Alltagsalternativen

GERICHTSPOSSE UND EIN PAAR ZETTEL
SELBST WENN ES UM NICHTS GEHT, BEUGEN RICHTERINNEN DAS RECHT, UM ANGEKLAGTE WEHRLOS ZU MACHEN

Zweite Akte


1. Es geschah im Dezember 2007 ...
2. Zweite Akte

Kurzer Prozess
Vor Gericht bat der Angeklagte erneut um Akteneinsicht - und bekam sie nicht. Dann zückte er einen Befangenheitsantrag ... wegen penetranter Verweigerung der Akteneinsicht. Danach erklärte er der Richterin, dass er sogar davon ausgehe, dass sie genau wusste, rechtswidrig zu handeln und eigentlich alles Rechtsbeugung sei. Der Angeklagte hatte mit seinen Bitten um Akteneinsicht die übliche Reaktion vieler RobenträgerInnen provoziert: Die lügen, verwehren den Angeklagten Rechte - und um schnell und bequem durch den Prozess zu kommen. Meist klappt das ja auch, weil Angeklagte eingeschüchtert vor ihnen sitzen. Diesmal aber nicht ...

Zwischengeplänkel
Nach der Abgabe des Befangenheitsantrags wurde der Prozess erstmal ausgesetzt. Die Richterin nahm dann schriftlich Stellung zum Antrag:

Dienstliche Stellungnahme zum Befangenheitsantrag des Betroffenen Bergstedt
Nach Feststellung der Personalien und Verlesung des Bußgeldbescheides verlangte der Betroffene Akteneinsicht, was verweigert wurde. Daraufhin verlas der Betroffene ein mehrseitiges Ablehnungsgesuch, das zu Protokoll gegeben wurde. Auf Hinweis, er könne Auskünfte aus der Akte erhalten, erklärte er, dies sei nicht ausreichend und verwies auf die Ausführungen im Befangenheitsantrag.

Der Angeklagte erhielt Gelegenheit zur Stellungnahme und nutzte die wie folgt:

herzlichen Dank zur Übersendung der Stellungnahme. Diese beschreibt aus meiner Sicht den Ablauf richtig, aber unvollständig. Richtig ist zunächst, dass mein Antrag auf Akteneinsicht zunächst vollständig abgelehnt wurde. Erst nach der Verlesung meines Befangenheitsantrags behauptete die Richterin, dass mit Auskünfte aus der Akte erteilt werden könnten. Dass die Richterin nach dem Befangenheitsantrag eine andere Rechtsmeinung vertrat als vorher, bewerte ich geradezu aus Beleg für die Richtigkeit nicht nur meiner Auffassung zur Rechtslage bei der Akteneinsicht, sondern auch zur Frage der Befangenheit. Denn die Äußerung hinsichtlich der Erteilung von Auskünften zeigte, dass der Richterin von Beginn an bekannt war, dass auch ein unverteidigter Angeklagter/Betroffener ein Recht auf Kenntnis der Akten hat. Dennoch hat sie dieses vor dem Befangenheitsantrag eindeutig anders formuliert (wie sie selbst ja auch schreibt).
Dass sie nach dem Befangenheitsantrag eine andere Meinung vertrat, ändert an dem Verdacht der Befangenheit nichts. Denn es war ja gerade der Befangenheitsantrag, der die Richterin eine andere Auffassung vertreten ließ. Offenbar war ihr bewusst geworden, dass sie sich verschätzt hatte und den Angeklagten mit der falschen Rechtsauskunft nicht einfach in seinen Verteidigungsrechten beschneiden konnte, weil dieser um seine Rechte wusste. Letztlich würde ich aus dem Ablauf neben der Befangenheit noch den Verdacht der Rechtsbeugung äußern, denn alles deutet darauf hin, dass der Richterin bekannt war, dass sie die Einsicht in die Akten wider geltendes Recht verweigerte. Noch schlimmer: Es muss der Verdacht entstehen, dass sie dieses auch in anderen Fällen so handhabt - aber das ist hier nicht zu entscheiden.
Im übrigen bin ich der Meinung, dass auch die in der „Dienstlichen Stellungnahme“ vertretene Rechtsposition nicht zutreffend ist. Ein unverteidigter Angeklagter/Betroffener hat nicht nach § 147, Abs. 7 der StPO in Verbindung mit der europäischen Rechtssprechung nicht nur ein Anrecht auf Auskünfte aus den Akten, sondern auf Einsicht in die Akten. Allein das Recht, die Akte selbst in Besitz zu nehmen (also z.B. außerhalb des Gerichts einzusehen) ist aus dem Absatz nicht ableitbar. Solches wurde von mir aber auch nie beantragt, weil mir die Rechtslage bekannt ist.
Einzig besondere Gründe des Persönlichkeitsschutzes u.ä. könnten dieses Akteneinsichtsrecht einschränken. Diese liegen hier aber offenbar nicht vor, jedenfalls sind sie nicht behauptet worden.
Es gibt daher keinen Grund einer abweichenden Beurteilung der Geschehnisse.

Ablehnung des Befangenheitsantrages
Am 26.8.2008 wurde der Befangenheitsantrag abgelehnt. Ein bisschen war das zu erwarten - nämlich, dass die Abläufe des Ganzen verdreht wurden. Dass nach dem Stellen des Befangenheitsantrages die Richterin schon zurückruderte und Teil-Akteneinsicht anbot, wird nun als Argument benutzt, dass der Befangenheitsantrag unbegründet gewesen sei.

Wie auch immer: Das Ganze muss nochmal probiert werden. Der neue Termin lautet
  • 17.10. in Nürnburg, 13 Uhr im Amtsgericht, Sitzungssaal 26 (verlegt vom 7.11.2008)

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