Stiftung Freiräume

ZUR KAMPAGNE "EXPO NO!" ZUR EXPO 2000 IN HANNOVER

Was lief im Vorfeld?


1. Ein paar Vorüberlegungen ...
2. HANNOVER - EXPO 2000 - am 25. OKTOBER 2000.
3. Anti-EXPO-Links
4. Anti-Expo-Gruppen und -Kontakte
5. EXPO-NO: Allgemeine Infos Links Materialien
6. Projektbeschreibung
7. Text zur Expo-Widerstand aus der Projektwerkstatt Saasen
8. Texte, Pressemitteilungen
9. Rezension und Buchtipp: Gegenbilder zur Expo
10. Jürgen Resch und Ernst Mischke
11. EXPO-Reader und weitere Materialien
12. Ein Prozessbericht
13. Auswertungstexte
14. Am Ende war die Expo ein Event, den sich auch die kritische Linke nicht entgehen lassen wollte
15. "Deutschland” ist kein Grund zum Feiern
16. Was lief im Vorfeld?
17. Die Aktionswoche
18. Seminarankündigung "Der alltägliche Wahnsinn"
19. Umgang mit Frust und Repression
20. prozeßerklärung
21. Inhalte
22. Mögliche Gründe
23. und jetzt?

Bolle: Viele Zeitschriften haben einen EXPO-Schwerpunkt gehabt (von Interim über iz3w, alaska, anti atom aktuell, Forum Wissenschaft bis hin zu diversen Umweltzeitschriften), es gab fast ein Jahr vorher 2 sehr gute Anti-EXPO-Reader, diverse Homepages, Veranstaltungen, eine Mobilisierungszeitung in hoher Auflage und den ?Durchsteiger? für Hannover samt Direkte-Aktions-Broschüre. Außerdem war das TIPP-EX-Grundsatzpapier in diversen linken Zeitungen abgedruckt. Eigentlich ideale Ausgangsbedingungen für den Widerstand.

Pieke: Erstmal finde ich es ziemlich gut, dass es die bundesweiten Anti-EXPO-Vernetzungstreffen gab, welche ungefähr alle zwei Monate stattfanden. Aus diesen Treffen gingen Aktionsideen, die Informationsverteilung (Organisation des Rundbriefes / e-mail Verteiler) und eine Pressemappe hervor. Die Idee einer Infostruktur (SMS, Infopoints) während der Aktionswoche und das Blockadekonzept wurden ausgearbeitet. Nicht so gut lief, trotz der Bemühungen, möglichst viel transparent zu halten.
Vieles wurde über e-mail diskutiert und dadurch ist letztlich so etwas wie eine Interna-Struktur entstanden. Vor allem in der Diskussion bzw. dem Stillstand der Diskussion um das Blockadekonzept hat sich das negativ ausgewirkt. Vielen Leuten war die Idee des Blockadekonzepts selbst in Hannover - kurz vor der Eröffnung - nicht bekannt. Auf den Infoveranstaltungen, die im Vorfeld liefen, wurde es wenig angesprochen und schon gar nicht grundsätzlich diskutiert.
Es war besonders für die Vorbereitung von Aktionen hinderlich, daß die Infopakete in einigen Regionen zu spät ankamen (drei Tage vor der Demo in Hannover!). Dadurch fehlten den Kleingruppen und Einzelpersonen wichtige Infos über die Infrastruktur Hannovers.

Bolle: Kurz vor der Eröffnung ist dann voll die Scheiße gelaufen. Der alte Streit zwischen Punks und autonomen Gruppen kam in Hannover wieder hoch, der jedoch nicht ausgetragen wurde, sondern lediglich mit dem Ausstieg aus den bundesweiten Treffen von Seiten der autonomen Gruppen gedroht wurde. Dann erschien das Papier von M.A.D., mamba und der RAK, was in vielen Dingen sicherlich diskussionswürdig ist, aber vom Zeitpunkt her und vor allem von der Art der Veröffentlichung eine Frechheit darstellt. Es wurde gar nicht erst an Anti-EXPO-Gruppen verteilt, sondern an diverse linke Medien verschickt. Der Versuch einer Diskussion mit den Kritisierten wurde so gar nicht erst gemacht, mal abgesehen davon, daß sich besagte Gruppen auch nicht an der bundesweiten Struktur beteiligten. Schließlich gab es dann noch den Aufruf von den ?Spassbremsen? in der RAZZ, in dem sie die geplante Reclaim the Streets-Party (RTS) angreifen und den EA sogar auffordern, ?weder Zeit noch Geld und Mühe in Bezug auf die RTS-Party zu verschwenden.? Das ist halt alles so total ärgerliches Dominanzverhalten, wo die eigene Widerstandsform als die einzig richtige angesehen wird oder aber Konflikte von anno dazumal ausgetragen werden, die für einen Großteil der AktivistInnen nicht nachvollziehbar sind.
Bei der Kritik an der RTS kommt dann auch noch hinzu, daß komplett die symbolische Dimension von Widerstand bzw. die symbolische Dimension von Vergesellschaftung verkannt wird. Ich frage mich, wie und warum solche Leute die EXPO kritisieren, bei der es ja ebenfalls um die symbolische Reproduktion der Herrschaftsverhältnisse geht. Herrschaft besteht halt nicht nur aus materiellen Vorgängen, die ganz konkret auf einer Makro-(z.B. der Deregulierung von Arbeitsverhältnissen) oder Mikroebene (z.B. dem Zusammenschlagen einer Migrantin) in das Leben von Menschen eingreifen, sondern auch aus symbolischen Praxen (ganz besonders wird das bei Geschlechterkonstruktionen deutlich) und Ideologieproduktion (z.B. indem Handlungskompetenz des Staates bei Problemen demonstriert wird und dadurch Staatsnähe erzeugt wird). Um ein Beispiel zu geben: Der Kapitalismus besteht halt nicht nur aus ?bösen? Großkonzernen, sondern auch aus Menschen, die Miete zahlen, arbeiten gehen und sich eben nicht ohne zu bezahlen das aneignen, was sie gerade benötigen.
Was halt dann auch noch einfach scheiße war, daß Hannover teilweise nicht mehr reagiert hat. Telefonisch war häufig niemand zu erreichen, die Reader wurden nicht sofort nachgedruckt als sie alle waren und Absprachen konnten häufig nicht getroffen werden, weil schlichtweg niemand zu erreichen war. Naja, und in Berlin war ein deutliches Indiz für die mißlungene Vermittlung der eingangs angerissenen strategischen Überlegungen die massive Konkurrenz parallel zur Aktionswoche. Es gab am 27.5. zwei linke Straßenfeste, eine angekündigte Mobilisierung für den Clinton-Besuch und das Kulturschock-Festival. Das sind fast alles Dinge, die auch in einer anderen Woche hätten stattfinden können. Das ist halt schade, weil sich einige wenige mit der Anti-EXPO-Mobilisierung aufgeraucht haben und das in keinem Verhältnis zu dem steht, was im Endeffekt dabei rausgekommen ist. Zumindest bis jetzt.
 

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