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VEREINAHMUNG DURCH FÜHRUNGSGRUPPEN

Wie werden bestimmte Teile zu Zentren der Bewegung


1. Bewegungen und große Netzwerke
2. Events: Große Aktionen vieler AkteurInnen
3. Es geht: Medien schaffen die Zentralen
4. Geschluckt von großen Organisationen
5. Wie werden bestimmte Teile zu Zentren der Bewegung
6. Nicht nur blanke Macht: Gründe für Ausgrenzung und Kontrolle
7. Links und Buchtipps

Macht und Interessen der Medien

Aus: Freitag Nr. 16, 12.4.2002 (S. 4)
Heute ist Attac für Globalisierungskritiker in Deutschland die einzige Anlaufstelle von politischer Relevanz.

Aus der von der Redaktion verfassten Einleitung zur Dokumentation "Rückkehr des Politischen" in: FR vom 7.7.2003 (S. 7)
Innerhalb weniger Jahre sind die lockeren Verbindungen von Globalisierungskritikern unter dem Dach von Attac zu einer ansehnlichen Gegenmacht neoliberaler Wirtschafts- und Weltentwürfe geworden.

Bildunterschrift in der "Solidarität" Mai 2002 (S. 3), Zeitung der SAV (Attac-Mitglied)
Attac ist der organisatorische und politische Orientierungspunkt der Bewegung gegen die kapitalistische Globalisierung.

Sozialforen als "die gesamte Bewegung"
Hugo Braun, "Attac und die Sozialforen" in: Attac Deutschland (Hrsg.), 2004: "Alles über Attac". Fischer, Frankfurt (S. 48)
Über die Sozialforen: So formiert sich unter aktiver Mitwirkung von Attac auch in Deutschland eine breite Bewegung der gesamten Zivilgesellschaft.

Heike Sudmann, Spitzenkandidatin des von einigen NGOs und Parteien (PDS, Attac, DKP usw.) getragenen Wahlbündnisses in Hamburg 2004, zitiert nach FR, 16.2.04 (S. 4)
Bündnis aller relevanten Gruppen.

Aus Oliver Nachtwey, "Wir gehen nicht mehr weg", in: Freitag, 24.5.2012 (S. 1)
Occupy ist längst zu Chiffre für einen neuen Typus sozialer Bewegungen geworden. ... Die sozialen Gruppierungen der siebziger und achtziger Jahre waren "Ein-Punkt-Bewegungen", die ihre Probleme innerhalb des Systems lösen wollten. Occupy steht dagegen für einen systemischen Protest, dafür, dass man die unterschiedlichen Anliegen stärker gemeinsam begreift.

Absurd: Attac-Gründer und taz-Autor fordert Vereinnahmung

Kommentar von Matthias Greffrath zur Occupy-Bewegung am 19.10.2011
Auch die Occupy-Bewegung braucht die Parteien: Lasst euch vereinnahmen!
... Jede Lobby ist wirkmächtiger als ein noch so starkes allgemeines Interesse. Und durchsetzungsfähig ist nur, was die politischen Eliten als ernsthafte Bedrohung wahrnehmen: Kaum war die "Linke" im Parlament, wurde auch in den "Volksparteien" über die Millionärssteuer ernsthaft diskutiert - und mit dem Schwächeln der Konkurrenz ebenso schnell zur Tagesordnung übergegangen. ...
So hoffe ich, dass die Resistenz der neuen "Okkupanten" gegen ihre Vereinnahmung durch die "etablierten" Parteien ebenso wenig von Dauer sein wird wie deren Resistenz, sich an die Spitze der Bewegung zu stellen.
"Kämpfen Sie für Mehrheiten", sagte der graurealistische Soziologe in Hartford. Im Klartext: Lassen Sie sich vereinnahmen!

Integration von Protest und Zuweisung von Rollen

Michael Müller und Andrea Nahles, SPD-MdBs, in der FR vom 24.8.2001 (S.7)
Beim G8-Treffen fanden sich unter dem Dach des Sozialforums über 800 Organisationen zusammen, die ganz überwiegend aus der Agenda-21-Bewegung kommen. ...
Wir sehen Genua als ein Zeichen der Hoffnung für einen globalen Bürgerpakt, denn mit der internationalen Vernetzung der Zivilgesellschaft entwickelt sich eine wichtige Säule, die der schwindenden Kraft der Nationalstaaten entgegenwirkt. ... Sie ist ein Teil der demokratischen Reformbewegung gegen die ungezügelte kapitalistische Expansion, die auch die Demokratie zu unterminieren droht.


Aus einer Rede der Erfurter Gruppe PAKT auf dem PDS-Parteitag, September 2001
Die Bewegung schafft es momentan mehr Menschen zu mobilisieren, als jede andere linke Bewegung der letzten 15 Jahre. Deshalb wollen zur Zeit alle daran teilhaben. Die Grünen entdecken plötzlich ihre Kritik an der Globalisierung und Gerhard Schröder hat auf einmal Verständnis für "unsere" Ziele, auch wenn er vor Genua noch meinte, man müsse mit aller zur Verfügung stehenden Härte gegen sogenannte gewaltbereite Störer vorgehen - was nebenbei bemerkt dann ja auch geschah.
Die AntiFa empfiehlt die Teilnahme an den Protesten und auch unsere Anwesenheit hier und heute wäre ohne die erfolgreichen Proteste von Genua, Seattle und Prag kaum denkbar.
Aber die Erfahrungen der Anti-AKW-Bewegung haben uns gelehrt skeptisch gegenüber Vereinnahmungsversuchen aller Art zu sein. Wir können natürlich auch in Zukunft gemeinsam demonstrieren, aber mehrere unserer Grundauffassungen sind sicher nicht mit denen eurer bzw. jeder anderen Partei vereinbar. Leider zeigen uns die Regierungsbeteiligungen der PDS auf Länderebene, dass auch von dieser/eurer Partei nicht mehr viel zu erwarten ist, sobald sogenannte Sachzwänge zu kapital- und standortfreundlicher Politik zwingen. Sei es die Zustimmung zur öffentlichen Videoüberwachung oder nicht durchgesetzte Verbesserungen für AsylbewerberInnen auf kommunaler Ebene. Uns zeigt dies, dass der parlamentarische Weg keine emanzipatorischen politischen Entwicklungen zulässt - das nur eine Bewegung auf der Strasse, die von möglichst vielen Menschen unterstützt wird, gesellschaftliche Veränderungen einfordern kann. Und genau hierfür scheint die Antiglobalisierungsbewegung uns als der vielversprechendste Versuch seit langem, darum demonstrierten wir in Genua, darum stellen wir uns Diskussionen.


Haupttext auf Titel der FR, 5.9.2001
Kanzler lobt Protestbewegung
Verständnis für Forderung der Globalisierungskritiker nach Spektulationssteuer
... Der Kanzler lobte ausdrücklich das Engagement der Demonstranten ... er spreche dabei nicht vom "Krawall-Block", so Schröder. ... Die Dachorganisation der Globalisierungskritiker, Attac, begrüßt, dass die Bundesregierung mit Schröders Äußerungen ihre harte Linee gegen die Tobin-Steuer "aufweiche".

Kommentar in derselben Ausgabe
Kanzlers Brückenschlag
Fast zwei Monate hat es gedauert, bis beim Kanzler die Verärgerung über die demonstrierenden Globalisierungskritiker von Genua verflogen war. Aber dann bekamen offenkundig kluge Texter den Auftrag, eine Rede zu entwerfen, die der Versuch eines Brückenschlages sein soll.


Thomas Gebauer, "... von niemandem gewählt!", in: Ulrich Brand u.a., 2001, Nichtsregierungsorganisationen in der Transformation des Staates, Westf. Dampfboot in Münster (S. 116f)
Hinter der Einbindung von NGO vermag sich die systemrationale Verwaltung von "Sachzwängen" umso besser zu verbergen. Der Staat aber gibt sich nicht mehr als autoritärer, sondern als "moderierender" Staat, de rauf der diskursiven Ebene zwischen den Positionen der verschiedenen gesellschaftlichen Akteure vermittelt, selbst aber weniger angreifbar wird.
Die Absicht ist die Neutralisierung von gesellschaftlicher Opposition und dabei auch die Kooptierung von NGO, deren latenter Widerspruch zur staatlichen Politik stört.
... findet auch unter NGO Anhänger. Angesichts zunehmende Gewaltverhältnisse und der fortschreitenden Zerstörung müsse man, so die Argumentation, solange im Konsens mit den staatlichen Institutionen handeln, bis die schlimmsten Auswüchse der Krise beseitigt sind. Ob solche autoritären Lösungsstrategien, die partizipative und demokratische Optionen ausblenden und Legitimation allein über die Inszenierung der Gefahren behaupten, jemals wieder die Rückbesinnung auf emanzipatorische Ziele zulassen, ist allerdings mehr als fraglich.


Vorgegebene Rollen

Jeder ist ein Rädchen im System politischer Bewegung ... und die NGOs bestimmen den Inhalt!
Peter Wahl in: Ulrich Brand u.a., 2001, "Nichtregierungsorganisationen in der Transformation des Staates" (S. 133)
Die Gewerkschaften sorgen für Akzeptanz im gesellschaftlichen Mainstream, die Blockade des Direct Action Network für - fernsehgerechte - Dramatik und die NGO für die inhaltlich qualifizierte Vorbereitung und Unterfütterung der Aktionen".

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