Gewaltfrage

ABHANDLUNGEN ÜBER DIE DEMOKRATIE

Thomas von Aquin: Über die Herrschaft des Fürsten


1. Aus dem Buch "Demokratie" (SeitenHieb-Verlag)
1. Texte aus Klassikern und aktuellen Theoriewerken (Übersicht)
3. Das Grundlagenprogramm
4. Staat ohne Herrscher
5. Input-orientierte und output-orientierte Demokratie
6. Von den natürlichen Bedingungen der Menschheit im Hinblick auf ihr Glück und Unglück
7. Hamilton/Madison/Jay: Verfassungskommentar
8. Revolution der Demokratie
9. Die bürgerliche Verfassung in jedem Staate soll republikanisch sein
10. Niklas Luhmann: Die Zukunft der Demokratie
11. Vom Gesellschaftsvertrag
12. Joseph Schumpeter: Elitetheorie
13. Max Weber: Politik als Beruf
14. Die bürgerliche Elite zu ihrem Liebling "Demokratie"
15. Der Staat
16. Thomas von Aquin: Über die Herrschaft des Fürsten
17. Input-orientierte und output-orientierte Demokratie
18. Führungsschicht und einzelner Bürger
19. Die Machtfrage bei Hobbes und Spinoza
20. Vom Staatsrechte, oder dem Rechte in einem gemeinen Wesen
21. Hardt/Negri: Multitude

Aus Thomas von Aquin: Über die Herrschaft der Fürsten (De regimine principum), Stuttgart 1975, übersetzt von Friedrich Schreyvogl, 1 (1), 1 (15), 1 (14), zitiert in: Massing, Peter/Breit, Gotthard (2002): „Demokratie-Theorien“, Wochenschau Verlag Schwalbach, Lizenzausgabe für die Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn (S. 65 f.)

Auf sich allein gestellt, wäre kein Mensch imstande, das Leben so zu führen, daß er seinen Zweck erreicht. So ist es also der Natur entsprechend, mit vielen gesellig zu leben. (...) Wenn es also der natürlichen Bestimmung des Menschen entspricht, in Gesellschaft mit vielen zu leben, so muss unter den Menschen etwas sein, wodurch die vielen gelenkt werden. Wären nämlich viele Menschen beisammen und jeder nur auf das bedacht, was ihm selbst angemessen erscheint, so würde die Gesellschaft nach entgegengesetzten Richtungen auseinandergeraten, falls nicht eben jemand da wäre, der für das Sorge trägt, was das Wohl der Gesellschaft betrifft. ( ... ) Denn das Eigene und das Gemeinsame ist nicht dasselbe. Durch das Eigene entstehen die Unterschiede, durch das Gemeinsame wird alles zur Einheit verbunden. Verschiedene Vorgänge haben aber auch verschiedene Ursachen. Es muss also außer dem, was jeden antreibt, sein Wohl im Auge zu haben, noch etwas anderes geben, das ihn bewegt, das Gemeinwohl der Gesellschaft zu beachten. (...) Es muß also in jeder Vielheit etwas geben, das regiert. (...) Hiermit ist deutlich gezeigt, was zu dein Begriff des Königs gehört: einer zu sein, der anderen als Herr vorangesetzt ist und doch wie ein Hirte wirkt, indem er das Gemeinwohl der Gesellschaft, nicht aber seinen eigenen Vorteil im Auge hat. (...)
Da also der letzte Zweck eines guten Lebens, das wir jetzt führen, die himmlische Seligkeit ist, so gehört es zu dem Amt eines Königs, für ein gutes Leben des Volkes nach der Erwägung zu sorgen, inwieweit ihm zur Erreichung der himmlischen Seligkeit Bedeutung zukommt, damit er, was dazu förderlich ist, anordnet und das Gegenteil, soweit das eben möglich ist, verbietet. ( ... ) Der König muss, im göttlichen Gesetz wohl bewandert, seinen Eifer vor allem darauf richten, in welcher Weise das ihm untergebene Volk ein gutes Leben führt. ( ... ) Damit ein Einzelner ein gutes Leben führt, wird zweierlei gefordert: Das eine, Hauptsächliche, ist das Handeln nach der Tugend (denn die Tugend ist es, die das Wesen des "guten Lebens" ausmacht), und das zweite, mehr Nebensächliche und gleichsam als Hilfsmittel Anzusehende, das genügende Vorhandensein des körperlichen Gutes, dessen Gebrauch zu einem Akt der Tugend notwendig ist. Im Menschen wird die Einheit durch die Natur bewirkt, die Einheit der Gesellschaft aber, die Friede heißt, muss erst durch die Bemühung des Führers bewirkt werden. Mithin ist dreierlei erforderlich, um ein gutes Leben der Gesellschaft zu begründen. Erstens, dass die Gesellschaft zu der Einheit des Friedens gebracht, und zweitens, dass die so durch das Band des Friedens verknüpfte Gesellschaft dazu gelenkt werde, ein gutes Leben zu führen. (...) Drittens aber tut es not, dass durch die Bemühung des Herrschers eine genügende Menge der anderen Güter, die zu einem guten Leben notwendig sind, vorhanden ist. (...)
Nun ist es aber nicht das letzte Endziel einer in Gemeinschaft verbundenen Gesellschaft, bloß nach der Tugend zu leben, sondern vielmehr durch dieses tugendvolle Leben in den Genuss der göttlichen Verheißungen zu gelangen. Wenn man nun durch die Kraft zum Guten in der menschlichen Natur zu diesem Ziel gelangen könnte, so wäre es notwendigerweise Aufgabe des Königs" die Menschen dahin zu führen. Denn wir nehmen an, dass als König eben der bezeichnet wird, dem die höchste Leitung in den menschlichen Dingen anvertraut wird. Um so höher ist aber eine Regierung, je höher das Ziel ist, auf das hin sie sich einstellt. Denn es zeigt sich immer, dass derjenige, dem die Erfüllung des höchsten Zieles bestimmt ist, über alle anderen die Führung hat, die bei dem, was dazu hinführt, am Werke sind.
Da aber der Mensch das Ziel, in den Genuss der göttlichen Verheißungen zu gelangen, nicht durch menschliche Tugend, sondern durch eine von Gott verliehene Kraft erreicht, (...) so wird es göttlicher und nicht menschlicher Führung zukommen, uns zu diesem Ziele zu bringen. Also gehört eine Führung dieser Art zu dem Amt eines Königs, der nicht nur Mensch, sondern auch Gott ist, also zum Amt unseres Herrn Jesu Christi, der alle Menschen zu Kindern Gottes erhoben und sie so in die himmlische Herrlichkeit geführt hat. (...) Von ihm leitet sich nun das königliche Priestertum ab (...). Das Amt dieses Königtums ist, damit das Reich des Geistes vom Irdischen geschieden sei, nicht den Königen der Erde, sondern den Priestern überantwortet worden und vor allem dem höchsten Priester, dem Nachfolger Petri, dem irdischen Stellvertreter Christi, dem Papst zu Rom, dem alle Könige des christlichen Volkes untergeben sein müssen wie Jesus Christus dem Herrn.

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