Gießen autofrei

EIN KRIMINELLER ALS MINISTERPRÄSIDENT? PASST DOCH ...

Lift-Gate - Verordnungen missachten, die mensch selbst gemacht hat (April 2020)


1. Volker Bouffier - zur Person
2. Presse als Propagandaabteilung des Ministers
3. Bouffier mag Kritik nicht ...
4. Sicherheitswahn und Law-and-Order-Politik
5. Polizei- und Justizwahn in Bouffiers Heimatstadt Gießen
6. Volkersnahe Politik
7. Polizeiskandale zu Volkers Innenministerzeiten
8. Bouffier in Gießen, Mittelhessen und seine Kumpels bei der Landes-CDU
9. Aktionen gegen Bouffier & Co.
10. Links und Infos zum Thema
11. Kreidekrieg, die Erste: Die Anwaltskanzlei - Law-and-Order-Minister und Täterschützer
12. Kreidekrieg, die Zweite: Polizei überredet Minister zum Strafantrag
13. Kreide-Krieg, die Dritte: Kurz vor dem Strafprozess
14. Lift-Gate - Verordnungen missachten, die mensch selbst gemacht hat (April 2020)

Hirnstupser - politische Analyse und Nachdenktexte
Hirnstupser am 16.4.2020: Das Virus, der Staat und das, was Eliten daraus so machen
Dienstag, 14.4.2020 in Gießen. Wir blicken auf den Berliner Platz. Fast 30 Personen stehen dort herum und warten auf eine Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes. Sie wollen Demonstrieren gegen die Vorbelastung von Lungen durch Autoverkehr und Kohlekraft, die nach aktuellem Stand der Wissenschaft die Todesraten des Corona-Virus deutlich erhöht. Und gegen die Zweiklassengesellschaft, die nun verschärft besteht, seit die guten, brauchbaren, arbeitsfähigen, deutschen, weißen usw. Menschen und noch mehr die sie benutzenden Konzerne aufwändig geschützt werden, während die flüchtenden, armen und die vermeintlich unnützen Menschen zusammengepfercht, im Stich gelassen oder sogar verfolgt werden. Doch der Protest kann nicht stattfinden, denn dummerweise wurde die Versammlung von der Stadt Gießen verboten – und als nach einer Stunde der Gerichtsbeschluss kommt, ändert sich daran auch nichts mehr. Das Gericht bestätigt das Verbot, welches vor allem damit begründet wurde, dass die 3. Hessische Corona-Verordnung Versammlungen untersagen würde. Die Demoanmelder hatten das vor Gericht zwar bestritten und belegt, dass die Stadt Gießen sich das ausgedacht habe, um die Demo verbieten zu können. Aber die Gerichte gaben der Stadt trotzdem Recht.
Die Menschen auf dem Berliner Platz wenden sich auch gegen diese und ebenso in anderen Städten durchgesetzte Verbote von Meinungskundgabe in Corona-Zeiten. Eine Hand würde die andere waschen, die Justiz den Machtzuwachs der Exekutive decken. Alles zusammen würde die Regierenden stärken und vor Protest schützen, also die Diktatur mal wieder ein Stück näher bringen. Wer genau hinschaut, sieht, wie alle penibel die vorgeschriebenen und sinnvollen Sicherheitsabstände einhalten, viele mit Mundschutz unterwegs sind und auch keine Materialien gemeinsam genutzt werden. Ordnungsamt und Polizei stehen etwas gelangweilt daneben und sehen aufgrund des rechtlich korrekten und aus Schutzgründen sinnvollen Verhaltens der einzeln oder in kleinen Gruppen zusammenwohnender Menschen Aktiven auch keinen Grund zum Eingreifen.
Knapp zwei Kilometer entfernt fand ebenfalls eine kleine Demonstration statt – und die war mindestens so nötig. Denn eine illustre Schar derer, die sich gerade mit Verordnungen und Beschränkungen einen notstandsähnlichen Machtzuwachs verschafft hatten, besuchte das privatisierte Universitätsklinikum der Stadt. Dortige Bedienstete zeigten mit Schildern, was sie von der neoliberalen Gesundheitspolitik so hielten. An ihnen vorbei zog ein Tross von leitenden Ärzt*innen und Virolog*innen, dabei der hessische Gesundheitsminister Kai Klose von den Grünen, dazu einige CDUler wie der Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, der Kanzleramtsminister und Gießener Kreisverbandschef Helge Braun sowie der hessische Ministerpräsident und ebenfalls Gießener Einwohner, Volker Bouffier. Allesamt sind nicht gerade wegen starker Neigung zu einer Reichtums- und Machtunterschiede ausgleichenden Sozialpolitik bekannt, daher mag die Entscheidung, eine die als neoliberales Experiment vor vielen Jahren spektakulär und trotz heftiger Proteste der Beschäftigen privatisierte Klinik zu besuchen, auch einen Hintergrund darstellen. Schon beim Eintreffen erzeugte die Gruppe von Politikern und Ärzt*innen einen seltsamen Eindruck. Sie standen dicht beieinander, hatten zu dem Zeitpunkt auch teilweise noch keine Atemmasken. Die setzten sie sich, zum Teil sehr ungeschickt, dann auf, blieben aber immer als Gruppe eng beieinander. Irgendwann quetschten sie sich mit 13 Leuten in einen Fahrstuhl – das dabei aufgenommene Bild kursiert seitdem als Lift-Gate im Netz. Das versuchen die Politiker nun wie üblich, mit beschwichtigenden Lügen das Bild aufzubessern. Es sei ein Fehler in dem Moment gewesen. Tatsächlich aber gibt es etliche Bilder des Besuchs – und die vorgeschriebenen Abstände sind darauf nie eingehalten.
Was ist daraus zu schließen? Zum ersten das Übliche: Die, die die Macht haben, machen die Gesetze für andere. So wie über Gerechtigkeit und Solidarität geredet wird, während sich die Reichen immer mehr ihre Taschen füllen auf Kosten anderer, sich Richter*innen am häufigsten an die Gesetze nicht halten, weil sie die Macht haben, diese zu übertreten, und Konzerne über Nachhaltigkeit reden, während sie alles in Schutt und Asche verwandeln, so hält sich die Exekutive nicht an Verordnungen, die für eigentlich für alle, aber aus ihrer Sicht eben nur für alle anderen gelten. Das war zu erwarten, auch wenn der Gleichgültigkeits- bis Blödheitsfaktor der vier Politiker schon etwas überrascht – immerhin hatten sie ihren Besuch selbst als Propagandaveranstaltung geplant. Wer ganz bewusst vor der Presse ohne Corona-Abstände posiert, hat schon ein ganz besonderes Verhältnis zu dem, was er vor den gleichen Kameras sonst als besonders wichtig verkündet.
Ein zweites lässt aber noch mehr erschaudern: Da verhalten sich leitende Ärzt*innen, die täglich im Risikogebiet Krankenhaus unterwegs sind und mit Risikopatient*innen in Kontakt kommen, ebenso gleichgültig und gefährdend. Was machen die denn, wenn die Kameras nicht laufen? Fordern die das von ihren schlecht bezahlten und mit Überstunden überhäuften Untergebenen ein bzw. feuern die sogar, wenn die nicht spuren - und halten sich selbst nicht dran? Wenn Raser, die mit ihrem Auto durch die Stadt kacheln und Menschenleben gefährden, inzwischen für versuchten Mord angeklagt werden (eine Strafrechtsauslegen, der mensch nicht folgen muss) – was muss mit Ärzt*innen passieren, die ganz bewusst des Einschleimens bei der Politik und des Posierens vor der Presse wegen ähnliche Gefahren herausbeschwören? Da waren 13 hochkarätige Menschen zusammen. Hätte eine Person das mit den Abständen angesprochen, hätten wahrscheinlich alle gesagt: „Oh ja, sorry, machen wir natürlich“. Daher gehe ich davon aus, dass alle nichts gesagt haben – aus Gleichgültigkeit, aus Angst vor den großen Tieren der Politik, aus Arroganz oder aus anderen, inakzeptablen Gründen. Derweil werden die kleinen Leute drangsaliert, bevormundet, eingeschüchtert. Andere in noch prekäreren Lebenssituation in Lager eingesperrt, vertrieben, verhaftet. Was für eine Welt. Regierungen – abtreten!

Extraseite zur Auseinandersetzung um die Demoverbote in Gießen

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