Demorecht

KOORDINIERUNG UND KOOPERATION
AUF DER METAEBENE DER GESELLSCHAFT

Demokratische Legitimation


1. Einleitung
2. Zentrale Steuerung
3. Demokratische Legitimation
4. Räte
5. Die übersehenen Problem aller Modelle: Eliten, Ressourcen, diskursive Macht ...
6. Perspektiven
7. Links

Eine Möglichkeit zentraler Planungs- und Abstimmungsprozesse wäre die Durchdemokratisierung der Gesellschaft. Möglich sind direkt-demokratische Entscheidungen (also Abstimmungen aller über konkrete Fragestellungen) und repräsentativ-demokratische Gremien, d.h. die Vielen wählen Wenige, die dann entscheiden. Mischungen sind vorstellbar, zumal direkte und repräsentative Demokratie unterschiedlicher erscheinen als sie sind. Tatsächlich stellen beide Einheitswillen aus Vielfalt her, direkte Demokratie braucht genauso der Vorbereitung von Entscheidungen wie repräsentative Demokratie. Die Formulierung der Fragestellung, die Auswahl der Abstimmungsberechtigten und der zur Wahl stehenden Alternativen und die sie begleitenden Deutungen und Diskurse stellen die eigentliche Form der Machtausübung dar, während die Abstimmung in der Regel nur noch nachvollzieht, was diskursiv hergestellt wurde. Alle genannten Einflussnahmen aber geschehen in den gesellschaftlichen Eliten - ganz gleich, ob am Ende ein "Volk" oder ein Parlament über das vorgekaute Paket abstimmt.

Demokratie inszeniert sich als Kooperation der Vielen. Sie löst damit das Problem, dass es nicht gelingt, die gesamten gesellschaftlichen Strukturen und Abläufe in direkter Vereinbarung der Vielen zu organisieren. Stattdessen geben diese ihre Kompetenz an Gremien ab, denen sie die Entscheidung überlassen (repräsentativ-demokratisch) oder in scheinbar freier Abstimmung (direkt-demokratisch) mitgeben.
Ab dem Moment der demokratischen Abstimmung sinkt dann das Mitbestimmungsniveau der Einzelnen auf Null oder nahe Null ab. Einige Rechtsstaaten kennen BürgerInnenbeteiligungsformen z.B. bei Planungsvorhaben, aber diese gehen nie über eine beratende Funktion hinaus. Vor allem im kommunalen Sektor können BürgerInnen per Volksabstimmung im Einzelfall eine gefallene Entscheidung wieder korrigieren - aber auch das immer nur mit erheblichem Aufwand, bei konkreten Fragestellungen (die teilweise von den Themen her eingeschränkt sind) und einhergehend mit der Vereinheitlichung der Meinungsvielfalt auf Ja-Nein-Fragen.

Ein noch grundlegenderes Problem steckt in der Demokratie: Der "demos", also die Abstimmungsgemeinschaft, muss definiert werden. Wer gehört dazu, wer nicht. Ein klares Innen und Außen ist notwendig, aber das kann nur durch einen Vorgang der Machtausübung erfolgen. Denn selbst kann sich eine Menge von Menschen nicht als Innen gegenüber dem Außen definieren, schließlich fehlt ihr zu der Entscheidung, wo die Grenze zu ziehen ist, ja noch genau die Legitimation, weil es die Grenze noch nicht gibt. Wer abstimmen darf, muss - ganz logisch betrachten - auf einer nicht legitimierten Entscheidung beruhen, weil demokratische Legitimation erst entsteht, wenn klar ist, wer abstimmen darf.

Aus Gruppe Gegenbilder (2006), "Autonomie und Kooperation" (S. 97 f.)
Gesellschaft bildet nur als komplexes Wirkungsgefüge ein Ganzes. Konkretere Organisierungen finden in den Millionen, sich personell und thematisch überlagernden Subräumen statt, in denen Menschen produktiv tätig sind, sich austauschen, helfen oder streiten, kulturell agieren und vieles mehr. Innerhalb dieser Subräume bildet Autonomie eine wesentliche Bedingung herrschaftsfreier Begegnung, unter der kooperatives Verhalten gefördert wird. Hinzu kommt die Idee der gleichberechtigten Position aller Beteiligten, sowohl hinsichtlich der Ausgangsposition und Trennungsverluste, des Zugangs zu Handlungsmöglichkeiten und Wissen als auch zu Kooperationschancen und Informationsflüssen. Horizontalität als grundlegendes Prinzip duldet keinerlei entscheidungsbefugte Ebene über den konkreten Handlungseinheiten, d.h. den Menschen selbst und den von ihnen geschaffenen Kooperationen. Sie duldet ebenso keine Stellvertretung, kein handelndes Subjektüber dazu nichtbefragten und beteiligten Menschen. Herrschaftsfreie Gesellschaft ist die Summe und das Wirkungsgefüge horizontaler Subräume, innerhalb derer sich Menschen horizontal begegnen und in Autonomie und freier Vereinbarung handeln. Alles steht immer horizontal zueinander, d.h. kein Mensch, keine Gruppe und kein gesellschaftlicher Subraum hat aus irgendeinem Grund ein herrschaftsförmiges Privileg gegenüber anderen ? auch nicht Millionen Menschen in einem Subsystem gegenüber einem einzelnen Menschen.


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