Stiftung Freiräume

HIRNSTUPSER - NACHDENKTEXTE ZUM AKTUELLEN ZEITGESCHEHEN

Hirnstupser spezial: Filmclips zu Demokratie und Herrschaftsfreiheit


1. Übersicht der Hirnstupser-Textbeiträge - thematisch gegliedert
2. Übersicht aller Hirnstupser-Filmclips - thematisch gegliedert
3. Hirnstupser-Filme zu aktuellen politischen Fragen
4. Hirnstupser-Filme zu Umweltfragen
5. Hirnstupser-Filme zu kreativen Aktionsformen und dem Streit darum
6. Hirnstupser-Filme zu Umwelt-, Klima- und Verkehrswende-Proteststrategien
7. Hirnstupser-Filme zu Organisierung und Strategien politischer Bewegungen
8. Hinstupser-Filme zu Justiz, Polizei und dem Umgang mit Repression
9. Hirnstupser spezial: Filmclips zu "Danni bleibt! Keine A49!"
10. Hirnstupser spezial: Ella - der Prozess (Berufung)
11. Hirnstupser spezial: Filmclips zu Demokratie und Herrschaftsfreiheit
12. Hirnstupser spezial: Der Diskurs - Blicke in die Tiefen von Macht und Beeinflussung
13. Hirnstupser spezial: Filmclips zu vereinfachten Welterklärungen
14. Die weiteren Hirnstupser-Filme (u.a. zu sozialen Themen und Herrschaftstheorie)
15. Hirnstupser-Filme zu Coronazeiten und -themen

Demokratie: Illusion statt Selbstermächtigung - Regierungswechsel als einzige Hoffnung
Es gibt viele Webfehler im Konzept "Demokratie". Das, was viele Menschen unzufrieden auf die Lage in der Politik schauen lässt, ist kein Mangel an Demokratie (wie es in der Propaganda verschleiert wird), sondern die Folge der Bildung und anschließenden Herrschaft des "demos" - der eben etwas ganz anderes ist als die Summe und Kooperation der Individuen. Besonders auffällig ist aber, dass die Demokratie ohnmächtig macht, ohne dass die Menschen es merken. Statt sich selbst als Akteur*innen zu sehen, projizieren sie ihre Hoffnung in den Regierungswechsel - der dann aber doch wenig ändert, weil jede Führungsperson in den herrschenden Diskursen verfangen ist. Eine Revolte scheidet aus, weil die Illusion der Veränderung durch Wahlen die Entschlossenheit nimmt. ++ demokratie.siehe.website


Anpassung als Normalfall: Das Sein prägt das Organisationsbewusstsein
"Die neue Struktur der deutschen Wirtschaft muss davon ausgehen, dass die Zeit der unumschränkten Herrschaft des privaten Kapitalismus vorbei ist. ... Die deutsche Wirtschaft hat weder in erster Linie dem Wohle einer bestimmten Schicht zu dienen noch dem Auslande."
Das steht im Gründungsprogramm einer Partei - und zwar der CDU, beschlossen als "Ahlener Programm" im Jahr 1947. Offenbar war auch diese heute vor reaktionären Ideen strotzende, rein dem Kapital und der Macht dienene Partei mal mit guten Vorsätzen gestartet ... wie Grüne, Linke und andere auch. Diese ewige Wiederholung von Anpassung ist frustrierend. Fatal aber ist, dass daraus keine Konsequenzen gezogen werden. Die Hoffnung, dass Neuanfänge der gleichen Art beim nächsten Mal besser durchhalten, vernebelt immer wieder das scharfsinnige Denken. Gesellschaftliche Veränderung verläuft nur über die Intervention in die Diskurse und den Wandel der Verhältnisse - denn Anpassung würde dann auch in die andere Richtung funktionieren.


Gendern verbieten? Quatsch - aufheben! Kreativ-offensiv gegen reaktionäre Politik
In Hessen und Bayern wurde überall dort, wo die Landespolitik herrscht, das Gendern verboten. Was genau die mit "Gendern" meinen, ist zwar unklar, aber statt dem Abkotzen über derart reaktionäre Politik macht der Hirnstupser zwei kreative Vorschläge: Das Nutzen des generischen Femininums oder, noch besser, einer Sprache, die das Gender gar nicht mehr ausdrücken. Es ist nämlich in der Regel überflüssig, ständig Menschen einem oder mehreren Geschlechtern zuzuordnen. Vorschlag: die Endungen „i" (Einzahl) und "is“ (Plural) sowie geschlechtslose Pronomen verwenden. Das klingt zwar erstmal komisch, aber mensch gewöhnt sich schnell an Begriffe wie „Richtis“ oder „dier Polizisti“. Welche Sprache wir sprechen, welche Tiere wir essen (oder ob überhaupt welche), welche Farben wir welchen Gefühlen zuordnen, welche Gesten welche Bedeutung haben – all das ist nicht von Natur aus vorgegeben, sondern wir lernen es. Und verlernen es, wenn etwas Anderes zu unserem Alltag wird. ++ is-sprache.siehe.website


Hoch manipulierbar: Menschen in Massen - Eigenart und Unterschiedlichkeit betonen!
Es lässt sich leicht selbst ausprobieren: Menschern, die in einer indifferenten Menge agieren oder unterwegs sind, lassen sich sehr leicht manipulieren. In der Fußgänger*innenzone oder im Zugabteil nehmen fast alle Flugblätter an, wenn die erste Person das auch tut. Sonst läuft es umgekehrt. Das ist ein kleines und nachprobierbares Beispiel für ein gesellschaftliches Problem, welches die Menschheit in viele Schwierigkeiten bringt: Forme Kollektive und steuere sie dann völlig unbemerkt - das geht. Moderne Herrschaft beruht genau auf diesem Mechanismus, überall in der Gesellschaft und damit auch in politischen Bewegungen. Eine Organisierung der freien Kooperation autonomer, also in ihren Eigenarten und Unterschiedlichkeiten lebender Menschen stellt das emanzipatorischer Gegenmodell dar. Eliten in Wirtschaft, Organisationen und Nationen werden das hart bekämpfen. ++ herrschaft.siehe.website ++ hierarchnie.siehe.website


Demokratie? Nur wenn's der Macht nützt! Kapitalismus und Demokratie als Symbiose
Da laufen sie alle auf der Straße rum und behaupten, die "Demokratie" verteidigen zu wollen. Schon was sie mit dem Wort eigentlich meinen, ist unklar: Die Regierung? Das aktuelle (kapitalistische) Gesellschaftssystem? Den aktuellen, rassistischen und sexistischen Normalzustand? Mehrheitlich laufen da Mitglieder und Wähler*innen von Parteien mit, die gerade schnellere Abschiebungen und geschlossenere Grenzen umsetzen (SPD, Grüne, FDP) - oder das noch zu lasch finden (CDU, CSU, "freie" Wähler).
Bei genauerem Hinsehen ist ihnen aber sogar das Wählen, die einzige Mitbestimmungsmöglichkeit in der Demokratie, noch suspekt, schließlich haben sie ja gerade Angst davor, dass Rechtsradikale gewählt werden. Und ohnehin zeigt sich schnell, dass die Bürger*innenmeinung wenig zählt, wenn sie kapitalistischen Interessen widerspricht - so wie beim Nein der Menschen in Grünheide zur Tesla-Fabrikerweiterung. ++ demokratie.siehe.website


Leicht manipulierbar: "demos" der Demokraie (Beispiele: Zuwanderung und Verkehrswende)
Populismus ist eine sehr typische Begleiterscheinung in der Demokratie. Oder genauer: Eine typische Haupterscheinung. Denn die Herrschaft des "demos" basiert darauf, dass ein einheitlicher Wille von eigentlich völlig unterschiedlichen und gar nicht in Verbindung stehenden Menschen behauptet wird. Dafür wird zunächst eine Gruppe von Menschen abgegrenzt (von anderen) und zu einer Einheit erklärt - zB das Volk in einem Staat. Diese Einheit gibt es gar nicht, sondern sie wird durch deren Sprecher*innen/Vertreter*innen/Verblender*innen behauptet, ist dann aber als allgemeine Halluzination in den Köpfen. Als nächste Stufe entsteht dann der Eindruck, dass die Aussagen der Sprecher*innen/Vertreter*innen/Verblender*innen die Meinung aller sind - der sogenannte Gemeinwille wird konstruiert. Populistische Positionen sind besonders geeignet, als dieser Gemeinwille wahrgenommen zu werden. Das ist keine Fehlentwicklung in der Demokratie, sondern der Fehler der Demokratie selbst. ++ demokratie.siehe.website ++ volk.siehe.website


Polizeiattacke auf justizkritischen Film: Uraufführungsversuch von "Unter Paragraphen II"
Am 12.10.2023 fand ab 17.30 Uhr (Anmeldung) eine Versammlung statt, deren einzige Ausdruckmittel das Zeigen eines Films mit dem Titel „Unter Paragraphen II“ sein sollte. Von Beginn an war ein erhebliches Polizeiaufgebot mit u.a. anwesender Bereitschaftspolizei in Stärke von knapp 50 Uniformierten sowie von Führungskräften aus Landgericht und Staatsanwaltschaft vor. Fünf Minuten nach Beginn der Filmvorführung wurde diese gewaltsam unterbrochen und die Ausdrucksmittel der Versammlung (Beamer und Laptop) beschlagnahmt. Zudem wurden der Versammlungsleiter und der nur als einfacher Versammlungsteilnehmer anwesende Filmemacher aus der Versammlung ausgeschlossen und, trotz schon vor Ort erfolgter Personalienfeststellung, verhaftet. Sie wurden ca. 4 Stunden festgehalten, ohne dass dafür eine Begründung erkennbar war – außer dem unausgesprochenen Ziel, die Durchführung der unerwünschten, weil justizkritischen Veranstaltung zu verhindern (was auch gelang). ++ Film und weitere Infos unter unterparagraphen.siehe.website


Ideologische Bewertung gleicher Vorgänge: Interessen prägen die Wahrnehmung
Gleiche Ereignisse werden regelmäßig völlig unterschiedlich bewertet und dargestellt, wenn sie unterschiedlichen Interessen dienen. Aufstände gegen den politischen Feind sind gut, gegen Freunde oder gegen den eigenen Staat dagegen immer schlecht. Der Hirnstupser zeigt an drei Beispielen, dass alles auf dieser Welt ideologisch bzw. interessengeleitet wahrgenommen und dargestellt wird. Die gleiche Handlung kann dann mal gut und mal böse sein.


Ist "Letzte Generation" undemokratisch? Die Mächtigen wollen keine Nebenbuhler
Der Vorwurf an provokante, direkte Aktion, sie sei undemokratisch, weil hier nicht Mehrheiten entscheiden, sondern die lautesten Stimmen sich durchsetzen wollen, ist absurd. Denn Demokratie ist ja gerade die Herrschaftsform, in der die "Lautesten" sich durchsetzen - genauer: Die mit der größten medialen Reichweite und die mit den Mitteln der Macht (Kapital, Geld, Waffen, Polizei, Justiz, Behörden usw.). Dass in der Demokratie alle beteiligt werden und gleichberechtigt sind, ist schon immer eine Propagandalüge gewesen, quasi das Greenwashing einer klaren Herrschaftsstruktur. Es ist in diesem Sinne nicht nur zutiefst demokratisch, auch mal "lauter" zu sein als das übliche sanfte Gejammer von Opposition, welches in diesem Land vorherrschaft. Sondern es ist sogar gut für die Demokratie, wenn es viele laute Stimmen gibt. Denn nur dass macht die Pluralität aus. Wer in einer Welt leben will, in der nicht das Recht der Stärkeren, Lauteren, Privilegierten gilt, muss eine herrschaftsfreie Welt anstreben - und die Demokratie überwinden. Bis dahin aber ist es gut, wenn es viele laute Stimmen gibt. Dass die aktuell Mächtigen gerne allein bestimmen und laut sein wollen, ist nicht überraschend. Dass sie daher auf die schimpfen und ihre "Waffen" (Polizei, Justiz usw.) gegen die Nebenbuhler einsetzen, ebenfalls nicht.


Einleitung, Internetseiten und Bücher
Die neue Reihe des Hirnstupser zu Demokratie und Herrschaftsfreiheit soll in wechselnden Beiträgen die Grundprobleme der Demokratie aufzeigen und dem die Alternativen einer herrschaftsfreien Welt gegenüberstellen. Der erste Beitrag kündigt dieses an, zeigt kurz die Notwendigkeit dieser Fragestellung auf und verweist dann auf Texte, die die in den Filmclips angesprochenen Themen weiter vertiefen. Alle im Film gezeigten Bücher sind auch kostenfrei im Internet als Download zu finden und stehen unter Creative Commons - so wie alle Hirnstupser-Filme ja auch.

Hirnstupser-Texte und Filme sind unter hirnstupser.siehe.website, youtube.com/hirnstupser und fb.com/hirnstupser zu finden.

Kritik der Demokratie

Vier der Grundprobleme der Demokratie
Der "demos" mit erzwungener Grenzziehung zwischen Innen und Außen, die Notwendigkeit einer mit Macht ausgestatteten Durchsetzungsstruktur, die Projektion aller Hoffnungen in den Wechsel der Machtinhaber*innen und die verstärkende Wirkung auf vorhandene Privilegien: Im Workshop am 24.3.2021 stellte der Referent, Jörg Bergstedt, an diesen vier Grundproblemen dar, warum die Demokratie keine optimale Gesellschaftsform ist. Statt diese also ständig zu loben und die offensichtlichen Probleme mit noch mehr Demokratie lösen zu wollen, wäre eine Überwindung hin Richtung einer herrschaftsfreieren Welt sinnvoll. Sein Fazit am Ende: Kapitalistismus passt optimal zur Demokratie - Ausbeutung und Umweltzerstörung sind daher schlicht "demokratisch".
Mitschnitt eines Onlineworkshops am 24.3.2021 ++ Bücher des Referenten zu Demokratiekritik und Herrschaftstheorie sind im SeitenHieb-Verlag erschienen und erhältlich im Aktionsversand.


Teil 1: Einteilung in Gut und Böse
Den Anfang in der neuen Reihe des Hirnstupsers zu Demokratie und Herrschaftsfreiheit bildet eine noch recht allgemein gehaltene Kritik der Demokratie. "Demokratisch" steht heutzutage für "gut", doch schon bei den ersten Blicken fällt auf, dass es eher andersherum ist: Was den Mächtigen in Regierungen, Medien oder Konzernen nicht passt, wird als "undemokratisch" bezeichnet - synonym für schlecht oder unerwünscht. Der Begriff verschleiert also Machtinteressen.


Teil 2: Demos - der zentrale Fehler
Jede Form von Demokratie braucht eine klare Grenzziehung, wer dazugehört und wer nicht. Das hat fatale Folgen. Zum einen setzt es einen Herrschaftsapparat voraus, der diese Grenze zieht, also durch Abgrenzung des "Anderen" den demos bildet (in der Nation = das Volk). Zum anderen bedarf es dann der Sicherung, um den formalen Ausschluss derer, die nicht dazugehören (sollen), auch durchzusetzen: Zuordnen, sortieren, kontrollieren, im Zweifel Gewalt anwenden. Herrschaftsfreie Systeme kennen keine klaren Grenzen. ++ Seite zu demos und Volk
Diesen Grundfehler weisen auch vermeintlich bessere Formen der Demokratie auf (Konsens-, Basis- oder direkte Demokratie). Dazu kommen wir noch ...


Teil 3: Beständig durch Illusion des Wechsels
Demokratie ist eine große Erzählung. Dazu gehört, dass "wir", also die Wähler*innen (wozu ja längst nicht alle gehören), durch Wahlen die Politik mitbestimmen können. Diese Suggestion behindert die Selbstermächtigung, denn es gibt ein ständiges Anbieten scheinbarer Alternativen, auf die Menschen ihre Hoffnung projizieren, statt selbst aktiv zu werden. Daher ist die Demokratie eine sehr beständige Herrschaftsform. Die Systemfrage verschwindet hinter der Illusion, dass der Wechsel des Führungspersonals die Veränderung bringt. ++ Seite zu Wahlen
Diesen Grundfehler weisen auch vermeintlich bessere Formen der Demokratie auf (Konsens-, Basis- oder direkte Demokratie). Dazu kommen wir noch ...


Teil 4: Privilegierte Stellung erzeugt neue Privilegien
Häufig wird behauptet, dass demokratische Wahlen oder Abstimmungen allen die gleiche Chance geben. Das völliger Unsinn. Die Ungleichheiten in der Gesellschaft führen auch zu unterschiedlicher Einflussgröße auf Abstimmungen und Wahlen, z.B. im Wahlkampf davor. Wer viel Geld hat, kann plakatieren, flyern, Anzeigen schalten, Werbeagenturen beauftragen usw. Wer selbst viel Reichweite hat (z.B. als Chefredakteur*in einer Zeitung), kann Abstimmungen besser beeinflussen als andere. Daher lässt Demokratie die Unterschiede einfach bestehen. Und schlimmer: Wer privilegiert ist, kann auch sich selbst bessere Chancen auf Posten bei Wahlen verschaffen. Dadurch hat die Person dann noch eine Machtoption mehr, d.h. vorhandene Privilegien lassen sich über demokratische Prozesse noch vergrößeren - und die Ungleichheiten verschärfen sich.


Teil 5: Kollektives Entscheiden braucht Machtmittel
Welchen Sinn macht eine Entscheidung, die für "alle" (= demos, also z.B. Volk, Verein, Partei, Gemeinde, Firma, WG, NGO ...) gilt, wenn sich hinterher nicht alle "alle" dran halten (müssen)? Folglich gehört zum kollektiven Abstimmen immer auch die Existenz einer Durchsetzungsstruktur, die ausführen, kontrollieren und sanktionieren kann. Demokratie kann folglich nicht auf solche Apparate verzichten, die Menschen aber ungleich und die Benutzung von Machtmitteln zum Alltag machen.
Wenn nur jeweils die, die eine gemeinsame Haltung zu etwas entwickeln können, dann zusammen agieren, braucht es keiner kollektiven Entscheidung. Genau das wäre die Idee der herrschaftsfreien Organisierung: Der offene Raum mit den jeweils frei entstehenden Kooperationen, wie es gerade passt.


Teil 6: Der Glaube an das Gute von oben
Es ist unglaublich, mit welch naiver Betrachtung bürgerliche und auch viele linke Kreise an das Gute von oben glauben, also durch neue Regierende, durch mehr Kontrolle usw. Wie weit das geht, zeigt dieser Hirnstupser an Zitaten aus dem Buch "Alles könnte anders sein" des weithin anerkannten Autors Harald Welzer. Der sieht nicht nur Polizei und Justiz als Garanten des Guten, sondern selbst Armeen. "Funktionierende Verwaltungen" und "loyale BeamtInnen" seien die Garanten des Guten - eine primitive, geschichts- und theorielose Sicht auf das reale Leben.


Teil 7: Gemeinwille ist Masse ohne Autonomie
Größere Mengen von Menschen können verschiedene Formen annehmen, die entweder die Vielfalt und Unterschiedlichkeit betonen oder aus dem Ganzen etwas machen, was einer eigenen Persönlichkeit entspricht. Damit letzteres gelingt, muss es ein Verfahren geben, wie eine einheitliche Sprache (Gemeinwille) entsteht. Die Demokratie macht das durch Abstimmungen und Wahlen, also Repräsentation. Die gemeinsame Meinung aller hat mit den Auffassungen der Einzelnen nichts mehr zu tun und blendet die Menschen, die Teil der Masse sind, weitgehend oder komplett aus. Demokratie ist damit eine anti-emanzipatorische Form der Organisierung von Menschenmengen.


Teil 8: Verstärkung von Ungleichheiten
Die herrschaftsförmig und prägend vor allem kapitalistisch gestaltete Gesellschaft birgt eine Menge von Ungleichheiten - Menschen mit und ohne Ämter in Institutionen, mit oder ohne Eigentum an Produktionsmitteln, Reiche und Arme, gut Vernetzte und Einsame usw. Die Demokratie gleicht das nicht aus, sondern verschärft die Ungleichheiten, weil Privilegierte bessere Chancen haben, bei Abstimmungen ihre Interessen oder bei Wahlen sich bzw. ihre Kandidat*innen durchzusetzen.


Teil 9: Wahlen - Brot und Spiele fürs Volk
Wahlen sind das auffälligste Prinzip der Demokratie und in der Regel das Einzige, bei dem der "Souverän" überhaupt agieren kann. Bei näherer Betrachtung ist der Einfluss durch Wahlen jedoch minimal, denn die bestehenden (Herrschafts-)Verhältnisse führen dazu, dass durch Wahlen eher die vorhandenen Unterschiede verfestigt als überwunden werden. Das ist eine direkte Folge dessen, dass die, die über mehr Möglichkeiten der Beeinflussung von Massen verfügen, auch die Wahlen stärker für sich und die von ihnen geförderten Personen(gruppen) nutzen können.


Teil 10: Mehrheitsdemokratie - die übliche Hierarchie
In Parlamenten, Parteien, Firmen und vielen anderen Subräumen der Gesellschaft werden Entscheidungen über Sachfragen oder Personen per Mehrheitsvotum getroffen. Das ist eine besonders bizarre Form, Prozesse zu beenden und Stillstand zu erzeugen - aber die übliche. Neben den ohnehin vorhandenen Folgen demokratischer Logiken (Abgrenzung des demos, Zuspitzung auf Ja-Nein-Fragen usw.) kommt dann noch die Ausblendung großer Teile der Beteiligten und sämtlicher Unbeteiligter hinzu.


Teil 11: Direktwahlen - Stärkung zentraler Führung
Direkte Demokratie bedeutet, dass Abstimmungen und Wahlen ohne Zwischenebenen ausgeführt werden, also die anstehende Frage oder die zu wählende Person direkt von den Wahlberechtigten bestimmt wird (Gegensatz: repräsentative Demokratie, bei der die Wahlberechtigten Personen wählen, die dann eine Frage entscheiden - bei Delegiertensystemen kann das sogar mehrstuftig sein). Dadurch soll eine bessere Mitbestimmung ermöglichst werden. Tatsächlich enthält aber auch dieses Modell die typischen Fehler jeder Demokratie (demos-Abgrenzung, konservative Wirkung fixierter Entscheidungen usw.). Hinzu kommt bei Abstimmungen der Zwang zu einfachen Fragestellungen und bei Wahlen die Steigerung von Legitimität und Machtfülle bei den zu wählenden Personen.


Teil 12: Konsens - mehr 'demos', mehr Tricks
Konsens heißt, dass Abstimmungen und Wahlen einvernehmlich erfolgen. Das gilt sowohl für Entscheidungen als auch für die Bestimmung z.B. von Delegierten in Koordinierungsgremien oder als Sprecher*innen. Auch diese Verfahren enthalten zunächst die typischen Fehler jeder Demokratie (demos-Abgrenzung, konservative Wirkung fixierter Entscheidungen usw.). Hinzu kommt bei Konsens eine besondere Betonung der Gesamtheit, weil hier suggeriert wird, dass ja alle einverstanden seien. Tatsächlich lässt sich diese scheinbare Zustimmung aber auch durch Tricks wie das Unsichtbarmachen von Gegenpositionen oder die Fragestellung erreichen.


Herrschaft, Herrschaftsfreiheit, Anarchie

Teil 1: Zukunft ist nicht beschreibbar
Der zweite Beitrag in der neuen Reihe des Hirnstupsers zu Demokratie und Herrschaftsfreiheit ist der erste zur Herrschaftsfreiheit. Er zeigt, dass es nicht möglich ist, eine herrschaftsfreie Zukunft zu beschreiben. Denn wenn die eine kulturelle und soziale Evolution be- oder gar verhindernden Gesetze und Normen wegfallen, wird viel Neues entstehen, was heute noch gar nicht denkbar ist. Das ist nämlich die Logik der stofflichen, biologischen und der sozialen Evolution: Es entstehen immer wieder neue Qualitäten, die ab dann neue Bedingungen für die Weiterentwicklung schaffen - aber nicht vorher theoretisch erdacht werden können.


Teil 2: Warum ist Herrschaftsfreiheit sinnvoll?
Der vierte Beitrag in der Reihe des Hirnstupsers zu Demokratie und Herrschaftsfreiheit ist der zweite zur Herrschaftsfreiheit. Er stellt die Frage, ob bzw. warum Herrschaftsfreiheit überhaupt sinnvoll ist. Immerhin fühlen sich die meisten Menschen in Fremdbestimmung wohl. Das aber hat genau den Grund, warum der Mensch eigentlich besser in eine herrschaftsfreie, dynamische Welt passt. Denn was er von seiner Biologie her mitbringt, wäre geradezu verschwendet in einer statischen, durch Normen geprägten Welt.


Teil 3: Die Herrschaftformen - formale Macht
Jetzt folgen zwei Abhandlungen dazu, welche Herrschaftsformen es gibt (wegen der Länge zweigeteilt). Der erste Teil beschäftigt sich mit der formalen Macht, also allen Herrschaftsformen, die vor allem auf institionalisierten Ursachen beruhen, z.B. Gesetze, formale Normen, Eigentum, unter anderem an Produktionsmitteln usw. Der zweite Teil wird sich dann mit diskursiver Macht auseinandersetzen, also den prägenden Denkkulturen. Beide Formen greifen ineinander. Sie zu verstehen, ist wichtig für das Ringen um Herrschaftsfreiheit. Schließlich muss es dafür gelingen, die vorhandenen Herrschaftsförmigkeiten zu überwinden.


Teil 4: Die Herrschaftformen - diskursive Macht
Fortsetzung der Abhandlung über die verschiedenen Herrschaftsformen (wegen der Länge zweigeteilt). Der erste Teil beschäftigte sich mit der formalen Macht, also allen Herrschaftsformen, die vor allem auf institionalisierten Ursachen beruhen, z.B. Gesetze, formale Normen, Eigentum, unter anderem an Produktionsmitteln usw. (siehe youtu.be/KF5KLz3VQqs). Der zweite Teil beschäftigt sich nun mit diskursiver Macht, also den prägenden Denkkulturen. Beide Formen greifen ineinander. Sie zu verstehen, ist wichtig für das Ringen um Herrschaftsfreiheit. Schließlich muss es dafür gelingen, die vorhandenen Herrschaftsförmigkeiten zu überwinden.


Teil 5: Alternativen zum Abstimmen und Wählen
Dieser Hirnstupser ist ein Audiomitschnitt eines Online-Workshops zur Kritik der Demokratie und die dortige Antwort auf die Nachfrage, wie es denn ohne Abstimmen und Wählen laufen könnte. Dargestellt werden unter anderem Ideen entscheidungsloser Räume und das Losen.


Teil 6: Selbstorganisierung statt Institutionalisierung
Wo Zuständigkeiten institutionalisiert und oft dann sogar monopolisiert sind, wird Eigeninitiative gehemmt. In einer herrschaftsfreien Gesellschaft sind Kommunikation und direktes Kümmern aber die Säulen der sozialen Organisierung und schaffen viel eher einen diskriminierungs- und übergriffsfreien, kommunikationen und kooperativen Raum als eine Gesellschaft, die über Angst reglementiert und bei der die Zuständigen immer erst hinterher kommen und dann von oben herab richten. Dieser Hirnstupser enthält einen Audiomitschnitt eines Online-Workshops zur Kritik der Demokratie.


Teil 7: Wahrheit ist Glaube und Erfindung
Es gibt keine Wahrheit, keine objektive Sicht auf Dinge. Der menschliche Organismus ist dazu nicht in der Lage. Gehirn, Sinnesorgane und der gesamte Körper haben sich den sozialen Bedingungen angepasst, in der der Mensch herangewachsen ist. Daher nimmt er durch die Matrix dieser Vorprägung alles Geschehen wahr, wählt aus verschiedenen Informationen aus, entscheidet über die Art der Betrachtung, z.B. selbst in der Wissenschaft vorab über die Methode einer Analyse und Interpretation. Es gibt nur subjektive Wahrnehmung und Auffassung. Wer diese als "objektiv" oder "Wahrheit" tarnt, will sie damit nur wichtiger machen und übt folglich Herrschaft aus.


Teil 8: Die Wirkungsweisen von Herrschaft
Herrschaft bedeutet, privilegiert, d.h. mit bevorteilenden Mitteln, den eigenen Willen gegen andere durchsetzen zu können - und das auf Dauer. Das kann im eigenen Interesse oder für andere geschehen, aber immer auf Basis ungleicher Handlungsmöglichkeiten. Herrschaft bedeutet gleichzeitig, mit diesen Mitteln bestimmen zu können, wer welche Vorteile und wer welche Nachteile der Entscheidung zu tragen hat. Darauf basiert unter anderem die globale Ausbeutung von Menschen und die Zerstörung der Umwelt. Beides hängt mit Herrschaftsverhältnissen zusammen.


Teil 9: Keine Götter/Wertequellen stehen über den Menschen
Herrschaft bedeutet, privilegiert, d.h. mit bevorteilenden Mitteln, den eigenen Willen gegen andere durchsetzen zu können - und das auf Dauer. Das kann im eigenen Interesse oder für andere geschehen, aber immer auf Basis ungleicher Handlungsmöglichkeiten. Herrschaft bedeutet gleichzeitig, mit diesen Mitteln bestimmen zu können, wer welche Vorteile und wer welche Nachteile der Entscheidung zu tragen hat. Darauf basiert unter anderem die globale Ausbeutung von Menschen und die Zerstörung der Umwelt. Beides hängt mit Herrschaftsverhältnissen zusammen.


Teil 10: Herrschaft verstärkt sich selbst
Wer im Besitz von Herrschaftsmitteln ist, handelt funktional, sie auch einzusetzen. Allein die Möglichkeit, dieses zu tun, schafft schon einen Unterschied in der Begegnung mit Menschen, die nicht über gleiche Mittel verfügen. Spätestens im Konfliktfall besteht die Neigung, ein Potential auch zu nutzen - egal ob es sich dabei um eine Waffe, mehr Geld, andere Privilegien oder Drohungsmöglichkeiten per Gesetz, Uniform, Robe usw. handelt. Daher ist es nicht überraschend, dass Menschen, die Machtmittel erlangen, diese auch machtförmig einsetzen. Missbrauch und Gebrauch von Macht sind dasselbe.


Teil 11: Die absurde Rolle der Anarchistis
Anarchie - das war mal fast überall ein Begriff für das Böse schlechthin: Gewalt, Chaos und mehr wurde mit der Idee der Herrschaftsfreiheit assoziiert. Das war natürlich immer Blödsinn, sind es doch stets Herrschaftsstrukturen, die systematisch Gewalt ausüben und Selbstorganisierung (als Gegenpol zum Chaos) zerschlagen. Aber es diente halt der Diffamierung. Inzwischen gibt es aber auch einen liebevollen Blick auf das Anarchische. Dabei wird die der Anarchismus inhaltlich entkernt und den Anarch@s kleine Nischen angeboten, in denen sie medial, in der Gesellschaft und in der politischen Bewegung ihren Platz finden. Viele von ihnen sind darüber sogar froh, zeigen sie sich doch betont theorie- und organisierungsfremd. Schade. Dabei wäre das Anarchische in der Debatte um Organisierungsformen und gesellschaftlichen Verhältnissen entescheidend. ++ Seite zum Thema anarchischer Organisierung


Teil 12: Der Gesamtrahmen muss herrschaftsfrei sein!
Für eine Welt, in der viele Welten Platz haben! Dieser Satz, bekannt geworden aus der Revolte der Zapatistas in Chiapas (Mexiko) charakterisiert eine entscheidende Grundlage für eine anarchistische Welt. Es darf keine Sanktionen und Regeln geben, die bestimmte Verhaltensweisen ausschließen, solange diese auf freien Vereinbarungen beruhen. Selbst die krudesten Formen sozialer Beziehungen wären Teil einer herrschaftsfreien Welt - von Sportarten und Spiele mit starren Regeln bis zu verwirrten Nostalgiker*innen, die an die Fortexistenz des Deutschen Reichs, geheime Weltregierungen oder die menschliche Gesellschaft als Spiel göttlicher Sphären glauben.


Hirnstupser-Texte und Filme sind unter hirnstupser.siehe.website, youtube.com/hirnstupser und fb.com/hirnstupser zu finden.

Die Seiten zum Thema:

Alle vorgestellten Bücher sind im nicht-kommerziellen SeitenHieb-Verlag erschienen.

Weitere Einzelthemen

Unterschiedlich, aber gleiche Möglichkeiten - Herausforderung auch an politisch Aktive
Menschen sind unterschiedlich - und das ist gut so. Emanzipatorische Politik muss die Selbstentfaltung der Menschen mit ihren eigenen Ideen und in selbstgewählten Kooperationen fördern. Allerdings bedingen körperliche Merkmale und soziale Zurichtungen Unterschiede, die dazu führen, dass die Möglichkeiten von Menschen, sich zu entfalten oder auch nur das Nötigste zu erreichen, sehr unterschiedlich sind. Das liegt an gesellschaftlichen Gegebenheiten, die nicht gleiche Möglichkeiten schaffen, sondern Unterschiede z.B. beim Reichtum, bei der Mobilität, bei Chancen auf Wohnung und andere Versorgung usw. verstärken. Auch in politischer Bewegung werden solche unterschiedlichen Möglichkeiten oft gleichgültig missachtet. Aktiv gleiche Möglichkeiten zu schaffen, ist überall eine große, aber wichtige Voraussetzung.

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