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TECHNIK UND WISSENSCHAFT

Gerichtete Wissenschaft


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Aus der Beschreibung eines Forschungsprojektes zu grüner Gentechnik (Quelle)
Empirische Untersuchungen zu Technikkonflikten konnten zeigen, dass es sich bei diesen weniger um Auseinandersetzungen um die Vor- und Nachteile einer Technologie handelt, als um die Auseinandersetzung unterschiedlicher Weltbilder.
Ziel des Projektes ist es am Beispiel der Kontroverse um die Anwendung der Gentechnik in der Landwirtschaft, die divergenten Weltbilder unterschiedlicher Akteure systematisch zu untersuchen und den Anteil der Technik an der Generierung des Konfliktes heraus zu arbeiten.
Ausgehend von einer kritischen Rekonstruktion des aus der Wissenschaftsforschung stammenden Ansatzes der Akteur-Netzwerk-Theorie (ANT) wird die These aufgestellt, dass Weltbilder vor allem durch materielle Objekte (Quasi-Objekte)gestützt werden. Unter welchen Bedingungen der gemeinsame Bezug unterschiedlicher gesellschaftlicher Akteure auf diese Quasi-Objekte Konflikte entstehen läßt oder kooperatives Handeln ermöglicht, soll die empirische Untersuchung der Repräsentationen der „Grünen Gentechnik“ bei ausgewählten Organisationen zeigen.


Aus der Antwort eines "Feldbefreiers" in Gießen:
... halte ich aber den Forschungsansatz für klassische interessensgeleitete Forschung. Das Ergebnis steht schon in der Ausgangsbehauptung fest. Wer Technologie politisch kritisiert, kritisiert sie nicht technisch-wissenschaftlich, sondern weltanschaulich. Warum soll eine politische Kritik (z.B. Zunahme des Herrschaftspotentials durch eine bestimmte Technologie) eigentlich unwissenschaftlich sein? Und: Warum ist bereits die Grundannahme, dass wer politisch argumentiert, die wissenschaftliche Kritik (so das überhaupt trennbar ist) unterlassen?
Ich würde einladen, unseren Konflikt mit aufzunehmen. Das könnte aber die Grundannahme in Frage stellen. Daher wäre es aus wissenschaftlicher Tradition heraus eher typisch, uns zu vergessen.


Aus Gordon, Uri (2010): "Hier und jetzt", Nautilus in Hamburg(S. 172 ff.)
Die Universitäten ihrerseits werden ermutigt bis gedrängt, ihre Forschung einem kommerziellen Nutzen zuzuführen, wobei durch die Privatisierung und durch direkte Finanzierung unter gewissen Bedingungen seitens der Regierungen Druck in diese Richtung ausgeübt wird. Da die Universitäten bestrebt sind, die Entstehung lukrativer Unternehmen anzustoßen, ist es aus ihrer Sicht nur folgerichtig, die wirtschaftliche Relevanz der Forschung zu berücksichtigen. ...
In Großbritannien nehmen Vertreter großer Unternehmen regelmäßig an Sitzungen von Gremien wie dem akademischen Forschungsrat teil, der über große Summen von Fördergeldern entscheidet, und beeinflussen so die politischen Entscheidungsprozesse hinsichtlich der Technologieentwicklung. Inoffiziell gibt es darüber hinaus Lobby-Gruppen, die von der Industrie unterstützt werden, so die British Royal Society unter anderem von BP, Esso, Rolls-Royce. Und zwischen den Führungsetagen von Wirtschaft, Universitäten und Regierung begehen für Funktionen, die für den Bereich Wissenschafts- und Technologiepolitik relevant sind, "Drehtüren". Ähnlich verhält eS Sich in allen anderen entwickelten Ländern.
Unter solchen Bedingungen überrascht es nicht, dass die Entscheidungen über den Wert einer technischen Entwicklung "nicht einfach eine Frage der technischen oder auch wirtschaftlichen Einschätzung ist, sondern eine politische. Eine Technologie wird für sinnvoll erklärt, wenn sie den bestehenden Machtverhältnissen entspricht" (David F. Noble). Technologische Entwicklung verstärkt demnach strukturell die Perpetuierung und Erweiterung der bereits allgegenwärtigen Zentralisierung, Rationalisierung und Konkurrenz, die westliche Gesellschaften kennzeichnen. So gesehen "findet permanent ein gesellschaftlicher Prozess statt, bei dem sich wissenschaftliche Erkenntnis, technologische Entwicklung und wirtschaftlicher Profit in eingefahrenen Bahnen wechselseitig verstärken, Bahnen, denen unübersehbar der Stempel politischer und wirtschaftlicher Macht aufgeprägt ist" (Langdon Winner).
Mit anderen Worten, die hypothetische Frage, ob Technologie je in die "richtigen" Hände gelangen kann, beantwortet sich zunächst einmal mit der Feststellung, dass sie jedenfalls in einer hierarchischen Gesellschaft immer in den "falschen" Händen war und sein wird.


Im Original: Wissenschaft und Macht
Aus Bakunin, Michail: Gott und der Staat (Nachdruck 1995 im Trotzdem Verlag, Internet)
Das größte wissenschaftliche Genie sinkt unvermeidlich und schläft ein, sobald es Akademiker, offizieller, patentierter Gelehrter wird. Es verliert seine Selbstbestimmung, seine revolutionäre Kühnheit und die unbequeme und wilde Tatkraft, die für das Wesen der größten Genies charakteristisch sind, die stets berufen sind, hinfällige Welten zu zerstören und die Grundlagen neuer Welten zu legen. Zweifellos gewinnt es an Höflichkeit, nützlicher und praktischer Weisheit, was es an Denkkraft verliert. Es wird, mit einem Wort, verdorben. ...
Eine wissenschaftliche Körperschaft, welcher die Regierung der Gesellschaft anvertraut wäre, würde sich bald gar nicht mehr mit der Wissenschaft, sondern mit ganz anderen Dingen beschäftigen; sie würde, wie alle bestehenden Mächte, sich damit befassen, sich ewige Dauer zu verschaffen, indem sie die ihr anvertraute Gesellschaft immer dümmer und folglich ihrer Regierung und Leitung immer bedürftiger machen würde.
Was aber von wissenschaftlichen Akademien gilt, gilt in gleicher Weise von allen konstituierenden und gesetzgebenden Versammlungen, selbst den aus dem allgemeinen Stimmrecht hervorgegangenen. Letzteres mag zwar ihre Zusammensetzung erneuern, was aber nicht hindert, daß sich in wenigen Jahren eine Körperschaft von Politikern bildet, die tatsächlich, nicht rechtlich bevorrechtet sind und durch ihre ausschließliche Beschäftigung mit den öffentlichen Angelegenheiten eines Landes eine Art politischer Aristokratie oder Oligarchie bilden. (S. 65)
In ihrer gegenwärtigen Organisation, als Monopolisten der Wissenschaft, die als solche außerhalb des sozialen Lebens bleiben, bilden die Gelehrten eine abgeschlossene Kaste, die viele Ähnlichkeiten mit der Priesterkaste hat. Die wissenschaftliche Abstraktion ist ihr Gott, die lebenden und wirklichen Individuen sind die Opfer; sie sind die geweihten und patentierten Opferpriester. ...
Die Wissenschaft kann ebensowenig die Individualität eines Menschen wie die eines Kaninchens erfassen. Das heißt, sie steht beiden gleich uninteressiert gegenüber. Nicht, daß ihr das Prinzip der Individualität unbekannt wäre. Sie erfaßt es vollständig als Prinzip, aber nicht als Tatsache. Sie weiß sehr gut, daß alle Tierarten, die Gattung Mensch inbegriffen, nur wirklich existieren als unbestimmte Zahl von Individuen, die geboren werden und sterben und neuen, ebenso vorübergehenden Individuen Platz machen. ... (S. 84)
Die Wissenschaft weiß das alles, aber sie geht nicht weiter und kann nicht weiter gehen. Da die Abstraktion ihre wahre Natur bildet, kann sie wohl das Prinzip der wirklichen und lebenden Individualität erfassen, aber sie kann nichts mit den wirklichen und lebenden Individuen zu tun haben. Sie beschäftigt sich mit den Individuen im allgemeinen, aber nicht mit Peter und mit Jakob, nicht mit diesem oder jenem Individuum, die für sie nicht existieren, nicht existieren können. Ihre Individuen sind, nochmals bemerkt, nur Abstraktionen. ... (S. 85)
Der ungeheure Vorzug der positiven Wissenschaft vor der Theologie, Metaphysik, Politik und dem juristischen Recht besteht darin, daß sie statt der von diesen Lehren verkündeten lügenhaften und unheilvollen Abstraktionen wahre Abstraktionen aufstellt, welche die allgemeine Natur oder die Logik der Tatsachen selbst, ihre allgemeinen Beziehungen und die allgemeinen Gesetze ihrer Entwicklung ausdrücken. (S. 87)
Die Wissenschaft ist einerseits zur vernünftigen Organisation der Gesellschaft unentbehrlich, andererseits darf sie, da sie unfähig ist, sich für das Wirkliche und Lebendige zu interessieren, sich nicht um die wirkliche oder praktische Organisation der Gesellschaft kümmern.
Dieser Widerspruch kann nur auf eine Art gelöst werden: durch die Auflösung der Wissenschaft als außerhalb des sozialen Lebens aller existierendes Wesen, das als solches von einer Körperschaft patentierter Gelehrter vertreten wird, und durch ihre Verbreitung in den Volksmassen. Die Wissenschaft, die berufen ist, hinfort das kollektive Bewußtsein der Gesellschaft zu vertreten, muß wirklich Eigentum aller werden. Ohne ihren universellen Charakter zu verlieren, den sie nie aufgeben kann, ohne aufzuhören, Wissenschaft zu sein, und fortfahrend sich mit den allgemeinen Verhältnissen und Beziehungen der Individuen und Dinge zu beschäftigen, wird sie tatsächlich mit dem unmittelbaren und wirklichen Leben aller Individuen verschmelzen. Diese Bewegung wird derjenigen ähnlich sein, welche die Protestanten zu Anfang der Reformation sagen ließ, daß man jetzt keine Priester mehr brauche, da jeder Mensch jetzt sein eigener Priester werde, da jeder Mensch allein dank der unsichtbaren Vermittlung unseres Herrn Jesu Christi, jetzt seinen Herrgott in sich habe. Aber hier handelt es sich nicht um den Herrn Jesus Christus, noch um den Herrgott, noch um politische Freiheit, juristisches Recht, was bekanntlich alles theologisch oder metaphysisch offenbarte und gleich unverdauliche Dinge sind. Die Welt der wissenschaftlichen Abstraktionen ist nicht offenbart, sie ist der wirklichen Welt eigen und ist deren Ausdruck und allgemeine oder abstrakte Darstellung. (S. 88 f.)


  • Interview mit dem Wissenschaftstheoretiker Peter Finke über Citizen Science und die Enge des etablierten Wissenschaftsbetriebs (telepolis, 3.12.2014)

Medizin

Gemacht wird, was Geld bringt
Aus dem Interview "Wer zahlt, schafft an" mit dem Buchautor Hans Weis, in: Junge Welt, 13.8.2009
In Deutschland hingegen bleiben die Arzneimittelbehörden tatenlos und lassen die Pharmakonzerne schalten und walten, wie es ihnen beliebt. ... Fast alle großen Pharmakonzerne sind notorische Gesetzesbrecher. Da geht es um illegale Vermarktungspraktiken im großen Stil, betrügerische Preismanipulationen, Bestechung und unerlaubte Beeinflussung von Ärzten, verbotene Werbung, Manipulation von Studien und um Schädigung von Patienten. ... Zur Kontrolle von Arzneimitteln gibt es international tätige Instanzen wie die US-Arzneimittelbehörde FDA und die europäische Zulassungsbehörde EMEA. Die FDA wird zur Hälfte von der Pharmaindustrie finanziert, die EMEA zu zwei Dritteln. Die EU finanziert die EMEA also nur zu einem Drittel. ... Je hochrangiger ein Arzt ist, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, daß er nebenbei im Sold der Pharmaindustrie tätig ist und sich als sogenannter Meinungsbildner für Marketingaufgaben einer Firma einsetzen läßt. Um Patienten einen Überblick zu geben, habe ich in meinem Buch eine Liste von 85 hochrangigen Medizinern und ihren konkreten finanziellen Verbindungen zu Pharmakonzernen im deutschsprachigen Raum aufgelistet.

Gentechnik

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