Laienverteidigung

VERKEHR, UMWELT UND DER KAPITALISMUS

Gegen das Auto und das Gequatsche vom Grundrecht auf Autofahren


1. Völlig verfehlte Verkehrspolitik
2. Zahlen, Fakten, Zitate - Material für Eure Flyer, Schautafeln usw.
3. Zahlen aus der Studie „Mobilität in Deutschland“ und dem ADAC-Mobilitätsindex
4. Gute Gründe gegen Autos (egal, welcher Antrieb)
5. Gegen das Auto und das Gequatsche vom Grundrecht auf Autofahren
6. Woran die Verkehrswende scheitert ...
7. Diesel & Co.: Alte Autos weg, aber keine neuen her!
8. Die sozialen Aspekte der Verkehrswende (gerechte Mobilität)
9. Abschaffung der Verkehrsregelungen senkt Unfallquote
10. Flugverkehr
11. Bahn jahrzehntelang zerlegt - Konzern kümmert sich vor allem um Aktienkurse
12. Politiker*innen-Gequatsche
13. Sprücheklopfer, Lobby & Co.
14. Vergessene Fragen der Mobilität
15. Bücher, Texte und Links zum Themenbereich

Bemerkenswerte Rede einer VW-Mitarbeiterin auf der Verkehrswendedemo am 2.6.2020 in Wolfsburg

Aus "Massenvernichtungswaffe: Ein Soziologe will private Autos abschaffen", auf: Business Insider am 5.9.2019
Man könnte sagen, Klaus Gietinger führt einen Feldzug gegen Autos. ... „Das Auto ist eine Massenvernichtungswaffe“, begründet Klaus Gietinger im Gespräch mit Business Insider seine Abneigung. Im Verkehr sterben jährlich 1,35 Millionen Menschen, zitiert er die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Damit ist es die achthäufigste Todesursache weltweit. Zum Vergleich: Durch Terrorismus starben im Jahr 2017 laut des Institute for Economics and Peace weltweit knapp 20.000 Menschen. Hinzu komme die Umweltverschmutzung. „Autos töten nicht nur Menschen auf der Straße, sondern liefern auch einen wesentlichen Beitrag zu den CO2-Emissionen“, führt der Autor aus.
Das Umweltbundesamt gibt Gietinger Recht: Der Verkehr ist der einzige Sektor, in dem Deutschland seine Treibhausgas-Emissionen im Vergleich zu 1990 nicht reduziert, sondern sogar erhöht hat. ...
„Autos sind der Grund, warum Menschen auf dem Land auf Autos angewiesen sind.“ „Die Motorisierung hat dazu geführt, dass wir immer weiter und schneller fahren“, so der Soziologe. Dabei sei der Mensch eigentlich ein Wesen für Nahmobilität. „Früher hatte man alles in seiner Nähe: Einen Tante-Emma-Laden, eine Kneipe, ein Kino, ein Schwimmbad“, gibt er zu bedenken. „Heute muss man mit dem Auto dorthin fahren.“ Deswegen brächten Autos auch keinen Zeitgewinn.
Teilweise habe die Autoindustrie aktiv zu dieser Entwicklung beigetragen: In den USA kaufte General Motors in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts das Straßenbahnnetz in einigen amerikanischen Städten auf und ließ diese dann stilllegen oder durch Busse ersetzen.


Aus "Mobilitätswende ist mehr als Verkehrswende", im: Handelsblatt Business Briefing am 11.10.2019 (S. 2)
Wie können zehn Milliarden Menschen ökologisch verträglich mobil sein? Dafür sind radikal neue Konzepte erforderlich. Kluge Kommunen bringen schon heute 60 Prozent des Berufsverkehrs aufs Fahrrad. ...
Damit Material-, Energie- und Raumbedarf und deren negative ökosoziale Effekte nicht rasant steigen, muss eine Mobilitätswende her, die viel umfassender ist, als Millionen E-Autos vom Band rollen zu lassen oder den Verkehr digital besser zu regeln. Das erfordert grundsätzliches Umschwenken: vom Straßen- zum schienengebundenen Verkehr, von individueller Autodominanz zu mehr kollektiver Mobilität mit viel mehr Raum und Sicherheit für Fahrradfahrer und Fußgänger. Es geht zudem um grundlegend neue Geschäftsmodelle bei Transport und Logistik, um weniger Flugverkehr und völlig neue Entwicklungskonzepte für Städte und den ländlichen Raum. ...
„Wie Stadtentwicklung und Mobilität aktiv nachhaltig gestaltet werden können, zeigt kluge Mobilitätspolitik in Skandinavien, den Niederlanden und Österreich.“ Amsterdam, Oslo, Kopenhagen, Stockholm, Wien und andere Städte sorgten gleichermaßen für soziale Gerechtigkeit, hohe Lebensqualität, funktionierende öffentliche Räume, Klimaschutz und Ästhetik. In Stockholm gelte das zwar erst für die Innenstadt, noch fehle die Anbindung des Umlands, aber erste Schritte seien getan, bestätigen dortige Journalisten. Die Städte seien überzeugt, dass Mobilität wie Trinkwasser zur staatlichen Daseinsvorsorge gehöre, sagt Rammler. „Die Erfolgskombination besteht aus dichtem Fahrradwegenetz, eng getaktetem öffentlichem Personennahverkehr und kollektiven digitalisierten E-Mobilitätsangeboten.“ Den ÖPNV ergänzten private oder öffentliche digitale Mobilitätsanbieter und Sharingangebote. Stehe dies Angebot, könnten Kommunen durch emissionsabhängiges Parkmanagement, Städtemaut oder anderes den Autoverkehr regulieren. „Urbane Mobilität kann dauerhaft nur nachhaltig sein mit einem leistungsfähigen kollektiven Verkehr und starker Förderung des Zweirads als total unterschätzter Verkehrstechnologie für Personen und Güter.“ Denen, die Radfahren nur als Schönwetteroption betrachten, ruft Rammler zu: „Kopenhagen hat geschafft, 60 Prozent des Berufs- und Ausbildungsverkehrs morgens und abends aufs Fahrrad zu bringen – trotz Regen und Wind!“
Für den ländlichen Raum sei die Trias aus öffentlichem Verkehr, digitaler E-Mobilität und Fahrrad ebenfalls machbar. Die Abkehr von der erzwungenen Automobilität auf dem Land benötige jedoch mehr Zeit und erfordere von den Kommunen für die lokalen Gegebenheiten und Bedürfnisse maßgeschneiderte Mobilitätskonzepte. ...
Eine Mobilitätswende bedeutet auch andere Flächennutzungen. Die meisten Flächen in Städten sind neben den Gebäuden die Straßen und Parkplätze, obwohl Autos 23 Stunden täglich nutzlos herumstehen. Das ist nicht nur überaus ineffizient, sondern versiegelt Böden, heizt Städte auf und verstärkt Überflutungen. ...
Die Verkehrsfläche aber steigt seit 2012 deutlich an. Die geplanten Prämien für neue Elektrofahrzeuge werden die Nachfrage nach Verkehrsleistungen nicht verringern und diese nicht vom Wirtschaftswachstum entkoppeln – was die 2018 aktualisierte Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie aber eigentlich vorsieht. ...
Vielleicht fehlt es der Branche an Vorstellungskraft und Unternehmertum. Und vielleicht bieten Hersteller eines Tages etwas ganz anderes als Autos. Wer meint, der Gedanke sei absurd, schaue sich Peugeot an: Diese Firma entspringt einer Ölmühle und einer Gerberei, und bis heute prangt die Marke auf erstklassigen Pfeffermühlen.


Aus "Wider den Fetisch Auto. Warum die Zeit des Automobils vorbei ist - Essay", in: Politik und Zeitgeschichte 43/2019
Das Auto ist, wie das Messer, das Gewehr und der schwere Stein, ein potenzielles Mordinstrument, aus dem ein reales wird, sobald vorsätzliche Raserei mit Todesfolge gerichtlich als Mord eingestuft wird, wie dies in jüngerer Zeit immerhin vorkommt. ...
Es erstaunt, dass der triftigste Maßstab, der bei der Beurteilung des Automobils anzulegen ist, in der öffentlichen Debatte praktisch nicht zur Sprache kommt: die unmittelbaren, nachweisbaren Schäden für Leib und Leben der Menschen, unbeteiligter inbegriffen. Die Statistik spricht eine deutliche, außerordentlich brutale Sprache: Seit 1950, seit überhaupt regelmäßig Zahlen erhoben werden, kamen auf deutschen Straßen mehr als 780.000 Menschen ums Leben; das sind mehr, als Frankfurt am Main Einwohner hat. Ein Höchststand wurde im Jahr 1970 mit mehr als 21.000 Toten erreicht; seither sind die Zahlen, mit wenigen Ausschlägen, rückläufig, mittlerweile haben sie sich bei rund 3.300 pro Jahr eingependelt – immer noch die Einwohnerzahl eines größeren Dorfs. ...
Jährlich und durchschnittlich werden in Deutschland mehr als 2,5 Millionen Straßenverkehrsunfälle erfasst, bei denen rund 300.000 Personenschäden auftreten. ...
o schon ein Tempolimit, das Deutschland, wie Nordkorea, als eines der wenigen Länder der Erde auf den Autobahnen faktisch nicht hat, als Freiheitsberaubung gilt, da kann man Fahrverbote vollends vergessen, selbst wenn in den dafür vorgesehenen Bereichen bald der Erstickungstod droht. Eingriffe in die freie Fahrtmöglichkeit für freie Bürger gelten hierzulande als Menschenrechtsverletzungen. ...
Der Atmosphärenchemiker Johannes Lelieveld schätzt, dass allein in Deutschland jährlich ungefähr 100000 Menschen aufgrund der Feinstaubbelastung vorzeitig sterben und im Durchschnitt 17 Lebensjahre verlieren. Daran sind nicht nur die Kraftfahrzeuge schuld; aber es wäre nur vernünftig, den Autoverkehr als einen wichtigen Posten einzubeziehen, wenn die Luft sauberer und das Klima besser werden sollen.


Aus "Studie über teure Autos: Auto statt Altersvorsorge", in: taz, 26.1.2022
Fehlende Geschwindigkeitsbegrenzungen auf Autobahnen spiegeln die Freie Fahrt für Freie Bürger wider, und „frei“ ist hier wie im Alten Rom als wohlhabend zu verstehen. Wer sich ein schnelles Auto leisten kann, hat auch ein Interesse daran, dass es kein Tempolimit gibt.

Anti-Chauvi-Spruch zum Thema Auto: Männer fahren besser - mit Bus und Bahn
(geklaut von einem Buchtitel - aber einfach schön)



Gibt es ein Grundrecht auf Autofahren?
Ja, sagt, sagt der Hessische Verwaltungsgerichtshof unter dem Vorsitzenden Richter Harald Wack, der in der FDP aktiv ist und die große Gießener Fahrradstraße auf dem Anlagenring zu Fall brachte, weil er meinte, Autofahrenden dürfe nicht einfach was weggenommen werden, um eine Verkehrswende einzuleiten. Er schrieb das in die Bestätigung eines Verbots der Demonstration gegen den Abriss der Fahrradstraße (über ein Jahr später begründete er das Verbot viel ehrlicher und bezeichnete die dortigen Klimaschützer*innen pauschal als "Politchaoten", denen "es nicht um den Klimaschutz, sondern um die Zersetzung der gesellschaftlichen Ordnung" geht.

Aus dem Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes (VGH) vom 5.10.2023 (Az. 2 B 1353/23)
Demgegenüber ist aber zu berücksichtigen, dass das Protestcamp die Durchfahrt von Pkw und Lkw von der Landgrafenstraße auf die Ostanlage blockiert. ... Zwar können Radfahrer und Fußgänger die Straße passieren, aber dieses Recht steht nach dem Widmungszweck der Straße auch dem motorisierten Kraftfahrzeugverkehr zu. Es fällt hierbei auch die allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG der Pkw- und Lkw-Fahrer ins Gewicht, deren individuelle Rechtsgüter ebenfalls von der öffentlichen Sicherheit umfasst werden.

Hatte schon das Verwaltungsgericht vorher ebenso festgestellt (Pressemeldung des VG)
Dies diene der Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs sowie der allgemeinen Handlungsfreiheit Dritter.

Für diese rechtlichen Wertungen gibt es keine Grundlage. Denn zwar ist die Mobilität, also die Möglichkeit und Fähigkeit, seinen Aufenthaltsort zu wechseln, ein Grundbedürfnis und sollte auch ein Grundrecht sein. Aber das ist es gar nicht. Stattdessen schränken Fahrpreise, Barrieren, fehlende Nahverkehrsverbindungen, ständige Gefahren durch Autos usw. dieses Recht vielerorts ein. Mobilität steht auch nicht direkt als Grundrecht im Grundgesetz, sondern wird hilfsweise indirekt abgeleitet aus der allgemeinen Handlungsfreiheit oder in Spezialfällen auch aus anderen Grundrechten wie der Berufsfreiheit. Damit wäre die Mobilität bereits nachrangig gegenüber zum Beispiel der Versammlungsfreiheit. Es ist also schon deshalb falsch, dass immer wieder die "Leichtigkeit des Verkehrs" als Grund für Versammlungsverbote oder -beschränkungen auf Straßen angeführt werden.
In der praktischen Auseinandersetzung kommt es aber noch dicker. Denn weder das aus anderen Grundrechten hilfsweise abgeleitete Recht auf Mobilität noch der Begriff "Leichtigkeit des Verkehrs" sagen aus, welches Verkehrsmittel dabei genutzt wird. Trotzdem werden diese Floskeln völlig unreflektiert und wie selbstverständlich nur auf den Autoverkehr angewendet. Dafür gibt es aber keine irgendwie nachvollziehbare Herleitung. Es wäre genauso berechtigt, auf Basis der allgemeinen Handlungsfreiheit das Autofahren zu verbieten, weil es den Kindern die Handlungsfreiheit nimmt, auf der Straße zu spielen, den Radler*innen die Möglichkeit, dort zu fahren, oder Sportler*innen, dort Basketball zu spielen.
Der Bezug auf vermeintliche Grundrechte ist deshalb ein juristischer Trick, das Autofahren zu bevorzugen. Das Grundgesetz gibt das eindeutig nicht her. Die Herleitung erfolgt aber trotzdem. Sie ist ideologisch bestimmt, denn für Fuß und Rad gilt das alles nicht. Sonst müssten Autobahnen auch für Radler*innen geöffnet werden - allgemeine Handlungsfreiheit, oder?
Auch die Straßenverkehrsordnung gibt diese Bevorzugung des Autoverkehr nicht her. Gegenüber dem Versammlungsrecht ist die StVO ohnehin nachrangig, d.h. mit Formulierungen aus der StVO dürfte ein Versammlungsverbot nicht begründet werden. Wird es aber. Dabei reicht allein § 1 der StVO, um das Auto zu verbieten. Dort steht im Absatz 2 nämlich: "Wer am Verkehr teilnimmt hat sich so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird." Ein Auto gefährdet immer - und zwar stets mehr als andere Verkehrsmittel und damit überflüssigerweise. Da die Verben mit einem "oder" verbunden werden, reicht die StVO-Formulierung als Verbotsgrund. Sätze, aus denen eine ähnliche Schlussfolgerung schlüssig wäre, finden sich auch in weiteren Paragraphen, zum Beispiel "Wer ein Fahrzeug führt, darf nur so schnell fahren, dass das Fahrzeug ständig beherrscht wird" oder "Es darf nur so schnell gefahren werden, dass innerhalb der übersehbaren Strecke gehalten werden kann". Autos für die eigene Mobilität zu nutzen, schränkt andere Formen der Mobilität und andere Formen des freien Handelns (Spiel, Sport, Erholung, Entspannung usw.) stark ein. Da es Alternativen zum Auto gibt, ist dessen Benutzung unverhältnismäßig. Wo die Alternativen fehlen, ist das Folge einer dieses Fehlen gezielt herbeigeführten Verkehrspolitik und damit ebenfalls nicht alternativenlos. Das Autofahren des Einzelnen ist daher gerade nicht von der allgemeinen Handlungsfreiheit gedeckt und daher ein niederrangigeres Interesse gegenüber Versammlungsrecht oder aus der allgemeinen Handlungsfreiheit abgeleitete Rechte Anderer. Der Staat ist rechtlich gebunden, Bedingungen herzustellen, die die allgemeine Mobilität ermöglichen, ohne auf das grundrechtsinkompatible Autofahren zurückgreifen zu müssen - und zwar für alle.

Aus "Grundrecht auf (Auto-)Mobilität?", auf: Bucerius Law Journal
Wenn Mobilität Voraussetzung für die Erfüllung anderer Grundbedürfnisse ist, muss der Staat die Möglichkeiten der Ortsveränderung so ausgestalten, dass jeder diese befriedigen kann. ...
Die Allgemeine Handlungsfreiheit verankert die Grundannahme unserer Verfassung, dass jeder Mensch zunächst bis zur Freiheit des anderen frei ist, im Grundrechtekatalog. Weil es anerkannt ist, dass diese allgemein und subsidiär jegliche Form menschlichen Handels schützt, ist auch die Wahrnehmung von Mobilität in jeglicher Form vom Schutzbereich des Art. 2 Abs. 1 GG als dessen Konkretisierung umfasst. ...
Durch den Umzug vieler Menschen vom Land in die Stadt besteht die Gefahr, dass Menschen auf dem Land – und das betrifft vor allem ältere Generationen – von Grundversorgungsmöglichkeiten, zum Beispiel einem Arzt, und dem sozialen Leben abgeschnitten werden. Doch was die Sicherung und Schaffung von Mobilität betrifft, wird diese über Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG in ihren Mindestanforderungen für Hilfsbedürftige garantiert, sogar als subjektiver Leistungsanspruch. Wenn gesellschaftliche Entwicklungen neue Standards der Mobilität erfordern, dann verändert sich damit nur die Anforderung daran, was der Staat in Erfüllung seiner Gewährleistungsverantwortung zu leisten hat. Die „Mobilitätsfreiheit“ ist deshalb kein spezielles, unbenanntes Grundrecht, sondern vielmehr eine weitere Konkretisierung der Allgemeinen Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG. ...
Es ist nicht ersichtlich, warum ausgerechnet das Auto für die Ausübung eines bestimmten Grundrechts als Verkehrsmittel notwendig sein sollte. Dies ist vielmehr eine Frage von Verkehrsausgestaltung, grundrechtlichen Mindestanforderungen und Übermaßverbot. Solange also nur Mobilität im Allgemeinen erforderlich ist, kann Automobilität nicht im Speziellen geschützt sein. ...
In die Änderung der Verkehrsstruktur in den Städten spielen verfassungsrechtlich vor allem Belange der Umwelt (Art. 20a GG), die allgemeine Lebensqualität in Städten, städteplanerische Interessen und Anliegerrechte (Art. 14 Abs. 1 S.1 GG) hinein. Weil Autoabgase der Luftqualität, Natur und Gesundheit schaden, plädieren politische Ansätze oft dafür, den motorisierten Individualverkehr zu reduzieren, während der Öffentliche Personennahverkehr und andere alternative Verkehrsmittel gestärkt werden sollen. Die effektivsten Maßnahmen einer solchen Verkehrswende sind Fahrverbote für den Automobilverkehr. Für solche lässt sich ins Feld führen, dass dem Staat eine Schutzpflicht von Leben und Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger obliegt. Diese Schutzpflicht wird nicht nur relevant, wenn die Bewohner und Bewohnerinnen von Großstädten zu vielen Schadstoffimmissionen ausgesetzt sind, sondern insbesondere auch bei Unfällen mit Autos, denen jährlich tausende Menschen zum Opfer fallen. ...
Wer physisch nicht in der Lage ist zu laufen oder Fahrrad zu fahren, muss durch ein ausgebautes, barrierefreies Bahn- und Busnetz oder aber Taxifahrten weiterhin den Arbeits- oder Versammlungsplatz oder das Kino erreichen können. ...
Weil aber Automobilität zum Kernbereich der Grundrechtsausübung eines bestehenden Grundrechts werden kann, darf diese auch nicht zu sehr beschränkt werden (Übermaßverbot). So erfahren Privatpersonen in der Nutzung ihres Autos zunächst Schutz durch Art. 14 Abs. 1 GG. Verstärkt wird dieser Schutz noch, wenn passionierte AutofahrerInnen geltend machen, dass Autofahren – vergleichbar mit dem Taubenfüttern im Park – eine elementare Betätigung ihrer Persönlichkeitsentfaltung gem. Art. 2 Abs. 1 GG darstellt. Vorstellbar ist allerdings, dass dieser Mindestgarantie schon genüge getan wäre, wenn das individuelle Autofahren außerhalb von Städten auf Autobahnen und Landstraßen, sozusagen als „Freizeitaktivität“ (wie eben das Taubenfüttern oder „Reiten im Walde“) noch möglich bliebe. Alternativ könnten auch nur bestimmte (Schnell-)Straßen in größeren Städten für den regulären motorisierten Individualverkehr – gegen ein Entgelt? – zugänglich sein.


Benjamin Jendro, Sprecher der Polizeigewerkschaft GdP in Berlin, kommentierte ebenfalls auf Twitter: „Mich ereilte bei meiner Fahrt im RE1 durch Berlin soeben ein Foto vom Spandauer Damm / Fürstenbrunner Weg, wo sich am Morgen ein paar Menschen auf den Asphalt geklebt haben, weil sie von ihrer Meinung überzeugt sind und Grundrechte anderer für sie nicht zählen.“

Aus "Das „Grundrecht auf Autofahren“ als Grenze demokratischer Stadtgestaltung?" von Dr. Jakob Hohnerlein Senior Researcher Öffentliches Recht beim Max-Planck-Institut zur Erforschung von Kriminalität, Sicherheit und Recht, auf: Verfassungsblog am 14.5.2022
Diese Woche wurde bekannt, dass der Berliner Senat das Volksbegehren „Berlin autofrei“ für unzulässig erklärt hat. Das Volksbegehren verstoße gegen das Grundgesetz, da es einen unverhältnismäßigen Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit darstelle. Die Entscheidung lässt aufhorchen. Kann es wirklich sein, dass das Interesse, mit dem Auto durch Berlin zu fahren, ein politisches Projekt zur radikalen Um gestaltung des urbanen Raums verfassungsrechtlich unzulässig macht? Wie im Folgenden zu zeigen ist, beruht das Votum des Senats auf einem grundsätzlichen Missverständnis der Reichweite des Schutzes der allgemeinen Handlungsfreiheit, das zu einer gravierenden Einengung politischer Handlungsspielräume führt. ...
Die Besonderheit der allgemeinen Handlungsfreiheit besteht nun darin, dass ihr ein solches substanzielles Gewicht nicht zukommt. Wenn Verhaltensweisen von keinem der in der Verfassung als besonders wichtig anerkannten Rechte erfasst sind (wie weit diese reichen ist eine Frage der Auslegung und Verfassungsfortbildung; dabei kommt dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG besondere Bedeutung zu), darf dieses Ergebnis nicht durch eine selbstständige Wichtigkeits-Zumessung durch Verfassungsrichter ersetzt werden. Vielmehr unterliegt die politische Gestaltung in diesem Bereich keinen materiellen Grenzen. Der bloße Wille der Grundrechtsträger, so und nicht anders zu handeln, hat hinter dem in demokratischen Prozessen gebildeten Mehrheitswillen zurückzustehen, politische Ziele durch Beschränkungen dieser Handlungsfreiheit zu verfolgen. ...
So ist beispielsweise klar, dass der Gesetzesvorbehalt für Versammlungen unter freiem Himmel nicht dazu berechtigt, Demonstrationen allein zur Verbesserung der Leichtigkeit des Verkehrs zu verbieten. ...
Autofahren ist allgemeine Handlungsfreiheit, nicht weniger, aber auch nicht mehr. Demokratischen Mehrheiten steht es daher frei, das Autofahren im urbanen Raum als sozialschädlich einzustufen und daher zu beschränken oder ganz zu verbieten. Dabei müssen sie rechtsstaatliche Grundsätze wahren, insbesondere hinreichend bestimmte Normen schaffen, und ein legitimes Ziel jenseits einer bloß gefühlsmäßigen Ablehnung des Autofahrens angeben. Dieses kann nicht nur in der Verkehrssicherheit, sondern gerade auch in der Gestaltung des urbanen Raums bestehen. Eine Abwägung ist aber nicht erforderlich. Dass der Eingriff gegenüber den rechtlich ohne weiteres zulässigen Teileinziehungen zur Schaffung von Fußgängerzonen und Fahrradstraßen quantitativ weiterreicht, spielt daher keine Rolle.


Auf der Seite juraacademy.de
Art. 2 Abs. 1 GG ist gegenüber den speziellen Freiheitsrechten ein Auffanggrundrecht. Soweit der sachliche (und persönliche) Schutzbereich eines speziellen Freiheitsrechts eröffnet ist, tritt die allgemeine Handlungsfreiheit hinter diesem speziellen Freiheitsrecht zurück. Art. 2 Abs. 1 GG ist somit nur subsidiär anwendbar.


Der große Irrtum bei der "Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs"
Die Vorgabe, dass alle Maßnahmen der "Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs" entsprechen müssen, hat zu einer ständige Bevorzugung des Autos geführt - und führt es bei vielen politischen und Gerichtsentscheiden immer noch.

Im Original: Demoverbot, weil Leichtigkeit des (Auto-)Verkehrs berührt ist
Aus der Begründung der Stadt Gießen für ein Verbot einer Versammlung auf einer kleinen Nebenstraße, weil Autos deshalb einen kleinen Umweg von max. 100m nehmen müssen (Rad- und Fußverkehr ist unbeeinträchtigt) - Schreiben vom 29.9.2023
Die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs stellt nach allg. Meinung ein Schutzgut der öffentlichen Sicherheit dar.
Mit dieser Formulierung wird das Verbot begründet, die Fahrbahn nutzen zu dürfen. Mit "Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs" ist hier nur der Autoverkehr gemeint, den Rad- und Fußverkehr konnten die Stelle weiterhin passieren, ÖPNV gab es auf dieser Strecke nicht. Verkehr = Autoverkehr ist die häufigste Rechtsbeugung in Auseinandersetzungen um eine gleichberechtigte Mobilität.

Aus dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Gießen vom 29.9.2023 dazu (Az. 9 L 2430/23.GI)
Die Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs ist ein Schutzgut der öffentlichen Sicherheit ... überwiegen der Rechte Dritter und der Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs

Aus der Pressemeldung des VG dazu
Dies diene der Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs sowie der allgemeinen Handlungsfreiheit Dritter.

Aus dem Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes (VGH) vom 5.10.2023 (Az. 2 B 1353/23)
Wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat, liegt eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit vor.

Dann ein völlig unlogischer Sprung:
Bei innerörtlichen Straßen und Plätzen ist zudem zu berücksichtigen, dass Einschränkungen oder gar ein Verbot aus Gründen der Verkehrsbehinderung nur unter engen Voraussetzungen in Betracht kommen, weil die Widmung die Nutzung zur Kommunikation und Informationsverbreitung einschließt (vgl. HessVGH, Beschluss vom 04.06.2021 - 2 B 1193/21 -, juris Rn. 4). Danach rechtfertigt die von der Antragsgegnerin geltend gemachte Gefährdung der öffentlichen Sicherheit die Beschränkung der Versammlung nach § 14 Abs. 1 HVersFG durch Begrenzung bzw. Verlegung der Versammlungsfläche.
Durch den jetzigen Versammlungsort wird die öffentliche Sicherheit verletzt. Die Sicherheit oder Ordnung des Straßenverkehrs ist ein zu schützendes allgemeines Rechtsgut (§ 45 Abs. 1 Satz 1 Straßenverkehrsordnung). Auch die Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs stellt ein Schutzgut der öffentlichen Sicherheit dar, welches durch die Vorschriften des Straßenverkehrsrechts geschützt ist (Groscurth, in: Peters/Janz, Handbuch Versammlungsrecht, 2. Auflage 2021, G Rn. 58). Zwar treten die grundsätzlich einzuhaltenden Vorschriften des Straßenverkehrsrechts hin-ter das Versammlungsrecht zurück, weshalb gewisse Erschwerungen oder vorüber-gehende Störungen des Straßenverkehrs hinzunehmen sind; gleichwohl haben die Versammlungsteilnehmer die verkehrsrechtlichen Vorschriften grundsätzlich zu be-achten (Groscurth, in: Peters/Janz, Handbuch Versammlungsrecht, 2. Auflage 2021, G Rn. 58). Das Versammlungsrecht gestattet es ferner nicht, absichtlich den Stra-ßen- oder Schienenverkehr lahmzulegen (Groscurth, a.a.O.). Die streitgegenständliche Versammlung in Form des Protestcamps blockiert die Durchfahrt von Pkw und Lkw von der Landgrafenstraße auf die Ostanlage und beein-trächtigt damit die Leichtigkeit des Verkehrs in erheblichem Maße. ...
Demgegenüber ist aber zu berücksichtigen, dass das Protestcamp die Durchfahrt von Pkw und Lkw von der Landgrafenstraße auf die Ostanlage blockiert. Diese absichtliche Blockade einer Straße geht weit über das unvermeidliche Maß der Beein-trächtigung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs hinaus und stellt somit eine Verletzung der öffentlichen Sicherheit dar (vgl. Hettich, Versammlungsrecht in der Praxis, 2. Auflage 2018, Rn. 191). Zwar können Radfahrer und Fußgänger die Straße passieren, aber dieses Recht steht nach dem Widmungszweck der Straße auch dem motorisierten Kraftfahrzeugverkehr zu. Es fällt hierbei auch die allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG der Pkw- und Lkw-Fahrer ins Gewicht, deren individuelle Rechtsgüter ebenfalls von der öffentlichen Sicherheit umfasst werden. ...
Es würde dem Recht zuwi-derlaufen, die durch die streitgegenständliche Versammlung verursachte Blockade des Pkw- und Lkw-Verkehrs auf der Landgrafenstraße zur Einmündung in die Ostanlage weiterhin zu dulden.


Nur: Dass mit "Verkehr" der "Autoverkehr" gemeint ist, lässt sich nirgends ableiten. Das ist einfach nur schlechte Gewohnheit. Für die "Sicherheit und Leichtigkeit" des Fuß- und Radverkehrs wäre die Abschaffung der Autos das Beste. Aber so hat es noch niemensch entschieden. Dabei sind die Belege, dass der Begriff "Verkehr" alle Fortbewegungsarten meint, sehr zahlreich und überzeugend.

Aus dem Urteil des VG Würzburg vom 4.9.2012 (Az. W 4 K 12.364)
Der Oberbegriff der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs hat zum Ziel, dass kein Verkehrsteilnehmer gefährdet (Sicherheit) oder mehr als nach den Umständen unvermeidlich behindert oder belästigt wird (Leichtigkeit). Die Sicherheit hat also die Abwendung von Gefahren für den Verkehr und von diesem, die Leichtigkeit den möglichst ungehinderten Verkehrsfluss im Blick (Wiget in Zeitler, Bayerisches Straßen- und Wegegesetz, Stand Sept. 2011, RdNr. 45 zu Art. 24 und RdNr. 83 zu Art. 23).

Aus "Was ist eigentlich Verkehr?" (7.7.2021)
Was die unklare und vor allem wenig explizite Definition des Verkehrs angeht: In der Praxis führt es in oft dazu, dass unter „Verkehr“ in vielen Zusammenhängen nur der motorisierte Individualverkehr verstanden wird. An sich dürften sich alle Juristen zwar einig sein, dass dies unzutreffend ist. Und es gibt auch Entscheidungen, in denen das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) z.B. auch den Fahrradverkehr als Verkehr betrachtet. Die Rechtsprechung lässt sogar kommunikative Funktionen des Verkehrs zu, also so etwas wie das Gespräch an der Dorflinde.
Trotzdem tappen auch Befürworter der Verkehrwende häufig in die Denkfalle, ausschließlich den Autoverkehr als „Verkehr“ zu akzeptieren: Sie treten dann entweder gegenüber der Verwaltung als Bittsteller auf, obwohl sie eigentlich gleichberechtigte Verkehrsteilnehmer sein sollten. Oder sie fordern rechtspolitisch etwas, was ihnen rechtlich längst zusteht. Schlimmstenfalls führt das dann zu einer weiteren Ausnahme im Gesetz, die von der Rechtsprechung dann maximal restritiv ausgelegt wird und daher an der Behördenpraxis nichts ändert.


Aus "Über die Leichtigkeit des Radverkehrs" (11.11.2020)
Das Bundesverwaltungsgericht hat dazu schon einmal eindeutig Stellung bezogen. In dem bald 10 Jahre alten Urteil ging es um die Radwegbenutzungspflicht, die durch ein entsprechendes Verkehrszeichen für Radwege angeordnet wird. Darin würde zugleich das Verbot liegen, als Fahrradfahrer die Fahrbahn zu benutzen. Daher sei durch das Schild die Leichtigkeit des Fahrradverkehrs eingeschränkt.
Daraus folgt, dass bei der Verteilung des öffentlichen Verkehrsraums jede Einschränkung für eine Verkehrsart zugleich eine Ermöglichung für eine andere Verkehrsart bedeuten kann: Was die Leichtigkeit des Kfz-Verkehrs fördert, kann die Leichtigkeit für den Fahrradverkehr einschränken.

Ähnlich beim Begriff "Pendler". Auch bei dem Wort wird nur an Auto-Pendler gedacht.
Aus "Teil des City-Rings für Autos wieder frei", auf: FFH am 12.9.2023
Aufatmen bei den Pendlern heute Früh in Gießen: Ein Teilstück des Anlagenrings ist nach dem gescheiterten Verkehrsversuch nun wieder in beide Richtungen für den Autoverkehr freigebeben.

Ganz im Gegenteil: Autos nehmen die Grundrechte anderer
Aus "Aggression auf Straßen nimmt zu Deutsche Autofahrer haben sich immer seltener im Griff", auf n-tv am 13.11.2023
96 Prozent aller Autofahrer, dass sie Radfahrer mit ausreichendem Abstand überholen würden. Gleichzeitig gaben sie aber an, dass sie bei 93 Prozent der anderen Autofahrer einen zu geringen Sicherheitsabstand wahrnähmen.
Ähnlich mangelhaft falle die Selbstwahrnehmung bei Radfahrern aus: Knapp die Hälfte von ihnen gebe zu, gelegentlich auf den Gehweg auszuweichen, beobachtet dieses Verhalten aber bei 92 Prozent der anderen Radfahrer.

Interessant wäre deshalb auch der Umkehrschluss: Wenn es tatsächlich so wäre, dass Beschränkungen des fließenden Verkehrs nur aus Gefahrenabwehr (plus die benannten Ausnahmen) zulässig wäre, müssten zum Beispiel alle Erlaubnisse zur Benutzung von Fußwegen zum Parken (per blaues Schild oder per aufgezeichneten Linien) entfernt werden. Denn Fußgänger*innen sind selbstverständlich auch "Verkehr" (auch wenn die Autojustiz das rechtsbeugerischerweise anders sieht). Den einzuschränken, wäre nur bei Gefahr oder einer der Ausnahmen möglich. Allerdings besteht hier keine Gefahr (außer durch das Parken) - und Gehwegparken ist als Ausnahme auch nicht benannt. Also verboten. Und trotzdem überall gemacht!

Dennoch wichtig: Gesetze zur Mobilität runderneuern!
Aus "Rechtliche Hemmnisse und Innovationen für eine nachhaltige Mobilität – untersucht an Beispielen des Straßenverkehrs und des öffentlichen Personennahverkehrs in Räumen schwacher Nachfrage", herausgegeben von: Umweltbundesamt (Texte 94/2019)
Speziell für das deutsche Straßenverkehrsrecht und das Straßenrecht der Bundesländer wird eine grundlegende Neukonzeption empfohlen. Denn die Analyse hat ergeben, dass die gegenwärtigen Bestimmungen von dem einseitigen Ziel geprägt sind, dem Autoverkehr möglichst viel Raum zu geben. Demgegenüber werden wichtige andere Ziele des Gemeinwohls wie die Luftreinhaltung und das kommunale Interesse an einer hohen Wohn- und Aufenthaltsqualität des öffentlichen Raums weitgehend ausblendet. Die gegenwärtigen Rechtsbestimmungen zum Straßenverkehr können keine geeignete Grundlage für eine an Nachhaltigkeitszielen orientierte Mobilitätspolitik bilden, sondern stehen dieser im Weg.

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