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MODERNE FORMEN VON HIERARCHIE: FÜHRUNG IN HIERARCHIEKRITISCHEN GRUPPEN

Einleitung


1. Einleitung
2. Modern führen: Methoden für versteckte Dominanz
3. Assimilieren - die sanfte Übernahme
4. Herrschen, ohne dass es jemand merkt: Instrumentalisierung
5. Kontrolle der Außenvertretung
6. Geschichtsschreibung als Herrschaft
7. Bewegungsagenturen und -kraken
8. Aufstehen!
9. Von Staat und Bewegungsoligarchen gefürchtet: Unberechenbarer Protest
10. Links zu Alternativen ...

Ein Text im Reader "HierarchNIE!" und im Buch "Anarchie. Träume, Kampf und Krampf im deutschen Anarchismus" (Gliederung)

Aus Marshall B. Rosenberg (9. Auflage 2007): "Konflikte lösen durch Gewalfreie Kommunikation", Herder in Freiburg (S. 33): "Nehmen Sie sich vor netten Menschen in Acht."

Mahatma Ghandi: Ein bewusstes und aufrechtes Individuum ist sehr viel gefährlicher für die etablierte Macht als 10.000 eingeschlafene und unbewusste Individuen.

Aus "Wozu Identität?"
Die sozialen Bewegungen der jüngsten Zeit lodern auf wie ein trockenes Reisigbündel, wenn man ein Streichholz dranhält und hineinbläst, und sinken dann ganz schnell wieder in sich zusammen. Die Leute gehen nach Hause und machen weiter wie zuvor. Die Flüchtigkeit weist sie als heutige Bewegungen von heutigen Menschen aus, die von klein auf an die Flüchtigkeit gewöhnt sind. Sie haben nicht die richtige Innenausstattung und das psychische Fundament für die Verfolgung langfristiger Ziele. ...
Aufgaben erledigen zu können ist auch eine Qualität des Revolutionärs, und zwar unabhängig von der eigenen Motivation, unabhängig davon, wie man sich gerade fühlt, unabhängig von der biographischen Situation und davon, ob es mir gerade Spaß macht.


Holger Heide (Quelle des Zitats leider unbekannt)
Wenn wir den fatalen Zyklus von immer neuen entstehenden Initiativen und ihrem folgenden Scheitern - sei es durch Integration in das kapitalistische System -, durchbrechen wollen, müssen wir eine klarere Vorstellung davon entwickeln, woran konkret solche Projekte scheitern, welches die Einfallstore für das Eindringen der Kapitalrationalität sind, wie es in den Initiativen und alternativen Organisationen des Widerstands in bestimmten Situationen zu im Sinne ihrer Autonomie „falschen“ Entscheidungen kommt.

Muss politische Bewegung für die eigenen Strukturen den Anspruch entwickeln, eine "andere Welt" zu wollen und, wo es geht, zu schaffen? Oder ist sie nur ein Abbild gesellschaftlicher Normalität, mit der ein mehr oder weniger von der hegemonialen Politik abweichender Inhalt verkauft wird? Wäre sie Letzteres, würde sie - gleichzeitig, verzögert oder vorausgehend - auch die Modernisierungen von Hierarchien vollziehen. Genau das lässt sich beobachten. Wie in den modernen Demokratien verdrängen auch in Politorganisationen und -netzwerken intransparente Elitesphären die vorherigen, weitgehend formal gebildeten Führungen. Pluralität bedeutet dann nur noch das Neben- und Miteinander von je nach Einzelfall und Nützlichkeit konkurrierenden und kooperierenden Teilen der Eliten, darunter auch weiter hierarchisch organisierten Strömungen. Grabenkämpfe und Spaltungen sind meist nur das Ergebnis von Flügelkämpfen innerhalb der Eliten z.B. um politische Positionen, Anteile öffentlicher Wahrnehmung, Besetzung von Posten oder Zugang zu finanziellen und materiellen Ressourcen. Menschen und Gruppen ohne Anteil an den Eliten werden übergangen oder zum ungefragten Legitimationshintergrund der um Hegemonie ringenden Elitenangehörigen. Diesen gelingt es jeweils mehr oder weniger gut, Teile der Nichteliten durch steuernde Informationspolitik und die Konstruktion eines "Wir" für eigene Zwecke zu mobilisieren. Dadurch entsteht der Eindruck von Zersplitterung und Streit, der tatsächlich aber ein Ausdruck zwar intern um Macht ringender, aber insgesamt autoritärer, oligarchischer Organisationsstrukturen ist. Diese Struktur politischer Bewegungen entspricht dem Parteiwesen im Parlamentarismus, wo hoch-zentralistische Apparate über Informationspolitik und Kollektivbildung ihre jeweilige AnhängerInnenschaft gegen "das Andere" mobilisieren. Der Parteienstreit suggeriert Pluralität im politischen System, obwohl schon bei oberflächlichem Hinsehen deutlich erkennbar ist, dass sehr wesensähnliche Strukturen mit sehr ähnlichen Zielen um ihre Organisationsegoismen (Ressourcen, Macht, Ämter, Monopole) streiten. Das Gezänk erzeugt den Eindruck von Pluralismus, der angesichts der hohen Ähnlichkeit der sich Streitenden eine Täuschung ist. Der Eindruck aber reicht, um nennenswerte Opposition mit tatsächlich abweichenden Vorstellungen ganz oder in der medialen Wahrnehmung zu unterdrücken.

Zitat aus Agnoli, Johannes/Brückner, Peter (1967): "Die Transformation der Demokratie" in: Voltaire Verlag Berlin (S. 30 f.)
Innerhalb eines Systems hingegen gehen nur Führungskonflikte vor sich, die im wesentlichen Konkurrenzkämpfe zur Ablösung der jeweiligen Führungsgruppe sind und die der teilweisen Umgruppierung innnerhalb eines Oligarchienkreises dienen. Die Verkürzung des Herrschaftskonflikts auf den Führungskonflikt reproduziert staatlich-politisch den gesellschaftlichen Vorgang - und den manipulativ vorgenommenen Versuch - der Reduzierung des Antagonismus auf den Pluralismus. Diese Verkürzung - das eigentliche technisch-politische Kernstück des Friedens - trägt wesentlich zur Anpassung und schließlich zur Auflösung eines antagonistischen Bewußtseins gegenüber den Oligarchien bei.

Genau so wie in der modernen Demokratie funktioniert es auch in politischen Bewegungen. Hier wie dort macht gerade die Aufteilung in Strömungen mit ihren jeweiligen Oligarchien eine grundsätzliche Kritik fast unmöglich. Das Problem autoritärer Strukturen wird nun erfolgreich verschleiert - und eine Kritik daran stößt regelmäßig auf Abwehr und Unverständnis, weil die Ursache von kaum jemandem überhaupt noch wahrgenommen wird.

Im Original: Sehnsucht nach Führung?
Aus "Viele Finger, aber keine Faust" über Attac, in: FR, 8.8.2006 (S. 3)
Vor allem jüngere Teilnehmer wünschen sich mehr "Verbindlichkeit" von Attac, mehr Koordination, mehr Zentrale.

Aus einem Bericht zum G8-Vorbereitungscamp "Camp Inski". Mehr ...
Erschreckend war, dass viele TeilnehmerInnen diese Rollenverteilung selbst gut fanden und gegen Kritik verteidigten. So gab es kaum Organisierungsansätze über die von den ohne dominanten Gruppen und Personen hinaus. Eine Zweiteilung in MacherInnen und MitmacherInnen zementiert sich zunehmend.

Aus "Die Linke an einem Bericht", Bericht über eine Podiumsdiskussion mit PDS, Soziale Liste, DIDF, WASG und Sozialforum in Bochum in der Jungen Welt, 12.5.2005 (S. 3)
Es gibt zwar eine Vielzahl von Initiativen, die gegen "Hartz IV" und die Einführung von Studiengebühren, gegen Ausländerfeindlichkeit und Naziterror kämpfen - es ist aber keine Kraft da, die in der Lage wäre, diesen Widerstand überzeugend zu bündeln.

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