KORRUPTION ALS ALLTAG
Abschrift eines Interviews mit Prof. Hans See (BR 2, 25.3.2010)
Zu Bestechungen, Schmiergeldzahlungen und Korruption, ein Interview des BR 2, Radiowelt am 25. März 2010, 8:12 Uhr mit dem Wirtschaftskriminologen Hans See der Universität, Frankfurt a. Main. Der Text wurde von einer Bandaufnahme nachgedruckt, da er nicht im Internet veröffentlicht wurde, aus urheberrechtlichen Gründen, wie es hieß.
Moderator, Herr Klos einleitend: Es ist nicht neu, daß Daimler schon lange im Verdacht stand , mit Mitteln der Korruption international die eigene Auftragslage zu verbessern. Ein Erstklasse-Mercedes hier, ein größer ausgefallenes Geburtstagsgeschenk dort, Geld und Sachgeschenke eingeschlossen. Aber: Da steht Daimler nun nicht alleine da. Siehe Siemens und auch andere machen es. Es scheint eine Art stilles Abkommen zu sein. Jeder weiß es, jeder macht es, aber haltet es bitte aus der Öffentlichkeit raus.
Am Telefon der Bayern 2-Radiowelt begrüße ich jetzt Professor Hans See, Wirtschaftskriminologe an der Universität, Frankfurt a. Main. Einen schönen guten Morgen dorthin!
Prof. Hans See: Ja, guten Morgen!
Moderator: Herr See, es erinnert doch irgendwie ein bißchen an die Dopingproblematik im Radsport: Jeder nimmt was, weil es anders nicht geht. In der Automobilindustrie geben alle was, damit am Ende der Auftragsschein kommt, oder? Herr See: Weil alle meinen, es ginge nicht anders! Das ist meines Erachtens schon ein gravierender Unterschied. Diese Auffassung, es ginge nicht anders, die hat sich durchgesetzt, vor dem Hintergrund, daß ja bis 1997 Bestechung noch von der Steuer abgesetzt werden konnte und man dann ein Gesetz gemacht hat, das bis heute viele Unternehmen überhaupt nicht akzeptieren. Und auch die deutsche Bundesregierung hat das Antikorruptionsabkommen überhaupt noch nicht unterschrieben, d.h. ratifiziert, weil man eben Angst hat, es könne doch im Inneren z.B. die Abgeordneten-Immununität treffen usw.. Also: Da gibt es größere Zusammenhänge, die die Ursache sind, und ich denke, die Hauptursache ist eben, daß wir eine Konkurrenzwirtschaft haben, die von Monopolen überlagert ist, die monopolistische Struktur oder manche sagen oligopolistische Struktur unserer Wirtschaft, ja, die arbeitet mit Marketingmethoden, die illegal sind, eben mit Bestechung. Bestechung ist insofern eine Funktion von Wirtschaftskriminalität, denn die Summen oder das Auto, das Geschenk, das man da gibt, ist ja ein „peanuts“ gegen das, was dann an Geschäften, an illegalen, abgewickelt wird.
Moderator: Genau so ist es! Was ist denn das Kalkül, was dahinter steht? Ist es das immer das gleiche, dieses WIR MACHEN DAS SOLANGE WIE ES GUTGEHT und wenn es eben NICHT MEHR GUTGEHT, dann vergleichen wir uns mit dem Kläger?
Herr See: Ja, ich glaube, daß sie sogar schon Rücklagen bilden und die wissen ja auch, daß mit ihren milde umgegangen wird! D.h. also, daß wirklich die Sanktionen NICHT IM VERHÄTLTNIS STEHEN ZU DEM GEWINN. Und ich denke: Solange das so ist, wird es auch nicht abgestellt.
Moderator: Also lachen Sie über den Betrag, der da im Raum steht: 1.85 Millionen Dollar.
Herr See: Ja, das sind „peanuts“, die werden sozusagen ins Sparschwein getan; wenn was passiert, daß man sich freikaufen kann. Und das Freikaufen und das Freisprechen - das kennen wir hier, unsere Steuerhinterzieher kriegen verfassungswidrige Straf-freiheit angeboten, denn das darf ja eigentlich nicht sein, daß so eine Ungleichbehandlung vor Gericht stattfindet, aber das ist guer durch die gesamte Kultur oder Wirtschaftskultur, ist bestimmt von der Macht dieser Oligopole. Und die Politiker fühlen sich, glaube ich, auch verpflichtet, dem nachzugeben, weil sie sich einbilden, das würde Arbeitsplätze sichern oder irgendwelche anderen wirtschaftlichen Vorteile bringen. im Endeffekt sind die, die das zulassen, die Verlierer.
Moderator: Herr Professor See, Sie schauen sich das aus wissenschaftlicher Warte an. Was geschieht denn mit diesen Unternehmen, die da mal ertappt worden sind, die da mal Strafe zahlen mußten? Machen die danach wieder munter weiter in dem Treiben oder halten die sich mehr zurück? Was sind Ihre Erfahrungen?
Herr See: Sie werden die Methoden wechseln. D.h., es dauert meist eine Weile. Erst versprechen sie hoch und heilig, das nicht mehr zu machen und es werden neue Gesichter vorgestellt, usw. Und man sagt dann: „So, das war ein Fehler ... wir machen das nicht mehr“. Dann entwickeln sich aber neue Methoden, und wir staunen immer wieder, wie einfallsreich die sind. Also: Innovation ist nicht nur ein Begriff, der die Technologie betrifft. ..
Moderator: Nennen Sie mal ein Beispiel! Herr See: Die haben das auf dem Derivatenmarkt gesehen, es werden neue Produkte erfunden, bzw. neue Formen der Übertragung von solchen leistungslosen Werten. D.h., es werden verschleierte Formen entwickelt. Es werden zum Beispiel eben nicht mehr Gelder direkt gegeben, sondern es werden irgendwelche Wertsachen gegeben. Es kann auch eine Villa sein. Es geht in die unterschiedlichsten Übertragungsrechte, es werden auch ganze Verwandtschaftssysteme gepflegt oder Parteien gekauft, so daß man gar nicht mehr Bestechung bezahlen muß, sondern, daß die PARTEIEN dafür sorgen, daß die Dinge so laufen wie man sie gerne hätte, also Konkurrenten ausgeschaltet werden und solche Dinge ... Auch die PRESSEZENSUR gehört dazu, man überlegt immer, wie kann man verhindern, daß das in Zukunft rauskommt!
Das sind alles Methoden, die wir beobachten, seit über Jahrzehnten, wie man in diesen Ländern versucht, eine Technologie des Bestechens zu entwickeln und die ideologische Verbreitung des Gerüchts, die würden immer die Hand aufhalten, das sei ein Zwang, man käme gar nicht anders an Aufträge ran, das glaube ich einfach nicht, sonst
hätten die Amerikaner nicht solche strengen Gesetze eingeführt, um das zu bekämpfen.
Es sind andere Hintergründe, dafür haben wir hier die Zeit nicht. Es hat eben damit zu tun, daß der Ost-/Westkonflikt auch zusammengebrochen ist und man nun immer noch diese Leute erlebt in der Dritten Welt, die glauben, dieser Ost-Pestkonflikt könne
noch wirtschaftlich genutzt werden. D.h., Anforderungen, verbunden mit Anerkennung. Man verschafft sich von diesen Regierenden her eine Anerkennung über diese Auftragsvergabe.
Moderator: Herr Professor, weil es uns wie Sie schon ansprachen, die Zeit davonrennt, muß ich Sie leider verabschieden. Ich danke Ihnen sehr für das Gespräch.
Professor Hans See war das - von der Universität Frankfurt a. Main.
Moderator, Herr Klos einleitend: Es ist nicht neu, daß Daimler schon lange im Verdacht stand , mit Mitteln der Korruption international die eigene Auftragslage zu verbessern. Ein Erstklasse-Mercedes hier, ein größer ausgefallenes Geburtstagsgeschenk dort, Geld und Sachgeschenke eingeschlossen. Aber: Da steht Daimler nun nicht alleine da. Siehe Siemens und auch andere machen es. Es scheint eine Art stilles Abkommen zu sein. Jeder weiß es, jeder macht es, aber haltet es bitte aus der Öffentlichkeit raus.
Am Telefon der Bayern 2-Radiowelt begrüße ich jetzt Professor Hans See, Wirtschaftskriminologe an der Universität, Frankfurt a. Main. Einen schönen guten Morgen dorthin!
Prof. Hans See: Ja, guten Morgen!
Moderator: Herr See, es erinnert doch irgendwie ein bißchen an die Dopingproblematik im Radsport: Jeder nimmt was, weil es anders nicht geht. In der Automobilindustrie geben alle was, damit am Ende der Auftragsschein kommt, oder? Herr See: Weil alle meinen, es ginge nicht anders! Das ist meines Erachtens schon ein gravierender Unterschied. Diese Auffassung, es ginge nicht anders, die hat sich durchgesetzt, vor dem Hintergrund, daß ja bis 1997 Bestechung noch von der Steuer abgesetzt werden konnte und man dann ein Gesetz gemacht hat, das bis heute viele Unternehmen überhaupt nicht akzeptieren. Und auch die deutsche Bundesregierung hat das Antikorruptionsabkommen überhaupt noch nicht unterschrieben, d.h. ratifiziert, weil man eben Angst hat, es könne doch im Inneren z.B. die Abgeordneten-Immununität treffen usw.. Also: Da gibt es größere Zusammenhänge, die die Ursache sind, und ich denke, die Hauptursache ist eben, daß wir eine Konkurrenzwirtschaft haben, die von Monopolen überlagert ist, die monopolistische Struktur oder manche sagen oligopolistische Struktur unserer Wirtschaft, ja, die arbeitet mit Marketingmethoden, die illegal sind, eben mit Bestechung. Bestechung ist insofern eine Funktion von Wirtschaftskriminalität, denn die Summen oder das Auto, das Geschenk, das man da gibt, ist ja ein „peanuts“ gegen das, was dann an Geschäften, an illegalen, abgewickelt wird.
Moderator: Genau so ist es! Was ist denn das Kalkül, was dahinter steht? Ist es das immer das gleiche, dieses WIR MACHEN DAS SOLANGE WIE ES GUTGEHT und wenn es eben NICHT MEHR GUTGEHT, dann vergleichen wir uns mit dem Kläger?
Herr See: Ja, ich glaube, daß sie sogar schon Rücklagen bilden und die wissen ja auch, daß mit ihren milde umgegangen wird! D.h. also, daß wirklich die Sanktionen NICHT IM VERHÄTLTNIS STEHEN ZU DEM GEWINN. Und ich denke: Solange das so ist, wird es auch nicht abgestellt.
Moderator: Also lachen Sie über den Betrag, der da im Raum steht: 1.85 Millionen Dollar.
Herr See: Ja, das sind „peanuts“, die werden sozusagen ins Sparschwein getan; wenn was passiert, daß man sich freikaufen kann. Und das Freikaufen und das Freisprechen - das kennen wir hier, unsere Steuerhinterzieher kriegen verfassungswidrige Straf-freiheit angeboten, denn das darf ja eigentlich nicht sein, daß so eine Ungleichbehandlung vor Gericht stattfindet, aber das ist guer durch die gesamte Kultur oder Wirtschaftskultur, ist bestimmt von der Macht dieser Oligopole. Und die Politiker fühlen sich, glaube ich, auch verpflichtet, dem nachzugeben, weil sie sich einbilden, das würde Arbeitsplätze sichern oder irgendwelche anderen wirtschaftlichen Vorteile bringen. im Endeffekt sind die, die das zulassen, die Verlierer.
Moderator: Herr Professor See, Sie schauen sich das aus wissenschaftlicher Warte an. Was geschieht denn mit diesen Unternehmen, die da mal ertappt worden sind, die da mal Strafe zahlen mußten? Machen die danach wieder munter weiter in dem Treiben oder halten die sich mehr zurück? Was sind Ihre Erfahrungen?
Herr See: Sie werden die Methoden wechseln. D.h., es dauert meist eine Weile. Erst versprechen sie hoch und heilig, das nicht mehr zu machen und es werden neue Gesichter vorgestellt, usw. Und man sagt dann: „So, das war ein Fehler ... wir machen das nicht mehr“. Dann entwickeln sich aber neue Methoden, und wir staunen immer wieder, wie einfallsreich die sind. Also: Innovation ist nicht nur ein Begriff, der die Technologie betrifft. ..
Moderator: Nennen Sie mal ein Beispiel! Herr See: Die haben das auf dem Derivatenmarkt gesehen, es werden neue Produkte erfunden, bzw. neue Formen der Übertragung von solchen leistungslosen Werten. D.h., es werden verschleierte Formen entwickelt. Es werden zum Beispiel eben nicht mehr Gelder direkt gegeben, sondern es werden irgendwelche Wertsachen gegeben. Es kann auch eine Villa sein. Es geht in die unterschiedlichsten Übertragungsrechte, es werden auch ganze Verwandtschaftssysteme gepflegt oder Parteien gekauft, so daß man gar nicht mehr Bestechung bezahlen muß, sondern, daß die PARTEIEN dafür sorgen, daß die Dinge so laufen wie man sie gerne hätte, also Konkurrenten ausgeschaltet werden und solche Dinge ... Auch die PRESSEZENSUR gehört dazu, man überlegt immer, wie kann man verhindern, daß das in Zukunft rauskommt!
Das sind alles Methoden, die wir beobachten, seit über Jahrzehnten, wie man in diesen Ländern versucht, eine Technologie des Bestechens zu entwickeln und die ideologische Verbreitung des Gerüchts, die würden immer die Hand aufhalten, das sei ein Zwang, man käme gar nicht anders an Aufträge ran, das glaube ich einfach nicht, sonst
hätten die Amerikaner nicht solche strengen Gesetze eingeführt, um das zu bekämpfen.
Es sind andere Hintergründe, dafür haben wir hier die Zeit nicht. Es hat eben damit zu tun, daß der Ost-/Westkonflikt auch zusammengebrochen ist und man nun immer noch diese Leute erlebt in der Dritten Welt, die glauben, dieser Ost-Pestkonflikt könne
noch wirtschaftlich genutzt werden. D.h., Anforderungen, verbunden mit Anerkennung. Man verschafft sich von diesen Regierenden her eine Anerkennung über diese Auftragsvergabe.
Moderator: Herr Professor, weil es uns wie Sie schon ansprachen, die Zeit davonrennt, muß ich Sie leider verabschieden. Ich danke Ihnen sehr für das Gespräch.
Professor Hans See war das - von der Universität Frankfurt a. Main.