Demorecht

DURCH DIE INSTANZEN ...

Absolute Revisionsgründe


1. Sinn und Unsinn intensiver Gegenwehr vor Gericht
3. Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand
4. Berufung
5. Revision
6. Absolute Revisionsgründe
7. Weitere Gründe für Revisionen (unvollständig)
8. Gerichtsprotokolle
9. Probleme
10. Schema: Welche Rechtswege gibt es?
11. Wiederaufnahmeverfahren
12. Links

§ 338 StPO
Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen,
1. wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222 a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswidrige Besetzung nur gestützt werden, soweit
a) die Vorschriften über die Mitteilung verletzt worden sind,
b) der rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form geltend gemachte Einwand der vorschriftswidrigen Besetzung übergangen oder zurückgewiesen worden ist,
c) die Hauptverhandlung nicht nach § 222 a Abs. 2 zur Prüfung der Besetzung unterbrochen worden ist oder
d) das Gericht in einer Besetzung entschieden hat, deren Vorschriftswidrigkeit es nach § 222 b Abs. 2 Satz 2 festgestellt hat;
2. wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen war;
3. wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt war und das Ablehnungsgesuch entweder für begründet erklärt war oder mit Unrecht verworfen worden ist;
4. wenn das Gericht seine Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat;
5. wenn die Hauptverhandlung in Abwesenheit der Staatsanwaltschaft oder einer Person, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, stattgefunden hat;
6. wenn das Urteil auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
7. wenn das Urteil keine Entscheidungsgründe enthält oder diese nicht innerhalb des sich aus § 275 Abs. 1 Satz 2 und 4 ergebenden Zeitraums zu den Akten gebracht worden sind;
8. wenn die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt durch einen Beschluß des Gerichts unzulässig beschränkt worden ist.


Zum Satz 5: Abwesenheit des Angeklagten
Es gibt mehrere Rechtsgrundlagen für die Entfernung des Angeklagten aus der Hauptverhandlung. Zentral ist der § 247, nachdem ein Angeklagter zum Schutz eines/r ZeugIn (z.B. Vergewaltigungsopfer) für die Zeit der Vernehmung ausgeschlossen werden kann - so wie auch die Öffentlichkeit phasenweise ausgeschlossen werden kann.
Fast unbekannt ist der Ausschluss eines Angeklagten für lange oder sogar unbestimmte Phasen des Verfahrens. Genau das ist aber in einem spektakulären politischen Verfahren in Gießen am 4.9.2008 geschehen. Danach hat der Richter einen Angeklagten ausgeschlossen, weil der ihn wegen Beschimpfungen des Publikums kritisiert hatte. Eine Störung der Verhandlung hatte der Richter allein daraus konstruiert, dass dieser in einer zulässigen und vom Gericht auch nicht beanstandeten Erklärung diese Kritik geäußert hatte. Der Angeklagte war danach während wesentlicher Teile der Beweiserhebung und allen folgenden Teilen ausgeschlossen, konnte also kein Plädoyer halten, kein letztes Wort und hörte das Urteil nicht.
In der Geschichte der Strafjustiz kommt das ziemlich selten vor. Hier folgen Zitate zu Ausschlüssen von Angeklagten und der Frage, wieweit das dann zu einem absoluten Revisionsgrund wird.

Im Original: Kommentare
Aus Sarstedt/Hamm, "Die Revision im Strafverfahren"
Mündlichkeits- und Unmittelbarkeitsprinzip sind nur dann sinnvoll zu wahren, wenn alle Verfahrensbeteiligten, die an der Entscheidungsfindung mitzuwirken haben, am Ende der Hauptverhandlung in der Lage sind, deren vollständigen Inhalt (den „Inbegriff“ i.S. des S 261 StPO) zu verstehen und sowohl in tatsächlicher, als auch in rechtlicher Hinsicht zu würdigen, Deshalb schreibt § 226 StPO vor, daß die zur Urteilsfindung berufenen Personen, also die Mitglieder des Gerichts, mindestens ein Vertreter der Staatsanwaltschaft und ein Urkundsbeamter der Geschäftsstelle ununterbrochen an der Hauptverhandlung teilzunehmen haben. Der Verteidiger ist hier nur deshalb nicht erwähnt, weil in Fällen der nicht notwendigen Verteidigung, in denen der Angeklagte das Recht hat, sich selbst zu verteidigen, auch die Möglichkeit bestehen muß, daß nur in Teilen der Hauptverhandlung ein Verteidiger anwesend ist. Wo jedoch § 140 StPO die Mitwirkung eines Verteidigers vorschreibt, gilt auch für diesen die Pflicht zur ununterbrochenen Anwesenheit (§ 145 StPO). Für den Angeklagten folgt diese Pflicht aus dem Grundsatz des § 230 StPO, daß eine Hauptverhandlung gegen einen Abwesenden nicht durchgeführt werden darf. Dies hängt nicht nur mit dem hohen Wert zusammen, den die Verfassung dem Grundrecht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) beimißt, sondern auch mit der zentralen Stellung des Beschuldigten als Prozeßsubjekt, als „Hauptperson" des Strafverfahrens. (S. 177, Rd.Nr. 376)
Um die Einhaltung der Anwesenheitspflichten möglichst lückenlos und unabhängig von der Beruhensfrage zu gewährleisten, ist ein zugehöriger absoluter Revisionsgrund unentbehrlich. Nach § 338 Nr. 5 StPO ist auf eine entsprechende Rüge hin das Urteil stets aufzuheben. (S. 178, Rd.Nr. 377) ...
Aus die Anwesenheit des Angeklagten kann nicht wirksam verzichtet werden. ... Ist kein Gerichtsbeschluß ergangen oder enthält er keine zureichende Begründung, so liegt der absolute Revisionsgrund vor. (S. 189, Rd.Nr. 397)...
Wird die vorschriftswidrige Abwesenheit des Angeklagten gemäß § 338 Nr. 5 StPO angefochten, ist im Rügevortrag genau anzugeben, welcher Verhandlungsabschnitt hiervon betroffen ist. Auch wenn der abwesende Angeklate an sich über die Tatsachen keine Angaben machen kann, sie inseiner Abwesenheit verhandelt worden sind, kann es im Einzelfall notwendig sein, sich in der Revisionsbegründung auf die Teile zu stützen, die in Abwesenheit zur Sprache kamen und hernach im Urteil verwertet worden sind. (S. 199, Rd.Nr. 416)

Aus Gollwitzer u.a., "Die Strafprozessordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz"

Die Rüge der Verletzung des § 338 Nr. 5 hat aber immer nur Erfolg, wenn der Angeklagte während eines wesentlichen Teils der Hauptverhandlung nicht anwesend war. ... Damit das Revisionsgericht prüfen kann, ob die Abwesenheit einen wesentlichen Teil der Verhandlung betraf, muß die Revisionsbegründung substantiert darlegen, welche Vorgänge zu Unrecht ohne den Angeklagten behandelt wurden. (zu § 247, Rdnr. 53)

Zu § 338 StPO: Absolute Revisionsgründe
Aus Kleinschmidt/Meyer-Goßner, Strafprozessordnung (zu § 241, Rdnr. 40 ff)
Der Angeklagte muß nicht nur anwedend, sondern auch verhandlungsfähig (dazu Einl 97) sein. Ist er dauernd verhandlungsunfähig, so besteht ein Prozeßhindernis (Einl 146). Der Aufhebungsgrund der Nr 5 liegt vor, wenn während einer zeitweiligen Abtrennung des Verfahrens in Abwesenheit des Angeklagten Vorgänge erörtert worden sind. die die gegen ihn erhobenen Vorwürfe berühren (BGH 24, 257; 30, 74 = JR, 82, 33 mit Anm Maiwald; BGH MDP, 79, 807 [H]; 989 [H]; StV 86, 465), sonst nicht (BGH 21, 180: 32, 100; 270, 273; erg 11 zu § 230), also auch nicht bei Abwesenheit eines Mitangeklagten (BGH NStZ 81, 95 [Pf]; 96, 22 [K]; NJW 90, 846). Ferner ist Nr 5 anzuwenden, wenn das Gericht gegen § 230 (dort 26), § 231 (dort 25), § 231 c (dort 24) oder § 247 (dort 19) verstoßen hat.

Rechtstipp vom 11.04.2008 von anwalt.de (Rechtsanwalt Dr. Dr. Ralf Hohmann)
Hat sich der Angeklagte in der Verhandlung ordnungswidrig benommen (hier müssen indes gravierende Verstöße vorliegen), kann er von der Verhandlung ausgeschlossen werden - in besonders schweren Fällen kann die Verhandlung auch ohne ihn zu Ende geführt werden (Urteilsspruch in Abwesenheit) - § 231b StPO.

Rausschmiss des Angeklagten

StPO § 231b
(1) Wird der Angeklagte wegen ordnungswidrigen Benehmens aus dem Sitzungszimmer entfernt oder zur Haft abgeführt (§ 177 des Gerichtsverfassungsgesetzes), so kann in seiner Abwesenheit verhandelt werden, wenn das Gericht seine fernere Anwesenheit nicht für unerläßlich hält und solange zu befürchten ist, daß die Anwesenheit des Angeklagten den Ablauf der Hauptverhandlung in schwerwiegender Weise beeinträchtigen würde. Dem Angeklagten ist in jedem Fall Gelegenheit zu geben, sich zur Anklage zu äußern.
(2) Sobald der Angeklagte wieder vorgelassen ist, ist nach § 231a Abs. 2 zu verfahren.


StPO § 247
Das Gericht kann anordnen, daß sich der Angeklagte während einer Vernehmung aus dem Sitzungszimmer entfernt, wenn zu befürchten ist, ein Mitangeklagter oder ein Zeuge werde bei seiner Vernehmung in Gegenwart des Angeklagten die Wahrheit nicht sagen. Das gleiche gilt, wenn bei der Vernehmung einer Person unter sechzehn Jahren als Zeuge in Gegenwart des Angeklagten ein erheblicher Nachteil für das Wohl des Zeugen zu befürchten ist oder wenn bei einer Vernehmung einer anderen Person als Zeuge in Gegenwart des Angeklagten die dringende Gefahr eines schwerwiegenden Nachteils für ihre Gesundheit besteht. Die Entfernung des Angeklagten kann für die Dauer von Erörterungen über den Zustand des Angeklagten und die Behandlungsaussichten angeordnet werden, wenn ein erheblicher Nachteil für seine Gesundheit zu befürchten ist. Der Vorsitzende hat den Angeklagten, sobald dieser wieder anwesend ist, von dem wesentlichen Inhalt dessen zu unterrichten, was während seiner Abwesenheit ausgesagt oder sonst verhandelt worden ist.

Ebenfalls zum Satz 5: (Geistige) Abwesenheit des Richters

Aus Sarstedt/Hamm, "Die Revision im Strafverfahren"
Nicht ganz selten ist die Rüge, ein Mitglied des Gerichts habe geschlafen. Auch hier handelt es sich weniger um einen Besetzungsfehler (§ 339 Nr. 1) als um den Fall des § 338 Nr. 5 StPO. Die Rügt verspricht allerdings nur selten Erfolg. So ist die Revisionsrechtsprechung sehr nachsichtig mit den Richterkollegen, die „vorübergehend in ihrer Aufmerksamkeit durch Ermüdungserscheinungen beeinträchtigt" sind, "nicht sehr lange“ schlafen, „einen Moment einnicken“, „gelegentlich Schnarchtöne“ von sich geben, den Kopf absacken lassen; sie verlangt vielmehr, daß der Richter „während eines nicht unerheblichen Zeitraums fest geschlafen hat, so daß er den wesentlichen Vorgängen, die sich in der Hauptverhandlung während dieser Zeitspanne ereignet haben, nicht mehr hat folgen können“. Dieser einschränkenden Auslegung kann jedoch nicht gefolgt werden. Denn wenn ein Richter in der Sitzung einnickt, kann er schon eine Weite vorher nicht so bei der Sache gewesen sein, wie es von einem Richter, gar einem Strafrichter, verlangt werden muß. (S. 183, Rd.Nr. 387)

Zu Satz 6: Ungesetzliche Beschränkung der Öffentlichkeit

Aus Kleinschmidt/Meyer-Goßner, Strafprozessordnung (zu § 338)
7) Ungesetzliche Beschränkung der Öffentlichkeit (Nr 6):
A. Die Öffentlichkeit der Gerichtsverhandlung (§ 169 GVG) ist eine grundIegende Einrichtung des Rechtsstaats (BGH 3, 386, 387: 7, 218, 221; 9, 280, 281; 21, 72; 22, 297, 301; 23, 176, 178). Der Durchsetzung dieses Grundsatzes dient Nr 6. Der Angeklagte kann die Rüge daher auch erheben, wenn er selbst die Ausschließung der Öffentlichkeit verlangt hatte (BGH NJW 67, 687; MDR 78, 641 [H]; RG 64, 385, 388). Da der Angeklagte andererseits keinen Anspruch auf Ausschluß der Öffentlichkeit hat, auch nicht nach Art 1, 2 GG oder Art 6 I S. 2 MRK (BGH 23, 82 = JZ 70, 34 mit Anm EbSchmidt; str), ist Nr 6 bei unzulässiger Erweiterung der Öffentlichkeit nicht anwendbar (BGH 10, 202, 206 ‚ 23, 82, 85; 176, 178; NJW 52, 153; MDR 79, 458 [H]; Fezer 14 /81; aM Kissel 60 zu § 169 GN7G ‚ Roxin § 45 C II 2 und Peters-FS 400; Rüping 429; Schilken 196). Die öffentliche Verhandlung unter Verstoß gegen § 48 I JGG kann nur nach § 337 gerügt werden (BGH 23, 176; MDR 88. 791; NStZ 94, 130 [K]), ebenso die Ablehnung eines Antrags des Angeklagten auf Ausschließung der Offentlichkeit (BGH MDR 53, 149 [D]; KG JR 50, 119), die Nichtbeachtung eines Ausschließungsbeschlusses (BGH bei Herlan GA 63, 102), die Duldung der Anwesenheit von Personen in einer nichtöffentlichen Sitzung ohne Zulassung nach § 175 II S. 1 GVG (BGH MDR 80, 273 [H]; NStZ 85, 207 [Pf/M]), zB des Vertreters der Finanzverwaltung (BGH NStZ 81, 297 [Pf]), sowie insbesondere auch der Verstoß gegen § 169 S. 2 GVG (BGH 36, 119 mwN = JR 90, 385 mit abl Anm Meurer = StV 89, 289 mit Anm Fezer = NStZ 89, 375 mit abl Anm Roxin unter Hinweisen zum Streitstand; vgl auch Alwart JZ 90, 883: Beulke StP 576). (Rdnr. 46 f)

B. Unzulässig beschränkt iS der Nr 6 ist die Öffentlichkeit sowohl bei Verletzung des § 169 S. 1 GVG iVm §§ 171 a-173, 175, 177 GVG, § 48 JGG als auch bei Nichtbeachtung des Verfahrens, für die Ausschließung (§ 174 GVG). Zur mündlichen Verhandlung iS der Nr 6 gehört die Urteilsverkündung (BGH 4, 279); MDR 55, 246; Roxin § 45 C II 1; str). Über § 169 GVG hinaus ist die Öffentlichkeit unzulässig beschränkt, wenn einzelne Personen, die als Repräsentanten der Öffentlichkeit gelten können, in gesetzwidriger Weise nicht eingelassen oder entfernt worden sind (BGH 3, 386; 17, 201, 205; 18, 179, 180; 24, 329, 330; 28, 341; NStZ 82, 389; krit LR-Hanack 109), nicht aber, wenn sie freiwillig der Bitte des Vorsitzenden, den Saal zu verlassen, Folge leisten (BGH NJW 89, 465 mit abl Anm Sieg MDR 90, 69; BGH NStZ 99, 425; ausführlich dazu Schneiders StV 90, 91: Belehrung über Anwesenheitsrecht idR erforderlich); allerdings darf der Vorsitzende eine solche „Bitte“ nicht all alle Anwesenden richten, weil dies zu einer Umgebung des Öffentlichkeitsgrundsatzes führen würde (BGH NStZ 93, 450), schon gar nicht darf sie mit dem Hinweis verknüpft werden, sonst werde über den Ausschluß der Öffentlichkeit entschieden werden (Braunschweig StV 94, 474) Nr 6 ist auch anwendbar, wenn die Öffentlichkeit über die in dem Beschluß bestimmte Dauer ausgeschlossen war (BGH 7, 218; MDR 70, 562 [D]; 76, 988 [H]; BGHR Ausschluß 4), wenn kein Gerichtsbeschluß (Hamm StraFo 00, 195) oder nur eine Anordnung des Vorsitzenden ergangen ist (BGH 17, 220, 222), wenn der Beschluß entgegen § 174 I S. 2 Hs 1 GVG nicht öffentl verkündet (BGH NJW 80, 2088: MDR 66, 728 [D]; 72, 926 [D]; 76, 988 [H]; StV 85, 223) oder entgegen § 174 1 S. 3 GVG nicht begründet worden (BGH 1, 334; 2, 56; 27, 117; 187; NStZ 82, 169; StV 81, 3; einschr BGH NStZ-RR 99, 263 [K]; krit Micbach DRiZ 77, -17 1), insbesondere nicht aus sich heraus verständlich ist (BGH 1, 334; 30, 298; NJW 79, 276). Das Unterlassen der Anhörung, der Beteiligten nach § 174 I S. 1 GVG kann nur nach § 337 gerügt werden (BGH MDR 88, 791; NJW 79, 276 = JR 79, 434 mit Anm Gollwitzer; BGH MDR 75. 199 [D]; aM Dahs/Dahs 200). (Rdnr. 48)

C. Auf Verschulden des Gerichts muß der Verfahrensverstoß beruhen (BGH 21, 72, 74; 22, 297; LR-Hanack 113; aM Dahs/Dahs 198; Beck NIW 66, 1976; Fezer 14/80; Kohlmann JA 81, 582. Roxin § 45 C I). Nr 6 ist nur anwendbar, wenn das Gericht oder der Vorsitzende eine die Öffentlichkeit unzulässig beschränkende Anordnung getroffen oder eine ihnen bekannte Beschränkung nicht beseitigt hat (BGH 22, 297, 301; DAR 78, 153 [Sp]; MDR 79, 247; 90, 1070 [H]; NStZ 95, 143), insbesondere infolge unrichtiger rechtlicher Bewertung der ihnen bekannten Tatsachen (BGH JR 79, 262 mit Anm Foth; Hamm NJW 74, 1780; Zweibrücken NJW 95, 3333). Das Verschulden untergeordneter Beamter begründet die Revision nicht (Stürner JZ 72, 666), erst recht nicht zufällige Geschehnisse, wie das Zuschlagen der Außentür (BGH 21, 72 mit Anm Beck NJW 66, 1976). Vorsitzender und Gericht haben aber eine Aufsichtspflicht gegenüber den untergeordneten Beamten, und das gröbliche Vernachlässigen dieser Pflicht ist ihnen als eigenes Verschulden zuzurechnen (BGH 22, 297. 301). Vor allem wenn die Sitzung nicht im Gerichtsgebäude stattfindet, müssen sie sich davon überzeugen, daß die Vorschriften über die Öffentlichkeit beachtet sind (BGH NJW 79, 2622; StV 81, 3; Hamm VRS 60, 452, 454); wenn Einlaßkontrollen angeordnet worden sind, darf mit der Verhandlung erst begonnen werden, wenn den rechtzeitig erschienenen Personen nach Kontrolle der Zutritt gewährt worden ist (BGH NStZ 95, 181). Die Anforderungen an die Aufsichtspflicht dürfen allerdings nicht überspannt werden (BGH 22, 297, 301; StV 81, 3, 4; Bay GA 70, 242; Kuhlmann NJW 74, 1231). Zum notwendigen Revisionsvorbringen gehört die Angabe der Umstände, aus denen sich ergibt, daß das Gericht den Verfahrensverstoß zu vertreten hat (Bay 94, 41 = VRS 87, 139). War der Zugang tatsächlich nicht beschränkt, jedoch ein mißverständliches Schild über die „Öffnungszeiten“ am Gericht angebracht, bedarf es der Darlegung, daß sich dadurch tatsächlich jemand von der Teilnahme an der Sitzung hat abhalten lassen (aM Zweibrücken NJW 95, 3333; offengelassen von BGH 4 StR 411/95 vorn 9.11.1995). Wie bei Nr 5 (oben 36) ist § 338 nicht anwendbar, wenn das Beruhen des Urteils auf dem Fehler denkgesetzlich ausgeschlossen ist (BGH NJW 96, 138: Hinweis nach § 265 während Öffentlichkeitsausschlusses auf einen später nach § 154 a ausgeschiedenen Tatteil; BGH StV 00, 248 mit abl Anm Ventzke: Hinweis nach § 265 sowie Teileinstellung nach § 154 II). (Rdnr. 49 ff)

Zu Satz 8: Unzulässige Beschränkung der Verteidigung

Aus Kleinschmidt/Meyer-Goßner, Strafprozessordnung (zu § 338, Rdnr. 58 ff)
Die Vorschrift enthält keinen unbedingten Revisionsgrund (BGH 30, 131, 135; NStZ 82, 158; VRS 35, 132; aM LR-Hanack 125, Gillmeister NStZ 97, 44; Kuckein StraFo 00, 399; Velten Grünwald-FS 767). Sie betrifft nur die Verteidigung des Angeklagten, nicht die Interessenwahrung der Verfahrensbeteiligten, die nach § 433 I S. 1 die einem Angeklagten zustehenden Befugnisse haben. Auf Privat- und Nebenkläger ist sie ebenfalls nicht anwendbar (RG JW 31, 2821). Unzulässig ist die Verteidigungsbeschränkung nach hM nur, wenn sie eine besondere Verfahrensvorschrift verletzt (BGH 21, 334, 360; 30, 131, 137; NStZ 81, 361; Hamm GA 77. 310, Koblenz wistra 83, 42; Stuttgart NJW 79, 559), wobei zwischen dem Verfahrensfehler und dem Urteil eine konkret-kausale Beziehung bestehen muß (BGH 30, 131, 135; 44, 82, 90; NStZ 00, 212 mit Anm Hammerstein NStZ 00, 327 = StV 00, 402 mit insoweit abl Anm Stern; aM Weiler NStZ 99, 106). Sie kommt jedoch auch dann in Betracht, wenn das Gericht gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens (Einl 19) verstößt (Kuckein StraFo 00, 400; Meyer-Goßner NStZ 82, 362; vgl auch Roxin 53 E II 2 d) oder seine Fürsorgepflicht (Einl 155) nicht beachtet hat (Schlüchter 741); vgl BGH 29, 149: Ablehnung von Beweisanträgen ohne inhaltliche Prüfung; BGH JR 80, 218 mit Anm Meyer: Weigerung, Anträge des Verteidigers entgegenzunehmen; BGH NJW 64, 1485: Weigerung, Pressevertreter auszuschließen; Köln NJW 61, 1127; 80, 302: Weigerung, dein Verteidiger einen angemessenen Sitzplatz zuzuweisen; Celle StV 89, 8: Verhandeln entgegen Zusicherung in Abwesenheit des Verteidigers; Hamm NStZ 96, 454: Überraschung durch ein abweichendes mündliches Sachverständigengutachten in der Berufungshauptverhandlung; vgl auch 43 zu § 147. Auf die Vorschrift selbst, die wie der gesamte § 338 nur die Kausalitätsfrage betrifft (oben 1), läßt sich der Verfahrensverstoß nicht stützen (Weiler NStZ 99, 109; aM ANM 867; Baldus Heusinger-EG, 373 ‚ vgl auch LR,Hanack 127). Die Beschränkung muß „in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt“ liegen; dies hat die Revisionsbegründung darzulegen (BGH StV 00, 248 mit Anm Ventzke). Ferner muß die Beschränkung in einem in der Hauptverhandlung ergangenen Gerichtsbeschluß enthalten sein; auch das muß die Revisionsbegründung angeben (BGH NStZ 93, 31 [K]; NJW 96, 2383 = JR 96, 473 mit zust Anm Gollwitzer). Ein Beschluß vor oder außerhalb der Hauptverhandlung genügt nicht (BGH 21, 334, 359; KK-Kuckein 102), ebensowenig eine Anordnung des Vorsitzenden (RG 17, 45; Stuttgart StV 88, 145; LR-Hanack 129). Das Unterlassen des Gerichts, nicht des Vorsitzenden allein (RG 61, 376, 378), einen Antrag zu bescheiden, steht dem gleich (BGH VRS 35, 132; Bremen NJW 81, 2827; Düsseldorf GA 79, 226; StV 83, 269; Saarbrücken NJW 75, 1615).

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