Stiftung Freiräume

SOZIALFOREN ALS DACHVERBÄNDE?

Dachverbände für eine Bewegung - Reflektionen über das Sozialforum

Bevor die Revolution ihre Kinder frißt, gründet sie Dachverbände.

Ein Text von Regina Schwarz

Mit diesem Text soll begründet werden, warum ein NRW-Dachverband nicht sinnvoll wäre.

Am 24.und 25. Oktober 2003 fand in Köln die Gründungskonferenz des Kölner Sozialforums statt. 200 Kölner BürgerInnen haben sich entschlossen der neoliberalen Agenda der weltweiten kapitalistischen Globalisierung auf der lokalen Ebene in Köln etwas entgegen zu setzen.
Ich möchte dies zum Anlaß nehmen, einmal zu rekapitulieren, vor welchem Hintergrund die Anti-Globalisierungsbewegung entstanden ist, was ihre Motive und Ziele sind, und wie es zur Gründung von globalen und lokalen Sozialforen kam. Außerdem betrachte ich verschiedene Entwicklungen und Strategien innerhalb der weltweiten und der kommunalen "Sozialforumsbewegung" und nehme dazu kritisch Stellung.

Die Gründungen von lokalen Sozialforen fingen in Europa in Italien an. Inspiriert wurden sie durch das jährlich stattfindende Weltsozialforum, welches erstmals im Jahre 2000 in Brasilien organisiert wurde. Seit dieser Zeiten findet es jährlich als Gegenveranstaltung gleichzeitig zu dem in Davos tagenden WEF (Weltwirtschaftsforum) statt, zu dem sich die Weltwirtschaftselite trifft, um den weiteren Ausbau der neoliberalen Wirtschaftsagenda zu planen.

Dieser fortschreitenden Wirtschaftsliberalisierung setzt sich seit ein paar Jahren eine neue, weltweite anti-kapitalistische Bewegung entgegen, die diese Menschen-, Tier-, und Natur-verachtende Politik bekämpfen möchte: Die Anti-Globalisierungsbewegung. Auf breiter Ebene hat sie sich das von den mexikanischen Zapatisten übernommene Motto "Eine andere Welt ist möglich" zu eigen gemacht.(1)

Ob in den Bergen des lakandonischen Urwald´s, ob an den Meeresküsten Asien´s, ob auf den Monokulturen Afrika´s, überall auf der Welt gibt es inzwischen Menschen, die die undemokratischen Entscheidungen der Globalisierungsinstitutionen wie z.B. WTO, IWF, Weltbank, WEF und ihre Auswirkungen auf die Dörfer und die Städte, wo die Menschen leben, nicht mehr akzeptieren und diese Institutionen abschaffen wollen.

1999 wurde die Kraft dieser Bewegung zum erstenmal sichtbar, als sie in Seattle die WTO-Konferenz zum Scheitern brachte. Im Jahr 2000 mußten die Weltbank und der IWF aufgrund der anhaltenden Protestaktionen ihre Konferenz in Prag abbrechen.

Zwei Strategien bewegen die GlobalisierungsgegnerInnen seit dieser Zeit:
Zum einen wollen sie diese Weltzentralen für undemokratische, lebensverachtende Wirtschaftspolitik abschaffen, und zum anderen wollen sie dezentrale, basisdemokratische Strukturen für eine selbstbestimmte Politik von unten aufbauen.
Denn im Gegensatz zu der zentralistischen Macht der Globalisierungsinstitutionen geht es ihnen vor allem um Transparenz, um Selbstbestimmung, um Basisdemokratie und für den Aufbau einer Wirtschaft, die den Bedürfnissen der Mehrheit der Menschen und dem Gemeinwohl dient.

"Für eine Linke, die tendenziell nach zentralistischen Lösungen sucht, um damit fast jedes Problem zu lösen, war diese Betonung auf Dezentralisierung und direkte Beteiligung ein Durchbruch", schreibt dazu Naomi Klein.(2) Ihrer Meinung nach, war noch auf dem ersten WSF den Beteiligten völlig klar, daß die Klassische Linke mit ihren Methoden und Strategien im Kampf gegen den Kapitalismus gescheitert war. Die meisten Delegierten seien sich einig gewesen, daß man neue Ideen und neue Methoden bräuchte.

Doch obwohl die Hauptziele der Anti-Globalisierungsbewegung, Selbstbestimmung, Transparenz und Basisdemokratie in einer anderen Globalisierung waren, gab es von anfang an auch antogonistische Bestrebungen von autoritären Linken, die sich diese Bewegung von unten, sie wird mittlerweile als die größte soziale Bewegung aller Zeiten eingeschätzt, untertan machen wollten.(3)

Und Naomi Klein fragte sich nach dem letzten Weltsozialforum: Wie war es nur möglich, daß eine Versammlung, die als Vorzeigeversammlung für die neue Graswurzelbewegung gedacht war, zu einer "Feier für Männer mit einer Vorliebe für Dreistunden-Reden über die Zerschlagung der Oligarchie wurde?"(4)

Die indische Famer-Organisation KRRS aus Karnataka hat für das Weltsozialforum 2004 ihre Teilnahme abgesagt, weil sie die Prinzipien dieses Forums nicht mehr teilt. Sie ruft stattdessen parallel dazu zu einem Globalen Bauernforum außerhalb des WSF auf.(5)

Andrej Grubacic, äußert Befürchtungen, daß das WSF und das Europäische Sozialforum "Gefahr laufen, zu einer Körperschaft gewählter Stellvertreter zu werden, die durch niemanden gewählt wurden."(6)

Pablo Ortellado aus Brasilien stellt sogar fest, daß es eine Gleichberechtigung der Graswurzel-Aktisten der Anti-Globalisierungsbewegung und den etablierten NGO´s, im WSF und im ESF von anfang an nicht gegeben hätte.(7) Die Organisationskomitees hätte stets aus linken Parteien, Gewerkschaften, etablierten NGO´s, der katholischen Kirche und ATTAC bestanden. Diese Organisationen hätte die "wichtigen" Veranstaltungen festgelegt und bestimmt wer dort auf dem Podium sitzen durfte.
(Die kolumbianische Befreiungsorganisation FARC durfte garnicht kommen, weil sie eine bewaffnete Gruppe sei. Bei Vertretern der französichen Regierung wurde in bezug auf Waffenbesitz ohne Umstände eine Ausnahme gemacht.)
Die Inhalte dieser "Kernaktivitäten"- Großveranstaltungen mit ausgewählten RednerInnen - wurden dann durch das WSF-Pressebüro verbreitet. Beim 3.Weltsozialforum wurde es unabhängigen JournalistInnen nicht einmal mehr gestattet, die Presseräume zu benutzen (einschließlich Radio Muda, des vermutlich wichtigsten freien Radios in Brasilien.) (8)

Stattdessen wurde der brasiliansiche Präsident Lula zum Starredner eingeladen und durfte anschließend völlig unhinterfragt im Namen der "Bewegung" eine Botschaft von Porto Alegre nach Davos(!) bringen,(wo er übergangslos am WEF teilnahm), die da lautete: "Wir wollen den Freihandel, aber wir wollen ihn für alle." (9) "Wer hat ihn beauftragt, den Freihandelsvertretern in Davos vorzuwerfen, daß der Handel den Menschen des Weltsozialforums immer noch nicht frei genug ist?", fragt Pablo Ortellada von Indymedia Brasilien.

Die indische Bauernorganisation KRRS lehnte ihre Teilnahme am Weltsozialforum unter anderem deshalb ab, weil einer der Hauptorganisatoren des WSF, Bernhard Cassen von ATTAC Frankreich öffentlich sagen durfte: "Bush war ATTAC noch niemals so nah wie jetzt. Mit ein wenig Anstrengung könnte er vielleicht Mitglied werden." Und im ATTAC Newsletter stand in der Okt/Nov Ausgabe 2001: "Trotz der Bombardierungen, Anthrax, Verzweiflung und Tod, der Handel muß weitergehen. Bei allen politischen Möglichkeiten steht der Krieg an vorderster Stelle für eine weitere Liberalisierung in der Welt." (10)

In Italien sind dieselben linken Demokraten, die das europäische Sozialforum in Florenz mitorganisierten, in der Regionalregierung und haben die Privatisierung lokaler Dienstleistungen befördert, die zudem noch Umweltzerstörung zur Folge hatten. (11)

Die Bestrebungen einiger linker Organisationen, Parteien und Gewerkschaften, die Organisation und die wichtigsten Inhalte des WSF und des ESF zu bestimmen und andere Gruppen und Themen zu marginalisieren, findet zunehmend Kritik bei Graswurzelbewegungen und emanzipatorischen Linken. Teilweise sind diese Gruppen und Individuen bereits dabei, alternative Konferenzen innerhalb und außerhalb des Sozialforums zu organisieren.(Hub-Projekt, internationales Jugendcamp, Projekt Intergalactica Laboratory, Projekt Life after Capitalism, etc.)
Denn die undemokratische Entwicklung widerspricht zudem mehr und mehr der 2001 durch den internationalen Rat des Weltsozialforums beschlossenen "Charter of Principles" des Weltsozialforums.

"Das WSF ist ein pluraler, breit gefächerter, nicht-konfessioneller, nichtstaatlicher und nicht-parteiischer Zusammenhang, der auf dezentralisierte Art und Weise die Organisationen und Bewegungen verknüpft, die durch konkrete Aktionen von der lokalen bis zur internationalen Ebene dabei mitwirken eine andere Welt aufzubauen."(8.Prinzip der Charter des WSF) .... "Weder Parteien, noch militärische Organisationen können am Forum teilnehmen."(9.Prinzip der Charter des WSF) (12)

In dieser Situation geht eine große Hoffnung von den lokalen Sozialforen aus. An diesen Foren kann jede/r Bürger/in im Gegensatz zum WSF und ESF das ganze Jahr hindurch kontinuierlich partizipieren, jede/r kann die inhaltliche Arbeit und die Aktionen mitbestimmen. Hier lassen sich endlich wieder die ursprünglichen Ideale und Strukturen der Anti-Globalisierungsbewegung verwirklichen: Basisdemokratie anstatt undemokratischer Stellvertreterpolitik, Transparenz bei gemeinsamen Entscheidungen anstatt undurchschaubarem Geklüngel, die direkte Bekämpfung der Folgen neoliberaler Politik auf der lokalen Ebene: Ausverkauf des öffentlichen Eigentums, Sozialabbau, Umweltzerstörung, Privatisierungen, Korruption, Intransparenz.

Um den aufgezählten Anti-demokratischen Tendenzen im WSF und ESF in den lokalen Sozialforen direkt vorzubeugen, plädiere ich für den Schutz einer weitgehenden Unabhängigkeit der einzelnen lokalen Sozialforen und ihrer Agenda. Die Chance einer wahrhaftigen Anti-Globalisierungspolitik liegt im Aufbau von kraftvollen dezentralen unabhängigen Sozialforen, deren Aktionen ganz alleine von den TeilnehmerInnen der einzelnen Foren entschieden werden. Nach dem Motto: Think Global, Act Local.

In einigen deutschen lokalen ATTAC-Gruppen scheint diese unabhängige Lokalpolitik schon zugunsten einer Beteiligung an deutschen Dachverbands-ATTAC-Kampagnen verloren gegangen zu sein. So recherchierte ich vor ein paar Wochen die Privatisierungsprojekte einiger deutscher Großstädte, insbesondere in Hannover. Die Hauptaktivität von ATTAC Hannover war zu dieser Zeit laut ihrer Webseite eine Anti-Privatisierungskampagne. Doch nirgendwo konnte ich nachlesen, welche Privatisierungsprojekte die ATTAC-Gruppe Hannover, denn nun in Hannover ganz konkret bekämpfte. Statt dessen gab es ausführliche Informationen über die Beteiligung an der allgemeinen deutschen ATTAC-Kampgane gegen Privatisierungen. Auf meine Nachfrage, was zur Zeit in Hannover schon privatisiert wäre oder privatisiert würde erhielt ich keine Auskunft. Später lernte ich ein Mitglied von ATTAC Hannover kennen, die mir mitteilte, daß sich ATTAC Hannover intensiv an einer bundesweiten Anti-Privatisierungskampagne beteiligen würde und deshalb zur Zeit keine konkreten Privatisierungen in Hannover bekämpfen würde.(13)

Aufgrund dieses Vorfalls, sehe ich der Einladung zu der Gründung eines NRW Dachverbands der lokalen Sozialforen mit ein paar Bedenken entgegen. Da ist das Kölner Sozialforum gerade ein paar Tage alt, schon hat sich ein ATTAC-Mitglied überlegt, daß "wir uns besser organisieren müssen und breitere Bündnisse schaffen müssen. Hierbei geht es vor allem um eine bessere Vernetzung und auch die strategische Ausrichtung von Sozialforen." (14)
Ich frage mich, wie kann man sich schon ein paar Tage nach der Gründung klar sein, daß man sich besser organisieren muß. Man hat doch noch gar keine Erfahrung gesammelt, was man als lokales Sozialforum wirklich braucht, um neoliberale Politik auf kommunaler Ebene zu bekämpfen. Es hat noch kein richtiges Kennenlernen zwischen den teilnehmenden Menschen und ihren unterschiedlichen Vorstellungen stattgefunden Es gab noch keine Diskussion darüber, wie die VertreterInnen von Organisationen aus so verschiedenen politischen Spektren, wie z.B. der basisdemokratischen Antifa Köln, der hierarchisch organisierten SAV, den weisungsgebundenen ArbeitnehmerInnen von sozialen Einrichtungen oder ein paar unabhängigen AnarchistInnen zusammen politische Aktionen auf der lokalen Ebene planen wollen - eine spannende Sache eigentlich - ,da wird diese Chance der Selbstkonsolidierung schon überrollt von einem übergeordnetem Muß, einem Muß der "besseren" Organisation, einem "Muß" des breiteren Bündnis. Ich frage mich nach der Legitimation dieses Müssens. Möglicherweise steckt dahinter eher ein nicht zugegebenes "Wollen" von bestimmten Organisationen in den Sozialforen, die einer Selbstentfaltung der lokalen Sozialforen in einem eigenen Rhythmus nicht vertrauen wollen, weil es ihren eigenen Interessen zuwider laufen könnte.

Mir kommt das so vor, als gäbe es bestimmte Gruppen innerhalb des Sozialforums, die einer dezentralistischen Bewegung von unten ganz schnell eine zentralistische Dachverbandstruktur aufpropfen möchten, mit der eine Möglichkeit für dezentralistische, partizipatorische Politik unter Kontrolle gebracht werden soll. Es wird eventuell bewußt nicht berücksichtigt, daß basisdemokratische Prozesse Zeit und Auseinandersetzung in lokalen Gruppen brauchen, um sich zu entfalten und zu konsolidieren. Statt dessen gibt es einige teilnehmende Organisationen und Parteien, die einen überstürzten Prozess von übergeordnetem Strukturaufbau vorantreiben. Dabei geht bei einer vorschnellen Vernetzung bereits wieder viel Energie in Repräsentationsaufgaben und Abstimmungen anstatt in die lokalen unterschiedlichen Kämpfe.
Insbesondere die Begründung, man bräuchte eine "gemeinsame strategische Ausrichtung"(14) aller Sozialforen leuchtet mir zu dem jetzigen Zeitpunkt überhaupt nicht ein. Vielleicht bestände die Kraft der lokalen Sozialforen ja gerade in der Vielfältigkeit unterschiedlichster Strategien und Aktionsformen und einer Unberechenbarkeit für die etablierten Politikmacher? Es waren die Vielfalt und die Diversität der Aktionen, Strategien und des politischen Spektrums, die die Anti-Globalisierungsbewegung so stark haben werden lassen. Jeder kleine Erfolg, den sie bisher im Kampf gegen die neoliberale Elite erlebte, hat sie vor allem dieser Diversität und Unberechenbarkeit zu verdanken.

Es wäre sehr schade, wenn die besondere Kraft, die diese Bewegung von unten ausgemacht hat, strukturell unterbunden wird, indem jetzt wieder mehr und mehr hierarchisch organisierte Verbände und Parteien diese Bewegung zu lenken versuchen. Im März 2003 erhielt ich die Kopie einer Rundmail mit der Einladung zur Gründung eines deutschen Sozialforums im DGB-Haus in Kassel: ...."Am 14.Februar hatte sich auf Initiative von ATTAC ein Kreis von Personen aus unterschiedlichen Gruppierungen - von Gewerkschaftsfunktionären bis zu Theologen - getroffen, der ebenfalls der Meinung war, dass alle Kräfte des sozialen Widerstands in Deutschland jetzt in einem solchen Forum zusammengeführt werden müssen,...."(15)
Auch hier frage ich mich, wer ist sich da vor dem Hintergrund welchem Analyse so sicher, daß es zum allergrößten Erfolg der Bewegung führt, wenn jetzt alle zusammengeführt werden. (Ich bin überhaupt nicht gefragt worden, ob ich mich zusammenführen lassen will!) und mich dann auf der Basis des Minimalkonsenz in Stellvertretergremien auf Landesebene mit Gewerkschaftsfunktionären und Theologen auf meine zukünftigen Aktionen einigen möchte!(bzw. diese dort absegnen lassen muß)
Mal abgesehen davon, daß ich persönlich das bezeichnete so unterschiedliche Spektrum "von Gewerkschaftsfunktionären bis zu Theologen", nicht als das typische kraftvolle Anti-Globalisierungsspektrum empfinde, weil ich bei Protestaktionen gegen WTO, IWF, Weltbank und bei Protestaktionen gegen lokale Privatisierungen bisher weder Gewerkschaftsfunktionären noch Kirchenfürsten begegnet bin. Ich verstehe es nicht, wie dann ausgerechnet diese Menschen, die so bei keiner globalen noch lokalen Protestaktion je sichtbar dabei waren, die Protagonisten und Konzeptionäre der Anti-Globalisierungsbewegung in Deutschland werden sollen.

Ich möchte nicht soweit gehen wie einer der Mitbegründer der "Initiative Sozialforum Deutschland", der den MitbegründerInnen sogar unterstellt, daß "bestimmte Organisationen wie ATTAC oder die Gewerkschaften die Initiative majorisieren und für ihre Zwecke benutzen wollen"(16). In seinem Abschiedsbrief an die Initiative Sozialforum in Deutschland wirft er ihnen vor, "das Sozialforum als ein Mittel zum Zweck des politischen Machterhalts und Machtgewinns zu mißbrauchen." Er befürchtet, daß ATTAC in Gefahr ist, den Weg der Grünen zu wiederholen: "Von der Bewegung zur Partei, von der klaren Linie zum Opportunismus um der Macht willen."(16) Ich gehe eher davon aus, daß bestimmte Menschen und MitgliederInnen bestimmter Organisationen sich nichts anderes vorstellen können, als einen gewohnheitsmässigen Aufbau von hierarchischen Strukturen und dementsprechend angepasste, in diesen Strukturen funktionierende Menschen, weil sie dieses sich Über- und Unter- und Ein-ordnen lieben, oder es sich zumindest nicht anders vorstellen können. Vielleicht verbinden es auch einige mit der persönlichen Hoffnung innerhalb dieser Strukturen nach vielem Fleißbuckeln, endlich einmal oben stehen zu dürfen und sich damit lebendiger zu fühlen. Das kann ich nicht beurteilen.

Ich habe in diesem Text kritische Stimmen und ihre Argumente deshalb zusammengesammelt, weil ich mir für das Sozialforum wünschen würde, daß dort die starken Anfangsimpulse der Anti-Globalisierungsbewegung auf der lokalen Ebene ihre Fortsetzung finden.
Ich wünsche mir, daß die besondere Stärken, dieser für viele überraschend aufgetauchten Bewegung, ihre Vielfalt, ihre Spontanität, ihre Partizipationskultur, ihre "Politics from Below", ihre direct actions, ihre Kooperationsfähigkeit auch bei unterschiedlicher politischer Herkunft, ihre mehrheitlich konfrontative Haltung gegenüber den herrschenden neoliberalen Institutionen und ihre Lebendigkeit nicht in einer bürokratisierten gesteuerten Bewegung untergehen oder wegverwaltet werden.

Es ging den AktivistInnen der Anti-Globalisierungsbewegung darum, "den Stimmlosen eine Stimme zu verschaffen, den Rechtlosen das Recht zur Artikulation zu geben." Das Weltsozialforum, das europäische Sozialforum und die kommunalen Sozialforen sollten sich bei diesem Anspruch als Plattformen für unterschiedliche politische und strategische Widerstandsformen verstehen und nicht als Minimalkonsensinstitutionen, die sich dann noch einer gemeinsamen Strategie eines Dachverbands unterordnen.
Schließlich wollen wir eine andere Welt schaffen. " Und schließlich kann die Art von Welt, die wir kreieren wollen nur aus Organisationsstrukturen entstehen, die bereits einen Vorentwurf für eine zukünftige Gesellschaft darstellen." (17)

" The crash of these two winds will be born, its time has arrived, it has stoked the fire of history. Now the wind from above rules, but here comes the wind from below, her comes the storm", Subcommandante Marcos, August 1992

Regina Schwarz im November 2003

Anmerkungen

(1) Andrej Grubacic, Life after Social Forums
www.nadir.org/nadir/initiativ/agp/ free/wsf/life-after-sf.htm
(2) Naomi Klein, What happened to the New Left? - The Hijacking of the WSF
www.lists.attac.org.uk/old-archives/attac-oxford/2003-february/000215.html
(3) Linden Farrer, World Forum Movement: Abandon or Contaminate
www.nadir.org/nadir/initiativ/agp/free/wsf/worldforum.htm
(4) siehe (2)
(5) M.D. Nanjundaswamy, Indian Farmers decide to create a Global Peasent Forum outside World Social Forum 2004
www.mumbairesistance.org
(6) siehe (1)
(7) Pablo Ortellado, Whose Movement
www.nycsocialforum.org/articles/critique5.html
(8) Siehe (7)
(9) Siehe (7)
(10) M.D. Nanjundaswamy, KRRS´s reservations on WSF, Brief an Bernhard Cassen
www.inventati.org/mailman/public/antibid/20021205/001251.html
(11) Siehe (3)
(12) Charta des Weltsozialforums
www.dsf-gsf.org siehe unter Charta
(13) Webseite von ATTAC Hannover
www.attac.de/Hannover/
(14) Rüdiger Heescher, NRW-Treffen aller Sozialforen, Rundmail der Mailingliste
sofo-koeln@yahoogroups.de vom 25.Okt.2003
(15) Hugo Braun, Einladung zu einem Gespräch über ein deutsches Sozialforum
Rundmail der Mailingliste
attac-koeln-liste@attac-netzwerk.de vom 12.März 2003
(16) Offener Brief: Warum ich der Initiative "Sozialforum in Deutschland" den Rücken kehre, Rundmail der Mailingliste zur Gründung eines deutschen Sozialforums
news.list@dsf-gsf.org oder webmaster@dsf-gsf.org vom 14.Juni 2003
(17) Siehe (3)


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