kapital- und Technologietransfer aus dem Westen, dafür billige Lohnarbeit zu frühkapitalistischen Bedingungen.
Die Idee, durch Kooperativen, Kollektive, Genossenschaften, selbstverwaltete Betriebe sowie Tauschbanken und Arbeitsbörsen die Verhältnisse evolutionär zu verändern, erwies sich als Flop. Unstrittig ist, dass solche Betriebsformen ein Notbehelf in Krisenzeiten sein können, wie aktuell in Griechenland oder Argentinien, und eine Möglichkeit, sich wenigstens teilweise dem kapitalistischen Alltag zu entziehen. Einzelne Betriebe müssen jedoch wie Inseln im Kapitalismus bestehen, sich den Mechanismen der Konkurrenz unterwerfen oder untergehen. Sie können den marktvermittelten gesellschaftlichen Zusammenhang nicht auflösen. Der anarchistische Weg ist meist an der Repression bzw. der militärischen Überlegenheit seiner bürgerlichen, faschistischen oder stalinistischen Gegner gescheitert. Michail Bakunins Konzept des Geheimbundes hat gefährliche autoritäre Implikationen, neuere Studien zur Machno-Bewegung und zur CNT zeigen, dass anarchistische Bewegungen im Überlebenskampf wie den Bürgerkriegen in Rußland und Spanien nicht gefeit waren vor autoritären Tendenzen. In diesen historischen Umbruchsituationen entwickelten Anarchisten keine erfolgreiche Strategie, die sich mit ihren Prinzipien vereinbaren ließen, die CNT beteiligte sich sogar an der Regierung. Die simple Vorstellung, in einem großen Aufstand oder Generalstreik könnte der Staat besiegt werden und am nächsten Tag die herrschaftsfreie Gesellschaft anfangen, wurde der Komplexität der Lage nicht gerecht. Lediglich einige spanische Anarchosyndikalisten stellten Überlegungen zu Übergangsperioden an. ... (S. 88)
Allerdings teilen ganz verschiedene Strömungen, von Traditionsmarxisten bis Anarchisten, grundfalsche Vorstellungen: Zum einen die Ansicht, Kapitalismus und Marktwirtschaft seien zwei verschiedene Wirtschaftsformen und zum zweiten die Vorstellung eines Gegensatzes zwischen Finanzkapital und „Realwirtschaft“, wobei gierige Banker und skrupellose Börsianer eine positiv bewertete Realwirtschaft dominieren und ausplündern würden. Diese Sicht wird von Anarchisten, von Sozialdemokraten und Gewerkschaftern (Stichwort Heuschrecken) und Linken vertreten, die sich als Marxisten verstehen, sie wird in den Medien verbreitet und entspricht einem verbreiteten Unbehagen in der Bevölkerung. ... (S. 89)
Selbstverständlich ist nicht jeder ein Antisemit, der bloß Geld und Zins kritisiert statt die Kapitalverwertung als Gesamtsystem. Ein prominentes Beispiel dafür ist David Graeber, anarchistischer Anthropologie-Professor und gefeiert als Mastermind von Occupy. Er behauptet, die Welt würde von Finanzeliten mithilfe korrupter Regierungen ausgeplündert, und suggeriert, die Verschuldung von Staaten und Privatleuten wäre bloß ein schlaues politisches Instrument, mit dem neoliberale Technokraten soziale Bewegungen, insbesondere die Arbeiterbewegung, niederhalten. Nicht mehr die Aneignung von Mehrwert, den die menschliche Arbeitskraft im Produktionsprozess schafft und der auf dem Markt realisiert werden muss, hält er für ausschlaggebend, sondern versteht unter Ausbeutung in erster Linie Machenschaften einer Finanzelite, die uns Kredite aufschwatzt und in eine moderne Zinsknechtschaft manövriert. ... (S. 90)
In dem Sammelband von Degen und Knoblauch werden, abgesehen von dem Beitrag eines Anarchosyndikalisten und der Analyse Jens Kastners über libertäre Momente im Zapatismus, individualistische und proudhonistische Ansätze betont, kommunistische und kollektivistische Ansätze hingegen als totalitär diffamiert. Viel Raum bekommen sogenannte Revisionisten, die sich nach 1945 von antikapitalistischen Positionen verabschiedeten und für Marktwirtschaft und Eigentum eintraten.
In den Büchern von Trojanow, Degen und Knoblauch fungiert stets Gerhard Senft als Experte für anarchistische Ökonomie. Der Gesellianer, der am Wiener Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte lehrt, glaubt trotz der Billionenbeträge, die monetärer Ausdruck einer Überakkumulation von Kapital sind, an eine Geldknappheit. Darum wirbt er mit Bezug auf Benjamin Tucker, einen amerikanischen Vordenker des Individualanarchismus, für eine „Geldanarchie“. Das staatliche Geldmonopols soll aufgehoben, die Zentralbanken aufgelöst und jeder Mensch beliebig Geld herstellen und in Umlauf bringen dürfen. Solche Vorschläge finden sich schon bei Friedrich von Hayek, den Vordenker des Neoliberalismus, auf den sich Senft bezieht, sie haben im Zuge der Wirtschaftskrise von 2008 unter dem Schlagwort „Free Banking“ eine gewisse Resonanz bekommen. Sie finden sich im Umfeld der AfD, bei der rechtslibertären Partei der Vernunft (PdV) oder Ron Paul, ehemaliger Abgeordneter der Republikaner im US-Parlament und Galionsfigur der Rechtslibertären. ... In Espero wurde die Freiwirtschaftslehre Gesells verfochten, der insbesondere der Herausgeber Uwe Timm anhing. ... (S. 91)
Früher waren Anarchisten Atheisten, die Kirchen zerstörten, heute hätten sich „spezifisch anarchistische Formen der Spiritualität“ entwickelt, wie etwa das „feministische Heidentum“, die pluralistisch, polytheistisch und selbstkritisch wären, schreibt Graeber nicht ganz zu Unrecht.39 In dem Sammelband von Degen und Knoblauch werden sektenartige Gruppen wie Zegg in Brandenburg und der „Stamm Füssen Eins“ im Allgäu als Beispiele für das Zusammenleben in Kommunen dargestellt und für Schamanen geworben. Sogar die Legende einer von der Kirche unterdrückten positiven europäischen Spiritualität, die auf völkisch-nazistische Ideologen zurückgeht und in der Neuen Rechten von Sigrid Hunke reanimiert wurde, findet sich. ... (S. 92)


Lifestyle-Anarchismus und Esoterik
Vom „klassischen“ Anarchismus distanziert sich Graeber wegen dessen Militanz. Auf Theorie meint er im Namen theorieferner Praxis verzichten zu können. ... Gesellschaftskritik ist ein bewusster Akt. Der „small-a-Anarchism“, mit dem Graeber kokettiert, führt zur Affirmation. In Graebers Schulden-Buch findet man das hohe Lied auf die freie Marktwirtschaft, CrimethInc propagiert Diebstahl und Betrug, aber nicht den organisierten Kampf gegen die Produktionsverhältnisse. „Wir weigern uns, in den Kampf um Trivialitäten wie Eigentum und Autorität einzutreten“. Sie seien keine „Egalitaristinnen im herkömmlichen Sinn“, sondern im Gegenteil: „Wir haben genau genommen auch nichts gegen das Eigentum, sondern wenden uns nur gegen die Albernheit, sich über Eigentum zu streiten.“ Ihrer Ansicht nach existieren längst anarchistische Ökonomien. Als Beispiel nannte CrimethInc kommunale Gartenarbeit, Ladendiebstahl oder Mülltauchen. Es fällt schwer, Leute ernst zu nehmen, die meinen, eine Party zuhause abzufeiern, wenn die Eltern weg sind, oder einen Basketball in den Park mitzubringen, um mit anderen zu spielen, sei schon nichtkapitalistische Ökonomie. ... (S. 92)
Weder der Marsch durch die Institutionen noch deren militante Eroberung führten zur Emanzipation, sondern zu Integration, Bürokratisierung und neuen Diktaturen. Im stalinistischen Terror und den Regimen des sogenannten real existierenden Sozialismus haben sich Bakunins Warnungen vor einem staatssozialistischen Monster erfüllt. Bewahrheitet hat sich, dass der Zweck nicht die Mittel heiligt, wie die Anarchistische Allianz 1872 in der Erklärung von St. Imier bereits betonte – dass mit autoritären Methoden keine befreite Gesellschaft erkämpft werden kann. Darum sind anarchistisches Beharren auf Basisdemokratie, Selbstorganisation und direkter Aktion, verbunden mit Misstrauen gegenüber Hierarchien und Repräsentation der Grundpfeiler einer radikalen Linken neben einer Kritik der politischen Ökonomie, bei der man besser auf Marx denn auf anarchistische Ansätze zurückgreifen sollte. Zu wünschen wäre, dass sich Anarchisten um ein theoretisches Verständnis von Staat, Herrschaft und Politik bemühen, das den Entwicklungen des 20. und 21. Jahrhunderts gerecht wird. Von ihren Voraussetzungen her sollten Anarchisten gefeit sein vor dem gerade in der globalisierungskritischen Linken dominanten Irrglauben, die Nationalstaaten wären von Banken und internationalen Konzernen entmachtet worden, eine Sicht, die sich in den aktuellen Debatten um das Freihandelsabkommen TTIP zeigt. Denn am Grundmuster hat sich nichts geändert: Das Kapital agiert zwar international, bleibt jedoch auf einen starken Nationalstaat angewiesen, der die langfristigen Geschäftsgrundlagen zu Hause garantiert und auf dem Weltmarkt maximale Möglichkeiten durchsetzt. In schwachen, gar zerfallenden Staaten gelingt keine stetige Kapitalakkumulation, sondern entstehen Raub- und Plünderungsökonomien. Wenn wir es nicht verhindern, wird sich die Welt aufspalten in von Banden und Warlords dominierte Zonen sowie zunehmend autoritären Überwachungsstaaten, in denen bürgerlich-demokratische Institutionen bloß noch Alibicharakter haben. (S. 96)


Fallbeispiel "Occupy"
Im Herbst 2011 entstand überraschend eine besondere Ausdruckformen spontaner Empörung, die als "Occupy"-Bewegung bekannt gewordenen Zeltlager vor Banken oder in Regierungsvierteln. Was zunächst als ungewöhnlich engagierte und direkte Form des Widerstandes wirkte, entpuppte sich als harm-, ziel- und methodenlose Ansammlung von Menschen, die an das Gute von oben und an die Kraft des guten Willens glaubten, der als einziger strategischer roter Faden im Campen, Kochen und Plenieren zu erkennen war.
Die Occupy-Camps in Deutschland boten ein bizarres Abbild des Zeitalters von Instantaktionen und Bevormundung seitens der Bewegungsagenturen und NGO-Vorstände. Denn die Wirksamkeit aller politischen Aktivitäten wurde immer stärker gemindert durch das fast völlige Fehlen von politischer Theorie, Alltags- und Aktions-Know-How in Kampagnen und Projekten.
Beteiligte und AugenzeugInnen der Occupy-Aktionen im englischsprachigen Raum berichteten von bemerkenswerten Unterschieden zur Situation in Deutschland. Vor allem in den USA würde deutlich mehr Entschlossenheit herrschen, die Herrschaft der Banken nicht nur folkloristisch zu begleiten.

Im Original: Von und über Occupy
Aus einem Interview mit Jan Umsonst nach dem Occupy-Vernetzungstreffen in Frankfurt, in: Junge Welt, 23.1.2012 (S. 3)
Occupy ist ein Hort der Selbstorganisation. Darum fragt uns nicht nach Forderungen, denn wir wollen keine stellen. Das führt zu nichts. Wir wollen beginnen, das Leben selber zu verändern und demokratischer zu gestalten.

Aus einem Interview mit Alexis Passadikis (Attac-Koordinierungsrat und Pressesprecher Klimacamp, d.h. einer der Mitverursacher der bewegungsweit wachsenden Unmündigkeit in Organisierung und Protest), in: Junge Welt, 27.1.2012 (S. 8)
Die Occupy-Gruppen haben einen vorpolitischen Unmut ohne festgelegte Position und sind in dieser Hinsicht unerfahren. Bislang hat sich aus diesen Gruppen noch nicht tatsächlich ein politischer Akteur formiert. Demzufolge gibt es weder einen klaren Grundkonsens noch eine politische Verortung.

Inhaltsleere und Orientierungslosigkeit
Aus einem Interview mit dem Frankfurter Occupy-Aktivisten, Jörg Aufderheide, in: Junge Welt, 31.12.2011
Jörg Aufderheide, 33 Jahre, ist seit 15. Oktober Campbewohner der "Occupy"-Bewegung in Frankfurt am Main am Gebäude der Europäischen Zentralbank (EZB). Er ist Erziehungswissenschaftler, arbeitet derzeit bei der Firma Zero Projekt, die Hausmeisterdienste anbietet und ihn mit Bezahlung freistellt. Unabhängig davon – wie er betont – ist er Mitglied im Kreisvorstand der Linkspartei in Offenbach. ...
Schlafen Sie tatsächlich jeden Tag im Camp?

Nur einmal die Woche nicht, da schlafe ich bei meiner Freundin. Das hat sie zur Auflage gemacht, damit unsere Beziehung nicht unter meinem Engagement leidet. ...
Die Bewegung ist pluralistisch. Natürlich gibt es Menschen, die sagen, wir wollen eine wirklich soziale Marktwirtschaft; wir wollen das kapitalistische System erhalten, auch die Banken dürfen machen, was sie wollen, solange die Manager sich nicht exponentiell Geld in die eigenen Taschen stopfen. Es gibt andererseits auch die, die das ganze System am liebsten sofort abschaffen und zurück zur Pferdekutsche wollen. Die ganze Bandbreite gibt es, dazwischen tummeln sich alle möglichen Leute. Wir alle haben nur eins wirklich gemeinsam: Wir haben gemerkt, daß etwas nicht stimmt und eine Veränderung stattfinden muß. Da gilt das buddhistische Sprichwort "Der Weg ist das Ziel". ...
Wir streben eine neue Gesellschaftsordnung an, in der Mensch, Tier und Natur sich glücklicher entfalten können. Das klingt jetzt spirituell?
Fast schon esoterisch…
Ich bin in dieser Hinsicht auch erstaunt über mich selber, denn ich komme aus einer sehr linken und revolutionären Ecke, und habe oft Probleme mit der Staatsgewalt gehabt, zum Beispiel bei Demonstrationen gegen Neonazis. Und ich habe eigentlich keine Lust, mich mit Behörden auf deren Niveau auseinanderzusetzen, aber das erstaunliche ist, daß sie plötzlich fast zu unseren Freunden gehören. Ich habe bisher immer gedacht, daß eine Revolution nur so stattfinden könnte, daß wir Panzer stürmen und uns die Straße gewaltsam zurückerobern. Aber in allen Ämtern, ob bei der Polizei oder beim Stromkonzern Mainova, überall sitzen Menschen, die ganz ähnlich denken wie wir. ...
Und was ist mit Ihren Zielen, nach denen oft gefragt wird? Gibt es konkrete Forderungen?
Wir werden sehr spezifische Thesen entwickeln. Die Anti-Neonazi-Gruppe arbeitet, genauso wie viele andere Workshops. Je mehr mitarbeiten, desto besser. Es reicht nicht zu demonstrieren. Was wir umstürzen wollen, ist zu groß, um dies sofort zu bewältigen. Das kann Jahre dauern. Wenn bei unseren Versammlungen drei Leute mit etwas nicht einverstanden sind, muß weiter diskutiert werden, bis eine Lösung gefunden wird, die alle gut finden. Das geht eben alles nicht so schnell, und wir wollen alle mitnehmen. Wir hatten beispielsweise hitzige Diskussionen, inwieweit wir uns in das System einklinken, wenn wir einen Förderverein gründen. Das ist wichtig, damit wir juristisch abgesichert sind, z.B. damit nicht nur eine Person haftet, wenn wir eine Demo anmelden oder die Mahnwache vor der EZB. Man stelle sich vor, die Diskothek unter der EZB würde durch unser Verschulden mit Wasser vollaufen, dann würde der einzelne Anmelder haften. Wir wollen ja schließlich so lange hier bleiben, bis eine Veränderung stattfindet, die uns allen gefällt. Aber damit die Mächtigen sich überhaupt mit uns auseinandersetzen, müssen wir erst die komplette Taunusanlage belegen – nicht nur den Platz vor der EZB. So viele Leute auf die Beine zu bringen, wird uns vermutlich erst im Frühling gelingen. Ich glaube, dann werden sich viele mal eine Woche Urlaub nehmen, und sich beteiligen. Jetzt überwintern wir und halten den Protest aufrecht.


Ausgerechnet dieses weitgehend inhaltsleere Occupy hypten aber Medien zum Zentrum der Bewegung und zum Positivbeispiel gegenüber früheren, thematisch auf Einzelfragen ausgerichteten Strömungen.

Aus Oliver Nachtwey, "Wir gehen nicht mehr weg", in: Freitag, 24.5.2012 (S. 1)
Occupy ist längst zu Chiffre für einen neuen Typus sozialer Bewegungen geworden. ... Die sozialen Gruppierungen der siebziger und achtziger Jahre waren "Ein-Punkt-Bewegungen", die ihre Probleme innerhalb des Systems lösen wollten. Occupy steht dagegen für einen systemischen Protest, dafür, dass man die unterschiedlichen Anliegen stärker gemeinsam begreift.

Anfällig sind viele Occupy-Aktive für einfache Welterklärungen. Das ist aus der geringen theoretischen Tiefe leicht zu erklären. Occupy ist quasi der aktivistische und teilweise Jugendpart des EmpörungsbürgerInnentums: Aufregen über die oberflächlichen Skandale der Welt, wenig gesellschaftliche Theorie und Analyse, Reinfallen auf die zentralen Diskurse. So fand sich im Frühjahr 2012 schnell in Occupy-Veröffentlichungen (z.B. Human Mic Febr. 2012 aus Hamburg) der Verdacht, Bundespräsident Wulff könnte wegen einer EU-kritischen Rede abgesägt worden sein. Überall auf den Camps liegen Flyer mit klassischen Verschwörungstheorien herum. Etliche Aktive wähnen sich im Kampf für das Gute - in ihren Augen Rechtsstaat und Demokratie. Allerdings ist das Bild nicht einheitlich. In Berlin stemmten sich etliche AktivistInnen gegen solche vereinfachten Erklärungen. Am 2. Juni 2012 gab es dazu eine Veranstaltung (Videomitschnitt).


Auszug aus einem Flugblatt von Occupy Hamburg zur Demo am 24.2.2012


Was mensch den Occupy-Aktiven zugute halten muss: Sie rangen nie um Hegemonie in politischer Bewegung, d.h. weder bei den von ihnen unterstützten kapitalismuskritischen Demonstrationen noch in der öffentlichen Debatte. Gleichzeitig aber sind sie, obwohl weitgehend ziel- und inhaltslos, von einer merkwürdigen Angst getrieben, der bürgerlichen Mitte irgendwie nicht gefallen zu können. Offenbar schlägt die anmaßende Idee, die "99?" zu repräsentieren (also alles von Links über BildungsbürgerInnen und neoliberale Mitte bis zu Rechtsextremen), in ein zwangshaftes Bemühen um, je nichts zu tun, was irgendwie anecken könnte. Besonders richtet sich das gegen radikale Positionen und militante Orientierungen - selbst dann, wenn sie gar nicht präsent sind.

Im Original: Occupy, Polizei, Militanz
Nähe zu Polizei - Distanz zu eigenen AktivistInnen, wenn sie militant sind
Aus einem Interview mit dem Frankfurter Occupy-Aktivisten, Jörg Aufderheide, in: Junge Welt, 31.12.2011
Kann es sein, daß die Obrigkeiten entschieden haben, die Leute vom Camp zu umarmen und auf diese Weise zu befrieden? Damit es aus deren Warte so aussehen muß, als ob es keinen Gegner mehr gibt und die Bewegung im Camp sich auf eine Art Gruppendynamik reduziert?
Ja, aber genau das wollen wir doch erreichen, daß sie uns umarmen. Wir wollen ja die 99 Prozent sein. ...
Wir müssen für Sicherheit und Gewaltfreiheit sorgen, auf diese Weise können wir gut mit dem Polizeipräsidium und der Stadt Frankfurt auskommen. Das hatte ich bisher noch nicht so erlebt. Wenn wir gegen Neonazis in Dresden protestiert hatten, kam die Polizei als Gegner. Im "Occupy"-Camp kommt sie morgens vorbei, klopft uns auf die Schulter und fragt, ob wir eine ruhige Nacht gehabt haben. ...

Bericht vom Starttag des Züricher Occupy
Aus "Occupy the World", in: "di schwarzi chatz", Zeitung der Freien ArbeiterInnen Union in der Schweiz, Nov. 2011 (S. 5)
Einige Hipster durchstreiften die Menschenmenge auf der Suche nach dem "schwarzen Block" und wurden nicht müde zu erzählen, dass sie diese Leute sofort hinausstellen werden, falls sie es wagten hier aufzutauchen.

  • Kritischer Text zu Occupy
  • Scharfe Kritik an Occupy und der Ideologie David Graebers, in: Jungle World, 18.10.2012 (die Jungle World arbeitet selbst mit vereinfachten Welterklärungen, Einteilungen in Gut und Böse usw. - dennoch ist die kritische Analyse hier recht informativ)

Fallbeispiel "Film Projekt A"
Aus bürgerlichen Quellen gefördert, urheberrechtlich gut geschützt zwecks kommerziellen Erfolgs - schon der Rahmen hat mit Herrschaftsfreiheit eher nichts zu tun. Die Darstellung zeigt Menschen, die auch im spießigen Bereich als Schwiegertöchter und -söhne in Frage kommen dürften: Die dargestellten Projekte sind aus ihrem jeweiligen Blickwinkel und ohne herrschaftskritischen Anspruch durchaus begrüßenswert. Personenportraits als anarchistische Projekte zu bezeichnen, folgt allerdings bereits deutlich eher Marketinggründen. Dass jedoch alle dargestellten Fallbeispiele auf politische Positionen weitgehend verzichten, die Binnenverhältnisse schon im Film einige Hierarchien offenbaren, deutet eher darauf hin, dass hier ein Film entstehen sollte, der gut ankommt statt verändert. Wenn dann auch gejubelt wird über den Applaus des bürgerliches Publikum, der bürgerlichen Presse und über die Großzügigkeit bürgerlicher Geldgeber, dann ist den Protagonist_innen und Macher_innen des Filmes endgültig der behauptete Anspruch verlorengegangen. Eher dürfte mit diesem Film endgültig klar sein: Der bürgerlich verklärte Kapitalismus ist so erfolgreich, weil er einfach alles vereinnahmt. Aus den Riots gegen die globalisierte Ausbeutung wurden Attac und andere Politikberatungsinstitutionen. Aus den - ohnehin kaum noch staatskritischen - Initiativen gegen Atom- und Gentechnik, gegen Freihandelsabkommen & Co. wuchs der Politkonzern Campact ... übrigens auch aufgebaut von ehemaligen Anarchist_innen, die in der heutigen NGO-Hauptstadt Verden eigentlich eine anarchistische Unterwanderung starten wollten. Arbeitstitel damals: "Projekt A". Klingelt es? Der Film gemeindet nun die ganze Anarchie in die unpolitische Landschaft des Gutbürger_innentums ein. Dass ein stylischer Punk mit Doktortitel, der den gut bezahlten Staatsjob mit einem "Arbeit-ist-Scheiße"-Hemd verknüpft, diesen Film sogenannt "wissenschaftlich beraten" hat, passt. Radikaler Charme ist nur noch in Attitüde - werbetaktisch umgesetzt in der kommerziellen Filmwerbung, in der - wie so oft - mit dem Filmgeschehen wenig verbundenen Hintergrundmusik und auf einigen verblassten T-Shirts rüber. Das war's. Warum auch mehr? Die meisten Anarchist_innen kommen aus gut situierten Schichten, fühlen sich dort wohl und dürften - von einigen Minischarmützeln mit der Polizei abgesehen - kaum irgendwann einmal im Streit mit der Obrigkeit liegen. Sie sind die Revolutionsromantik in der Begleitfolklore des Unabwendbaren, wie politischer Protest heute in der Regel zu beschreiben ist. "Projekt A" macht aus der Anarchie ein Projekt zum Zugucken - gegen Bezahlung selbstverständlich. Das Publikum, selbst auf der Suche nach einfachen Lösungen, wie die eigene Lebenspraxis mit der Sehnsucht einer besseren Welt zumindest gefühlsmäßig in Einklang zu bringen ist, wird "Projekt A" nicht nur unreflektiert hinnehmen, sondern sich sogar freuen. Der Trailer belohnt sie gleich zu Beginn mit dem Spruch: "Keine Angst, es wird kein Putsch geplant." Wie schön, richtig niedlich. Und etwas später: "Das ist jetzt keine Revolution. Aber es hilft!" Mit dem Ringen um Herrschaftsabbau hat das Ganze eher wenig zu tun - mit dem Kampf gegen die Herrschaftsverhältnisse in und um uns ohnehin nicht. Die komplizierte Idee, Herrschaftsfreiheit in einer herrschaftsförmigen Welt auszuprobieren, verschwindet im Film in einem Brei guten Willen und guten Gefühls. Nach der Premiere gibt es denn auch keine Straßenschlacht, auch keine Kommunikationsguerilla, Besetzung oder Schwarzkopieraktion des (selbstverständlich urheberrechtsgeschützten) Films, sondern Trinken und Tanzen. Prost A!

Im Original: Zitate aus und über Film und Begleitmaterial
Projekt A
Chaos, Gewalt und Umsturz sind die Vorstellungen, die viele mit Anarchismus verbinden. Mit anarchistischer Lebenswirklichkeit und Utopie haben diese Assoziationen jedoch wenig gemein. In der heutigen Gesellschaft wird Anarchismus fälschlicherweise oft mit Zerstörung und Desorganisation gleichgesetzt, dabei existiert durchaus eine Organisationsstruktur (Gemeineigentum, Selbstverwaltung etc.). Diese aber wird hierarchie-, zwangs- und gewaltfrei gedacht, individuelle Freiheit ist das höchste Gut und soll sich bestenfalls im Kontext von Demokratie und Gleichheit entfalten.

Aus dem Blog der Internetseite zum Film (eine Art Tagebuch der Filmemacher) und dem Haupttext im Pressekit
Bedanken möchten wir uns an dieser Stelle auch bei allen Stiftungen und Gruppen, die uns die Filmtour ermöglichen:
Petra Kelly – Heinrich-Böll Stiftung Bayern / Umdenken – Heinrich-Böll Stiftung Hamburg / Heinrich-Böll Stiftung Mecklenburg-Vorpommern / Heinrich-Böll Stiftung Sachsen-Anhalt / FAU Dresden / Attac Regionalgruppe Dresden / UT Connewitz / Rosa-Luxemburg-Stiftung Brandenburg / Bildungswerk Berlin der Heinrich-Böll-Stiftung / Stern e.V. / Kulturbüro Stadt Burghausen / FAU Regensburg / Ostentor Kino Regensburg / und manche die noch dazu kommen und andere, die wir vergessen haben.


Das Kartoffelkombinat ist nach der Selbstdefinition der Genossen kein anarchistisches Projekt, im Kontext des Films ist es für uns dennoch von großem Interesse. ... Die Vorstände Daniel und Simon vertreten einen pragmatischen Ansatz ohne einen ideologischen Hintergrund und verzichten auf einige der weitverbreiteten anarchistischen Organisationsformen, wie z.B. das basis-demokratische Entscheiden im Konsens.

Aus dem Blog des Kartoffelkombinats (die Macher kommen z.T. aus öko-kommerziellen Kreisen wie Utopia)
Nur 5 Prozent sind demnach als sehr aktiv einzustufen, weitere 18 Prozent weisen einen mittleren Grad an Aktivität auf. Der Großteil der Mitglieder, 77 Prozent, sind stille Genießer, die nur selten an gemeinschaftlichen Aktivitäten teilnehmen. ...
Vegetarier und Veganer sind mit einem Anteil von jeweils 8 Prozent in der Minderheit.




Normaler Job und Benotung von Leistungen = Ablehnung jeglicher Herrschaft!?
Aus "Punk im System" über den wissenschaftlichen Berater des Films, auf: DeutschlandRadio, 2.6.2014
"Arbeit ist Scheiße!" Den Werbespruch der Anarchistischen-Pogo-Partei-Deutschland würde Peter Seyferth heute gewählter formulieren. Doch mit dem Inhalt identifiziert er sich noch. Und das, obwohl Peter einen ganz normalen Job hat. Er ist Dozent für Politik.
Als Peter Seyferth Dozent an der Uni in München wurde, musste er erstmal seine Klamotten wechseln. Er sah vorher aus wie ein klassischer Punk. Jetzt ist ihm eine gewisse Affinität zu dieser Lebenseinstellung immer noch anzuerkennen, doch kann er sich im Wissenschaftsbetrieb bewegen, ohne Aufsehen zu erregen. Er hat sogar einen Doktortitel.
Und noch einen Wandel musste Peter vollziehen: Bisher war er immer radikal, er wollte mit seiner Meinung provozieren. Jetzt als Dozent muss er auch andere Meinungen zulassen. "Wenn ein Student einen konservativen Standpunkt vertritt und diesen gut begründen kann, dann muss ich ihm zuhören und ihm sogar eine gute Note geben", sagt er.
Obwohl Peter beruflich nicht mehr sonderlich punkig unterwegs ist - die Ideen findet er immer noch gut. Die Ablehnung jeglicher Herrschaft sitzt tief, sagt er. Und fragt sich: Wie kann man eine Gesellschaft ohne Machtstrukturen organisieren?


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