Offener Raum

IM NAMEN DES VOLKES: KONSTRUIERUNG EINES KOLLEKTIVSUBJEKTES

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Eine der interessantesten Überlegungen zur Frage, ob es "Volk" überhaupt gibt (außer als gedankliches Konstrukt), ist der Blick in andere Sprachen. So kann mensch "Volk" vom Google-Übersetzer ins Englische transferieren und erhält "people". Lässt mensch das wieder rückübersetzen, kommt "Menschen" raus. Im Französischen passiert mit "Personnes" genau das gleiche, im Spanischen ebenfalls mit "Gente". Selbst die künstliche Weltsprache "Esperanto" zeigt dieses Bild und übersetzt mit "Homoj". Es gibt das Volk als kollektives Subjekt offenbar vor allem im Deutschen. Gibt es aber etwas, bloß weil es in einem Land, welches sich historisch immer als Herrenvolk selbst inszeniert hat, erdacht worden ist?

In der Mache: Das Volk Europa
Ein interessantes Beispiel der Konstruktion von Volk ist das Europa der Jahre nach 2000. Hier werden alle Tricks und Diskurse gebastelt, die dazu führen, dass das Empfinden, ein Volk zu sein, in die Köpfe kommt. Beispiele:
  • Herbeireden gemeinsamer Interessen
  • Herbeireden einer gemeinsamen Geschichte und Kultur
  • Behauptungen über die Existenz bestimmter Qualitäten, die Akzeptanz schaffen sollen (Friedensorientierung, Freiheit ...)
  • Auftreten als VertreterInnen Europas
  • Konstruktion von Innen und Außen, z.B. als Bedrohung (durch islamische Sphären? durch Terrorismus? ...) oder Konkurrenz (Abgrenzung von USA)

Hinderlich ist die Konkurrenz der Volksidentitäten. Das Volk Europa bedroht das Denken in den bisherigen nationalen Volksbegriffen.

EU-Identitätsstiftung und -Entstehung durch das Konstrukt eines Außen
Aus Widmann, Arno: "Europa ist viel zu klein", in: FR, 22.3.2007 (S. 17)
Die Einigung Westeuropas kam zustande, weil es ein unter der Sowjetunion geeintes Osteuropa gab. Es war nicht Kriegsmüdigkeit, die die Westeuropäer verband, sondern die Bereitschaft, die Notwendigkeit, sich gegen den Osten zusammenzutun.


Aus Merkel, Angela, "Europa ist auf dem richtigen Weg" (Rede beim 50-Jahres-Jubiläum der EU 2007), dokumentiert in: FR, 26.3.2007 (S. 7)
Meine Damen und Herren, feiern können wir dieses Fest heute gerade hier in Berlin auch deshalb, weil sich vor einem halben Jahrhundert ein paar Politiker Europas auf den Weg gemacht haben, ein europäisches Friedenswerk ohne Beispiel zu begründen. ...
Und ob es eines Tages mehr als das sein wird, ob am 25. März 2057 der 100. Geburtstag der Römischen Verträge auch wieder in einem Europa von Frieden und Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit gefeiert werden kann? Wir wissen es nicht. ...
Das Zeitalter der Globalisierung macht uns immer mehr klar: Die Entscheidung für Europa war und ist auch eine Entscheidung für eine bestimmte Art zu leben. Sie war und ist eine Entscheidung für unser europäisches Lebensmodell. Es vereint wirtschaftlichen Erfolg und soziale Verantwortung. Nur gemeinsam können wir unser europäische Gesellschaftsideal auch in Zukunft bewahren.


Völkerrecht

Definition von "Völkerrecht" von der Kinder-Demokratieseite der Bundeszentrale für politische Bildung (www.hanisauland.de, Quelle für "Völkerrecht")
In einer Gemeinschaft gibt es Regeln, an die sich alle Mitglieder dieser Gemeinschaft halten sollten, damit es keine Streitigkeiten gibt. Jeder von uns kennt solche Regeln aus der eigenen Familie, aus der Schule, aber auch aus anderen Gemeinschaften, zum Beispiel aus Pfadfindergruppen, Sportvereinen oder Arbeitsgruppen.
Staaten bilden auch Gemeinschaften. Eine davon ist die Völkerrechtsgemeinschaft, die ihre Regeln im Völkerrecht festgelegt hat. Das Völkerrecht besteht aus einer ganzen Reihe von Verträgen und wird unterteilt in Friedensrecht und Kriegsrecht. Hier ist genau beschrieben, welche Rechte und Pflichten die Staaten im Frieden und im Krieg haben. Im Mittelpunkt stehen dabei die Verfassung der Vereinten Nationen von 1945 (UN-Charta) und die Menschenrechte. Alle Länder, die zur Völkerrechtsgemeinschaft gehören wollen, haben diese Verträge unterschrieben.
Der Gedanke eines gemeinsamen Rechtes für Völker ist schon sehr alt. Als erster hat ihn Hugo Grotius (1583-1645) aufgeschrieben. Daher gilt er als Gründer des Völkerrechts.


Hauptsache Völkerrecht ... dann sind auch Kriege o.k.
Aus Rose, Jürgen, "Die Linke und das Völkerrecht" in: Freitag, 2.12.2005 (S. 6)
Denn den archimedischen Punkt einer linken Position bildet die Verpflichtung auf das Völkerrecht. Daraus erst folgt - auf Grund des völkerrechtlich verankerten Gewaltverbots nämlich - die Ablehnung von Krieg als eines Mittels der Politik, um beliebige Interessen nach Gutdünken durchzusetzen. Zugleich aber resultiert aus der völkerrechtlichen Fundierung die Pflicht, an der Verrechtlichung des internationalen Systems aktiv mitzuwirken in vollem Umfang, wie es die UN-Charta vorsieht. Demzufolge hat bei ihrem UN-Beitritt die Bundesrepublik (und notabene auch die DDR) vorbehaltlos alle aus der Charta erwachsenden Verpflichtungen akzeptiert und sich mit Signatur der Beitrittsurkunde "feierlich verpflichtet", diese zu erfüllen.


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