Projektwerkstatt Saasen

BOLO'BOLO (AUSZÜGE)

fasi


1. Der grosse Kater
2. Die drei Grundbestandteile der Maschine
3. Drei Deals in Krise
4. Der A-Deal: enttäuscht vom Konsum
5. Der B-Deal: frustriert vom Sozialismus
6. Der C-Deal: genug von der Entwicklung des Elends
7. Der Bankrott der Realpolitik
8. Die Schattenwirklichkeit
9. Substruktion
10. Dysko
11. Triko ... und: bolo'bolo - Grundrisse für ein Projekt
12. Fahrplan
13. ibu
14. bolo
15. sila
16. taku
17. kana
18. nima
19. kodu
20. yalu
21. sibi
22. pali
23. sufu
24. gano
25. bete
26. nugo
27. pili
28. kene
29. tega
30. fudo
31. sumi
32. asa
33. buni
34. mafa
35. feno
36. sadi
37. fasi
38. yaka
39. Anmerkungen
40. Sechs Jahre bolo'bolo
41. Abfahrt

Ist das ibu ein sesshaftes oder ein nomadisches Wesen? In seiner (von ihm selbst erfundenen) Geschichte erscheint es als Steppenreiter und Kathedralenerbauer, als Bauer oder Zigeuner, als Schrebergärtner oder Globetrotter. Die bolos setzen eine gewisse Sesshaftigkeit voraus (wegen der Landwirtschaft) und eine reine Sammlerinnen- und Jägerzivilisation wird erst wieder möglich, wenn die Weltbevölkerung auf einige Millionen abgenommen haben wird. bolo ' bolo soll aber die freie Bewegung auf dem ganzen Erdball für alle wieder möglich machen. Keine zwangsweise Sesshaftmachung wird nomadische bolos oder Sippen mehr daran hindern herumzuziehen. Keine Landesgrenzen oder Gesetze werden sie behindern.

Auch die einzelnen ibus fühlen sich erst wohl, wenn sie sicher sein können, dass sie jederzeit nach Patagonien, Alaska, Kamtschatka, Zanzibar oder Paris verreisen können. Dies ist möglich, weil alle bolos den Reisenden Gastrecht gewähren und diese darum unbeschwert losziehen können. Da niemand Angst haben muss, dass das Geld ihr/ihm ausgeht, fehlt jeder Zeitdruck und wird das Reisen geruhsamer. Der heutige immense Energieaufwand für Schnellverkehrsmittel kann drastisch reduziert werden, weil es nicht mehr darum geht, möglichst schnell möglichst weit zu kommen. Es sind keine Charterflüge mehr nötig, um Westafrika oder Südamerika in drei Wochen abzuklappern, weil der Job auf einen wartet. Die Reisenden sind keinegehetzten Touristen mehr. Reisen wird wieder zu einem Erlebnis.

Das bolo'bolo-Transportwesen ist darauf ausgerichtet, möglichst wenig Güter und Pendler hin- und herzuschieben. So viel wie möglich wird lokal hergestellt und die ibus wohnen und arbeiten meistens im gleichen Quartier oder Dorf. Berufsverkehr, Einkaufsverkehr, Massentransporte, Massentourismus, verschwinden - die Verkehrsmittel werden vor allem für Personentransporte, die der Lust am Reisen dienen, verwendet. Denn Reisen ist ein Vergnügen an sich und es gibt keinen Ersatz dafür. Hingegen hat der Kopfsalat nichts davon, wenn er aus ökonomischen Gründen (niedrige Löhne) tausend Kilometer bis zum Konsumenten "reist".

Da sich das Leben zum grössten Teil im bolo und im Quartier abspielt, kann das ibu die meisten Ortsveränderungen zu Fuss vornehmen. Die Quartiere sind Fussgängerparadiese mit vielen Durchgängen, Brücken, Arkaden, Galerien, Passagen, Vordächern. Im Sommer und im Winter, bei Regen und Schnee gibt es immer trockene Pfade durchs ganze Quartier. Unbehindert durch lästige Lichtsignalanlagen (kaum mehr Autoverkehr) kann das ibu sogar schneller herumkommen als heute. Vor allem aber wird es weniger gestresst.

Innerhalb des Bezirks (Stadt, Nahverkehrsbereich, bis ca. 20 km) ist das Fahrrad das ideale Verkehrsmittel. Neben persönlichen wird es bolo-eigene und allgemein benützbare Fahrräder an Tram- und Bahnstationen geben. Das Fahrrad ist zusammen mit dem ibu (das den Treibstoff in Form seiner Nahrung aufnimmt) das energetisch wirkungsvollste Transportsystem überhaupt. Dazu braucht es jedoch einigermassen gepflegte Wege. In gebirgigen Gegenden, bei schlechtem Wetter oder im Winter ist es unpraktisch (immerhin würde es sich lohnen, ein Netz überdachter Velowege anzulegen). Wo es genug Schnee hat, eignen sich hingegen für den Nahverkehr Langlaufskis, Hundeschlitten oder Troikas.

Im Gebirge und auf dem Land überhaupt sind Tiere sinnvoll, da ihr Futter sozusagen am Wegrand wächst: Esel, Maultier, Kamel, Pony, Pferd, Yak, Hund, Ochse, Elephant. Auch in den Städten können z.B. Pferde (oder noch besser Maultiere, die bezüglich Futter weniger heikel sind, aber dafür mehr Erfahrung im Umgang erfordern) in einem beschränkten Rahmen ganz nützlich sein. Das vor allem für Transporte zwischen Landgütern und Stadtsitzen (sibi'bolo und kodu), weil dann ihr Futter nicht noch zusätzlich in die Stadt gebracht werden muss. In der Stadt jedoch ist das ibu selbst (+ Fahrrad, +Ski, +Rollschuh, +Schlitten) das universale Verkehrsmittel.

Als Rikscha, mit Anhängern, als Dreirad, kann das Fahrrad auch gut für Kleintransporte (bis 100kg) verwendet werden. Ein Pentadem kann mehrere ibus transportieren und dazu erst noch etwas 350kg Nutzlast befördern:



Verglichen mit dem Fahrrad sind auch die relativ wenig Energie benötigenden Massenverkehrsmittel wie Trolleybus, Tram oder U-Bahn sehr aufwendig, weil sie eine komplizierte Infrastruktur erfordern (Geleise, Wagenmaterial, Leitungen usw.). Sie sind zudem laut, oft schlecht ausgelastet (ein Fahrrad fährt nie leer) und manchmal gefährlich. In einer mittelgrossen Stadt (ca. 300000 Einwohner) würde ein reduziertes öffentliches Verkehrsnetz von drei Linien genügen. Wenn an den Haltestellen Fahrräder bereit stehen, können innerhalb der Stadt die meisten bolos in einer Viertelstunde erreicht werden (aber wahrscheinlich hat es ohnehin niemand so eilig).



In ländlichen Gegenden sind Buslinien, Sammeltaxis oder sogar Privatautos geeignete Nahverkehrsmittel.

Da jedes bolo (bzw. sein Landgut) nur eine Zufahrtsstrasse braucht und der Verkehr ohnehin sehr gering ist, kann das arbeitsaufwendige Strassennetz stark reduziert werden. Die meisten Stadtstrassen, Autobahnen, Überlandstrassen werden entweder überflüssig oder können auf eine einzige Spur reduziert werden. Auch der Bedarf an Parkplätzen, Parkhäusern usw. wird entsprechend kleiner. Was an Automobilverkehr bleibt, ist langsam (20kmh innerorts), sporadisch und rücksichtsvoll (man kennt die Fahrer). Es handelt sich vorwiegend um Lastwagen und Busse (betrieben mit Biogas, Dampf, Holzvergaser, etwas Diesel und Benzin), Ambulanzen, Feuerwehrwagen und Spezialtransporte.

Wenn das ibu will, kann es per Velo nach Palermo, Ulan Bator oder Luanda gelangen. Es kann sich aber auch regionalen Verkehrsmitteln anvertrauen, die von Bezirken, Regionen oder Regionalverbänden unterhalten werden. Meist sind dies langsame, mit Dampf, Gas, Elektrizität oder Kohle betriebene Eisenbahnen, die selten fahren und oft anhalten. Sie fahren oft nicht nach starren Fahrplänen, sondern nach Bedarf - danach kann man sich telephonisch erkundigen. An andern Orten gibt es Kanalschifffahrt, Küstenschiffslinien, Buslinien oder Pferdekutschen. In Kombination mit Nahverkehrsmitteln in einzelnen Bezirken und mit Fahrrädern genügen oft zwei regionale Verkehrslinien (in einer "normalen" Region):



Wenn ein ibu weit reisen will, wird es sich zum nächsten Bahnhof der interkontinentalen Eisenbahn, die von einer Kommission des asa'dala betrieben wird, begeben. Ihr Schienennetz sieht so aus:



Dieses Schienennetz kann weitgehend auf bestehenden Linien aufgebaut werden, nur in Afrika und Südamerika braucht es noch einige Ergänzungen. Damit das Reisen etwas bequemer wird, könnte man einige Strecken auf russische Breitspur umstellen (z.B. Lissabon-Wladiwostok oder Helsinki-Kapstadt). Die interkontinentale Eisenbahn und die dazu gehörenden Ozeanlinien (San Francisco-Wladiwostok, Lissabon-New York, Singapur-Sydney usw.) bilden das Rückgrat des planetaren Verkehrsnetzes - innert einiger Wochen kommt man überall hin.

Das Flugzeug wird nur in besonderen Regionen (Polargebiet, Wüsten, Archipele, Dschungel) und für Sonderfälle, wo Geschwindigkeit wichtig ist (Krankentransporte, Katastrophen hilfe, Beerdigungen, Ersatzteile, Medikamente usw.) benützt werden, weil Infrastruktur und Treibstoff einen unverhältnis mässigen Aufwand verursachen. Vergnügungsflüge werden durch Verlosungen zugeteilt.

Da alle ibus (und nicht nur wie heute die reichen) die Möglichkeit haben werden, längere Reisen zu unternehmen, entstehen mit der Zeit auch zwischen weit entfernten bolos persönliche Verbindungen (Freundschaften, Liebschaften, Schwangerschaften, Hirngespinste, Projekte, Tauschabkommen) und entwickeln sich neue Lebensauffassungen. Die bolos werden zu weltoffenen Kreuzungspunkten von Leuten und Ideen. Obwohl die Verkehrsmittel an manchen Orten langsamer sein werden als heute, wird der weltweite Austausch allgemeiner und intensiver. Die ibus haben Zeit, sich mit fremden Kulturen und Sprachen zu befassen und mit andern ibus wirklich auf gleicher Ebene Kontakte anzuknüpfen. Das Reisen wird nicht eine einseitige, ausbeuterische Angelegenheit sein wie heute (reicher Tourist/armer Eingeborener), sondern gegenseitig: es werden Bantus in München auftauchen, Sikhs in Prag, Mongolen in Stockholm, Quiche-Indios in Zürich, Eskimos an der Cote d'Azur, nicht als Flüchtlinge, Asylanten oder Zirkusextoten, sondern als würdevolle Besucher.


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