Gentechnik-Seilschaften

WAS IST DER MENSCH?

Buchvorstellungen zum Themenbereich


1. Warum die Frage?
2. Was prägt den Menschen?
3. Abhängigkeit, Geborgenheit, Losgelöstsein
4. Fluchten: Die Matrix der Geborgenheit
5. Kollektive Identitäten als Ersatz-Vergewisserung
6. Statt Fluchten: Subjekt des eigenen Lebens werden
7. Entfesselte Autonomie?
8. Buchvorstellungen zum Themenbereich

Biologische Grundlagen des Menschseins
Der Mensch ist ein Herdentier. Er braucht Hierarchien. Das ist seine Natur. Das war schon immer so. Der Mensch ist des Menschen Wolf. Mit solchen oder ähnlichen Sprüchen werden Herrschaftsverhältnisse oft begründet. Sie seien notwendig, weil der Mensch sonst egoistisch und rücksichtslos handeln würde. Eine solche Argumentationsweise hat schon einen inneren Logikbruch, da dem vermeintlichen Problem dadurch begegnet werden soll, dass die einen Menschen über die anderen regieren, sie kontrollieren und zu sozialem Verhalten bringen. Wenn aber doch Menschen so böse sind, wie taugen sie dann dazu, Macht auszuüben?
Tatsächlich ist das Ganze aber auch aus biologischer Sicht Unsinn. Zwar ist eine Ableitung von sozialen Überlegungen aus der Natur oder der Biologie des Menschen stets gefährlich, dennoch sind etliche Hinweise darauf unübersehbar, dass Kooperation und Kommunikation für menschliches Miteinander und Eigenständigkeit statt Fremdsteuerung für das Individuum das „Natur“ des Menschen entsprechen. Nicholas A. Christakis reiht in „Blueprint“ (2019, S. Fischer in Frankfurt, 586 S., 26 €) Hunderte von Hinweisen aneinander, die darauf schließen lassen, dass Menschen stark dazu neigen, sich anderen Menschen gegenüber rücksichtsvoll zu verhalten. Der Autor vermutet genetische Festlegungen dahinter, da es sich im Laufe der Evolution als vorteilhaft erwiesen hat, sich gegenseitig zu unterstützen statt einzeln und nach dem Recht des Stärkeren vorzugehen. Leider fehlen im Buch aktuelle Forschungsergebnisse, zum Beispiel aus der Epigenetik. Die hätten die Grundposition, dass der Mensch im Laufe der Evolution eher Kooperation lernte als Ellbogenmentalität, sogar noch bestärkt.
Mit der Funktionsweise des Gehirns beschäftigt sich Niels Birbaumer in „Dein Gehirn weiß mehr, als du denkst“ (2015, Ullstein in Berlin, 271 S., 11 €). Es ist ein Überblick über aktuelle Erkenntnisse aus der Hirnforschung, darunter viele Kapitel zu Möglichkeiten, durch Training, Beeinflussung oder technische Hilfen körperliche Handicaps zu überwinden oder abzumildern. Ausgangspunkt ist dabei die hohe Veränderbarkeit des Gehirns, im Buch „Plastizität“ genannt. Aus dieser Eigenschaft des zentralen Steuerorgans unseres Körpers folgt auch, dass die Persönlichkeit des Menschen in einem ständigen Prozess verläuft – und das eben die Natur, d.h. seine biologische Ausstattung, ist. Der Autor verzichtet auf eine Politisierung dieser Erkenntnis außer der Warnung, dass es ein großer Irrtum sein könnte, zu glauben, man selbst sei gefeit gegenüber Versuchungen, sich an Verbrechen zu beteiligen, wie sie im Nationalsozialismus von Vielen begangen wurden. Dabei wäre genau diese Politisierung spannend: Für Menschen, deren Gehirne optimal für ständige Weiterentwicklung und Kreativität ausgerüstet sind, ist eine Gesellschaft mit starken Traditionen, Normen und überhaupt Gesetzen ziemlich verfehlt.
Im Übrigen: Wölfe sind ziemlich soziale Wesen! Kapitalismus und Hierarchien formen den Menschen zu gegenseitigen Konkurrent*innen, nicht seine Natur!

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