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ARTIKELSERIE ZU GLAUBENSFRAGEN IM PROJEKTOR

Judenverfolgung vor dem 3. Reich - und währenddessen


1. Freiräume ...
1. Syrisch-orthodoxe Kirche: Umstrittener Bau
3. Katholisch in Fulda
4. Hintergründe zum Islam
5. Judenverfolgung vor dem 3. Reich - und währenddessen

Nicht nur in der Zeit des Dritten Reiches kam es in der Region Osthessen zur Verfolgung von Juden. Die Spuren des Antisemitismus führen viel weiter zurück. Hier sind einige Daten und Fakten aufgeführt, welche dies belegen.

1235: In Fulda wurden um die Weihnachtszeit 32 jüdische BürgerInnen ermordet. Die Täter rächten damit den Tod von drei Christenkindern, die nach dem Brand einer Mühle aufgefunden wurden. Angeblich hätten die Juden die Kinder zu rituellen Zwecken mißbraucht. Ein Jahr später wurde Anklage erhoben, welche jedoch später wieder aufgehoben wurde. Papst Innocenz II. verbot zwar die Verbreitung der Ritualmordlüge, doch die Ausbreitung dieser konnte nicht verhindert werden.

Hundert Jahre später wütete die Pest in ganz Europa. Da Juden der Pest weniger leicht zum Opfer fielen (dies ist wahrscheinlich auf ihre strengen Reinigungsvorschriften zurückzuführen), wurden sie zu den Schuldigen erkoren, erschlagen und verbrannt.
Dies geschah auch im Fuldaer Raum.

Im Jahre 1350 verkündete ein Hersfelder Abt, daß die christlichen BürgerInnen das Recht hätten, geplündertes Eigentum von Juden zu behalten, ohne zur Rechenschaft gezogen zu werden.

1582: BürgerInnen aus den Gemeinden Hünfeld, Geisa, Hammelburg und Brückenau verfaßten eine Bittschrift, in der sinngemäß stand, daß sich seit einiger Zeit ein "Geschmeiß" von Juden breitgemacht habe, welches mit überhöhten Preisen handeln würde. Die jüdischen BürgerInnen bezogen ihre Ware jedoch von christlichen Gutsbesitzern und Gewerbebetreibern, welche die Waren den Juden schon zu überteuerten Preisen verkauften. Trotzdem forderten die BürgerInnen, die Juden entweder ganz aus der Umgebung zu vertreiben oder sie auf eine geringere Anzahl zu beschränken.

1591 wurden in Fulda Juden von durchziehenden Soldaten ausgeplündert. Der Fürstabt kam seiner Schutzpflicht nicht nach.

1671: Der Fürstabt beschloß, alle Juden aus dem Stift und Fürstentum Fulda auf ewig zu vertreiben. Er gewährte ihnen eine Frist von drei Monaten, um das Land zu verlassen. über 2000 Juden mußten das Fuldaer Land verlassen. Nur fünf Familien wurde der weitere Aufenthalt in Fulda gewährt. Sie bekamen Häuser "am oberen Judenberg" zugewiesen. Der Zugang zu diesem Ghetto wurde mit einem großen Eichentor verriegelt, welches die Juden selber beü zahlen mußten.

1890 schloß sich Ludwig Werner (Redakteur einer Kasseler Zeitung) mit dem radikalen Antisemiten Böckel zu der "Fraktion der Antisemiten" zusammen; noch im selben Jahr gründete jene Fraktion die radikale "Antisemitische Volkspartei".

1892: In einigen Gemeinden im Kreis Hersfeld, und auch in Hersfeld selber wurde eine Reihe von antisemitischen Volksversammlungen abgehalten.

Am 7.5.1893 eröffneten die Antisemiten in Schenklengsfeld den Wahlkampf. Als Kanditat trat Ludwig Werner an. Er betrachtete die Judenfrage hauptsächlich als wirtschaftliche Frage. In seinem Wahlprogramm waren unter anderem folgende Punkte enthalten: Aufhebung der Judenemanzipation, Stellung der Juden unter ein Fremdengesetz, Schutz der Landwirtschaft gegen ausländische Konkurrenz und Güterschlächterei, Hebung des Handwerkes durch Beseitigung der Gewerbefreiheit. Im selben Jahr gelang es Ludwig Werner, den Wahlkreis HersfeldüRotenburg (nach Stichwahlen) zu erobern. Ludwig Werner war das erste Mitglied der AntisemitenüPartei, das im deutschen Reichstag vertreten war.

Hille Mihm Hille@juis.insider.org

Chronologie der Judenverfolgung in Burghaun
1.4.33: Kreisleiter J. Kircher ruft zum Boykott aller jüdischen Geschäfte auf.

August '38: Amtliche Erfassung der letzten drei jüd. Gewerbebetriebe zwecks Vorbereitung der Liquidierung.

9.11.38: Die Polizei verhindert nach einer Parteiveranstaltung, daß ca. 50 bis 80 aufgebrachte Leute gegen die Juden vorgehen. Während der Nacht wird die Möblierung der Judenschule zerschmettert, in die Synagoge geworfen und mit Benzin übergossen.

10.11.38: Die jüd. Männer werden gegen 8 Uhr verhaftet und ins KZ Buchenwald verschleppt. Am Morgen brennt auch in Burghaun die Synagoge. Die Fensterscheiben jüd. Häuser werden eingeworfen. Viele fliehen, u.a. nach Frankfurt. 28.11.38: Amtliche Erfassun g des jüd. Haus- u. Grundbesitzes zwecks Liquidierung.

1.1.39: Kein jüd. Gewerbebetrieb mehr in Burghaun; Verordnung der Zwangsvornamen Israel und Sara.

Dez. '38 ü April '39: Die verhafteten Männer kehren aus Buchenwald zurück, sofern sie Auswanderungspapiere oder eine Wartenummer vorweisen können.

Ab März '39: "Arisierung", d.h. Zwangsverkauf von Haus- und Grundbesitz unter Einheitswert.

10.11.39: Der Landrat stellt eine "Judenliste" für den Kreis Hünfeld auf. Danach leben noch 64 jüd. BürgerInnen im Kreis, davon die Hälfte in Burghaun.

1.9.41: Kennzeichnung der Juden durch den "Judenstern". Verbot, den Bereich der Wohngemeinde zu verlassen. 7.12.41: Deportation über Kassel nach Riga. 17 Personen müssen sich im Schloßhof versammeln.

5.9.42: Deportation über Kassel nach Theresienstadt der beiden letzten Burghauner Judenfamilien (Stern und Strauß). Burghaun ist als letzter Ort im Altkreis Hünfeld "judenfrei".

Quelle: E. Sternberg, Ausstellung "Juden in Burghaun - Eine Spurensuche"

Hintergründe zum Judentum
Ursprung:
Das Judentum geht fast 4000 Jahre in die Vergangenheit zurück und ist die älteste monotheistische Religion. In ihm liegen die Ursprünge vieler weiterer Religionen wie z.B. des Christentums und des Islams. Nach der Lehre des Judentums gibt es nu r einen Gott, den "Gott der Väter" (Jahwe), welcher die Nachfahren Abrahams und Jakobs zu seinem "auserwählten Volk" berufen haben soll. Das Bild des Gottes hat sich im Gegensatz zu vielen anderen Religionen nach und nach entwickelt, und geht nicht von ein em, sondern mehreren Propheten aus.
Religiöse Lehre:
Im jüdischen Glauben gibt es kein verbindliches Gottesbild, nur die "Einzigkeit" des Gottes zählt. In der Thora (jüdisches Gebetsbuch) sind die fünf Bücher Moses festgehalten. Der Talmut ist die Ausleg ung der Thora von jüdischen Gelehrten; auf jene wird sich oft berufen. Einige wichtige Aspekte des Judentums sind die Gebote, der Sabbat (heiliger Wochentag), die Beschneidung von Männern und das Kaschruth (Speisegesetz). Nach dem Propheten Moses wird von dem Judentum kein weiterer Prophet mehr (wie z.B. Jesus oder Muhammed) anerkannt.
Regionale Aspekte:
Seit 1987 gibt es in Fulda wieder ein jüdisches Gotteshaus. Im Umkreis von ca. 40 km leben ungefähr 250 Menschen jüdischen Glaubens. Die heutige jüdische Gemeinde in Fulda sieht sich als Nachfolger der ehemaligen, zerstörten, sehr orthodoxen jüdischen Gemeinde Fulda und kann deswegen als konservativ angesehen werden. "Regionalspezifisch" ist, daß die Gemeinde fast ausschließlich aus Zuwanderern aus der Gem einschaft Unabhängiger Staaten besteht, die nicht sehr religiös aufgewachsen sind und hier erst wieder etwas über ihre Religion erfahren. (lys).

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