Stiftung Freiräume

Ö-PUNKTE 1/1998

GuD setzt AKW-Ideologie matt


1. Rubrik Erneuerbare Energie
2. GuD setzt AKW-Ideologie matt
3. Modernstes Kraftwerk Europas in Berlin
4. Stromeinspeisungsgesetz gesichert
5. Europäische Kommission für Alternative
6. Atomlobby in ihrer Ehre verletzt
7. Solaranlage in Sachsen "gestürmt"
8. 1.000 Arbeitsplätze im Wind
9. Neue Solarproduktion in Deutschland
10. Satzungsänderung bei RWE beantragt
11. Verwertungswege für organische Abfälle in Deutschland
12. Biogasanlage Wolpertshausen fertiggestellt
13. Eine Solaranlage für die Schule
14. Kirchendach als Solarkraftwerk
15. Solar-Fertighäuser
16. Pflanzenöl-Motoren im Vergleich
17. Kampf gegen Holzbriketts gescheitert

Der wichtigste Glaubenssatz der Kernenergie-Verfechter bricht zusammen: "Der Ausstieg aus der Atomenergie ist volkswirtschaftlich nicht möglich, weil sich die Strompreise dann vervielfachen würden." Zwei Gutachten aus Hamburg weisen nun nach: Die Energieproduktion aus modernen Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerken ist nicht nur risikoloser, sie ist sogar wirtschaftlich günstiger zu haben als der besonders billige Strom aus bereits abgeschriebenen Kernkraftwerken!

Bereits vor über hundert Jahren wurde dem Berliner Ingenieur Stolze das Patent für Gasturbinen erteilt. Der besondere Trick dieser Erfindung besteht darin, daß der Brennstoff zweimal genutzt wird: Das Gas wird erhitzt und strömt ähnlich wie bei einem Düsentriebwerk durch eine Turbine, die Strom erzeugt. In einem zweiten Schritt erzeugen die noch extrem heißen Abgase Dampf, der eine herkömmliche Turbine antreibt. Die ersten Anlagen, die nach diesem Prinzip arbeiteten, wurden in den dreißiger Jahren gebaut. Das größte Problem war, daß es noch keine Werkstoffe gab, die so hohe Temperaturen aushalten konnten. Aus diesem Grund blieb der Wirkungsgrad derartiger Anlagen unter 40%. Heutige Werkstoffe verkraften jedoch Temperaturen von 1200 Grad. Damit können Wirkungsgrade von bis zu 55% erreicht werden, als kraft-wärme-gekoppelte Anlagen sogar von über 90%!

Bereits auf der HEW-Hauptversammlung im Juni 1997 wurde von der Gemeinschaft kritischer Aktionäre "AIDA" auf diese zukunftsweisende Technologie hingewiesen. Der Bürgerschaftsabgeordnete Axel Bühler und der Physiker Paul Grosse-Wiesmann weisen nun in einer Untersuchung im Auftrag der Hamburger GAL-Fraktion nach, daß neu errichtete GuD-Kaftwerke unter ähnlichen wirtschaftlichen Bedingungen betrieben werden können wie bereits abgeschriebene Atomkraftwerke. Weltweit wurden von 1991 bis 1995 nur 11 neue AKW bestellt, allein 8 davon vom hochverschuldeten Südkorea, wodurch weitere Investitionen in diese Technik eher unwahrscheinlich sind. In den USA gibt es seit 1978 und in Deutschland seit 1982 keine neuen Aufträge für AKW. Demgegenüber hat sich die GuD-Technik in den letzten Jahren als bevorzugte Technologie beim Kraftwerksneubau durchgesetzt. Große Stückzahlen, die modulare Bauweise und die hohe Brennstoffausnutzung führen zu immer günstigeren Betriebskosten. So kommen die Autoren der GAL-Studie auf einen Preis von 5,9 Pfennig je Kilowattstunde. Demgegenüber gab der Vorstandssprecher der HEW öffentlich zu, daß der Preis für AKW-Strom zwischen 7 und 12 Pfennig je kWh liegt. Eine von der GAL ebenfalls in Auftrag gegebene Studie der LBD-Beratungsgesellschaft Berlin kommt günstigstenfalls auf Stromkosten von 6,24 Pfennig für das AKW Neckarwestheim I und II, durchschnittlich jedoch auf 10 bis 14,58 Pfennig. Der GuD-Strom kommt hier noch günstiger weg: 5,61 Pfennig pro kWh! Auf dieser Basis würden sich für die HEW Kosteneinsparungen von mindestens 70 Millionen DM jährlich ergeben, wenn sie aus der Atomenergie aussteigen würde! Das sieht der Stromversorger natürlich anders: Vom Deutschen Institut für Wirtschaft ließ er sich vorrechnen, daß der Ersatz der AKW durch Gaskraftwerke Mehrkosten in Höhe von mindestens 265 Millionen Mark jährlich verursachen würde. Schließlich mußte man sich doch vom selbst finanzierten Gutachten distanzieren. Die Daten der Studie basierten auf dem Jahr 1994. Für das Gas unterstellte das Berliner Institut einen Preis von stolzen 3,69 Pfennig je kWh ? realisierbar sind heute langfristige Lieferverträge für 2 Pfg./ kWh. Vom DIW prognostizierten Investitionskosten von 1.400 DM je kW stand die auf Marktuntersuchungen basierende Aussage von 800 DM/kW gegenüber. Entsprechend moderat die Reaktion des HEW-Sprechers: "Wenn in Deutschland der Gaspreis für Industriekunden (...) deutlich sinkt, steht (...) das Kernkraftwerk Brunsbüttel zur Disposition". Ja, wahrscheinlich nicht nur dieses! Die Ersatzkapazitäten könnten jedenfalls innerhalb von zwei Jahren errichtet sein. Die Erdgasreserven sind bis in die zweite Hälfte des nächsten Jahrtausends ausreichend, könnten aber auch jederzeit durch regenerativ erzeugte Brennstoffe ersetzt werden. Was fehlt: etwa 1 Milliarde DM aus den Rücklagen des Stromversorgers ? und der Wille, sich von überholten Ideologien zu trennen. Selbst der Generaldirektor der in Wien ansässigen Internationalen Atomenergie Agentur (IAEA) Hans Blix vertritt inzwischen die Ansicht, daß die Kernenergie ihren Wettbewerbsvorsprung als kostengünstigster Stromversorger ? vor allem im Vergleich zu GuD-Kraftwerken ? verloren hat (Erdölinformationsdienst 38/97).

Die GAL lädt am 21.2. ein zu einem Informationstermin zur GuD-Tehnologie bei VASA Energies und Besichtigung des Gaskraftwerkes Moorburg. Anmeldung unter 040/450 37 110. Die AG Energie der GAL tagt am 16.2., 17.3. und 20.4. um 19 Uhr im Rathaus, Raum B. Infos: GAL-Fraktion, Dirk Seiffert, Rathaus, 20095 Hamburg, Tel. 040/3681-2645, Fax -2660.

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