Sand im Getriebe

WAS IST RECHT?

Buchvorstellungen zum Themenbereich


1. Behauptungen über das Recht
2. Recht ist das Höchste
3. Recht ist Herrschaft: Wer die Macht hat, schafft das Recht!
4. Herkunft des Rechts
5. Mythos der Freiheitsgarantie und Menschenrechte
6. Recht ist strukturkonservativ
7. Kritische Zitate zum Recht
8. Linke und AnarchistInnen für Recht?
9. Links
10. Buchvorstellungen zum Themenbereich

„Stärke des Rechts statt Recht des Stärkeren“ sagen viele, die Ungerechtigkeiten auf der Welt kritisieren. „Recht fließe wie Wasser“ heißt eine Kampagne aus ähnlichen Ecken. Recht scheint danach etwas per se Gutes, von dessen Anwendung die bessere Welt erhofft wird. Woher nehmen die Menschen, die auf das Recht hoffen, diese Auffassung? Recht ist von Menschen gemacht. Zwar glaubten früher viele an einen göttlichen Ursprung, doch zumindest das ist längst widerlegt als geschickte Aufwertung ganz irdischer Machtregeln. Weitergehend wäre die Annahme, dass die Erfindung von Göttern insgesamt immer solchen Zielen diente – aber das wäre eine andere Frage. Manche Kreise kreieren ein Naturrecht, halten Menschenrechte für durch Geburt gegeben oder postulieren Tierrechte als von sich aus bestehend. Solche Sichtweisen sind fromme Wunschvorstellungen, eine argumentative Basis haben sie nicht. Recht ist immer von Menschen gemacht – und den meisten Einfluss auf Rechtsetzung und die (davon oft noch abweichende) Rechtsprechung haben die Menschen mit der meisten formalen, physischen oder ökonomischen Macht. Gesetzen, Verordnungen und andere Normen spiegeln die Kräfteverhältnisse in der Gesellschaft wider – aufgrund ihrer langen Überarbeitungszeiten oft zudem noch aus zurückliegenden Zeiten. Ziviles und Strafrecht in Deutschland sind überwiegend Normen aus Kaiser- oder Nazizeiten. Leider gibt es nur selten Positionen, die das Recht als das bezeichnen, was es ist: Spielregeln, überwiegend durch die Mächtigen geschaffen, aber vor allem der Unterdrückung entgegenstehender Interessen dienend. Zivilgesellschaftliche Gruppen und fast alle Veröffentlichungen verbreiten hingegen das Märchen vom guten Recht, das es zu schützen und anzuwenden gilt. Nur wenige Buchverlage wagen die Kritik. Anarchistische Blickwinkel auf die Funktion von Recht und Strafe finden sich im SeitenHieb-Verlag, zudem haben die marxistisch orientierten Verlag Papyrossa (2016 unter dem Titel „Recht, Rechtsstaat und Gerechtigkeit, 142 S., 12,90 €) und dietz berlin (ebenfalls 2016 als „Kritik am Recht“, 447 S., 39,90 €) Texte des inzwischen 90jährigen, ehemaligen Jura-Professors Hermann Klenner veröffentlicht. Während das umfangreichere Buch etliche Einzelaufsätze aus den Jahren 1988 bis 2015 enthält, dürfte das kleinere Taschenbuch vor allem für den Einstieg in den Ausstieg der Rechtsgläubigkeit geeignet sein. Für ein breites Publikum ist es auch deshalb geeignet, weil es gleichzeitig den mindestens ebenso populären Begriff „Gerechtigkeit“ einer kritischen Prüfung unterzieht, unter anderem mit dem Hinweis, dass in dessen Namen so manche Kriege angezettelt wurden. Ergänzt wird das Buch um einige Passagen zum Recht von Karl Marx. „Kritik am Recht“, selbstbenannt als „aktualisierende Rechtsphilosophie“ konzipiert, dürfte hingegen selbst für studierte Jurist_innen ein angemessenes Angebot zum Überdenken bisheriger Positionen sein.

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