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NAZI-JUSTIZ

Justiz heute: Antifa-Symbolik verbieten?


1. Ohne Brüche aus dem Nazi-Regime in die BRD
2. Fallbeispiele: Bundesweite Justiz
3. Fallbeispiele: Hessen
4. Richter, Drittes Reich und BRD
5. Und heute?
6. Justiz heute: Antifa-Symbolik verbieten?
7. Mehr Nazi-Karrieren in der BRD
8. Buchvorstellungen zum Themenbereich

Staatsanwalt zum Prozess:
"Wir wissen, dass wir die Falschen bestrafen"


Das Urteil
Das Landgericht Stuttgart verurteilte auf Antrag der Staatsanwaltschaft Stuttgart eine Person, die Anti-Nazi-Klamotten und -Utensilien unter die Menschen brachte (Infoseite zu den ganzen Vorgängen). Weil Hakenkreuze verboten seien, sei auch das Zeigen eines durchgestrichenen Hakenkreuzes verboten - so jedenfalls die beeindruckende Logik der völlig abdrehenden StaatsanwältInnen und RichterInnen. Berichte in Medien:

Zum Hintergrund

Subversive Strafanzeige
An die Staatsanwaltschaft Stuttgart
Neckarstraße 145
70190 Stuttgart
Fax 0711/921-4009
Strafanzeige
gegen OrganisatorInnen der Fußballweltmeisterschaft und weitere
wegen Verwendung verfremdeter verbotener Symbole des Nationalsozialismus
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit möchte ich Strafanzeige gegen Unbekannt einreichen. Während der Fußballweltmeisterschaft wurden auf Plakaten und in Broschüren die von Ihnen als verboten erachteten Zeichen verwendet. Ich fordere Sie hiermit auf, gegen die dortigen Verantwortlichen, aber auch gegen unzählige Regierungsstellen, Buchverlage, Schulen usw., in denen verbotene Zeichen zu sehen sind, Strafverfahren einzuleiten. Systematische Ungleichbehandlung wäre ein klarer Fall von Rechtsbeugung.
Ich bitte um Mitteilung Ihrer Vorgehensweise und verzichte nicht auf eine Benachrichtigung, wenn ein Ermittlungsverfahren nicht aufgenommen oder später wieder eingestellt wird. Ich kündige für den Fall der Nichtaufnahme oder Einstellung eine Anzeige wegen Rechtsbeugung an, weil ich dann einen Fall absichtlicher, systematischer Ungleichbehandlung vermuten würde, die dann, wenn es die für Strafverfolgung zuständigen Stellen mit urteilsgleichen Ergebnissen tun, als Rechtsbeugung zu werten ist.
Als Anlage wurde das Foto aus der FR (siehe rechts) mitgeschickt.

Presseinformation dazu am 30.9.2006
"Absurdität des Urteils gegen Antifa-Symbole aufzeigen!"
JustizkritikerInnen der Antirepressionsgruppe K.O.B.R.A. stellen Strafanzeige gegen WM-Organisatoren

Wenige Tage nach dem Urteil gegen einen Versand von antifaschistischen Zeichen liegt der Staatsanwaltschaft Stuttgart, die das Verfahren angestrengt hatte, eine weitere Anzeige vor. Sie richtet sich gegen die Verwendung von Anti-Nazi-Zeichen auf offiziellen Plakaten der Fußballweltmeisterschaft im Sommer in Deutschland. Aus dem Anzeigentext: „Hiermit möchte ich Strafanzeige gegen Unbekannt einreichen. Während der Fußballweltmeisterschaft wurden auf Plakaten und in Broschüren die von Ihnen als verboten erachteten Zeichen verwendet. Ich fordere Sie hiermit auf, gegen die dortigen Verantwortlichen, aber auch gegen unzählige Regierungsstellen, Buchverlage, Schulen usw., in denen verbotene Zeichen zu sehen sind, Strafverfahren einzuleiten.“ Die Strafanzeige soll jedoch offenbar nicht Personen zu Opfern der absurden Stuttgarter Justiz machen, sondern genau die Entscheidung des Landgerichts Stuttgart angreifen, in der ein antifaschistischen Aktivisten wegen Verwendung unerlaubter Symbole verurteilt hatte, weil dieser Antifa-Symbole verbreitet hätte – so wie auf den Plakaten zur Fußballweltmeisterschaft auch. „Ich möchte mit meiner Strafanzeige beweisen, dass es Staatsanwaltschaft und Gericht in Stuttgart um politische Justiz geht“, sagt der Anzeigenerstatter aus der Antirepressionsgruppe K.O.B.R.A., die im Umfeld der Saasener Projektwerkstatt (nahe Gießen) aktiv ist und seit Jahren kritisiert, dass Justizbehörden allzu oft nur willige VollstreckerInnen herrschender Interessen sind. „Das Stuttgarter Urteil ist ein besonders krasser Fall dieser Willkürjustiz“, heißt es aus der Gruppe.
Über die Chancen ihrer Anzeige machen sich die AktivistInnen keine Illusionen. Die Organisatoren der Fußballweltmeisterschaft werden sicher nicht angeklagt, erwarten sie. Sie wünschen sich das nicht einmal, doch trotzdem würde dann eine systematische Ungleichbehandlung und damit ein klarer Fall von Rechtsbeugung sichtbar. Genau das wollen sie beweisen. „Wenn ein Ermittlungsverfahren trotz der Anzeige nicht aufgenommen oder später wieder eingestellt wird, werden wir gegen die Stuttgarter Staatsanwaltschaft eine Anzeige wegen Rechtsbeugung einreichen“, kündigen sie an. Wichtiger aber noch als der juristische Protest sei aber der Widerstand gegen politische Justiz. Der Mythos von den neutralen Gerichten und den nach allen Seiten ermittelnden Staatsanwaltschaften sei eine Lüge, die Justizbehörden gehören zu den Räumen in dieser Gesellschaft, in denen die Machtausübung ohne jegliche Kontrollmöglichkeit und über die Köpfe der Betroffenen hinweg entsteht. „Das alles geschieht mit dem Pathos der Gerechtigkeit, in einem autoritär überladenen Rahmen und mit der jeden Prozess abschließenden Unverschämtheit, dass hier ‚im Namen des Volkes’ gehandelt würde“, fügt die Gruppe K.O.B.R.A. ihrer Kritik am Stuttgarter Urteile eine grundsätzliche Kritik an und sieht die Gründe im System der Rechtssprechung: „Richter sind wahrheitsschaffende Instanz, richten über Schuld oder Nichtschuld, behandeln alle Prozessbeteiligten als Werkzeuge ihrer Prozessführung und zerstören durch Strafe und Isolation in Gefängnissen soziales Leben“. Das seien Handlungen, die modernen PriesterInnen gleichkommen. Der Glaube an höhere Instanzen aber gehöre auf den Misthaufen der Geschichte. Streit müsse in fairen und gleichberechtigten Auseinandersetzungsformen verlaufen – die Justiz habe in einer freien Gesellschaft nichts mehr verloren, fordern die K.O.B.R.A.-AktivistInnen die Auflösung der formalisierten Rechtssprechung und die Abschaffung von Bestrafungssystemen wie Gefängnissen und forensicher Psychiatrie.
Informationsseiten von K.O.B.R.A.-AktivistInnen


Veröffentlicht ...
Aus der FR, 2.10.2006 (S. 4)
Aus Protest gegen das Gerichtsurteil zum Vertrieb von Anti-Nazi-Symbolen haben linksgerichtete Aktivisten aus Mittelhessen die Organisatoren der Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland angezeigt. Offizielle Plakate hätten Symbole benutzt, die das Gericht verboten habe, begründeten Mitglieder der Projektwerkstatt in Reiskirchen-Saasen (Kreis Gießen) am Samstag die Anzeige. Die Anzeige richtet sich formal gegen unbekannt, wie die Gruppe mitteilte. ap/dpa

Staatsanwaltschaft lehnt Anzeige ab ...
Ermittlungen gab es gar nicht. Denn schon per Verfügung vom 13.10.06 lehnte die Staatsanwaltschaft Stuttgart das ab ... bemerkenswert schnell und deutlich.

Im Original: Kein Ermittlungsverfahren
Zunächst beschreibt die Staatsanwältin relativ genau und ausführlich, inwiefern die FIFA das Hakenkreuz eingesetzt hat (S.1-S.2 Mitte).


Jetzt wird es interessant (ab römisch II): Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Straftat sind nicht gegeben ...
 

Das durchgestrichene Hakenkreuz sei eindeutig gegen den Symbolgehalt gerichtet, den es für Nazis hat. Das ist unbestritten. Nur: Warum ist das bei einem zerschlagenen Hakenkreuz oder einen bildlich in den Müll verfrachteten Exemplar anders? Oder war die Maxime der Staatsanwaltschaft von vornhereien klar: keine Anklagen gegen wichtige Organisationen?
 

Und jetzt folgt der Trick, um die ansonsten von der Staatsanwaltschaft bevorzugte Argumentation zur Kriminalisierung auszuhebeln: So definiert sie ganz lax, dass die FIFA das Symbol unpolitisch eingesetzt habe ... als harmlosen rechtlichen Hinweis.

Dazu:
Auf Seite 2 zitiert die Staatsanwaltschaft selbst jedoch Passagen aus dem Fanguide der FIFA, die aussagen, dass mit der WM und dem Begleitprogramm antirassistische Projekte gefördert werden (wie ersnst das von der FIFA gemeint ist sei dahin gestellt und ist auch erst mal nicht wichtig), die klar eine politische Sichtweise zu grunde legen. Es werden also nicht nur rechtliche Folgen angedeutet.
Es ist offensichtlich, dass die StA Stuttgart sehr, sehr viel biegen muss, um die Handlungen der FIFA als unpolitisch, Symbole innerhalb antifaschistischer Zusammenhänge aber als politisch betrachten kann.

Abgesehen davon ist die Argumentation des BGH, dass ein politischer Einsatz des Symbols zur Auseinandersetzung mit dem Faschismus nicht erlaubt sei seltsam, weil auch die - nach diesem Beschluss erlaubten- Abwehr- oder Aufklärungshandlungen politische Handlungen in politischen Kontexten darstellen; praktisch können diese Ebenen nicht von einander getrennt werden.
 

Unter Punkt 2 nennt die Staatsanwaltschaft selber alle möglichen Punkte, die auch klar auf die kriminalisierten Antifa -Symboliken passen ... aber macht nichts ... abstossend ist die Formulierung, "sozialadäquater Zweck" (wer darf definieren, was sozial okay ist und was nicht)
 

Presseinformation: "Nazizeichen-Verbot: Staatsanwaltschaft Stuttgart will nicht gegen FIFA ermitteln"
Anzeige wegen Verwendung von Nazi-Symbolen bei der WM nicht angenommen
Wenige Tage nach dem Urteil gegen einen Versand von antifaschistischen Zeichen hatte ein politischer Aktivist aus Mittelhessen der Staatsanwaltschaft Stuttgart, die das Verfahren angestrengt hatte, eine weitere Anzeige vorgelegt. Sie richtete sich gegen die Verwendung von Anti-Nazi-Zeichen auf offiziellen Plakaten der Fußballweltmeisterschaft im Sommer in Deutschland. Die Absicht dahinter war nicht ein Straf- oder Verfolgungsinteresse, sondern die Aufdeckung von gerichteter Justiz: „Ich möchte mit meiner Strafanzeige beweisen, dass es Staatsanwaltschaft und Gericht in Stuttgart um politische Justiz geht“, formulierte der Jörg Bergstedt - Anzeigenerstatter aus der Antirepressionsgruppe K.O.B.R.A. - sein Motiv.
Inzwischen liegt eine Verfügung der Staatsanwaltschaft Stuttgart vom 13.10.06 vor, in welcher diese der Anzeige nicht folgt. Tenor der ausführlichen Begründung ist, dass die FIFA das durchgestrichene Hakenkreuz nur zu Informationszwecken über die rechtlichen Folgen genutzt habe (z.B. Stadionverbot bei Mitführen von rassistischer Propaganda). „Das ist absurd“, befindet Patrick Neuhaus, der sich ebenfalls bei K.O.B.R.A engagiert. „Es ist offensichtlich, dass die Staatsanwaltschaft hier gezielt den Begriff ‚politisch’ dreht und wendet, um keine Ermittlungen gegen WM-OrganisatorInnen einzuleiten.“
Zum einen sei grundsätzlich fragwürdig, ob die Ablehnung von Rassismus und Faschismus, die auch mit Symbolen ausgedrückt werde, nicht immer eine politische Haltung sei. „Zum anderen geht aus der Begründungsschrift der Staatsanwaltschaft schon hervor, dass es mehr gab als ein paar isolierte Hinweistafeln“, begründet Neuhaus. So zitiere die Staatsanwaltschaft Passagen aus dem Fanguide der FIFA, die aussagen, dass mit der WM antirassistische Projekte und Begleitprogramme gefördert wurden, die eine politische Wirkung entfalten sollen; ganz unabhängig davon, aus welchen Gründe die FIFA dieses Engagement betrieben hat. Ein Zitat aus dem Fanguide, das in der Begründung aufgegriffen wird, sei dabei besonders eindeutig: „Die FIFA WM ist ein Ort der Begegnung – Ausgrenzung und Diskriminierung haben hier nichts verloren.“ Praktisch sei es auch nicht möglich, die nach der Verfügung erlaubte Nutzung verbotener Nazizeichen für „Abwehr- oder Aufklärungshandlungen“ von einer politischen Ebene zu trennen.
Der Verdacht systematischer Ungleichbehandlung durch die Staatsanwaltschaft Stuttgart habe sich bestätigt. Eine Anzeige wegen Rechtsbeugung sei nun in Vorbereitung. Da auch in diesem Fall die Staatsanwaltschaft entscheiden kann, ob sie gegen sich selbst ermittelt, sei das Resultat absehbar. Gerade deshalb fordern die AktivistInnen von K.O.B.R.A. politischen Widerstand gegen das Stuttgarter Urteil. „Das ist keine Ausnahme“, behauptet Neuhaus. Justiz sei immer von Interessen geleitet und könne nie neutral sein, auch wenn sie sich gezielt mit dem Mythos von Unabhängigkeit umgebe. Daher sei auch eine grundsätzliche, kritische Auseinandersetzung mit Justizstrukturen weiterhin nötig. K.O.B.R.A.-AktivistInnen fordern die Auflösung der formalisierten Rechtssprechung und die Abschaffung von Bestrafungssystemen wie Gefängnissen und forensicher Psychiatrie.


Nicht nur in Stuttgart ...
Auch der Staatsschutz Gießen ermittelte gegen ihnen unbequeme Leute wegen Anti-Nazi-Symbolen. Mehr hier ...

Andere Orte, andere Entscheidungen ...
Aus dem Bericht zur Illegalerklärung einer Hausdurchsuchung:
Aber lassen wir das Landgericht nochmals zu Wort kommen. In der Begründung bezüglich der Razzia vom 21. Januar 2004 heißt es: "die Anordnung der Durchsuchung war ... rechtswidrig, da keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür vorlagen, dass eine Straftat gemäß § 86aStGB begangen worden war. Zwar sind auf dem Plakat Kennzeichen im Sinne von §86a Abs. 1 Ziff. 1 StGB zu sehen. Doch ist eine Veröffentlichung der Plakate nicht als Verwendung von Kennzeichen im Sinne des §86a StGB anzusehen."
Eine Kennzeichenverwendung, die dem Schutzzweck des § 86a ersichtlich nicht zuwiderläuft, ist aus dem Tatbestand auszuschließen (BGH St 25, 30, 32; 25, 132, 136; OLG Stuttgart, MDR 1982, S. 246). Schutzzweck der Vorschrift des § 86a StGB ist die Abwehr einer Wiederbelebung der verbotenen Organisationen oder der von ihr Vermögensberatung Bestrebungen, auf die das Kennzeichen hinweist, sowie die Wahrung des politischen Friedens, indem jeglicher Anschein einer solchen Wiederbelebung und der Eindruck bei in- und ausländischen Beobachtern vermieden wird, es gebe in der Bundesrepublik Deutschland eine Entwicklung dergestalt, dass verfassungsfeindliche Bestrebungen geduldet werden (BGH St 25, 30, 32).


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