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DIE LINKE.PERSONEN

Sahra Wagenknecht

Die lauteste Stimme der Partei Die Linke verbindet eine sehr berechtigte, scharfe Kritik am wohlhabenden grün-linken Bildungsbürger*innentum mit rückwärts gewandten Politikvorschlägen, so dass im Ergebnis ein nationaler Sozialismus entworfen wird.

Aus Sahra Wagenknecht (2021), „Die Selbstgerechten“ (das Buch ist durchgehend nicht gegendert)
Pro Polizei (S. 23)
Dass mancher Bürger, der sich wegen seiner dunklen Hautfarbe in bestimmten Regio nen unseres Landes nicht mehr sicher fühlt, vielleicht über den einen oder anderen zusätzlichen Polizisten auf der Straße ganz froh wäre, ist ein Gedanke, der einer Journalistin, die in einem angesagten Viertel von Berlin wohnt, natürlich nie käme.

Gegen offene Grenzen (S. 37)
Nahezu jedem dürfte klar sein, dass ein wohlhabendes, bereits relativ dicht besiedeltes Land, in das jeder, der möchte, einwandern kann, sich in kür zester Zeit in einen Ort verwandeln würde, an dem keiner mehr gern leben möchte. Aber das ändert natürlich nichts daran, dass man sich enorm gut dabei fühlen kann, offene Grenzen und Bleiberecht für alle zu fordern.

Diskurs (S. 52)
Es sind die großen Erzählungen, die letztlich darüber entscheiden, was ein Mensch als richtig oder falsch und als gerecht oder ungerecht bewertet. Sie formen die Wahrnehmung der Realität, verankern Werte und fördern oder hemmen bestimmte Verhaltensweisen.

Eliten (S. 92)
Neben der Oberschicht verfügt heute vor allem die akademische Mittelschicht über politischen Einfluss und Meinungsmacht. Während die Oberschicht ihren Interessen vor allem über ihre ökonomischen Ressourcen, ihr Geld und ihr Netz von Lobbyisten Nachdruck verleiht, ist es die akademische Mittelschicht, die die Schlüsselstellen in Medien und Politik besetzt. Sie ist in nahezu allen westlichen Ländern zum öffentlichen Meinungsführer und zum Träger großer Teile des Politikbetriebs geworden.

Ausgrenzung der Unterschicht (S. 110ff)
Denn es stimmt zwar: Dem Bundestag gehören heute weit mehr Frauen und auch mehr Nachkommen aus Einwandererfamilien an als in den siebziger Jahren. Es gibt auch mehr Abgeordnete, die mit ihrer Homosexualität offen umgehen, was damals kaum möglich war. Auch die Bundeskabinette sind weiblicher geworden und ein schwuler Minister ist heute nichts Besonderes mehr. Aber genauso richtig ist eben: Die untere Hälfte der Bevölkerung ist aus dem Parlament nahezu komplett verschwunden. Nicht-Akademiker, seien es nun Handwerker, Facharbeiter oder diejenigen, die im normalen Leben in schlecht bezahlten Service-Jobs schuften, muss man mit der Lupe suchen. Weit überrepräsentiert mit einem Anteil von gut 70 Prozent sind dagegen Hochschulabsolventen: Juristen, Lehrer, Sozial- und Politikwissenschaftler. …
Gemessen an der sozialen Vielfalt waren Parlament und Regierung früher tatsächlich sehr viel bunter. Das betrifft sowohl die Repräsentanz nicht-akademischer Berufsgruppen als auch die soziale Herkunft, also den Anteil der Politiker, die in vergleichsweise armen Familien aufgewachsen waren. …
Die gut ausgebildete gehobene Mittelschicht, zu der in den siebziger und achtziger Jahren viele erfolgreiche Aufsteiger aus einfachen , Verhältnissen hinzugekommen waren, schottet sich mittlerweile erfolg reich nach unten ab und sorgt dafür, dass die interessanten, gut dotierten Stellen in Politik und Medien, in der Verwaltung, im öffentlichen Dienst, aber auch in den qualifizierten Dienstleistungsberufen der Privatwirtschaft fast nur noch Nachkommen aus dem eigenen Milieu offenstehen. …
Natürlich eröffnen Paritätsgesetze mehr Mittelschichtfrauen den Zugang zu Parlamentsmandaten, aber dass auch nur eine Supermarktkassiererin davon profitiert, darf ebenso bezweifelt werden wie der Umstand, dass die so gewählten Parlamente sich dann mehr um die Interessen von Supermarktkassiererinnen kümmern.


Fördern und Fordern (S. 128)
Jeder hat danach das gleiche Recht auf Mindestsicherung, egal ob er jemals in die Sozialsysteme eingezahlt hat und auch unabhängig davon, ob er das überhaupt möchte. Ein solcher Ansatz widerspricht nicht nur der breit geteilten Meinung, dass es zwischen Geben und Nehmen ein Gleichgewicht geben muss.

Gegen offene Gesellschaft (S. 129f)
Eine Gesellschaft ohne Mitgliedschaft kann kein Schutzraum sein. Wo jeder hinzukommen kann, gibt es kein Miteinander und auch keine besondere Hilfe füreinander. …
Sich mehr um Nahestehende als um Fernstehende zu kümmern ist nicht unmoralisch, sondern ein normales und legitimes menschliches Verhalten.


Ausgrenzung hilft AfD (S. 192)
Das Underdog-Image hilft auch europäischen Rechtsparteien. Dass sie von allen anderen Parteien gehasst und bekämpft und von den linksliberalen Medien verhöhnt und geächtet werden, schwächt sie nicht, es ist ihr Erfolgsrezept. Denn es verstärkt den Eindruck, dass sie - und nur sie - anders sind als all die Politiker, denen die Verlierer der wirtschaftsliberalen Reformen und der Globalisierung nichts mehr glauben, von denen sie nichts mehr erwarten und für die sie nur noch Groll und teilweise Hass übrighaben.

Gegen FridaysforFuture (S. 200)
Tatsächlich hat die monatelange Klimabewegung » Fridays for Future« Klimaschutzziele nicht etwa populärer gemacht, sondern sie werden heute von weniger Menschen unterstützt als über all die Jahre zuvor.

Abgrenzungslogik (S. 205, 218, 220)
Eine Schlüsselkategorie zur Abgrenzung von Gemeinschaften ist die Unterscheidung von zugehörig und nicht zugehörig. …
Jede Gemeinschaft - auch jede moderne Solidargemeinschaft – beruht darauf, zwischen denen, die dazugehören, und jenen, für die das nicht gilt, zu unterscheiden. Denn Gemeinschaften sind Schutzräume, die ihre Aufgabe nicht mehr erfüllen, wenn sie für jeden geöffnet werden. …
Für Menschen, die sich an Gemeinschaften orientieren, ist ihre Familie nicht irgendeine Familie, ihre Heimatregion nicht irgendein Landstrich und ihr Land etwas anderes als andere Länder.


Ohne Fleiß kein Preis? (S. 220)
Fairness bedeutet für ihn, das zu bekommen, was einem im Hinblick auf die eigene Anstrengung und Leistung zusteht. Einseitige Rechte widersprechen dieser Vorstellung.

Nation (S. 226)
Wer stattdessen daran mitwirkt, nationale Identitäten und die Sehnsucht nach Stabilität, Vertrautheit und Zusammenhalt moralisch zu diskreditieren, zerstört die gesellschaftliche Basis.

Gekaufte Wissenschaft (S. 255)
Natürlich gibt es trotz allem viele ehrliche Wissenschaftler, die sich ihr Ethos nicht abkaufen lassen und Wert darauf legen, seriös und neutral zu arbeiten. Begünstigt werden in dem geschilderten System aber klar die anderen. Dass es immer wieder Studien gibt, die die Unschädlichkeit des krebserregenden Pflanzengifts Glyphosat bescheinigen, ist daher ebenso wenig erstaunlich wie die Unzahl an Forschungsergebnissen, die bestimmte Lebensmittelzusätze für unbedenklich erklären oder just entdecken, dass besonders teure Medikamente besonders wirksam sind. Auch die Tabakindustrie war einst ein eifriger Geldgeber, und - Überraschung! - 94 Prozent der von ihr finanzierten Passivraucher-Studien fanden heraus, dass Passivrauchen keine gesundheitsschädlichen Auswirkungen hat. Auch wegen solcher Studienergebnisse hat es viele Jahrzehnte gedauert, bis Zigarettenqualm endlich vom Arbeitsplatz und aus anderen öffentlichen Räumen verbannt wurde. Bemerkenswert ist auch, wie sehr sich die Forschungsergebnisse zu den Umweltfolgen und der C02 -Bilanz von Elektroautos unterscheiden, je nachdem, ob der Finanzier eher der traditionellen Autoindustrie nahesteht oder Tesla heißt. Jeder kann sich hier die Daten heraussuchen, die zu seiner persönlichen Präferenz passen, und damit seine Argumente pro oder kontra Elektromobilität untermauern.

Leistungsgesellschaft (S. 296f)
Der Abschied von einer nachvollziehbaren Leistungsvergütung und der Niedergang der innovativen und produktiven Potenziale des Kapitalismus stehen daher durchaus in einem Zusammenhang. Aber es geht nicht nur um die richtigen Anreize. Der Anspruch der Leistungsgerechtigkeit entspricht auch dem jahrhundertelange Gemeinschaftsleben entsprungenen Wertekanon der Gegenseitigkeit, nach dem Gerechtigkeit im Miteinander der Menschen bedeutet, dass das, was jemand bekommt, in einem vernünftigen Verhältnis zu dem stehen sollte, was er gibt. Nach dieser konservativen und dennoch keineswegs überholten Gerechtigkeitsvorstellung steht dem Fleißigen mehr zu als dem Faulen und dem Hochproduktiven mehr als dem, der nur Dienst nach Vorschrift macht. …
Der Anspruch, dass der individuelle Status des Menschen nicht von der Herkunft, sondern von der eigenen Leistung bestimmt sein sollte, steht schließlich in der Tradition der Aufklärung, die unter Emanzipation verstand, dass jeder Mensch sein Schicksal selbst bestimmen kann, statt einer feudalen Geburtslotterie ausgeliefert zu sein, die ihn auf eine bestimmte Lebensbahn zwingt. …
Kritik an »Leistungsfanatismus« und »Strebertum« hingegen kam traditionell von den privilegierten Schichten. …
Der Aufstieg und die Emanzipation der weniger Begünstigten indessen wird nur dadurch möglich, dass eine Gesellschaft Leistung und Anstrengung belohnt. …
Heute ist die Kritik an messbaren Leistungskriterien sowie einer leistungsgerechten Verteilung sicher auch deshalb so meinungsstark, weil sie dem Bemühen der akademischen Mittelschicht entspricht, das eigene soziale Milieu nach unten abzuschotten und den Zugang zu lukrativen Berufen auf die eigenen Nachkommen zu beschränken. Genauso verständlich ist es daher, dass der Leistungsgedanke in der klassischen Mittelschicht und der Arbeiterschaft unvermindert lebendig ist und die Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens in diesen Kreisen nahezu keine Unterstützung genießt. Auch wenn es eine ideale Leistungsgesellschaft vielleicht nie geben kann, weil Zufall und Glück individuelle Lebensbahnen immer mit beeinflussen und Leistung sich nie hundertprozentig quantifizieren und messen lässt, taugt die Leistungsgesellschaft als normativer Maßstab für eine gerechte Gesellschaft weit besser als viele andere. Das Ziel sollte also darin bestehen, sich leistungsgerechter Verteilung, leistungsabhängigen Aufstiegschancen und einer an vorangegangenen Leistungen orientierten sozialen Absicherung weitestmöglich anzunähern.


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