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CONTAINERN: ESSEN, WAS ANDERE WEGWERFEN

Lebensmittel retten vor Gericht: Fälle und Berichte


1. Was ist Containern?
2. Containern als Medienhype Armutsverwaltung? Widerstand? Pop-Kultur?
3. Lebensmittel retten vor Gericht: Fälle und Berichte
4. Mythen und Aufklärungen zum Containern
5. Politischer Streit ums Wegwerfen
6. Links

Aus "Verurteilt, weil er im Müll nach Essen suchte", in: Welt, 11.1.2017
Selbst der Staatsanwalt sprach von einer „Bagatelle“. Trotzdem verurteilte der Richter einen 78-Jährigen aus Oberbayern wegen Hausfriedensbruch und Diebstahl. Der alte Mann hatte einen Müllcontainer durchwühlt.


Containerprozess in Olching

Bundesverfassungsgericht bestätigt Verurteilung: Schutz des Eigentums geht über alles!
Aus dem Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts zum sog. Containern vom 5. August 2020 (Az. 2 BvR 1985/19)
Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebietet, dass eine Strafnorm dem Schutz anderer oder der Allgemeinheit dient (vgl. BVerfGE 120, 224 [239]; vgl. auch BVerfGE 27, 18 [29 f.]; 39, 1 [46]; 88, 203 [257]; 90, 145 [172, 184]). Wegen des in der Androhung, Verhängung und Vollziehung von Strafe zum Ausdruck kommenden sozialethischen Unwerturteils – dem Vorwurf, der Täter habe „elementare Werte des Gemeinschaftslebens“ verletzt – kommt dem Übermaßverbot als Maßstab für die Überprüfung einer Strafnorm besondere Bedeutung zu (vgl. BVerfGE 45, 187 [253]; 90, 145 [172]; 92, 277 [326]; 96, 10 [25]; 120, 224 [240]).
Es ist aber grundsätzlich Sache des Gesetzgebers, den Bereich strafbaren Handelns unter Berücksichtigung der jeweiligen Lage verbindlich festzulegen. Das Bundesverfassungsgericht kann diese Entscheidung nicht darauf prüfen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden hat; es hat lediglich darüber zu wachen, dass die Strafvorschrift materiell in Einklang mit den Bestimmungen der Verfassung steht und den ungeschriebenen Verfassungsgrundsätzen sowie Grundentscheidungen des Grundgesetzes entspricht (vgl. BVerfGE 27, 18 [30]; 80, 244 [255]; 90, 145 [173]; 96, 10 [25 f.]; 123, 267 [360]). ...
Das nach Art. 14 Abs. 1 GG gewährleistete Eigentum ist von besonderer Bedeutung für den sozialen Rechtsstaat und durch Privatnützigkeit und grundsätzliche Verfügungsbefugnis des Eigentümers über den Eigentumsgegenstand gekennzeichnet. Es soll als Grundlage privater Initiative und in eigenverantwortlichem privatem Interesse von Nutzen sein. Dabei genießt es einen besonders ausgeprägten Schutz, soweit es um die Sicherung der persönlichen Freiheit des Einzelnen geht (vgl. BVerfGE 149, 86 [112 Rn. 70 m.w.N.]). Zugleich soll der Gebrauch des Eigentums dem Wohl der Allgemeinheit dienen (Art. 14 Abs. 2 Satz 2 GG; vgl. BVerfGE 143, 246 [323 f. Rn. 216]). Vom Schutz des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG umfasst ist insbesondere das zivilrechtliche Sacheigentum (vgl. BVerfGE 149, 86 [112 Rn. 71]; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 18. Juli 2019 - 1 BvL 1/18 u.a. -, Rn. 53 f. m.w.N.). Art. 14 Abs. 1 GG gewährleistet daher das Recht, das Sacheigentum innezuhaben, zu nutzen, zu verwalten und darüber zu verfügen (vgl. BVerfGE 115, 97 [111 m.w.N.]). Inhalt und Schranken des Eigentumsrechts werden durch ein Gesetz bestimmt.
bb) § 242 StGB dient nach herrschender und im Einklang mit Verfassungsrecht stehender Auffassung grundsätzlich dem Schutz des Eigentums als formale, zivilrechtsakzessorische Rechtsposition. § 242 StGB schützt dabei gerade auch die faktische Ausübungsmöglichkeit des Eigentumsrechts und die nach § 903 BGB bestehende Möglichkeit, mit der Sache nach Belieben zu verfahren und jeden Dritten vom Umgang mit der Sache auszuschließen. Nach dieser kriminalpolitischen Grundentscheidung ist das Eigentum im Rahmen des § 242 StGB unabhängig vom wirtschaftlichen Wert der Sache geschützt. Auf einen objektiv messbaren Substanzwert oder auf eine wirtschaftliche Interessenverletzung kommt es im Rahmen des § 242 StGB nicht an (vgl. RG, Urteil vom 3. Januar 1911 - V 836/10 -, RGSt 44, 207 [209]; BGH, Urteil vom 4. Dezember 1953 - 2 StR 220/53 -, juris, Rn. 11; Urteil vom 10. Mai 1977 - 1 StR 167/77 -, juris, Rn. 14, 16; OLG Düsseldorf, Urteil vom 22. August 1988 - 5 Ss 231/88 - 195/88 I -, juris, Rn. 13; Hoyer, in: SK-StGB, 9. Aufl. 2019, § 242 StGB, Rn. 7).
Diese strafrechtliche Wertung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Denn durch die Wegnahme fremden Eigentums werden wichtige, grundrechtlich geschützte Belange Dritter gefährdet. Der Gesetzgeber, der bisher Initiativen zur Entkriminalisierung des Containerns nicht aufgegriffen hat, ist insofern frei, das zivilrechtliche Eigentum auch in Fällen der wirtschaftlichen Wertlosigkeit der Sache mit Mitteln des Strafrechts zu schützen. ...
das Interesse des verfügungsberechtigten Eigentümers daran, von vornherein etwaige diesbezügliche rechtliche Streitigkeiten und Prozessrisiken durch die Vernichtung seiner Sachen auszuschließen und keinen erhöhten Sorgfaltspflichten im Hinblick auf die Sicherheit der Lebensmittel ausgesetzt zu sein, ist im Rahmen der Eigentumsfreiheit nach Art. 14 Abs. 1 GG grundsätzlich zu akzeptieren ..
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Strafprozess in Aachen


Aus: Gießener Allgemeine am 1.6.2016


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