Stiftung Freiräume

GREENWASHING UND VERSTECKSPIEL
KONZERNE UND DIE FASSADE DER KLEINFIRMEN

Einleitung


1. Einleitung
2. Versteckspiel am Beispiel: Der Firmenverbund BioOK (inzwischen aufgelöst)
3. Staat und Konzerne - gemeinsam aktiv
4. Lieblingsfeind der Deutschen: Monsanto
5. Deutsche Konzerne I: BASF (genauer: BASF Plant Science)
6. Deutsche Konzerne II: Bayer (genauer: Bayer CropScience)
7. Deutsche Konzerne III: KWS (genauer: KWS Saat AG)
8. Und einige mehr ...
9. Eine Hand wäscht die andere ... und boxt die andere: Konkurrenz und Kooperation
10. Netzwerke, Tarnfirmen & Co.: Unternehmen und ihr Einfluss
11. Links

Überall die Finger drin haben, aber nicht auffallen: Die Konzerne
Ein Abschnitt über Strategien der Konzerne
befindet sich in der Broschüre "Organisierte
Unverantwortlichkeit" auf Seite 29 (Infoseite ++ PDF)

Kennen Sie Filme oder Bücher über Monsanto? Wahrscheinlich - und vieles (nicht alles) ist durchaus empfehlenswert. Was dort beschrieben wird an brutalen Geschäftspraxen des US-Konzerns, die von Justiz und Behörden meist unterstützten Bespitzelungen und Gelderpressungen unabhängiger FarmerInnen, der Umgang mit Pestiziden und der Kampf um Patente an manipuliertem und gentechnikfreiem Leben sind eine schauerliche Geschichte dessen, was kapitalistisches Wirtschaften bedeutet: Mensch und Natur kommen darin nur als ausbeutbare Zählfaktoren vor. Doch St. Louis, der Firmensitz des Round-up- und Agent-Orange-Herstellers, ist weit weg. Wie aber sieht es in Deutschland aus? Wie kann es sein, dass wir in Buchhandlungen und Bibliotheken gleich mehrere Bücher darüber finden, wie Monsanto im Gentechnikmarkt weltweit aufräumt und Schaden anrichtet - und über BASF, Bayer und KWS kaum etwas? Liegt das nur an dem in bürgerlichen Kreisen latent und in politisch rechten Strömungen auffällig stark entwickelten Antiamerikanismus, gepaart mit einer verklärten Auffassung über die positiven europäischen Traditionen? Oder gibt es Unterschiede in den Firmenstrategien, die europäische Firmen unsichtbarer machen? Schauen wir uns die Landschaft der Genfelder betreibenden Firmen in Deutschland einmal genauer an ...

Stellen Sie sich vor, Sie sitzen in Ihrer Hausbank und wollen sich beraten lassen, wie Sie Ihr Geld am besten anlegen können. Es soll ja Zinsen bringen ... ach so, sie würden sowas nicht mit einer Bank zusammen tun? Das wäre ja okay, aber wahrscheinlich sind Sie da die Ausnahme. Und vielleicht gelingt es trotzdem sich in die Situation hineinzuversetzen. Also: Der 'Bänker' bietet Ihnen nun eine Aktie eines Chemiekonzerns an, sagen wir von Bayer oder BASF. Dann beginnt er in hohen Tönen zu schwärmen, dass die viel in 'grüne' Gentechnik investieren, die sich bald überall hin auskreuzen und damit dann die Patente ordentlich Geld versilbern würde. Wenn Sie einE harteR ZockerIn sind, würde Ihnen das gefallen. Sonst wohl eher nicht. Und das wissen auch die Konzerne: Mit der Agro-Gentechnik lässt sich in Deutschland und vielen anderen Ländern Europas kein positives Firmenimage aufbauen. So ist es das spezifisch Deutsche an der Agro-Gentechnik im Land, dass sich die großen Konzerne gern ein bisschen verstecken. Es soll nicht auffallen, wie weit die Konzerne schon drinstecken im weltweiten Konkurrenzkampf um Fördermittel, Pfründe, Ackerland und Patente. Ebenso soll lieber unter dem Tisch bleiben, wie eng sie mit Regierungen und Behörden verwoben sind. Und welche Finger sie in Universitäten drinhaben, in den großen Forschungsorganisationen wie Max-Planck, Fraunhofer und anderen, sowie an den Schaltstellen der Geldvergabe, z.B. er Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG). Denn schließlich ist es mit BASF, Bayer und KWS nicht anders wie mit Rüstungs-, Energie- Pharma-, oder Automobilkonzernen, Banken und Versicherungen. Sie alle sind personell eng verflochten mit Aufsichtsbehörden, nehmen Einfluss über Lobbygruppen und sitzen an den Tischen, wenn Gesetze geschmiedet oder der Kuchen voller Fördergelder verteilt wird. Aber das Thema ist zu umstritten. Darum ist bei der Agro-Gentechnik doch einiges anders. Die Gentechnikfirmen wissen, dass ihr Geschäft im Land nicht so beliebt ist wie der Bau von CO2-Schleudern auf vier Rädern oder neuen Fabriken. Darum setzen sie auf eine andere Strategie: Tarnung. Statt selbst zu agieren, dulden und fördern sie die Entstehung vieler Kleinstfirmen und regionaler Biotechnologieinitiativen. Hinter diesen stehen dann als Auftrag- und Geldgeber die Konzerne. Wer genau hinguckt, sieht sie auch: Wo immer die ,Kleinen' agieren - die 'Großen' sind da: Auf den Kongressen, Strategietreffen, in Vorständen und Beiräten der Lobbyverbände. Was die 'Kleinen' entwickeln oder durchsetzen, wird später den großen Konzernen dienen. Die Patente sind in der Regel gleich auf sie angemeldet.

Das Kapitel zu Firmen und Konzernen im Buch "Monsanto auf Deutsch" als PDF-Download!

Konzept zur Gehirnwäsche: Burson-Marsteller und die Nachfolger
Es ist lange her, genauer 1997, da erarbeitete die PR-Agentur Burson-Marsteller ein Konzept, mit dem im gentechnikkritischen Europa die Gentechnik propagandistisch und tatsächlich durchgesetzt werden sollte. Das Papier wimmelte von Vorschlägen zum Lügen, Verdrehen und Täuschen - ein beeindruckendes Beispiel für die Strategien der Gentechnik-Seilschaften. So sollten "positive Aussagen über Aufsichtsbehörden" nicht von den Konzernen, sondern nur von solchen "Akteuren stammen, die nicht von den Entscheidungen dieser Aufsichtsbehörden abhängig sind". InnoPlanta, WGG und andere nahmen diese Aufgabe in Deutschland seitdem wahr. Sorgen, dass dennoch die Einseitigkeit von BVL, JKI & Co. erkannt werden könnte, bestanden bei InnoPlanta 2003 trotzdem: "Auch auf dem letztjährigen Innoplanta Forum in Sachsen-Anhalt wurde betont, dass das Vertrauen in die kontrollierenden Behörden gestärkt werden müsse". Themen klauen und besetzen war eine weitere Strategie - benannt in einem Papier von EuropaBio, dem Industrieverband der Biotechnologiekonzerne (European Association for Bioindustries). Statt über "Risiko für Mensch und Umwelt" solle lieber über das "Risiko des Nicht-Handelns" geredet werden. Selbst das Wort "Koexistenz" stammte aus dieser Klamottenkiste - es sollte verschleiern, dass es um "Durchsetzung" ging. Solche Verharmlosungen und Green-washing waren und sind Konzept: "Besonders stolz sind wir in diesem Zusammenhang darauf, die mit der Ökologiebewegung assoziierte Vorsilbe „Bio“ erfolgreich gehijackt zu haben." Weitere Begriffe sollten folgen, allen voran der immer schon farblose Begriff der Nachhaltigkeit. InnoPlanta sieht GentechnikerInnen "mit der Klugheit der Natur" arbeiten.

Was Burson-Marsteller und die Gentechnikkonzerne stattdessen richtig fanden, stand deutlich im PR-Papier: "Geschichten und keine Sachfragen". Emotional sein, war Trumpf, um "Gefühle wie Hoffnung, Befriedigung, Fürsorge und Selbstwert erwecken" zu können - welch ein seltsamer Kontrast zur penetranten Behauptung, sich um Sachlichkeit zu bemühen. Der zentrale Satz lauteter: "Um die gewünschten Wirkungen hinsichtlich der öffentlichen Wahrnehmung und Meinungen zu erzeugen, müssen die Bioindustrien aufhören als ihre eigenen Fürsprecher aufzutreten." Das wirkte als Fanal. Denn wenn die Konzerne nicht selbst die Werbetrommel rühren konnten, mussten neue her - und die sprossen seitdem wie Pilze aus dem Boden: Lobbyverbände, Kleinst- und Scheinfirmen, PR-Agenturen, Universitäten und staatliche Institute sind heute überall als Werber der wenig akzeptierten Technik unterwegs. BASF, Bayer und KWS können sich zurücklehnen, zuschauen und, so hoffen sie, die Früchte ernten.

Im Original: Strategien der Kommunikation
Strategie: Staatliche Behörden nicht direkt loben (Quelle der folgenden Zitate und mehr ...)
In Sicherheitsfragen [gibt es] keinen Ersatz für glaubwürdige Aufsichtsbehörden. Eine strategische Zielsetzung dieser Kampagne muß es daher sein, ihre Glaubwürdigkeit mit aufzubauen. ... Positive Aussagen ... [sollten] von Akteuren stammen, die nicht von den Entscheidungen dieser Aufsichtsbehörden abhängig sind. ... Positive Aussagen über Aufsichtsbehörden, die vom unteren Ende stammen (= Bioindustrien), tragen zu der glaubwürdigkeitsvernichtenden Wahrnehmung bei, diejenigen mit den größten eigenen Interessen hätten die Kontrolle über die Aufsichtsbehörden. (Burson-Marsteller Papier von 1997)
Auch auf dem letztjährigen Innoplanta Forum in Sachsen-Anhalt wurde betont, dass das Vertrauen in die kontrollierenden Behörden gestärkt werden müsse. (Innoplanta: Biotechnologie Umsetzungsstrategie des Landes Sachsen-Anhalt. Presseerklärung am 15.8.03)

Strategie: Konfliktthemen meiden
Öffentliche Fragen der Risiken für die Umwelt und Gesundheit des Menschen sind Kommunikations-Schlachtfelder für die Biotechnologie-Industrien in Europa. Als allgemeine Regel kann nicht erwartet werden, daß es der Industrie gelingt, in diesen Fragen eine erfolgreiche öffentliche Verteidigungsstellung den Kritikerstimmen gegenüber zu beziehen. (Burson-Marsteller Papier von 1997)

Strategie: Plattitüden und Emotionen ansprechen
Geschichten und keine Sachfragen: Wenn es EuropaBio gelingen soll, den Übergang zu einer effektiven öffentlichen Stimme zu vollziehen, muß eine Verlagerung von einer sachfragenorientierten Kommunikation hin zu einer auf „Geschichten“ gestützten Kommunikation stattfinden. ...
Die Gegner der Biotechnologie sind außerordentlich geschickt in der Kultivierung von Symbolen welche angetan sind, unmittelbare Gefühle von Furcht, Wut und Ressentiments zu schüren. Die Bioindustrien müssen in ähnlicher Weise antworten – mit Symbolen, die Gefühle wie Hoffnung, Befriedigung, Fürsorge und Selbstwert erwecken.
(Burson-Marsteller Papier von 1997)

Strategie: Bio- und Öko-Etiketten klauen, Umweltvorteile behaupten
Ein wirklich aggressives Kommunikationskonzept versucht selber Begriffe zu setzen und immer wieder dem Gegner Begriffe streitig zu machen und umzudeuten.
Aus einem „Risiko für Mensch und Umwelt“ wird so z.B. ein „Risiko des Nicht-Handelns“ und bei dem aktuellen Erprobungsanbau von gentechnisch veränderten Pflanzen geht es nicht um deren Durchsetzung, sondern um die friedliche „KOEXISTENZ“ verschiedener Anbauformen.
Besonders stolz sind wir in diesem Zusammenhang darauf, die mit der Ökologiebewegung assoziierte Vorsilbe „Bio“ erfolgreich gehijackt zu haben. Die verschiedenen BIO-TECH-REGIONEN Deutschlands sind also BioRegionen, und dementsprechend heißt es eben BioMitteldeutschland und nicht BioTechMitteldeutschland.
(EuropaBio)
Mit der Klugheit der Natur (Slogan von InnoPlanta, die ansonsten ja die offenbar unzulängliche Natur korrigieren wollen ...)
... zeigen sich viele Europäer im allgemeinen aufgeschlossen, wenn sie darüber informiert werden, daß die neuen Sorten den Einsatz von chemischen Spritzmitteln in der Landwirtschaft verringern können. (Burson-Marsteller Papier von 1997)
Agrar-, Ernährungs- und Lebensmittelsektoren sind Schlüsselbereiche der Wirtschaft. Bei Genius konzentrieren wir uns vor allem auf Aspekte einer nachhaltigen Nutzung von Biomasse einer integrierten Landwirtschaft. Durch diese sehen wir ökologische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Interessen im Einklang.
(Genius)
Die weltweiten Erfahrungen aber auch die im Lande angestoßenen Projekte von Forschungseinrichtungen und Unternehmen zeigen, dass die Pflanzenbiotechnologie erhebliche Potentiale für die Landwirtschaft, die Umwelt und den Endverbraucher bietet. Ein Weg zu finden, diese Potentiale auch für die wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes zu nutzen, in dem ein handhabbares Nebeneinander verschiedener landwirtschaftlicher Anbauformen möglich wird, ist eines der Ziele des Erprobungsanbaus. (Kommunikationskonzept der Landesregierung Sachsen-Anhalt, Entwurf 4.2.2004)

Nicht selbst agieren, sondern andere vorschicken
Um die gewünschten Wirkungen hinsichtlich der öffentlichen Wahrnehmung und Meinungen zu erzeugen, müssen die Bioindustrien aufhören als ihre eigenen Fürsprecher aufzutreten. (Burson-Marsteller Papier von 1997)

Strategie: Spektakel und Show statt Inhalte
Eine der großen Tendenzen in Museen ist, dem ausgestellten Objekt einen Kontext zu geben. So können wir diese Schranken zwischen Wissenschaft und Kunst überwinden und viel häufiger Ausstellungen besuchen, so wie wir Kunstausstellungen wahrnehmen oder Konzerte. Wir gehen zu einer neuen Show, einer Science-Show. (Lawrence Sinbai, Wellcome Trust zit. n. Sadr-Haghighian, Natascha: „Science for Life“ – Wellcome Trust in: bürobert u.a.: geldbeatsynthetik copyshop 2 1996)

Strategie: Events mit phantasievoller Pressearbeit
Die meisten Reporter und Redakteure haben keine persönliche Agenda wenn es um die Berichterstattung über Biotechnologien und die Bioindustrien geht. Wie in allen anderen Bereichen, sind sie vornehmlich damit beschäftigt, verkaufbares Material unter einem extremen Termindruck zu produzieren. Die Faktoren Termindruck und Redaktionsschluß dominieren den Journalismus und haben einen weitreichenden Einfluß auf den tatsächlichen Inhalt der Berichterstattung.
Pressemitteilung herausgeben mit Tenor "gewaltige Resonanz auf Kongreß", ... "Kongreß verweist auf gigantisches Wachstumpotential der Biotechnologien in unserer Region" sagt Bürgermeister So-und-So, etc. (Burson-Marsteller Papier von 1997)

Die Strategie von Burson Marsteller wurde Wirklichkeit. PR-Experte Stefan Bottler beschrieb das weitere Geschehen schon ein Jahr später in der Fachzeitschrift Werben & Verkaufen (Lorch/Then, S. 7): "Die sublime Kommunikationstaktik vieler Chemie-, Biotechnik-, Nahrungsmittel- und Saatgutfirmen, alle sind in das Thema Gentechnik involviert, scheint aufzugehen. 10 Jahre lang hatten die Unternehmen auf spektakuläre Kampagnen verzichtet und statt dessen in gezielte Öffentlichkeitsarbeit und Below-The-Line Maßnahmen investiert. (...) Federführend in der PR ist eine Flut von Arbeitskreisen, Initiativen und Aktionsgruppen, die einzelne Unternehmen und Verbände gegründet haben. Auch Branchenkenner haben Mühe, die Übersicht zu bewahren." Klassisches Beispiel ist die deutsche PR-Agentur Genius. Sie setzt das Konzept von Burson Marsteller praktisch 1:1 in Deutschland um und tritt dabei über etliche Lobbyverbände und Kleinstfirmen sowie indirekt durch die Zuarbeit an große Konzerne in Erscheinung. Direkte Kontakte zwischen Genius und Burson Marsteller bestehen. 2006 berichtete politikszene: "Christoph Löwer (37) wird neuer Manager für politische Öffentlichkeitsarbeit bei Burson-Marsteller in Berlin. Zuvor war der promovierte Agrarwissenschaftler bei Genius in Darmstadt." Umso unfassbarer ist, dass genau diese Agentur im Auftrag und mit Millionen der Bundesregierung die Propaganda für die staatliche und staatsgeförderte sogenannte Sicherheitsforschung steuert, u.a. als MacherInnen des dazugehörigen Internetauftritts www.biosicherheit.de. Das hatten nicht einmal Burson Marsteller zu träumen gehofft, dass die Gentechniklobby einmal die Regierungspropaganda direkt ausführen würde!

Im Original: Kritische Texte zu Burson Marsteller
Strategie: Pro- und Contra-Debatten selbst inszenieren - als eigene Gegenseite kontrolliert auftreten
Aus einer Infoseite über Kommunikationsstrategien der Konzerne
Die interessierte Öffentlichkeit steht jeder Information, die als offensichtlich einseitige „Industriepropaganda“ daher kommt, skeptisch gegenüber. Foren, in denen die verschiedenen Pro- und Contra-Argumente scheinbar neutral verhandelt werden, können, insofern sie redaktionell im Sinne der BioTech-Befürworter gelenkt werden, ein wirksames Tool im Kampf um die öffentliche Meinung darstellen.
Beispielhaft ist hier der Webauftritt www.transgen.de, der den Erprobungsanbau von genetisch veränderten Pflanzen begleitet.
EuropaBio muß sich in die beste und zuverlässigste, langfristige Quelle von Inspiration und Informationen über Biotechnologien/Bioindustrien für Journalisten verwandeln. Mit anderen Worten, der erste, hilfreichste, prompteste Ansprechpartner für die praktische Hinführung zu interessanten Geschichten und Persönlichkeiten - ruhig mit kontroversen Elementen vermischt - ein Lieferant von Material, das Redakteure und die Leserschaft gleichermaßen zufriedenstellt und keinesfalls als Industriepropaganda angesehen wird.


Aus Lorch/Then, "Kontrolle oder Kollaboration?" (S. 6 ff.)
Im Juni 1997 trafen sich in Amsterdam der Dachverband EuropaBio und Konzerne wie Monsanto, Bayer und Syngenta (bzw. Firmen, die später Teil von Bayer und Syngenta wurden), um die Lage in Europa zu diskutieren. Schon im Vorfeld wurde die große internationale Beratungsagentur Burson-Marsteller aktiv, die häufig im Rahmen der Krisenkommunikation von Unternehmen zum Einsatz kommt. Burson-Marsteller war bereits bei der Einführung der gv-Soja von Monsanto eingeschaltet worden. ...
Burson-Marsteller legte im Januar 1997 ein umfangreiches Strategiepapier vor und beteiligte sich auch an der Durchführung des Treffens von EuropaBio in Amsterdam. Die Spuren dieses Strategiepapiers lassen sich bis heute verfolgen. So empfahl Burson-Marsteller damals, nicht so sehr über die Risiken der Gentechnik zu sprechen, sondern vielmehr Geschichten zu erzählen, in denen die möglichen Erfolge vorkommen sollten. Im Kern der Analyse von Burson-Marsteller aber stand die Aussage, dass die Industrie ihr gesamtes Auftreten verändern müsse. Nicht mehr die Industrie selbst, sondern scheinbar neutralere Institutionen sollten die Diskussion um die gv-Saaten voran tragen. ...
Die von Burson-Marsteller vorgeschlagene Strategie war von der Biotechnologie bereits wenige Jahre später mit Erfolg umgesetzt. ...
Es entsteht ein Netzwerk aus Industrieverbänden wie der Deutschen Industrievereinigung Biotechnologie (DIB) und EuropaBio, von Lobbyverbänden wie dem Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde (BLL) und dem EFB (dem Europäischen
Biotechnologie-Verband, in dem verschiedene Wissenschaftler, Gentechnikfirmen und Lobbyorganisationen Mitglied sind), von Arbeitskreisen und Consulting-Firmen. In diesem Netzwerk finden sich auch schon früh Vertreter von Behörden und Wissenschaftler von öffentlichen und staatlichen Forschungsinstituten.
...
Ausgehend von der durch Burson-Marsteller erstellten Kommunikationsstrategie (hier im Bericht in dem Kapitel zuvor „Tarnkappen-Strategie“ genannt) ist in den darauf folgenden Jahren ein Netzwerk im Bereich der Agro-Gentechnik entstanden, das aus Vertretern der Industrie, Experten der beteiligten Zulassungsbehörden sowie aus Verbänden und Institutionen besteht, die nicht immer eindeutig der Industrie zuzuordnen sind.


Doch ganz reichte das nicht. PR-Agenturen, ZuarbeiterInnen in Behörden, PR-orientierte WissenschaftlerInnen - irgendjemand musste auch die Arbeit draußen auf den Feldern und in den Gewächshäusern machen. Auch dafür fand sich eine Lösung: BioParks und Kleinfirmen säen, ernten und bewachsen, was den Großen zum Profite dient. Sie zapfen nicht nur die üblichen Quellen der Gentechnik-Forschungsmillionen an, sondern leiten vor Ort Fördermittel für Dorfgemeinschaftshäuser, Denkmalpflege oder regionales Wirtschaften unter dem Deckmantel der Nachhaltigkeit in ihre Kassen. Wer hinter ihre Kulissen guckt, sieht dann aber doch die großen Konzerne hinter der Fassade der Kleinfirmen. Ein solches Beispiel soll im Folgenden vorgestellt werden: Die Firma BioOK mit ihren zwei Besonderheiten. Erstens ist sie nicht nur eine Kleinfirma, sondern gleich ein Verbund mehrerer Kleinfirmen. Und zweitens ist sie Annette Schavans und war lange auch des SPD-Landwirtschaftsministers Lieblingskind. Ginge es nach den beiden, so soll BioOK sogar Weltmarktführer in Sachen Freisetzungsforschung werden. Selbst also in der Technik, die kaum jemand im Land will, soll das Land die Nr. 1 weltweit werden - die Meinung des Volkes, verkündet von denen, die für es sprechen, ist eben immer etwas anders als die Meinung der Menschen. Die fragt niemand. Schauen wir uns dieses Lieblingskind führender PolitikerInnen einmal genauer an ...

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