Offener Raum

PETER WINTER

Staat ohne Herrscher


1. Aus dem Buch "Demokratie" (SeitenHieb-Verlag)
1. Texte aus Klassikern und aktuellen Theoriewerken (Übersicht)
3. Das Grundlagenprogramm
4. Staat ohne Herrscher
5. Input-orientierte und output-orientierte Demokratie
6. Von den natürlichen Bedingungen der Menschheit im Hinblick auf ihr Glück und Unglück
7. Hamilton/Madison/Jay: Verfassungskommentar
8. Revolution der Demokratie
9. Die bürgerliche Verfassung in jedem Staate soll republikanisch sein
10. Niklas Luhmann: Die Zukunft der Demokratie
11. Vom Gesellschaftsvertrag
12. Joseph Schumpeter: Elitetheorie
13. Max Weber: Politik als Beruf
14. Die bürgerliche Elite zu ihrem Liebling "Demokratie"
15. Der Staat
16. Thomas von Aquin: Über die Herrschaft des Fürsten
17. Input-orientierte und output-orientierte Demokratie
18. Führungsschicht und einzelner Bürger
19. Die Machtfrage bei Hobbes und Spinoza
20. Vom Staatsrechte, oder dem Rechte in einem gemeinen Wesen
21. Hardt/Negri: Multitude

Aus Peter Winter (2007): "Staat ohne Herrscher", R.G. Fischer Verlag in Frankfurt (S. 78 ff.)

Hierarchie
Der neue Staat hat eine hierarchische Struktur, d.h. eine soziale Rangordnung. Die Annahme einer egalitären Gesellschaft ist widersinnig, weil sie dem Wesen und der Eigenart des Menschen widerspricht - die einzelnen Menschen sind nicht gleich. In einer Gruppe ungleicher Elemente kann folglich nicht wirklich sinnvoll auf einer absoluten Gleichsetzung bestanden werden.
Allerdings bedeutet Ungleichheit nicht notwendigerweise auch eine unterschiedliche Wertigkeit: Obwohl nach Anlagen und Fähigkeiten ungleich, ist jeder Mensch gleich viel wert, sein Menschsein als solches verleiht jedem Individuum den gleichen Wert - den Wert eines Menschen.
Mit menschlichen Hierarchien verhält es sich wie mit jeder anderen Ordnung auch, sie konstituieren sich durch ein ordnendes Prinzip. Dass menschliche Rangordnung aber nicht zwangsläufig mit einer hervorgehobenen Funktion im System verbunden sein muss (z.B. König, General), zeigt das Beispiel der Heiligen in der katholischen Kirche. Auch im neuen Staat sollte daher eine prinzipielle Verbindung zwischen der Funktion im System und der Rangordnung zunächst vermieden werden: Die Rangordnung sollte auf der geistigen Leistungsfähigkeit gründen - der Klügste sei der Angesehenste. Da bei der Ämtervergabe diese geistige Fähigkeit jedoch maßgeblich werden soll, kommt es im neuen Staat faktisch dazu, dass die Klugen auch wichtige Funktionen innehaben.
In menschlichen Hierarchien ist der jeweilige Rang mit besonderen Kennzeichen versehen, den sogenannten Statussymbolen. Diese Statussymbole können einen hohen Güterwert besitzen oder lediglich symbolischer Natur sein. Zum Beispiel: In einem goldenen Waschbecken manifestiert sich der (materielle) Status seines Besitzers dadurch, dass der materielle Wert in keiner entsprechenden Relation zur Funktion des Objektes steht, die damit einhergehende Ressourcenvergeudung hat letztlich lediglich symbolischen Gehalt.
Im Gegensatz dazu unterscheiden sich weißer und schwarzer Gurt bei Karatekämpfern materiell nur unwesentlich -erst ihr symbolischer Gehalt macht sie zu Statuszeichen. In diesem Sinne sollen auch die Statussymbole im neuen Staat lediglich aus ihrem Symbolgehalt resultieren. Die im Grunde gleichen Güter können durch geringfügige Änderung zu Symbolen mit höherem Status umgedeutet werden. Dadurch wird der Grundsatz der Gütergleichheit gewahrt und eine Ressourcenvergeudung zur Statusmanifestation vermieden.
Bei der Vergabe von Statussymbolen spielt der öffentliche Aspekt eine wichtige Rolle. Statussymbole soll der Einzelne im neuen Staat daher nicht selbst erlangen können, sie sollen ihm erst nach Prüfung der festgesetzten Voraussetzungen von der Gemeinschaft und in einem öffentlichen Akt zuerkannt werden. Durch diese öffentliche Verleihung werden die Statussymbole für den Inhaber einerseits aufgewertet, andererseits jedoch auch stärker an die Person des Trägers gebunden. Dieses Verfahren erschwert durch die damit einhergehende öffentliche Kontrolle eine nicht zukommende Ehrung und den Missbrauch der Statussymbole.

Gerechtigkeit
Die Gerechtigkeit stellt ein zentrales Anliegen des neuen Staates dar. Doch was ist "Gerechtigkeit"? Zunächst stellt "Gerechtigkeit" einen abstrakten Begriff dar, von dem wir nur dadurch eine Vorstellung gewinnen können, dass wir ihn in einer Verteilungssituation denken. Als einfache Form der Gerechtigkeit können wir so jene Verteilung definieren, bei der zu gleichen Teilen zugeteilt wird. Allerdings wird sich dabei recht bald herausstellen, dass diese Verteilung nur bedingt Gerechtigkeit herzustellen vermag.
Nehmen wir beispielsweise einen querschnittgelähmten Menschen, der nach obiger Definition nur dann Anspruch auf einen Rollstuhl hätte, wenn auch alle anderen Menschen einen Rollstuhl erhielten - eine offensichtlich wenig sinnvolle Form der Verteilung. Es liegt folglich auf der Hand, diese Definition der Gerechtigkeit dahingehend zu modifizieren, dass sich die gerechte Verteilung der Güter an den Bedürfnissen der Beteiligten zu orientieren habe.
Gerechtigkeit ist jedoch für die Mehrheit der Menschen keine Frage der objektiven Bedürftigkeit, also der Frage, inwieweit das Zugeteilte auch tatsächlich benötigt wird, sondern eine des subjektiven Vergleichens. Gerechtigkeit wird dabei zumeist als Gleichbehandlung eingefordert: "Ich will mindestens gleichviel wie die anderen bekommen - unabhängig davon, ob ich das überhaupt brauche."
In jedem Staat ist es wichtig, diesen subjektiven Faktor zu berücksichtigen, da die Akzeptanz der staatlichen Ordnung in hohem Maße davon abhängt, dass der Einzelne das subjektive Empfinden hat, durch das System nicht benachteiligt zu werden.
Im neuen Staat soll Gerechtigkeit dadurch gewährleistet werden, dass zwar jedem Menschen grundsätzlich der gleiche Anteil an den Ressourcen der Welt zusteht, ihm dieser Anteil jedoch entsprechend seiner individuellen Bedürftigkeit zugeteilt wird.

Rechtswesen
Obwohl durchaus Überschneidungen mit dem Bereich der Gerechtigkeit vorhanden sind, ist die Diskrepanz zwischen Gerechtigkeit und Gesetzmäßigkeit in der Praxis doch so groß, dass dem Rechtswesen eine eigenständige Behandlung angemessen erscheint.
Das Rechtssystem liegt im neuen Staat in den Händen der Senate, es gibt keine berufsmäßigen Anwälte oder Richter. Denn es ist unsinnig, innerhalb des Staates ein eigenständiges System zu installieren, das in seiner Auswirkung sehr wohl auch Nichtmitglieder betrifft - so sind heute beispielsweise die wenigsten Angeklagten selbst Juristen -, sich jedoch durch eigene Fachsprache und spezielle Fachregeln gegenüber Nichtmitgliedern abschottet: Heute werden die Gesetze von Juristen entworfen, von Juristen angewendet und die Anwendung von Juristen kontrolliert, d.h., NichtJuristen sind aus diesem System faktisch ausgeschlossen -abgesehen von der Rolle des die Auswirkungen Erleidenden. Im neuen Staat werden alle Gesetze so formuliert, dass sie jedem Bürgei verstehbar sind. Der Bürger muss wissen, was er darf - und was nicht. Und es muss auch für jeden Bürger erkennbar sein, welche Folgen ein Verstoß gegen die Gesetze für ihn haben wird.
Das Rechtssystem des neuen Staates basiert unter anderem auf folgenden Grundsätzen:
  • Gerechtigkeitsausgleich: Jedes Vergehen wird gesühnt, es gibt kein Ungleichgewicht zwischen Untat und Strafe.
  • Keine Todesstrafe: Weil kein Mensch einen anderen Menschen töten darf, soll das auch der Staat nicht tun bzw. niemanden zum Mörder machen. Delinquenten werden je nach Schwere des Vergehens für eine bestimmte Zeitspanne aus der Gesellschaft entfernt (z.B. Strafinsel). Dabei gilt der Grundsatz, dass die Verurteilten nicht nur der Gesellschaft nicht zur Last fallen dürfen, sondern sich in besonderer Weise für die Gesellschaft verdient machen müssen. Sie bestreiten also nicht nur ihren Lebensunterhalt selbst, sondern verrichten auch besonders gefährliche oder unangenehme Arbeiten für die Gemeinschaft. Das dient bei den Straftätern der besonderen Disziplinierung, der Erziehung und ihrer Resozialisation. Durch diese Persönlichkeitserziehung werden die Straffälligen auf eine Reintegration in die Gemeinschaft vorbereitet.
  • Rausch wirkt strafverschärfend: Da das Berauschen an sich schon ein verwerfliches Tun darstellt, wird es bei Rauschtaten zusätzlich bestraft, die im Rausch begangene Tat selbst wird genauso geahndet, als ob sie nüchtern begangen worden wäre.
  • Zweifelsfreiheit: Urteile dürfen nicht zweifelhaft sein, eine Verurteilung darf nur erfolgen, wenn die Tat zweifelsfrei feststeht.
  • Zeugenhaftung: Zeugen, Sachverständige usw., auf deren Zeugnis hin ein Urteil erfolgt, haften für ihr Zeugnis. Bei Irrtum oder Falschaussage erleiden sie die gleiche Strafe, die dem Verurteilten durch ihr Zeugnis zugedacht wurde. Wenn sich beispielsweise nach drei Jahren herausstellt, dass der Angeklagte auf Grund eines Messfehlers verurteilt wurde und diese Zeit zu Unrecht im Gefängnis verbracht hat, wird der irrende Sachverständige selbst für die gleiche Zeit eingesperrt.
  • Kriegsrecht: Kriege im herkömmlichen Sinne wird es im neuen Staat nicht geben, weil Kriege Auseinandersetzungen zwischen Staaten oder größeren Teilen der Bevölkerung innerhalb eines Staates sind und immer einen den Interessensbereich des Einzelnen überschreitenden Grund haben: Außer Fanatikern, also Menschen, die in ihrem Urteilsvermögen begrenzt sind und bei denen das eigene Urteil durch andere Menschen mittels Ideologie (staatliche Propaganda, Religion o.Ä.) manipuliert wurde, sind Menschen grundsätzlich „kriegsunwillig".

Daher mussten die Teilnehmer historischer Kriege zumeist unter Androhung der Todesstrafe zur Teilnahme gezwungen werden. Dem Einzelnen blieb dann nur die Wahl, die Teilnahme am Krieg zu verweigern, was relativ sicher zu seinem Tode führte, oder am Krieg teilzunehmen, was seine Oberlebenschance erheblich vergrößerte - und von der Gesellschaft positiv bewertet wurde.
Interessant dabei, dass sich auch vermeintliche "Helden" nicht bewusst dem Staat opferten (wie etwa religiöse Märtyrer), sondern - sofern sie sich überhaupt des bevorstehenden Todes gewärtig waren und nicht doch insgeheim auf ein Oberleben hofften - mit individueller Zielsetzung, etwa aus Kameradschaft, d.h. üür persönliche Freunde. Es besteht folglich auch keine sachliche Notwendigkeit, im neuen Staat ein über die allgemeine "zivile" Rechtsordnung hinausreichendes besonderes Kriegsrecht zu entwerfen.

Macht
Ein im Zusammenhang mit dem Funktionieren von Gemeinschaften immer wieder auftretendes Problem stellt das Phänomen "Macht" dar. Da in Gemeinschaften in der Regel hierarchische Strukturen bestehen und die unterschiedlichen Funktionsträger jeweils entsprechend ihrer Funktion "mächtig" werden, tritt uns Macht im Prinzip in allen menschlichen Gemeinschaftsformen entgegen.
Nun ist Macht nichts, was an sich verwerflich wäre. ja, es ist vielfach so, dass erst die unterschiedliche Mächtigkeit der Mitglieder einer Gemeinschaft die Gewähr dafür bietet, dass diese Gemeinschaften relativ reibungslos funktionieren. Allerdings tendiert die persönlich erworbene politische Macht bei den meisten Menschen dazu, eine gewisse Eigendynamik dahingehend zu entwickeln, den eigenen Machterhalt und die Vergrößerung der eigenen Macht zu Primärzielen des politischen Handelns werden zu lassen: Der Mächtige wird selbst zum Werkzeug seiner Macht und von dieser korrumpiert, er steckt in dem Dilemma, mächtig ohnmächtig zu sein.
Um aus diesem prinzipiellen Dilemma der Macht zu entkommen, bleibt nur die Möglichkeit, den Menschen zu "entmachten" - und, wie im neuen Staat vorgesehen, die Macht einem unpersönlichen, abstrakten Regelwerk, dem System der Gesetze, anzuvertrauen, weil das durch die erhaltene Macht nicht selbst korrumpiert werden kann. Den Menschen bleibt im neuen Staat nur die Beschränkung auf die - auf ihre Gesetzeskonformität überprüfte - Ausführung der durch das Gesetz als Machtträger vorgegebenen Aufgaben.
Zusammenfassend lässt sich aus diesem Grunde festhalten, dass es für den Bestand des neuen Staates sehr wichtig ist, auszuschließen, das persönliche Macht entstehen kann. In einem quasi natürlichen Umfange lässt sich persönliche Macht nicht ~vermeiden, weil die Menschen ungleich und der eine daher stets etwas klüger, stärker usw. als der andere sein wird. Aber es muss durch das neue politische System gewährleistet bleiben, dass diese persönliche Macht stets von der Macht des Staates kontrolliert wird - die Herrschaft des Gesetzes darf als oberstes Prinzip unter keinen Umständen infrage gestellt werden.

Ausblick
Auch wenn noch lange nicht "gebrauchsfertig", stellt der vorliegende Entwurf insofern einen Beitrag zur Lösung der gegenwärtigen politischen und wirtschaftlichen Krisen dar, als er einen vom Prinzip her neuen Lösungsansatz aufzeigt. Wenn weltweit ein neues globales Gesetzeswerk und marktfreie Planwirtschaften die bestehenden Systeme ersetzen, bietet der neue Staat allen Menschen und auf der ganzen Welt ein Leben in materieller Absicherung, Freiheit und Würde - mehr muss ein Staat seinem Wesen nach nicht leisten.
Jeder Einzelne steht daher heute in der politischen und moralischen Pflicht, seinen persönlichen Beitrag zur Überwindung von Krieg, Ausbeutung und Elend zu leisten und sich für das Erreichen dieser besseren Zukunft einzusetzen.

Der Aufbau
Aus dieser Aufhebung der Gewaltenteilung ergibt sich für den neuen Staat eine neue Verwaltungsform, die nach dem Zweikammernprinzip auf jeder Verwaltungsebene aus einem Senat und einer Prüfkammer besteht.
Beginnend mit den kleinsten politischen Einheiten, die wir als "Wohndorf' bezeichnen (siehe Teil 3, Einzelthema "Wohnen"), gliedert sich der Staat hierarchisch geordnet in lokale, regionale, überregionale, kontinentale und schließlich weltumspannende Verwaltungseinheiten, die auf jeder Ebene von einem eigenen Senat geleitet werden.
Diese Senate verwalten die ihnen zugeteilten räumlichen Bereiche nach dem Prinzip der Allzuständigkeit, d.h., sie sorgen einerseits für die Geltung des Gesetzes in ihrem Bereich und sind andererseits für alle Regelungen zuständig, die im Rahmen der Fürsorge für die Bevölkerung ihres Bereichs getroffen werden müssen.
Es gilt dabei der Grundsatz, dass Sachentscheidungen, also Entscheidungen, die einzelne Sachverhalte betreffen, möglichst betroffenennah entschieden werden sollten, Entscheidungen mit regelndem Charakter hingegen in der Senatsstruktur möglichst weit oben, weil dadurch ein weltweit einheitliches Regelungssystem geschaffen wird. Die Senate koordinieren den gesamten Organisationsablauf des Gemeinwesens auf der Verwaltungsebene, für die sie zuständig sind. Dabei ist die exakte Ausarbeitung der Vorgaben und die Anleitung zur Umsetzung der Planwirtschaft auf ihrer jeweiligen Zuständigkeitsebene eine zentrale Aufgabe der einzelnen Senate.
Die Senate gewährleisten die Versorgung der Bevölkerung und lenken den dafür erforderlichen Einsatz von Ressourcen und Arbeitskräften. Dabei bleibt es den Senaten lediglich gestattet, die Gesetze ergänzende Vorschriften und Verfügungen zu erlassen - alle Senate bleiben in jedem Fall der Geltung der Gesetze des Staates unterworfen.
Die den Senaten auf jeder Ebene beigestellten Prüfkammern haben grundsätzlich drei Aufgaben. Sie überprüfen die einzelnen Sachentscheidungen des Senates auf Zweckmäßigkeit und Angemessenheit, was durchaus durch das Hinzuziehen von Fachleuten geschehen kann. Sie wachen darüber, dass sich alle Senatsentscheidungen im Rahmen der Gesetze des Staates bewegen, und tragen schließlich Sorge dafür, dass sich die einzelnen Senatsmitglieder untadelig verhalten. Die Prüfkammern sind Dreier- oder Fünfergremien, die mit den Fähigsten besetzt sein sollen.
Senatoren und Prüfkammermitglieder werden nach Eignung vorgeschlagen, wobei die Entsendungskriterien persönliche Integrität und Kompetenz sein sollten und öffentlich gewählt. Die Mitarbeit in Senat und Prüfkammer stellt als Dienst an der Gemeinschaft eine Pflicht dar, der sich jeder Mensch in zumutbarem Rahmen stellen muss. Wenn sich der in der Sache Verständigste nicht von selbst an der Entscheidungsfindung beteiligt, obliegt es Senat, Prüfkammer oder sonstigen Sachverständigen, ihn um sein Urteil anzugehen. Aus der grundsätzlichen Pflicht zur Mitarbeit am Gemeinwesen darf sich der Sachverständige dieser Bitte nur dann verschließen, wenn er sachlich rechtfertigende Gründe vorzubringen vermag.
Bei der Besetzung der Ämter in Senaten und Prüfkammern gilt im neuen Staat der Grundsatz: Je besser die Eignung, desto höher die Verwendungsebene. Dieser Grundsatz soll sicherstellen, dass die fähigsten Fachleute möglichst weitreichende Entscheidungen treffen - oder umgekehrt, je geringer die Fähigkeit, desto eingeschränkter die Entscheidungsbefugnis.
Ein grundlegendes Prinzip dieses neuen politischen Systems ist die Entscheidungseinbindung. Wer von einer Entscheidung betroffen ist, soll in die Entscheidungsfindung eingebunden werden. Wie weit diese Einbindung reicht, hängt dann letztlich vom Sachverstand der einzelnen Betroffenen ab. Obwohl grundsätzlich jedem die Möglichkeit offenstehen muss, sich zu anstehenden Entscheidungen zu äußern, entscheidet die Angemessenheit in der Sache, also die sachliche Qualität eines Vorschlages darüber, ob und inwieweit er in der Entscheidung Berücksichtigung findet.
Daher ist es bei gegensätzlichen Meinungen in einem Gremium und immer dann, wenn die Sachkompetenz eines Gremiums üür die fundierte Beurteilung eines Sachverhaltes nicht ausreicht, erforderlich, Sachverständige in die Entscheidung einzubinden. Dabei gilt: je höher der Sachverstand, desto größer die Einflussnahme auf die Entscheidung - das beste Sachargument soll auch die maßgebliche Entscheidungsgrundlage sein. In allen Senaten und Prüfkammern herrscht demnach nicht das demokratische Mehrheitsprinzip, sondern der Grundsatz: "Qualität bricht Quantität", d.h., die sachlich bessere Lösung soll auch dann umgesetzt werden, wenn sie nicht mehrheitsfähig ist.
Es können auch in die Entscheidungsfindung nicht einbezogene Einzelne mit speziellem Fachwissen zu einzelnen Senatsentscheidung Gehör verlangen und eigene Lösungsvorschläge unterbreiten. Werden diese Vorschläge vom Senat ignoriert, kann der Vorschlagende die Prüfkammer anrufen, die den nicht zum Zug gekommenen Vorschlag -falls sachlich besser - an die Stelle der Senatsentscheidung setzt.
Aus dem Prinzip der Sach- statt Mehrheitsentscheidung ergibt sich auch, dass Volksbefragungen zu Sachverhalten mit Bezug zu den Betroffenen zwar als Willensäußerung und zur Sammlung weiterer Alternativen möglich, für den betroffenen Senat jedoch nicht bindend sind.

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