Stiftung Freiräume

NGO - INTERNE STRUKTUREN UND STRATEGIEN

Was ist eine NGO?


1. Was ist eine NGO?
2. Zur Funktion und Funktionsweise von NGOs
3. Praxis und Alltag von NGO-Arbeit
4. Verbände und Lobbyarbeit
5. Verbände und Anbiederung
6. Jagd nach Spenden und Mitgliedern
7. Orientierung auf Medienpräsenz - Kampf um Mitglieder und Spenden
8. Links und Materialien zum Thema

Joachim Hirsch, Des Staates neue Kleider, in: Ulrich Brand u.a., 2001, Nichtsregierungsorganisationen in der Transformation des Staates, Westf. Dampfboot in Münster (S. 15f)
Nach Wahl (...) sind unter NGO freiwillige Zusammenschlüsse zu verstehen, die staats- und parteiunabhängig, nicht an wirtschaftlichen Gewinn und auch nicht an den Eigeninteressen ihrer Mitglieder orientiert sowie weder ethnisch, noch national, religiös oder geschlechtsspezifisch exklusiv sind. Dies ist freilich zunächst einmal eine eher rnormative und selbstbeschreibende Konstruktion, die in der Realität kaum volle Entsprechungen finden dürfte. ...
NGO sind in der Regel eben nicht nur idealistische Sachwalter wie auch immer definierter Menschheitsinteressen sondern notwendigerweise auch nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten und Kalkülen arbeitende "Moral"-Unternehmen.


Programmatische Aussagen von NGO
Pressetext auf ots zur Jahresbilanz von DNR-Präsident Hubert Weinzierl
Positiv an der Entwicklung seit „Rio“ ist nach Ansicht des DNR, dass Themen wie die Nachhaltigkeit sowie Umwelt- und Entwicklungsfragen aus der Weltpolitik nicht mehr wegzudenken seien. Für den nächsten Weltgipfel 2002 in Johannesburg bestünden im Zusammenführen von Globalisierung und Nachhaltigkeit sowie in der Ökologisierung der Weltwirtschaftsverhandlungen die größten Herausforderungen. „Vielleicht gelingt es in Johannesburg, den Vorschlag des deutschen ‚Rats für nachhaltige Entwicklung‘ zu verwirklichen und eine Weltkommission für Nachhaltigkeit und Globalisierung einzurichten“, bezeichnete Weinzierl als wichtiges umweltpolitisches Ziel für 2002.

Aus: Roland Roth, NGO und transnationale soziale Bewegungen ..., in: Ulrich Brand u.a., 2001, Nichtsregierungsorganisationen in der Transformation des Staates, Westf. Dampfboot in Münster (S. 54)
... dass NGO auch an charakteristischen Schwächen der neuen sozialen Bewegungen teilhaben (...):
  • Themenselektivität ... Konzentration auf Einzelthemen und spezifische Themenbereiche ... damit wächst die Kluft zwischen den jeweils punktuell wahrgenommenen globalen Problemen einerseits und der zu ihrer Lösung notwendigen Veränderungtiefe andererseits, die nur durch integrierte und umfassende Konzepte zu erzielen wäre.
  • Moralisierung ... viele Bewegungsmobilisierungen reduzieren komplexe Themen au simple Bilder, um damit mediengerechte Kampagnen ausstaffierehn zu können. Die politische Auseinandersetzung wird so auf Skandalisierungen verkürzt, die nicht sonderlich zur politischen Aufklärung, verbesserten politischen Willensbildung ode Aktivierung geeignet sind.
  • Legitimationsprobleme. Interne Demokratie und öffentliche Legitimation (z.B. der Einfluß von Spendern und Mitgliedern auf Kampagnen) sind nicht nur ein Problem der traditionellen bürokratischen Großorganisationen der Interessensvermittlung, sondern stellen sich gleichermaßen für NGO und soziale Bewegungen. Je größer der Einfluß, der letzten im politischen Prozeß zugebilligt wird, desto drängender werden solche Demokratieprobleme.

Alex Demirovic, NGO, Staat und Zivilgesellschaft, in: Ulrich Brand u.a., 2001, Nichtsregierungsorganisationen in der Transformation des Staates, Westf. Dampfboot in Münster, S. 142ff)
NGO stellen gewissermaßen eine Parallele zur Entwicklung von grünen Parteien dar. Im letzteren Fall professionalisieren sich politische Aktivisten, indem sie zu beruflichen Parteipolitikern und Parlamentariern werden. In einem kleinen Segment der sozialen Bewegungen, vor allem dem Umweltbereich, professionalisieren sich Bewegungsaktivisten, indem sie Nichtregierungsorganisationen gründen. Eine vergleichbare Entwicklung gibt es auch im Bereich der internationalistischen Solidaritätsbewegung. Durch die vor allem von der Sozialdemokratie mit dem Brundtland-Report vorangetriebene Diskussion über nachhaltige Entwicklung und die UN-Konferenz über Umwelt und Entwicklung 1992 in Rio de Janeiro wurden beide politischen Stränge Ende der achtziger und frühen neunziger Jahre eng miteinander verknüpft. Mehr als in anderen erlangten NGO in diesen beiden Bereichen die Anerkennung durch zwischenstaatliche Organisationen und durch nationale Regierungen. Einzelne Staatsapparate und Stiftungen unterstützen NGO direkt finanziell und indirekt durch Steuererleichterungen sowie durch Kooptation in den politischen Beratungsprozeß. ...
... im Zusammenspiel mit den Medien reduzieren einige der von diesen aufgewerteten NGO die Komplexität weltgesellschaftlicher Zusammenhänge auf wenige und scheinbar unmittelbarer politischer Praxis zugängliche Themen, Personen oder Verhandlungsarenen.


Interview der taz mit Reinhard Loske, Grünen MdB, taz 28.1.2002 (S. 5). Gemeint ist die Studie Zukunftsfähiges Deutschland, die Antwort ist vollständig zitiert!
Frage: Ist der Kapitalismus mit seiner Wachstumslogik überhaupt zukunftsfähig?
Loske: In der Studie haben wir gesagt: Gut leben statt viel kaufen.


Irgendwie alles ist schuld ...
Aus einem Rundbrief des Forum Umwelt&Entwicklung, zitiert in konkret 4/96 (S. 36)
Doch die Hindernisse, die einer nachhaltigen Entwicklung entgegenstehen, sind vielfältig. Sie reichen von menschlicher Habsucht und Gleichgültigkeit gegenüber natürlichen Ressourcen, Armut und sozialer Ungerechtigkeit bis zur Unausgeglichenheit nationaler und internationaler Zahlungs- und Handelsbilanzen. So hat sich die Menschheit in einem Netz vieler sich gegenseitig verstärkender Faktoren verfangen.

Zivilgesellschaft = Ansammlung von Eliten, u.a. NGOs
Europa-Abgeordnete (u.a. Sven Giegold) in einem Aufruf, mal wieder eine neue NGO aus Polit-Eliten zu bilden
Wir, die für die Regulierung des Finanz- und Bankensektors verantwortlichen Abgeordneten, rufen daher die Zivilgesellschaft (NRO, Gewerkschaften, Akademiker, Think-tanks...) auf, eine oder mehrere Nichtregierungsorganisationen zu bilden, um eine Gegenexpertise zu den auf den Finanzmärkten durch die wichtigsten Marktteilnehmer ausgelösten Vorgänge zu entwickeln (Banken, Versicherungsgesellschaften, Hedge Funds,...) und diese Erkenntnisse effizient über die Medien zu verbreiten.

Definition auf www.nachhaltigkeit.info, Auszüge:
Was ist eine NRO/NGO?
Die Antwort gibt die Hauptabteilung Presse und Information der Vereinten Nationen (Department of Public Information DPI www.un.org/dpi/ngosection/gerbro.htmd ):
„Eine nichtstaatliche Organisation (Non-governmental organisation, im weiteren Text: NGO) ist eine nicht-gewinnorientierte und auf freiwilliger Arbeit basierende Organisation von Bürgern, die sowohl lokal als auch national oder international organisiert und tätig sein kann. Auf ein bestimmtes Ziel ausgerichtet und von Leuten mit einem gemeinsamen Interesse gegründet, versuchen NGOs, eine Vielfalt von Leistungen und humanitären Funktionen wahrzunehmen, Bürgeranliegen bei Regierungen vorzubringen, die politische Landschaft zu beobachten und das politische Engagement in der Bevölkerung zu erwecken. Sie stellen Analysen und Sachverstand zur Verfügung, dienen als Frühwarnmechanismus und helfen, internationale Übereinkünfte zu beobachten und umzusetzen. Manche NGOs sind für ganz bestimmte Aufgaben gegründet, so zum Beispiel Menschenrechte, Umwelt oder Gesundheit. Ihre Verbindungen zu Abteilungen und Einrichtungen der Vereinten Nationen hängt ganz von ihren Zielen, Standorten und Möglichkeiten ab."


Aus Harald Welzer, "Das gute Leben gibt es nicht umsonst", in: Spiegel 26/2012 (S. 63)
In den Jahrzehnten seit dem Aufkommen der Umweltbewegung hat sich eine Öko- und Nachhaltigkeitsindustrie mit einem Betriebssystem etabliert, in dem die NGOs, Stiftungen, Kommissionen, Tink-Tanks und Räte in einem Wettbewerb um Aufmerksamkeit und Mittel stehen. Deshalb die vielen Konferenzen, die nichts anderes sind als Messen, auf denen eine Moral gehandelt wird, die die brutale Wirklichkeit des allgegenwärtigen Raubbaus ein bisschen netter daherkommen lässt.
Zugleich wird mehr denn je zuvor gebohrt, gefördert, planiert, gerodet und konsumiert, die Anbauflächen, die großindustriell mit gentechnisch veränderten Pflanzen bebaut werden, werden ausgedehnt, um kurzfristig höhere Erträge zu erzielen, als eine nachhaltige Nutzung es erlauben würde. Die expansiven Strategien werden desto mehr intensiviert, je deutlicher die Knappheiten zunehmen.
Der Alarmismus der Ökos und der Klimaforscher sorgt nur für die Mitteilung, dass die Party womöglich bald vorbei sein könnte. So finden Ökobewegung und heißlaufender Extraktivismus in jener friedlichen Koexistenz zueinander, für die Rio-20 steht. Die einen sind für die Zerstörung des Planeten zuständig, die anderen für die Besorgnis darum.


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