Stiftung Freiräume

Ö-PUNKTE 1/1998

Ein Bündnis mit den Herrschenden?


1. Positionen zur Agenda 1: Ja, aber ...
2. Ein Bündnis mit den Herrschenden?
3. Es geht um Macht!
4. Handlungsspielraum
5. Hausaufgaben

Die vollständige Umsetzung der Agenda 21 zu fordern, wie dies jüngst anläßlich der UN-Sondergeneralversammlung einige NGOs getan haben, ist politisch bedenklich. Regierungen jedoch auf etwas festzunageln, zu dem sie sich (wenn auch nicht völkerrechtlich verbindlich) einmal verpflichtet haben, ist m.E. nichts Ungewöhnliches und auch nichts Verwerfliches. Es geht allerdings noch um etwas anderes: Die Agenda 21 ist Gegenstand eines Diskurses, bei dem der eigentliche Gegenstand, nämlich die Agenda 21 und ihr Inhalt nur eine Nebenrolle spielt ? stattdessen wird im Diskurs teilweise neu definiert, was die Agenda 21 ist und ausmacht. In diesem Prozeß des "Wahrmachens" geht es um Definitionsmacht, dies umso mehr, weil die Agenda 21 widersprüchlich und unverbindlich ist ? und in diesem Kampf haben Umwelt- und Entwicklungsgruppen die Nase vorn gegenüber Regierungen, die heute lieber nicht so genau wissen wollen, was sie 1992 unterschrieben haben.

Es ist eine Errungenschaft von Rio und des Nachhaltigkeits-Diskurses, daß zwei Annahmen mittlerweile allgemein geteilt werden: zum einen das Leitbild von Gerechtigkeit innerhalb und zwischen den Generationen, zum anderen die Erkenntnis, daß nachhaltige Entwicklung ein (gesamtgesellschaftlicher) Prozeß sein muß. Was unklar ist und dem Diskurs überlassen bleibt, ist die Operationalisierung dieser Normen. Und dabei geht es wiederum um Definitionsmacht ? und hier liegt das entscheidende Problem ökosozialer Bewegungen! Zwar scheint der Ansatz, nachhaltige Entwicklung gesamtgesellschaftlich als "Suchprozeß" zu organisieren, am nachhaltigsten (im Sinne von Bewußtseins- und Verhaltensänderung) zu sein. Doch braucht dies einerseits Zeit, andererseits bedeutet "Prozeß" auch Konflikte: zum einen weil auch über das "Wünschenswerte" gestritten werden muß, zum anderen, weil sich die nachhaltigen Wunschvorstellungen permanent an einer Realität reiben, die eine ganz andere Zukunft versprechen. Und über diese Realität wird mit den "rules of the game" entschieden:

 

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