Kopfentlastung

G8: VORBEREITUNG AUF DEN GIPFEL 2007 MIT KRITISCHEN BLICKEN AUF DIE ORGANISIERUNG

Weitere Texte, Analysen und Berichte


1. Die Lage zu Beginn
2. Strategietexte zu Beginn
3. Die Vorbereitung: Einheit, Zentralität, Geschlossenheit
4. Welche Strukturen entstanden?
5. Die "Choreografie des Widerstands": Zentral, groß, mediengerecht
6. Der Kampf um die Definitionsmacht in Sachen "Aktionsformen": Gewalt - Ja oder Nein?
7. Gesammelte Bewertungen
8. Weitere Texte, Analysen und Berichte

Zur Organisierungsfrage

Aus einer Mail auf der Umweltschutz-von-unten-Mailingliste, November 2008
Es gibt - und spätestens mit dem G8-Gipfel-Vorbereitungsprozess ist das prägend geworden - auch in linksradikalen Zusammenhängen WortführerInnen, informelle Eliten usw. Der G8-Gipfel war aus mehreren Gründen besonders. Zum einen hat sich extra ein Bündnis zusammengeschlossen, um die Hegemonie über die radikale Linke zu erlangen. Name: Interventionistische Linke, kurz IL. Die haben vor allem Einflus auf etliche Medien als linker Machenschaft.
Zum zweiten hat es den Versuch gegeben, als MeinungsführerInnen linksradikaler Kreise in den bürgerlichen Bündnissen zu punkten - also mit der (erlogenen, aber zum Teil auch herbeigetricksten oder von vielen akzeptierten) Behauptung, für linksradikale Strömungen sprechen zu können, ein Wörtchen bei Attac, Kirchen usw. mitreden zu können. Das Ergebnis war der Einheitsprotest, genannt "Choreografie des Widerstandes". Selbstorganisierte Aktionen fanden kaum noch statt.
Besonderes Strategiemerkmal ist die Instrumentalisierung. Das war auch beim Klimacamp deutlich erkennbar. Die einen machen die Aktionen, die anderen inszenieren sich als Sprecher des Camps. Letztere nutzen dann auch die Aktionen anderer für ihre Politik.
Beim Castor war es vor allem Jochen Stay - unglaublicherweise eine einzige Person (allerdings in Szene gesetzt von einer Schar von Presseprofis, die ihn in diese Position organisierten). Der hat für alles und jedeN gesprochen, obwohl seine eigene Aktion (X1000malquer) gar nicht so doll war diesmal. Die BlockererInnen suw. sind aber kaum in den Medien gewesen. Jochen hat für sie geredet.
Das Klimathema ist neu entdeckt - gerade von linksradikalen und autonomen Kreisen. Vor wenigen Jahren waren die noch der Meinung, Öko sei konservativ bis faschistisch. Jetzt meinen sie, das Thema sei für sie wichtig. Öko interessiert sie weiterhin nicht, sondern sie wollen das Thema nutzen, um Hegemonie in der Bewegung herzustellen, auszuweiten oder was auch immer. Sprich: Sie wollen noch mehr uns benutzen, um sich selbst in Szene zu setzen.
Untereinander haben sie dabei durchaus auch Streit. Olaf und Umfeld wollen, dass alle den Slogan "Globale soziale Rechte" als Überschrift für alles anerkennen. Andere wollen anderes, z.B. mal wieder dass alle kapieren, dass Marx total toll war oder auch einfach, dass sie die besten Politapparate von allen sind.
Wer um die Sache kämpft, Aktionen organisiert usw., ist in diesen Zusammenhängen meist völlig fehl am Platze. Wir sollen was machen, aber irgendwo - und die Oberklopper wollen das dann für sich nutzen (weil sie meist gar nicht viel Aktion hinkriegen).
Krachen tut es dann, wenn die Organisierungskonzepte aufeinanderprallen. Gut zu sehen an der aktuellen Auseinandersetzung um Antirepression. Hier ist die Position der Apparate inzwischen in Gefahr. Bisher galt: Die AktivistInnen machen die Aktion, ansonsten sind sie dumm und sollen das Maul halten. Die öffentlche Inszenierung steht nur den tollen Rechtshilfeorganisationen und den hochbezahlten AnwältInnen zu. Die schöpfen Ruhm und Gelder ab. Nun kommt eine neue Position, die nicht nur eine andere Strategie gegenüber Repression einnimmt, sondern das Monopol der Rechtshilfechecker und AnwältInnen in Frage stellt. Darum muss das angegriffen werden. So wie jetzt gerade auf der Klimacampliste, wo Rolf Engelke von der autoritär-anarchistischen Wiesbadener Gruppe AKU abweichende Vorschläge so behandelt:
"ich würde Dir dringend raten, Dich nicht auf die Hobby-Prozessberatung durch den Herrn Bergstedt von der Projektwerkstatt einzulassen - der ja der Meinung ist, dass alle Anwälte eh nur da sind, um uns "Scheiße" zu erzählen. Nur ein Hinweis zu der Pseudo-Rechtsberatung: Jörg B. meint, dass "Wegtragenlassen" kein Straftatbestand ist. Da hat er sicher recht, aber es kann ja sein, dass auf einmal ein Polizist auftaucht, der behauptet, dass Du beim Wegtragen getreten hast - und schon sieht die Sache ganz anders aus. Also am besten wäre es sich an rote oder andere Hilfen zu wenden, die Anwälte vermitteln können, am besten für alle möglichen Fälle in HH. Avanti wird Euch da sicher unterstützen."
Aus all diesen Gründen bin ich der Meinung, dass die Organisierungsfrage wichtig genommen werden muss. Das heißt, wir dürfen uns nicht darauf beschränken, solche Aktionen hinzulegen wie die Besetzungsserie auf Genfeldern, die Blockaden auf Gleisen oder die Waldbesetzung bei Kelsterbach. Sondern wir müssen systematisch mehr Menschen in die Lage versetzen, eigenständig zu handeln - und zwar von der Aktion bis zur Vermittlung, von den Ressourcen bis zur Medienarbeit. Alte Ideen aus der Phase von 2002-2004 wie Offene Presseplattformen usw. sollten neu belebt, erweitert usw. werden - z.B. auch in Hinblick auf das nächste Frühjahr.

Berichte von Teilnehmenden

Auswertungs- und Diskussionstreffen "Perspektiventage" (17.-20.1.2008 in Berlin)
Aus Peter Nowak: Der "Geist von Heiligendamm" und die Globalisierungskritiker, auf telepolis am 21.1.2008
Derweil begannen im kleinen Kreis die ersten Diskussionen über die Einschätzung der (tpxlinkxicon/)Gipfelproteste. Die Resultate waren denkbar unterschiedlich. Die einen sahen in den gelungenen Blockaden rund um Heiligendamm einen großen Erfolg. "So sehen Sieger aus", lobhudelte das (tpxlinkxicon/)Bündnis Interventionistische Linke. Der Geist von Rostock wurde ausgerufen und viel verlacht. Basisaktivisten aus dem Bereich der unterschiedlichen Teilbereichskämpfe unkten schon, ob es wohl ein böser Geist ist. Zumindest war nach dem Gipfelende kaum noch jemand für lokale Proteste zu mobilisieren.
Als schon manche schon glaubten, dass die eine öffentliche Gipfelaufarbeitung ausfällt, gab es dann doch noch die unterschiedlichen Veranstaltungen. Anfang Dezember lud das kapitalismuskritische (tpxlinkxicon/)Ums-Ganze-Bündnis zum (tpxlinkxicon/)Kongress an die Frankfurter Universität. Dort suchte man den theoretischen Ausweg aus dem Kapitalismus. Dabei waren die Ereignisse von Heiligendamm zwar gelegentlicher Bezugspunkt, aber die dem Aktionismus distanziert gegenüberstehenden Veranstalter machten von Anfang an deutlich, dass sie dem Datum auf der Protestagenda keine überragende Bedeutung zumessen.
Bei den Perspektiventagen war man schon mehr bemüht, den Geist von Rostock zu finden. Eine große Fotogalerie zeigte das Leben in den unterschiedlichen Camps. Wenn es mal Streit in den Arbeitsgruppen gab, wurde auch daran erinnert, dass man sich am solidarischen Umgang während der Protesttage ein Beispiel nehmen solle. Allerdings konnte nach über einem halben Jahr die Auswertung nicht mehr die Hauptrolle spielen. Am ersten Tag war man sich weitgehend einig, dass die Proteste schon irgendwie ein Erfolg waren. Worin der aber wirklich lag, blieb dann doch offen.

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