Alltagsalternativen

REDEBEITRAG ZU ANTIRASSISMUS IM ALLTAG (14.9.2002 AUF DER DEMO IN GIESSEN)

Antirassismus im Alltag


1. Antirassistische Praxis
2. Antirassismus und Herrschaftskritik verbinden!
3. Antirassismus im Alltag
4. Antirassistischer Widerstand

Antirassismus muß nicht auf Events beschränkt sein. Gerade unserAlltag bietet viele Möglichkeiten, sich rassistischen Verhältnissenzu widersetzen. Nicht nur deshalb, weil der Alltag zum Leben dazugehörtund sich die Frage stellt, warum wir gerade da, wo wir den größtenGestaltungsspielraum haben, auf emanzipatorische Ziele verzichten sollten.Den Alltag zum Ort von kreativem Widerstand und visionärer Debatte zumachen ist vor allem deshalb schlau, weil er immer und überall vorhandenist. Die Diskriminierung nach Geschlecht, Hautfarbe, Alter oder Leistungsfähigkeit,die willenlose Ergebenheit gegenüber Autoritäten und Institutionen,die totale Konkurrenz bis in jedes Spiel hinein - all das begegnet uns immerund überall. So grauselig das ist, es ist auch die Chance, Widerstandzu leben, direkte Aktion zur Alltagsgestaltung zu machen und so auszubrechenaus der permanenten Ohnmacht, aus dem Ausgeliefertsein gegenüber Zuständen,die wir sonst nur zu besonderen Events angreifen ... wie andere Weihnachtenfeiern.
Widerstand im Alltag ersetzt die großen, breit öffentlich angelegtenAktionen nicht, sondern ist eine eigene Aktionsform. Und sie hat viele Facetten:Jede Herrschafts - bis Gewaltausübung zwischen Menschen kann und sollteOrt der direkten Intervention sein - nicht auf andere warten, nicht denken„das könnte ja auch ...“ und nicht die Polizei rufen, wenn es auch direktgeht. Das bedeutet konkret: Bei rassistischen Kontrollen durch BGS-BeamteIn Bahnhöfen und anderswo ... nicht mehr wegsehen und weiter gehen,sondern dazu stellen, Nachfragen an die BGSlerInnen richten. Oder einfachauf die Situation aufmerksam machen, laut sagen: „Hier sehen sie staatlichenRassismus“ und um Unterstützung bitten. Zu zweit gibt es bereits mehrMöglichkeiten ... verstecktes Theater, Überidentifizierung, dasVerteilen kleiner Handzettel usw. Gleiches gilt für alle anderen Situationen,in denen uns Rassismus begegnet ... in Form rassistischer Stammtischparolen,Anmachen oder der Bevormundung von Nicht-Deutschen.
Das ist sicher nicht einfach, da wir alle mehr oder weniger Ängste undZurichtungen mit uns bringen, die auch mir oft im Wege stehen. Deshalb bedarf es der Vorbereitung, am besten des Trainings und Gruppenstrukturen, die unsmit unseren Ängsten auffangen. Und dieser Versuch ist ungemein wichtig:
Überall wo Menschen im Alltag direkt intervenieren eröffnet sichdie Chance zur Thematisierung von Rassismus, Diskussionen und kleine Prozesse... manchmal sogar mit ‚handfesten‘ Erfolgen: Vor zwei Wochen verhinderteein Fluggast in Berlin-Tegel die gewaltsame Abschiebung eines jungen Mannes.Der Abschiebehäftling sollte in Begleitung des BGS mit einem Linienflugder ungarischen Fluggesellschaft MALEV von Berlin via Budapest abgeschobenwerden. Der Fluggast, der das Vorhaben bemerkte, weigerte sich hartnäckigseinen Platz in der Maschine einzunehmen und blieb im Gang stehen. Nach längeremund heftigem Wortwechsel entschied der Flugkapitän daraufhin weder denFluggast, noch den Abschiebehäftling, mitfliegen zu lassen.

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