Kopfentlastung

VERGLEICHE ZWISCHEN GEFÄNGNIS UND ZWANGSPSYCHIATRIE

Wer? Wie? Warum? Die vergleichende Tabelle


 
Knast
Psychiatrie
Interne Entscheidungsstrukturen
  • InsassInnen kontrollieren sich gegenseitig durch gruppeninterne Hierarchien
  • WärterInnen sind Hauptentscheidis im täglichen Geschäft
  • Anstalts-/AbteilungsleiterInnen (meistens Jurist-/PsychologInnen) bilden obere Stufe
  • SozialarbeiterInnen sind Teil des Knastregimes
  • ÄrztInnen/TherapeutInnen sind offizielle Entscheidis
  • PflegerInnen inoffiziell
  • Anstaltshierarchie + Dokumentation erteilen Absolution für Alles
  • Teilnahme an belanglosen Entscheidungen suggerieren InsassInnen Mitspracherecht
  • übliche Hierarchiebildung innerhalb PflegekräftInnen definiert wer was zu sagen hat
  • extreme Intransparenz der Entscheidungsstrukturen gegenüber InsassInnen
Beide: Organisierte Verantwortungslosigkeit in beiden Systemen
Soziale Frage: Wer landet drin?
  • Arme → Ersatzstrafe für Tagessätze, fehlende Verteidigung, sozialer Status beim Urteil (Parkticket vs. Schwarzfahren)
  • Niedrige Bildung/Schulabschluss → Narrativ „soziales Umfeld“ Ähnlichkeit zur RichterIn → Verhalten, sozialer Status
  • Unangepasstheit → ausgehend von gesellschaftlichen Strukturen, Verstoß gegen formale Normen „Gesetze“
  • Nicht-Deutsche → Straftatsbestände für Nicht-Deutsche, fehlende Sprachkenntnisse, Stereotyp „krimineller Ausländer“
  • fehlende Eloquenz → Ähnlichkeit zum Richter, sich rausreden können
  • Arme → hohe Verschuldung, sozialer Ausschluss, Drogen
  • Reiche nutzen private Therapien (sozialer Status von TherapeutInnen)
  • Niedrige Bildung/Schulabschluss
  • Unangepasstheit → ausgehend von näherem sozialen Umfeld, Verstoß gegen soziale Normen
  • Nicht-Deutsche
  • sozial Isolierte → fehlende Unterstützung vom Umfeld
  • fehlende Eloquenz → Ähnlichkeit zum TherapeutIn
Stigmatisierung
  • „Rechts-Wissenschaft“ → sehr grenzwertig da oft Definitionssache, Knast soll unangenehm sein → „Böse“ → Isolation
  • in manchen Szenen gelten Knastis als gut angesehen (Feindbild „Staat“) → kein Verlust des sozialen Umfeldes. Anders bei gesellschaftlicher Mitte → keine Akzeptanz
  • Scheinbar „objektive“ Wissenschaft → Krankheiten sollen nach „Außen“ hin geheilt werden („Hilfe“) → Isolation
  • „Psychos“ bis in die Linke verpönt
Darstellung in den Medien
  • Dieb, kriminell... sind keine Schimpfwörter
  • Knäste oft Gegenstand von Filmen
  • Hohe Strafen und Sicherungsverwahrung wird extrem gehypt/befeuert
  • Formalisierung → Gesetze über die Berichtet wird
  • keine Selbsthilfeorganisation der Gefangenen → Auflösung nach der Entlassung
  • Bezeichnungen von Insassen eher beleidigend „Psychos...Klappse“ (Satiresendung „Aus der Anstalt“)
  • selten Berichte aus Betroffenenperspektive
  • PAG Kranke als Straftäter → Kritik in den Medien → keine Formalisierung über Gesetze → Diskurs → weniger Berichte
  • Selbsthilfebroschüren für Psychiatriebetroffene
Anstaltseigene / -konforme „Hilfe“
  • Möglichkeiten Ausbildung abzuschließen
  • keine Post-Bespaßung
  • lange Warteliste bei SozialarbeiterInnen
  • Anstaltspfarrer (hat Zellenschlüssel + ist potentiell wohlwollend)
  • ÄrztInnen + TherapeutInnen
  • Keine Weiterbildungsmöglichkeit
  • Entlassungsmanagement (wie geht’s nach der Klappse weiter?)
  • sozial-psychiatrischer Dienst ist danach aktiv („Psychopolizei“)
  • ominöse Begleitungsgremien (Besuchskommission, Patientenbeauftragte...)
Umgang mit Zeit (Langeweile)
Beide: Sehr strukturierter Tagesablauf
  • Viel Langeweile
  • Tagesabläufe jeden Tag gleich (Zurichtung auf „normalen“ Alltag)
  • Formalien dauern sehr lange
  • Relativ wenig Langeweile durch viele täglich wechselnde Programmpunkte
Bewegungsfreiheit bzw. Begenungen in der Anstalt
  • Einzelhaft (auch Jahre), wenig Stufen
  • Besuch stark eingeschränkt/überwacht
  • Einzelhaft (Reizabschirmung), viele unterschiedliche Stufen
  • Besuch gut, nicht überwacht
Art + Stärke der Grundrechtseingriffe
  • Schlechte medizinische Versorgung
  • kein Handy, Internet
  • mehr „Privatsphäre“
  • kaum Fixieren (dafür aber Isohaft)
  • Guter Zugang zu medizinischer Versorgung
  • leichter Handy, Internet
  • fast keine Privatsphäre
  • häufiges Fixieren
  • häufiger körperliche Übergriffe
Habe
  • Wenig eigene Kleidung
  • Habe stark beschränkt
  • Eigene Klamotten
  • standardmäßig lockerer Umgang mit Habe
Zurichtung  in der Haft
Beide: Hoher Ordnungsanspruch
  • Kaum Sachen von Außen zu kriegen
  • Völlig normal Sachen von Außen zu bekommen
Interne Stufen der Repression
  • Entzug von Vergünstigungen (Sport, Bücher, Besuch, Hofgang, Fernsehen, Arbeitsausschluss ...)
  • Arrestzelle (Bunker, d.h. totale Isolation, keine persönlichen Gegenstände)
  • z.T. ebenfalls Entzug von Vergünstigungen
  • Herabstufung im internen Stufensystem (Freizügigkeit)
  • Körperliche Züchtigung (Fixierung, Zwangsmedikamentierung)
  • Arrestzelle (Bunker, d.h. totale Isolation, keine persönlichen Gegenstände)

Einlieferungsvoraussetzung
  • Gerichtsbeschluß
  • Einfach vorbeibringen (für Zwang evtl. Gerichtsbeschluß)
Ethnische Gruppen
  • Stark in Nationalitäten eingeteilt
  • Eher keine Einteilung
Beide: Starke Entsolidarisierung
Aufenthaltsdauer
  • Überwiegend recht klares Ende (jedoch: SV, Lebenslänglich, erneute Kriminalität)
  • Meistens kein klares Ende (außer § 64)
Meinung der Betroffenen zur Anstalt
  • Einlieferung Unfreiwillig
  • Stockholm-Syndrom
  • „Ich bin falsch hier, aber die Anderen gehören hier rein“
  • Freiwilliger Einstieg möglich
  • Stockholm-Syndrom
  • Krankheit als Teil der Identität
Solidarische Hilfsstrukturen
  • Vereinzelte Betroffenenaktionen
  • GGBO-Kampagne „Tagessätze absitzen“
  • Silvester zum Knast
  • Anti-Knast Gruppen in der Linken (Entknastungskampagne FFM)
  • insgesamt wenig, eher intellektuelle Theorie
  • Betroffenen Selbsthilfegruppen mit z.T. politischem Dachverband
    (BPE)
  • PGSP (Therapetäter)
  • PGPPN (Tablettenleute)
  • § 63 Kartell
  • renitente Angehörige
  • Radikale Therapie (RT)
  • insgesamt wenig, eher Betroffene

Offene Fragen:
  • Anzahl der reichen Zwangspsychiatrisierten
  • regionale Unterschiede bei der Einlieferung → Korrelationen
  • wird Post in Strafhaft gelesen?
  • Entstehung Klappse?

Nicht bearbeitete Zettel:
  • Interne Stufen der Repression
  • Entstehungsgeschichte
  • Inhaftierungsgründe (Anstalten, Gesellschaft (Medien), Gerichte)
  • TäterInnen

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